BFH zur steuerlichen Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB

1. Der Handelsbilanzwert für Nachsorgerückstellungen bildet auch nach In­krafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstel­lungswert die Obergrenze (Anschluss an BFH-Urteil vom 20.11.2019 ‑ XI R 46/17, BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195).

2. Der maßgebliche Handelsbilanzwert bestimmt sich unter Berücksichtigung der als GoB zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des Handelsrechts (§§ 252 ff. HGB) und damit auch unter Berücksichtigung des Beibehaltungs­wahlrechts des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB.

EGHGB Art. 67 Abs. 1 Satz 2
EStR R 6.11
HGB § 249, § 253 Abs. 1, Abs. 2, § 255
EStG § 5 Abs. 1, Abs. 6, § 6 Abs. 1 Nr. 3a

BFH-Urteil vom 09.03.2023, IV R 24/19 (veröffentlicht am 11.5.2023)

Vorinstanz: FG Münster vom 27.06.2019, 8 K 2873/17 F = SIS 19 14 50

I. Streitig ist, welche Rechtsfolgen sich aus der Ausübung des Beibehaltungs­wahlrechts nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Handels­gesetzbuch (EGHGB) in der Handelsbilanz der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für die Bewertung einer Nachsorgerückstellung in deren Steuerbi­lanz zum 31.12.2010 ergeben.

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt, ist Eigentümerin von 14 abge­schlossenen Deponien, die im Jahr 2010 (Streitjahr) entweder rekultiviert wurden oder bereits stillgelegt waren. Die längste Restlaufzeit beträgt ab dem Ende des Streitjahres 22 Jahre. Für laufende Betriebskosten, ausstehende Rekultivierungs- und Abdichtungskosten und sonstigen zukünftigen Aufwand für Nachsorgeverpflichtungen bildete die Klägerin eine Rückstellung (Nach­sorgerückstellung). Den Rückstellungswerten lagen Gutachten zugrunde, in denen der zu erwartende Aufwand für den verbleibenden Nachsorgezeitraum teils deponiebezogen und teils auch deponieübergreifend ermittelt worden war. Zwei Gutachten, u.a. das der Firma G vom 01.12.2009, enthielten einen pauschalen Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % auf die ermittelten Werte.

Der Teilbericht zu einer für die Jahre 2005 bis 2007 durchgeführten Außenprü­fung vom 12.08.2011 stellt fest, dass es sich bei den der Rückstellung zugrun­deliegenden Nachsorgeverpflichtungen der Klägerin um Pflichten aus §§ 36 ff. des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW‑/AbfG) handele, die nach § 61 KrW‑/AbfG sanktionsbewehrt seien. Die Sachleistungsverpflichtungen seien mit den in den vorgelegten Gutachten ermittelten Werten anzusetzen. Lediglich der pauschale Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % sei mangels hinreichender Konkretisierung nicht zu berücksichtigen. Allerdings sei im Ge­genzug bisher nicht erfasster Aufwand für Kosten der allgemeinen Verwaltung zu berücksichtigen. Der Sicherheitszuschlag wurde gekürzt den deponieüber­greifenden Aufwendungen zugeordnet.

In der Handelsbilanz auf den 31.12.2010 setzte die Klägerin sonstige Rückstel­lungen an, in denen die Nachsorgerückstellung in Höhe von insgesamt 11.873.216,81 € enthalten war. Diesen Wert hatte die Klägerin ausgehend von dem im Gutachten vom 01.12.2009 festgestellten, zu erwartenden Aufwand für die Deponienachsorge zum 31.12.2009 unter Berücksichtigung eines Si­cherheitszuschlags in Höhe von 1.104.120 € ermittelt. Für die Bemessung der Nachsorgerückstellung zum 31.12.2010 kürzte die Klägerin den Wert zum 31.12.2009 um Inanspruchnahmen im Jahr 2010 in Höhe von 446.783,19 €. Im Anhang zum Jahresabschluss heißt es, die durch die erstmalige Anwendung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vom 25.05.2009 (BGBl I 2009, 1102) entstandenen Auflösungsbeträge würden in Anwendung des Wahlrechts nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB nicht bilanziell umgesetzt. Die Überdeckung aus der Beibehaltung der höheren Rückstellungsbeträge bei der Nachsorgerückstellung betrage 2.927.000 €.

Unter Anwendung des BilMoG hätte sich die Nachsorgerückstellung (ohne "Si­cherheitszuschlag") zum 31.12.2010 auf 7.841.754 € belaufen.

Auch für die Jahre 2008 bis 2010 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Der Prüfer setzte für die Nachsorgerückstellung (ohne "Sicherheitszu­schlag") unter Anwendung des BilMoG einen ‑‑um einen Rechenfehler korri­gierten‑‑ Wert von 7.845.756 € an, da das Wahlrecht nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB steuerlich nicht anzuerkennen sei. Er berücksichtigte ‑‑in An­lehnung an die Vorprüfung‑‑ daneben den "Sicherheitszuschlag" in Höhe von 1.104.120 €, sodass sich zum Stichtag ein Gesamtbetrag für die Nachsorge­rückstellung in Höhe von 8.949.876 € ergab. Im Gegenzug setzte der Prüfer auf Antrag der Klägerin eine Rücklage nach R 6.11 Abs. 3 der Einkommen­steuer-Richtlinien (EStR) 2012 in Höhe von 2.271.117 € an. Im Rahmen der Berechnung des Unterschiedsbetrags wurde der "Sicherheitszuschlag" in An­lehnung an die Ergebnisse der Vorprüfung zum 31.12.2010 um 490.000 € ge­kürzt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte die Feststellun­gen des Betriebsprüfungsberichts im Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechen­baren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 05.01.2015 um.

Mit dem dagegen gerichteten Einspruch begehrte die Klägerin die Berücksich­tigung der Nachsorgerückstellung in Höhe von 11.383.216,81 € (11.873.216,81 € ./. 490.000 €). Sie meint, das von ihr ausgeübte Wahlrecht nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB sei auch steuerlich maßgeblich.

Dem folgte das FA nicht. Es wies den Einspruch der Klägerin ‑‑nach einem Verböserungshinweis wegen mehrerer Rechenfehler des Prüfers‑‑ mit Ein­spruchsentscheidung vom 16.08.2017 als unbegründet zurück und setzte die Nachsorgerückstellung in Höhe von 8.459.878 € an. Im Gegenzug erhöhte es die Rücklage nach R 6.11 Abs. 3 EStR 2012 auf 2.586.416 €.

Die nachfolgende Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 27.06.2019 ‑ 8 K 2873/17 F als unbegründet ab. Für die Nachsorgerückstel­lung einschließlich "Sicherheitszuschlag" auf den 31.12.2010 sei kein höherer Wert anzusetzen als der in der Einspruchsentscheidung ermittelte Wert in Hö­he von 8.459.878 €. Das FG sah das Wahlrecht in Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB als steuerlich unbeachtlich an und gelangte unter Berücksichtigung des gemäß § 253 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) abgezinsten Betrags der Nachsorgerückstellung auf den 31.12.2010 in Höhe von 7.845.759 € und des ebenfalls abgezinsten, als "Sicherheitszuschlag" bezeichneten Teils der Ge­meinkosten (Verwaltungskosten) in Höhe von 368.920,64 € zu einem Rück­stellungswert am Bilanzstichtag in Höhe von (höchstens) 8.214.680 €. Die Klägerin sei ‑‑so das FG‑‑ auch nicht durch die fehlerhafte Berechnung der Rücklage seitens des FA beschwert, da die Summe aus Rückstellung und Rück­lage, die sich unter Zugrundelegung der Auffassung des Gerichts ergebe, mit 11.046.294 € (2.831.614 € + 8.214.680 €) rechnerisch zufällig exakt der vom FA angesetzten Summe entspreche.

Ihre hiergegen gerichtete Revision begründet die Klägerin mit der Verletzung von Bundesrecht.

Sie beantragt,
das angefochtene FG-Urteil vom 27.06.2019 aufzuheben und den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungs­grundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 05.01.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2017 dahin zu ändern, dass die laufenden Gesamthandseinkünfte unter Berücksichtigung von Nachsorgerückstellungen in Höhe von insgesamt 11.383.216,81 € sowie ohne Ansatz einer Rücklage nach R 6.11 Abs. 3 EStR 2012 festgestellt werden.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FG habe zutreffend entschieden, dass der in der Handelsbilanz nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB angesetzte Wert für die Nachsorgerückstellung nicht in die Steuerbilanz zu übernehmen sei. Die Entscheidung stehe im Ein­klang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Behandlung handelsrechtlicher Ansatz- und Bewertungswahlrechte in der Steuerbilanz.

Das dem Verfahren beigetretene Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen hält das FG-Urteil ebenfalls für zutreffend und betont er­gänzend, dass auch die Begründung zur Einführung von R 6.11 Abs. 3 EStR 2012 (BRDrucks 681/12 (Beschluss), S. 4) dafür spreche, dass die Ausübung des Wahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB keine Auswirkung auf die Steuerbilanz habe. Es verweist ferner darauf, dass die Bindung des Steuer­rechts an das Handelsrecht nur hinsichtlich des Betriebsvermögens bestehe, das bei Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aus­zuweisen sei. Das Wahlrecht gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB zähle aber gerade nicht zu den GoB.

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch­tenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

Das FG hat zwar zutreffend erkannt, dass die Klägerin dem Grunde nach ver­pflichtet war, eine Nachsorgerückstellung zu bilden (hierzu unter 1.). Jedoch hält die Ermittlung der Höhe der Rückstellung durch das FG der revisionsrecht­lichen Prüfung nicht stand. Das FG hat seiner Berechnung rechtsfehlerhaft den abgezinsten Erfüllungsbetrag gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 HGB zugrunde gelegt, anstatt den von der Klägerin zum 31.12.2010 angesetzten handelsbilanziellen Rückstellungswert, der sich nach Ausübung des Wahlrechts gemäß Art. 67 EGHGB ergeben hat, als Ausgangspunkt zu wählen (hierzu un­ter 2.). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und ‑‑mangels Spruchreife‑‑ zur Zurückverweisung der Sache an das FG (hierzu unter 3.).

1. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenom­men, dass die Klägerin dem Grunde nach verpflichtet war, im Streitjahr eine Nachsorgerückstellung zu bilden.

a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivie­rungsgebot für Verbindlichkeitsrückstellungen gehört zu den GoB und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz (z.B. BFH-Urteile vom 29.09.2022 ‑ IV R 20/19, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 41; vom 17.10.2013 ‑ IV R 7/11, BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, Rz 16; vom 15.03.2017 ‑ I R 11/15, BFHE 258, 8, BStBl II 2017, 1043, Rz 16, jeweils m.w.N.). Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Ver­bindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbind­lichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens ei­ner Verbindlichkeit dem Grunde nach ‑‑deren Höhe zudem ungewiss sein kann‑‑ sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstich­tag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inan­spruchnahme rechnen (BFH-Urteil in BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, Rz 17). Diese Voraussetzungen gelten auch für Verpflichtungen aus öffentli­chem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts gerichtet sind, sofern die öffentlich-rechtliche Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302, Rz 18, m.w.N.).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hatte die Klägerin zum Bilanzstichtag eine Nachsorgerückstellung für ihre in der Nachsorgephase befindlichen Deponien zu bilden (vgl. zu entsprechenden Rückstellungen BFH-Urteile vom 08.11.2016 ‑ I R 35/15, BFHE 256, 253, BStBl II 2017, 768; vom 05.05.2011 ‑ IV R 32/07, BFHE 233, 524, BStBl II 2012, 98), denn sie war nach öffentlichem Recht sanktionsbewehrt (§§ 36 ff., § 61 KrW‑/AbfG) zur Nachsorge verpflichtet. Da dies auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.

2. Allerdings hält die Ermittlung der Höhe der Nachsorgerückstellung der revi­sionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das FG hat seiner Berechnung rechtsfeh­lerhaft den abgezinsten Erfüllungsbetrag gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 HGB zugrunde gelegt, anstatt den von der Klägerin zum 31.12.2010 angesetzten handelsbilanziellen Rückstellungswert, der sich nach Ausübung des Wahlrechts gemäß Art. 67 EGHGB ergeben hat, als Ausgangspunkt zu wählen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

a) Die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz folgt den handels­rechtlichen Vorschriften, soweit dem steuerrechtliche Vorschriften nicht entge­genstehen (§ 5 Abs. 6 EStG). Für die Bewertung der im Streitfall vorliegenden Sachleistungsrückstellung sieht § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG vor, dass Rückstellun­gen "höchstens insbesondere" unter Berücksichtigung der in den Buchst. a bis f der Vorschrift genannten Grundsätze anzusetzen sind. Danach dürfen die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG ergebenden Rückstellungsbe­träge den zulässigen Ansatz nach der Handelsbilanz nicht überschreiten (vgl. BFH-Urteile vom 20.11.2019 ‑ XI R 46/17, BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 24, m.w.N.; vom 11.10.2012 ‑ I R 66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz 14, zu Zeiträumen vor Inkrafttreten des BilMoG; vom 13.07.2017 ‑ IV R 34/14, Rz 29, ohne Bindungswirkung für den dortigen Streitfall und eben­falls zu Zeiträumen vor Inkrafttreten des BilMoG, jeweils m.w.N.).

Auch wenn sich die handelsrechtliche Maßgeblichkeit i.S. von § 5 Abs. 1 EStG seit der Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG verändert hat, besteht sie zu­nächst für die Steuerbilanz. Sie wird nur dann und nur insoweit durchbrochen, als der Gesetzgeber steuerrechtliche Ansatz- oder Bewertungsvorbehalte fest­geschrieben hat (§ 5 Abs. 6 EStG). Da durch den "höchstens insbesondere"-Verweis der Bezug zur handelsrechtlichen Bewertung weiterhin bestehen blei­ben sollte, hat dies keine Loslösung der Steuerbilanzwerte von den Handelsbi­lanzwerten zur Folge gehabt, selbst wenn die Steuerbilanz durch das BilMoG gegenüber der Handelsbilanz deutlich verselbständigt wurde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 29). § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG stellt dem­nach keine abschließende steuerrechtliche Normierung dar, die die Anwendung der handelsrechtlichen GoB nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ausschließt (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des BilMoG vgl. BFH-Urteil in BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz 14, und vor Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG be­reits BFH-Urteil vom 15.07.1998 ‑ I R 24/96, BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728, unter II.3., sowie zur Rechtslage nach Inkrafttreten des BilMoG vgl. BFH-Urteil in BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 30).

b) Die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ha­ben folglich keinen absoluten Vorrang vor den handelsrechtlichen Bewertungs­regeln, sondern wirken ‑‑wie die Formulierung "höchstens insbesondere" zeigt‑‑ begrenzend: Überschreitet der steuerrechtliche Wertansatz den han­delsrechtlichen Wertansatz, gilt der niedrigere handelsrechtliche Wert (BFH-Urteile in BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 24 ff.; vom 13.07.2017 ‑ IV R 34/14, Rz 29; in BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz 14; vgl. z.B. auch Brandis/Heuermann/Krumm, § 5 EStG Rz 186; BeckOK EStG/Oellerich, 14. Ed. [01.07.2022], EStG § 6 Rz 1982; Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 6 Rz 154; Bünning, Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 2020, 689; Meurer, BB 2012, 2807, 2808; anderer Ansicht Marx, Steuern und Bilanzen ‑‑StuB‑‑ 2019, 885, 888 f.; Briesemeister/Joisten/Vossel, Finanz-Rundschau 2013, 164 ff.; Zwirner, Deutsches Steuerrecht 2012, 2094, 2097; Prinz, StuB 2019, 1, 5 f.; Velte, Die Steuerberatung 2013, 486). Liegt der handelsrechtliche Wertansatz hingegen über dem steuerlichen Wert, durchbricht § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG die nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz zu beachtende handelsrechtliche Bewer­tung. Die steuerrechtlichen Sonderbestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG führen dann dazu, dass der handelsrechtliche Wertansatz (Obergrenze) unterschritten wird (vgl. bereits BFH-Urteil in BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz 14). Hieraus folgt, dass stets der niedrigere Wert anzu­setzen ist (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, 41. Aufl., § 6 Rz 472; Bugge in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rz D 235).

c) Der maßgebliche handelsrechtliche Wertansatz bestimmt sich unter Berück­sichtigung der als GoB zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des Handels­rechts (§§ 252 ff. HGB, vgl. BFH-Urteil in BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728, unter II.3.; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 33; wohl auch Marx, StuB 2019, 885, 889) und damit auch unter Berücksichtigung des Beibehaltungs­wahlrechts des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB.

aa) Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB sieht vor, dass, wenn aufgrund der geänder­ten Bewertung von Verpflichtungen, die die Bildung einer Rückstellung erfor­dern, eine Auflösung der Rückstellungen erforderlich ist, diese beibehalten werden dürfen, soweit der aufzulösende Betrag bis spätestens zum 31.12.2024 wieder zugeführt werden müsste. Wird von dem Wahlrecht nach Satz 2 Gebrauch gemacht, ist der Betrag der Überdeckung jeweils im Anhang und im Konzernanhang anzugeben (Art. 67 Abs. 1 Satz 4 EGHGB).

Damit hat der Gesetzgeber betroffenen Unternehmen die Möglichkeit einge­räumt, die bis zum 31.12.2009 nach altem Recht gebildeten Rückstellungen der Höhe nach beizubehalten, soweit der aufzulösende Betrag spätestens bis zum 31.12.2024 wieder zugeführt werden müsste. So sollten zeitlich befristete Rückstellungsauflösungen vermieden werden (vgl. z.B. Marx, StuB 2019, 885, 887, m.w.N.).

bb) Das Wahlrecht besteht regelmäßig (auch) im Zusammenhang mit Rück­stellungen für Sachleistungsverpflichtungen, soweit deren Restlaufzeit vor dem 01.01.2025 endet, da der Abzinsung in den folgenden Geschäftsjahren eine entsprechende Aufzinsung gegenübersteht (vgl. z.B. Buchholz, Die Unterneh­mensbesteuerung ‑‑Ubg‑‑ 2012, 777, 782; Heinz/Kemper, Neue Wirtschafts-Briefe ‑‑NWB‑‑ 2012, 3543, 3545; Kropp/Wirtz, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2011, 541, 544).

cc) Das Wahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB gewährt demnach einma­lig die Möglichkeit, den unter Berücksichtigung der GoB gemäß § 253 Abs. 2 HGB a.F. ermittelten Rückstellungswert beizubehalten. Es handelt sich um in­tertemporales Recht, das keine Regelung des sachlichen Rechts beinhaltet, sondern Rechtsanwendungsregeln bereitstellt, welche die Kollision verschiede­ner Normen nach zeitlichen Gesichtspunkten auflösen (vgl. BFH-Urteil vom 27.03.2007 ‑ VIII R 10/06, BFHE 217, 502, BStBl II 2007, 866, unter II.1.a bb, zu § 52 EStG). Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB begründet ein Rechts­anwendungswahlrecht, denn es bezieht sich nicht auf den Wertansatz selbst, sondern auf das für den Wertansatz maßgebliche Recht. Wird das Wahlrecht ausgeübt, kommt es zu einem nach Maßgabe des "alten Rechts" GoB-konfor­men Wertansatz. Dieser Wert bildet den maßgeblichen handelsbilanziellen Wert (vgl. im Ergebnis auch Buchholz, Ubg 2012, 777, 782; Marx, StuB 2019, 885, 887, 890; Heinz/Kemper, NWB 2012, 3543, 3546; Künkele/Zwirner, StuB 2013, 439, 442 f.; anderer Ansicht z.B. Brandis/Heuermann/Krumm, § 5 EStG Rz 187; Schindler in Kirchhof/Seer, a.a.O., § 6 Rz 154; vgl. auch Glasenapp, BB 2020, 242). Nimmt der Steuerpflichtige das Wahlrecht nicht in Anspruch, so bildet der sich bei erstmaliger Anwendung des § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB ergebende, ebenfalls den GoB entsprechende (niedrigere) abgezinste Erfül­lungsbetrag (sog. BilMoG-Wert ‑ so im BFH-Urteil in BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195) den maßgeblichen handelsbilanziellen Wert.

d) Dieses Normverständnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zum Verhältnis von handelsrechtlichen und steuerrechtlichen (Passivie­rungs‑)Wahlrechten.

aa) Im Zusammenhang mit § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. hat der Senat ent­schieden (BFH-Urteil vom 21.10.1993 ‑ IV R 87/92, BFHE 172, 462, BStBl II 1994, 176, unter I.5.), dass handelsrechtliche Wahlrechte, auch soweit sie sich auf die Bewertung von Wirtschaftsgütern beziehen, steuerlich zum Ansatz des höchsten nach dem Handels‑ und Steuerrecht zulässigen Wertes führen, soweit nicht auch nach dem Steuerrecht ein entsprechendes Bilanzierungs­wahlrecht besteht. Übertragen auf die steuerliche Bewertung von Rückstellun­gen folgt hieraus, dass ein entsprechendes handelsrechtliches Wahlrecht zum Ansatz des niedrigsten zulässigen Wertes führt, soweit nicht auch nach dem Steuerrecht ein Bilanzierungswahlrecht besteht.

Dies entspricht dem Sinn und Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung, die darauf zielt, grundsätzlich den Periodengewinn so zu erfassen, wie er sich aus den steuerlich maßgeblichen Vorschriften ergibt. Dementsprechend steht es nicht im Belieben des Kaufmanns, durch handelsbilanzrechtliche Gestaltungs­möglichkeiten seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit steuerrechtlicher Wirkung unzutreffend darzustellen. Vor diesem Hintergrund hat die Rechtspre­chung entschieden, dass handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte nicht ohne eine ausdrückliche steuerrechtliche Regelung als Grundlage der Besteuerung berücksichtigt werden können (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 03.02.1969 ‑ GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291, unter II.3.a; BFH-Urteil in BFHE 172, 462, BStBl II 1994, 176) und es daher ausgeschlossen ist, dem Kaufmann hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen bei der Gewinnermittlung mit für das Finanzamt bindender Wirkung faktisch ein Wahlrecht zwischen mehreren vertretbaren Rechtsansichten einzuräumen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31.01.2013 ‑ GrS 1/10, BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317, Rz 64).

bb) Eine Übertragung dieser Grundsätze auf das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 EGHGB scheidet aus.

(1) Zum einen unterscheidet sich das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB als intertemporales Rechtsanwendungswahlrecht bereits dem Grunde nach von einem materiellen Ansatz- oder Bewertungswahlrecht, denn in Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB geht es nicht darum, dem Kaufmann hin­sichtlich bilanzieller Rechtsfragen bei der Gewinnermittlung mit für das Finanz­amt bindender Wirkung faktisch ein Wahlrecht zwischen mehreren vertretba­ren Rechtsansichten zuzugestehen (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 36). Vielmehr gewährt der Gesetzgeber dem Steuer­pflichtigen in Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB im Zusammenhang mit einer Ge­setzesänderung einmalig die Möglichkeit, die nach Maßgabe der alten Rechts­lage gebildete Rückstellung fortzuführen. Zwischen mehreren vertretbaren Rechtsansichten zur Bewertung der Rückstellung wählen kann der Steuer­pflichtige indes nicht.

(2) Zum anderen findet sich die steuerrechtliche Grundlage für die Anerken­nung des Wahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG. Diese Regelung mit dem "höchstens insbesondere"-Verweis nimmt Be­zug auf den Handelsbilanzwert der Rückstellung und schreibt diesen als Ober­grenze fest. Sie bestimmt somit den Handelsbilanzwert für eine Rückstellung auch nach dem Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuer­rechtlichen Rückstellungswert als Obergrenze (vgl. BFH-Urteil in BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 24), und zwar unabhängig davon, ob im konkre­ten Einzelfall ein Wahlrecht gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB besteht oder nicht und unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige ein bestehendes Wahl­recht gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ausgeübt hat oder nicht. Der von § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG in Bezug genommene maßgebliche Handelsbilanzwert ist danach auch jener, der sich nach (zulässiger) Ausübung des Wahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ergibt und den der Steuerpflichtige in sei­ner Handelsbilanz zum 31.12.2010 angesetzt hat. Die Berücksichtigung des handelsrechtlichen Wahlrechts des Steuerpflichtigen beruht mithin auf der steuerrechtlichen Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG (vgl. BFH-Urteil in BFHE 266, 241, BStBl II 2020, 195, Rz 36). Dass das Wahlrecht im EGHGB geregelt ist, spielt daher ‑‑entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung‑‑ keine Rolle.

(3) Die Beurteilung des in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB gewährten Passivie­rungswahlrechts durch die BFH-Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 30.01.2002 ‑ I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279, und vom 27.09.2017 ‑ I R 65/15) steht dem dargelegten Verständnis des Wahlrechts in Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB nicht entgegen. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB, der vor­sieht, dass für eine mittelbare Verpflichtung aus einer Zusage für eine laufen­de Pension oder eine Anwartschaft auf eine Pension sowie für eine ähnliche unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung eine Rückstellung in keinem Fall gebildet zu werden braucht, stellt ein zeitlich nicht begrenztes Passivierungs­wahlrecht (so auch BFH-Urteil in BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279, unter II.3.) dar, das im Zusammenhang mit Pensionsrückstellungen steht. Als sol­ches unterscheidet es sich bereits dem Grunde nach maßgeblich von dem einmaligen intertemporalen Rechtsanwendungswahlrecht des Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB.

cc) Aus der Begründung zur Einführung von R 6.11 Abs. 3 EStR 2012 (BRDrucks 681/12 (Beschluss), S. 4) ergibt sich keine andere Beurteilung des Beibehaltungswahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB.

(1) Die Verwaltungsvorschrift, die für Altfälle eine Übergangsregelung enthält, bestimmt, dass ‑‑mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen‑‑ die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten darf (Satz 1). Für den Gewinn, der sich aus der erstmali­gen Anwendung des BilMoG durch die Auflösung von Rückstellungen ergibt, die bereits in dem vor dem 01.01.2010 endenden Wirtschaftsjahr passiviert wurden, kann jeweils in Höhe von 14/15 eine gewinnmindernde Rücklage pas­siviert werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindes­tens 1/15 gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum, Satz 2). Be­steht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage passiviert wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbliebene Rücklage zum Ende des Wirtschaftsjahres des Wegfalls der Ver­pflichtung in vollem Umfang gewinnerhöhend aufzulösen; Entsprechendes gilt, wenn sich der Verpflichtungsumfang innerhalb des Auflösungszeitraums ver­ringert (Satz 3).

(2) Damit hat der Richtliniengeber zwar letztlich die Auffassung der Ober­finanzdirektion (OFD) Münster und der OFD Rheinland bestätigt, nach der der Rückstellungsansatz in der Handelsbilanz ‑‑auch unter Geltung des BilMoG‑‑ die Obergrenze für die steuerrechtliche Rückstellungsbewertung darstellt (vgl. OFD Rheinland, Verfügung vom 13.07.2012 ‑ S 2133‑2011/0003‑St 141 (Rhld), und OFD Münster, Verfügung vom 13.07.2012 ‑ S 2170a‑234‑St 12‑33 (Ms), DB 2012, 1779). Er hat allerdings zugleich ‑‑nach Intervention des Finanzausschusses des Bundesrates (s. zur Entstehungsgeschichte Prinz/Fellinger, Ubg 2013, 362; Velte, Ubg 2020, 360, 362)‑‑ eine Übergangsregelung zur Abfederung der hieraus resultierenden steuerlichen Folgen vorgesehen. Die sich aus der Auflösung von Rückstellun­gen ergebenden Gewinnauswirkungen sollten durch Bildung einer entspre­chenden Rücklage abgemildert werden.

(3) Aus der Tatsache, dass der Richtliniengeber eine Billigkeitsregelung für erforderlich gehalten hat, folgt ‑‑entgegen der Auffassung des Beigetretenen‑‑ nicht, dass der Gesetzgeber den Rückstellungswert nach Ausübung des Wahl­rechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB als steuerlich unmaßgeblich erach­tet hat.

Zum einen hat sich der Richtliniengeber mit dem Fall der Wahlrechtsausübung nicht ausdrücklich befasst, obwohl ihm bewusst gewesen sein muss, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu Beginn des Jahres 2013 die überwiegende Zahl der Unternehmen ihre Wahl bereits getroffen hatte, und dies zumeist oh­ne Kenntnis der erstmals im Juli 2012 veröffentlichten Verwaltungsauffassung (Verfügungen der OFD Rheinland und der OFD Münster, beide vom 13.07.2012). Zum anderen zeigt die Entscheidung der Finanzverwaltung, die aus dem eigenen Verständnis des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG resultierenden Ge­winnauswirkungen durch eine Billigkeitsregelung abmildern zu wollen, allein, dass der Richtliniengeber selbst die aus seinem Gesetzesverständnis resultie­renden Rechtsfolgen als unbillig angesehen hat. Darüber hinaus kann dem Ge­setzgeber die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung zur Auslegung von § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ohnehin nicht als eigenes Gesetzesverständnis zu­gerechnet werden.

e) Das FG-Urteil entspricht den dargelegten Grundsätzen nur zum Teil. Das FG hat der Berechnung des von ihm als zutreffend erachteten Rückstellungswer­tes zum 31.12.2010 in Höhe von 8.214.680 € nicht den von der Klägerin zum 31.12.2010 unter Berücksichtigung der GoB ermittelten und angesetzten han­delsbilanziellen Rückstellungswert zugrunde gelegt, der sich nach Ausübung des Wahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ergeben hat, sondern es hat den abgezinsten Erfüllungsbetrag gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 HGB angesetzt. Seine Entscheidung war daher aufzuheben.

3. Die Sache ist nicht spruchreif, denn eine abschließende Ermittlung des zu­treffenden Rückstellungswertes ist dem Senat auf der Grundlage der Feststel­lungen des FG nicht möglich.

a) Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen ist für die Bewertung der streitgegenständlichen Nachsorgerückstellung zunächst der handelsrechtliche Wertansatz (Obergrenze) zu ermitteln. Liegt dieser unter dem steuerrechtli­chen Wert, bildet er die Obergrenze für den Ansatz der Rückstellung.

Danach bildet der von der Klägerin in ihrer Handelsbilanz angesetzte Rückstel­lungsbetrag in Höhe von 11.873.216,81 €, der ‑‑wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist‑‑ um 490.000 € auf 11.383.216,81 € zu korrigieren ist, den rele­vanten handelsrechtlichen Wertansatz (Obergrenze).

Der Klägerin stand das handelsrechtliche Wahlrecht gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB unstreitig zu. Von diesem Wahlrecht hat die Klägerin in der nach dem Gesetz vorgesehenen Weise Gebrauch gemacht, sodass sie die (fortentwickelten) höheren Rückstellungsbeträge für die Nachsorgerück­stellung in ihrer Handelsbilanz zum 31.12.2010 beibehalten konnte.

b) Die Tatsache, dass der klageweise geltend gemachte Rückstellungsbetrag in Höhe von 11.383.216,81 € diesem (korrigierten) Höchstbetrag entspricht, führt ‑‑anders als die Klägerin meint‑‑ nicht zur Klagestattgabe.

Wie dargelegt, ist die handelsrechtliche Bewertung der Rückstellung nur dann maßgeblich, wenn die steuerrechtlichen Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG nicht dazu führen, dass der handelsrechtliche Wertansatz (Obergrenze) unterschritten wird. Ist dies allerdings der Fall, gilt der niedrige­re, nach Maßgabe des Steuerrechts ermittelte Wert. Ob dies vorliegend anzu­nehmen ist, kann der Senat nicht abschließend feststellen.

Zwar dürfte § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG nicht zu einer Unterschreitung des handelsrechtlichen Wertansatzes führen. Wie das FG zutreffend erkannt hat, ist der Rückstellungsbetrag (auch) nach dieser Regelung nicht abzuzinsen, da sich sämtliche Deponien der Klägerin im Streitjahr in der Nachsorgephase befanden und die Erfüllung bereits begonnen hatte. Jedoch kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht entscheiden, ob sich unter Beachtung der weiteren Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ein niedrigerer Wertansatz ergibt. Der von der Klägerin gewählte Wertansatz in der Handelsbilanz zum 31.12.2010 beruht im Ausgangspunkt auf gutachterlich festgestellten Werten sowie einem "Sicherheitszuschlag". Jener "Sicherheits­zuschlag" ist ‑‑den Ergebnissen einer vorlaufenden Außenprüfung folgend‑‑ von den Beteiligten in einen ‑‑der Höhe nach reduzierten‑‑ Aufwand für Kosten der allgemeinen Verwaltung "umqualifiziert" worden. Ob der so berücksichtigte Gemeinkostenanteil den Vorgaben des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG ent­spricht, kann der Senat nicht überprüfen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beach­tung der Regelungen in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c und f EStG. Der Senat kann nicht feststellen, ob künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflich­tung voraussichtlich verbunden sein werden, nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG möglicherweise wertmindernd zu berücksichtigen sind. Ebenso wenig kann der Senat entscheiden, ob bzw. inwieweit künftige Preis- und Kostensteigerungen in den handelsrechtlichen Wert eingeflossen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG).

Das FG wird diese Fragen im zweiten Rechtsgang zu beantworten und sodann den maßgeblichen Rückstellungswert unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze zu ermitteln haben.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

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