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BStBK begrüßt Eckpunktepapier zur Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft

Bundessteuerberaterkammer, Stellungnahme/Eingabe 27.08.2019

Erste Einschätzung der Bundessteuerberaterkammer zum Eckpunktepapier zur Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft und der Einführung einer Gruppenbesteuerung in Anlehnung an Art. 11 MwStSystRL vom 14. März 2019

 

A.     Hintergrund

Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) hat erstmals im Jahr 2012 einen Vorschlag für eine Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft vorgelegt. Der Bereich der umsatzsteuerlichen Organschaft ist bisher geprägt von großer Rechtsunsicherheit. Die Rechtsfolgen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft treten in Deutschland – anders als in anderen europäischen Ländern – unabhängig von Kenntnis und Willen der Beteiligten ein, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Vor dem Hintergrund, dass die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale auslegungsbedürftig sind und der BFH einen zunehmend strengeren Maßstab an die Eingliederungsvoraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft anlegt, unterliegen Unternehmen einem ständigen Risiko, dass im Rahmen einer Betriebsprüfung eine bestehende Organschaft festgestellt wird, die irrtümlich nicht gelebt worden ist oder eine irrtümlich von den Beteiligten angenommene Organschaft vom Finanzamt in Zweifel gezogen wird. Die Feststellung einer tatsächlich bestehenden aber nicht gelebten Organschaft bzw. einer zu Unrecht gelebten Organschaft bei einer Betriebsprüfung hat weitreichende Folgen, wie z. B. die nachträgliche Festsetzung von Steuern und Zinsen sowie den im Zusammenhang mit einer rückwirkenden Korrektur verbundenen administrativen Aufwand. 

Aus Sicht der BStBK ist es sachgerecht, dass die Organschaft in Deutschland weiterhin erhalten bleibt. Die umsatzsteuerliche Organschaft reduziert den administrativen Aufwand insbesondere bei den betroffenen Unternehmen. Die Vereinfachung ist darin zu sehen, dass bei Umsätzen zwischen vorsteuerabzugsberechtigten Mitgliedern einer Organschaft zwei unnötige Schritte wegfallen, nämlich die Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer und der korrespondierende Vorsteuerabzug. Unabhängig davon, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht, entsteht in dieser Konstellation keine Umsatzsteuerbelastung. Deshalb ist das Konstrukt der Organschaft sachgerecht. Dies hat auch der Gesetzgeber im Jahr 1967 so gesehen. Mit der Einführung der Netto-Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug durch das UStG 1967 verlor die umsatzsteuerliche Organschaft ihre wirtschaftspolitische Rechtfertigung. Trotzdem hatte man sie zur Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeit beibehalten (vgl. BT-Drs. V/1581, S. 10 zu § 2).Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass die umsatzsteuerliche Organschaft zu einer Reduzierung der Steuerbelastung bei nicht (vollumfänglich) vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen führt. Auf der anderen Seite war in der Vergangenheit zu beobachten, dass die Organschaft von Seiten des Finanzamts als Haftungsinstrument genutzt wurde, um bei zahlungsunfähigen Gesellschaften die Umsatzsteuer beim Organträger einfordern zu können.

Die Notwendigkeit eines Antragsverfahrens wird seit vielen Jahren von der BStBK betont. Ein derartiges Verfahren wäre sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung vorteilhaft. Diese hätte dann die Kenntnis über alle Organschaftsverhältnisse und mit der gesamtschuldnerische Haftung entstehen weitere Vorteile für die Finanzverwaltung. Die Steuerpflichtigen hätten mit dem neuen Modell die Wahl, ob Sie eine Umsatzsteuergruppe gründen wollen oder nicht. Es ist zu erwarten, dass dies nur Unternehmen tun werden, die sich neben der Vereinfachung weitere Vorteile von der Regelung erhoffen. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich den Reformvorschlag, wie er in dem Eckpunktepapier zum Ausdruck kommt.

 

B. Anmerkungen zur Eckpunktepapier

1.      Persönliche Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in einer Umsatzsteuergruppe

Nach dem Eckpunktepapier sollen alle Rechtssubjekte unabhängig von der Rechtsform Mitglied einer Umsatzsteuergruppe sein können. Dies erscheint sachgerecht und entspricht der Regelung des Art. 11 Satz 1 MwStSystRL. Seitens der Verwaltung wird die Rechtsauffassung vertreten, dass Art. 11 MwStSystRL auch Nichtunternehmern den Zugang zu einer Umsatzsteuergruppe ermöglicht; dies aber nicht fordert. Das Eckpunktepapier sieht daher eine Regelung vor, wonach nur Unternehmer Mitglieder einer Umsatzsteuergruppe werden können.

Die BStBK erachtet eine Beschränkung der möglichen Mitglieder einer Umsatzsteuergruppe auf der Grundlage von Art. 11 Satz 2 MwStSystRL grundsätzlich als nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass

  • Leistungen eines Nichtunternehmers nicht der Steuer unterliegen,
  • er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist,
  • unentgeltliche Wertabgaben an einen Nichtunternehmer unter den gesetzlichen Voraussetzungen der Steuer unterliegen und
  • entgeltliche Leistungen eines Unternehmers an einen Nichtunternehmer nicht als nichtsteuerbare Vorgänge von der Steuer ausgenommen sind.

Englisch kommt jedoch in seinem Aufsatz zum Ergebnis (UR vom 5. November 2016, Unionsrecht und Organschaft, Heft 21, Seite 822 bis 840), dass es gute Gründe gibt, auch Nichtunternehmer in die umsatzsteuerliche Organschaft einzubeziehen. Die Behauptung unter Nr. 8 des Eckpunktepapiers, dass die Nichtaufnahme von Nichtunternehmern in der Umsatzsteuergruppe eine Maßnahme zur Steuerhinterziehung und Steuerumgehung ist, tritt Englisch entschieden entgegen (UR vom 5. November 2016 a. a. O). Das Eckpunktepapier will einen administrativ einfachen und kurzfristigen Zugang zur Organschaft ermöglichen. Dieses Ziel könnte durch die Nichteinbeziehung von Nicht-Unternehmern konterkariert werden, da die Prüfung der Unternehmereigenschaft zwischengeschaltet ist.

Wir regen daher an, zu prüfen, ob nicht die Öffnung der Organschaft auch für Nichtunternehmer (z. B. in Gestalt einer nichtunternehmerischen Zwischenholding) sachgerecht wäre und die Eliminierung nicht abziehbarer Vorsteuer bzw. die Besteuerung von entgeltlichen und unentgeltlichen Wertabgaben an den integrierten Nichtunternehmer bzw. die nichtunternehmerische Sphäre eines Unternehmers im Besteuerungsverfahren vorgenommen werden könnte.

  • Einbeziehung inländischer Betriebsstätten von im Ausland ansässigen Personen

Die Einbeziehung inländischer Betriebsstätten von im Ausland ansässigen Personen bedarf einer besonderen Regelung. Zunächst ist zu prüfen, ob es sich insoweit um im Inland ansässige Personen i. S. v. Art. 11 MwStSystRL handelt. Nach gegenwärtig geltendem Recht wird diese Frage bejaht (vgl. Abschn. 2.9 Abs. 3 Nr. 5 UStAE.). Die BStBK begrüßt die Möglichkeit der Einbeziehung inländischer Betriebsstätten im Ausland ansässiger Personen. Wir regen jedoch an, den ertragsteuerlich geprägten Begriff der Betriebsstätte durch den umsatzsteuerlichen Begriff der festen Niederlassung zu ersetzen.

Im Weiteren sollte in diesem Zusammenhang auch abgewogen werden, inwieweit Deutschland mit der Neuregelung die Skandia-Rechtsprechung (EuGH, Urt. v. 17. September 2014, Rs. C-7/13, Skandia America Corporation) umsetzen wird. Bisher erfolgt keine Anwendung der Grundsätze. Mit der geplanten Umstellung auf die Gruppenbesteuerung wäre eine Anwendung der Skandia-Grundsätze konsequent. Mit der Errichtung der Umsatzsteuergruppe als einziger Steuerpflichtiger gehen alle umsatzsteuerlichen Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder automatisch auf die Gruppe über. Sämtliche unternehmerischen Tätigkeiten sind der Umsatzsteuergruppe zuzurechnen; das einzelne Gruppenmitglied erbringt damit keine unternehmerische Tätigkeit außerhalb der Gruppe.

Der MwSt-Ausschuss hat sich für die Anwendung der Rechtsgrundsätze aus dem
EuGH-Urteil zu Skandia ausgesprochen und am 16. Dezember 2016 entsprechende Leit-linien (LEITLINIEN AUS DER 105. SITZUNG vom 26. Oktober 2015 DOKUMENT A – taxud.c.1(2016)7465801 – 886) veröffentlicht. In anderen Ländern der EU wie beispielsweise Italien wurde die Skandia-Entscheidung in der Zwischenzeit bereits ins MwSt-System implementiert.

Deutschland sollte sich ebenfalls spätestens mit der Reform der umsatzsteuerlichen Organschaft positionieren.  

2.      Sachliche Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in einer Umsatzsteuergruppe

Im Gegensatz zur geltenden Organschafts-Regelung sollen die drei Eingliederungsvoraussetzungen nach dem Reformvorschlag nicht mehr streng ausgelegt werden. Stattdessen manifestiert sich die erforderliche enge Verbundenheit in der Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung und wird dokumentiert durch den Antrag auf Bildung einer Umsatzsteuergruppe. Vor dem Hintergrund, dass derzeit die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale stark auslegungsbedürftig sind und der BFH einen zunehmend strengeren Maßstab an die Eingliederungsvoraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft anlegt, ist der Reformvorschlag dem derzeitigen System vorzuziehen. Diese geplante Abkehr vom bisherigen System, trägt insbesondere zur Rechts- und Planungssicherheit bei.

Zu beachten ist allerdings auch, dass eine bedingungslose umsatzsteuerliche Organschaft voraussichtlich von der EU-Kommission nicht genehmigt wird. Die deutsche Organschaftsregelung kann jedoch nur durch eine Konsultation des Beratenden Ausschusses für die Mehrwertsteuer (nachstehend „ Mehrwertsteuerausschuss“) abgeändert werden. Wir plädieren dafür, das geplante Konstrukt bereits frühzeitig von der EU-Kommission vorprüfen zu lassen. Anderenfalls verzögert sich die Neuregelung, wenn man erst nach dem Erörterungsprozess mit der Wirtschaft den europäischen Prüfungsprozess durchläuft.

Nach dem Eckpunktepapier und dem Ergebnis der Besprechung am 10. April 2019 beschränken sich die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Umsatzsteuergruppe darauf, dass mehrere Personen vereinbaren, einen Antrag auf Behandlung als Umsatzsteuergruppe zu stellen.

Die Vertreter der Wissenschaft beurteilten (in der Besprechung am 10. April 2019) diese Vereinbarung als Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie gehen davon aus, dass dieser Zusammenschluss in Gestalt einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Tatbestandsmerkmale des Art. 11 MwStSystRL erfüllen, wo nach den weiteren Voraussetzungen dieser Norm

„jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln“

kann. Durch den Zusammenschluss zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu dem Zweck, einen Steuerpflichtigen für Zwecke der Umsatzbesteuerung zu schaffen, werden finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen hergestellt, die zu einer engen Verbundenheit der Mitglieder der Umsatzsteuergruppe führen.

Die BStBK begrüßt es, dass der Zugang zu einer Organschaft erleichtert und die tatbestandlichen Voraussetzungen reduziert werden. Allerdings bleibt zu prüfen, inwiefern dieser Auffassung zu folgen ist. Nach Auffassung der BStBK ist diese Beurteilung kritisch. Insbesondere ist nicht klar, welche weiteren Konsequenzen die Bildung einer derartigen GbR hätte. Entsteht eine GbR hätte dies unter Umständen weitere unerwünschte Nebenwirkungen, die nach Ansicht der BStBK aus Gründen der Praxistauglichkeit dieses Konstruktes unbedingt zu vermeiden sind. Unklar ist hier insbesondere

  • die Rechnungsausstellung: Rechnungen sollten nicht von der Gruppe gestellt werden, sondern sollten auch nach wie vor von den einzelnen Mitgliedsunternehmen der Gruppe gestellt werden.
  • die Haftung: Gilt die gesamtschuldnerische Haftung der GbR dann für alle Steuerarten. Dies sollte nach Ansicht der BStBK vermieden werden.
  • weitere zivilrechtliche Folgen.

Dieses Thema sollte von Seiten der Finanzverwaltung gründlich analysiert werden. Nach Ansicht der BStBK sollte die Bildung einer umsatzsteuerlichen Organschaft, keine zivilrechtlichen Auswirkungen haben. Wie bei der geltenden Regelung der umsatzsteuerlichen Organschaft wird die Eigenständigkeit der Organgesellschaften fiktiv – lediglich für umsatzsteuerliche Zwecke – beiseite geschoben.

3.      Gruppenvertretung

Die BStBK erachtet es als sachdienlich, dass die Gruppenmitglieder gegenüber der zuständigen Finanzbehörde eine Person benennen, der gegenüber die Finanzbehörde alle Verfahrenshandlungen im Rahmen des Besteuerungsverfahrens mit Wirkung gegenüber der Umsatzsteuergruppe vornehmen kann.

Gleichzeitig ist der Vertreter verpflichtet, alle die dem Steuerpflichtigen obliegenden Verpflichtungen im Besteuerungsverfahren zu erfüllen. Diese Rechte und Pflichten können sowohl einem Gruppenmitglied als auch einem außenstehenden Dritten übertragen werden.

Wir regen an klarzustellen, dass aus der Stellung als Gruppenvertreter keine eigenständige, über die eines Gruppenmitglieds hinausgehende Haftung entsteht. Dies gilt insbesondere für einen Dritten als Gruppenvertreter. Zur Vermeidung einer vertreterlosen Zeit erscheint es sachgerecht, die Benennung eines Vertreters als Antragsvoraussetzung zu formulieren. Für den Fall der Beendigung der Vertreterstellung sollte eine Regelung aufgenommen werden, die sicherstellt, dass die Gruppe jederzeit einen Vertreter hat. Gegebenenfalls kommt die hilfsweise Benennung eines Gruppenmitglieds als Vertreter durch die Finanzbehörde in Betracht.

4.    Beginn/Ende der Umsatzsteuergruppe

Die BStBK begrüßt die im Eckpunktepapier vorgesehene Regelung, wonach die Mitglieder einer geplanten Umsatzsteuergruppe den Zeitpunkt des Beginns bzw. Beendigung der Besteuerung als Gruppe durch entsprechende Antragstellung bzw. durch Nennung eines zeitlich nach der Antragstellung liegenden Termins bestimmen können.

Einer gesetzlichen Bestimmung einer Mindestgültigkeitsdauer stehen wir skeptisch gegenüber. Dies auch vor dem Hintergrund, dass das derzeit geltende Recht eine Mindestzugehörigkeitsdauer zur Organschaft nicht vorsieht, die Beteiligten durch entsprechende Maßnahmen – z. B. Benennung oder Abberufung von Geschäftsführern zur Herstellung oder Vermeidung der organisatorischen Eingliederung – die Zugehörigkeit zu einer Organschaft willentlich beeinflussen können und dieser Umstand in der bisherigen Diskussion, soweit erkennbar, nicht problematisiert worden ist.

Dessen ungeachtet erkennen wir das berechtigte Interesse der Finanzverwaltung an, ein „ Gruppenhopping“ zu vermeiden, insbesondere in Fällen, in denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies missbräuchlich geschieht.

Regelmäßig liegt es auch im Interesse der an einer Gruppe beteiligten Unternehmen, die Gruppenbesteuerung über einen längeren Zeitraum unverändert beizubehalten. Dennoch kommt es insbesondere bei größeren Unternehmensgruppen nicht selten vor, dass ein als nicht missbräuchlich zu wertendes sachliches Interesse daran besteht, aus einer Gruppe auszuscheiden oder von einer in eine andere Gruppe zu wechseln. Für den Fall, dass die Finanzverwaltung eine zeitliche Mindestdauer für die Mitgliedschaft in einer Umsatzsteuergruppe für erforderlich hält, regen wir an, hiervon in sachlich begründeten Fällen Ausnahmen zuzulassen und die Voraussetzungen hierfür in einer Weise auszugestalten, dass sie kein in der Praxis unüberwindliches Hindernis darstellen.

5.    Antrag

Die BStBK begrüßt es, dass die Organschaft/Gruppenbesteuerung von einem Antrag der Beteiligten abhängig ist. Damit wird der Forderung nach einem rechtssichereren Verfahren Rechnung getragen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der verfahrensrechtlichen Qualität des Antrags bzw. der Entscheidung über diesen Antrag. Unseres Erachtens kann Rechtssicherheit insoweit nur erlangt werden, wenn die Entscheidung in Gestalt eines feststellenden Verwaltungsakts getroffen wird. Eine Genehmigung der Finanzverwaltung sollte zeitnah wie möglich erfolgen.

Wichtig ist, dass der Antrag kurzfristig und immer zu Beginn eines vollen Monats seine Wirkung entfaltet. Damit können Unternehmen flexibel agieren und auf Veränderung im Unternehmensumfeld reagieren.

6.    Wirkung der Mitgliedschaft in der Umsatzsteuergruppe

Die umsatzsteuerliche Beurteilung von Leistungen zwischen Gruppenmitgliedern als nichtsteuerbare unternehmensinterne Vorgänge bleibt gegenüber dem derzeit geltenden Recht unverändert. Das Gleiche gilt für den Vorsteuerabzug, die Vorsteuerberichtigung und unentgeltliche Wertabgaben.

  • Regelungen zur Haftung

Gemäß dem Eckpunktepapier steht jedes Gruppenmitglied nach außen für die Umsatzsteuer der durch die Gruppe erzielten Umsätze ein. Die erforderliche enge Verbundenheit manifestiert sich in der Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung als zentrale Bedingung.

Nach geltendem Recht schuldet der Organträger die Steuer für das um die Organgesellschaften erweiterte Unternehmen. Der Organträger stellt nach § 13a UStG den Steuerschuldner aller Umsätze dar, die die umsatzsteuerliche Organschaft tätigt. Der Organträger schuldet die Umsatzsteuer unmittelbar und nicht nur im Wege der Durchgriffshaftung. Die Organgesellschaft hingegen haftet nach § 73 AO für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Nach § 44 AO haften mehrere Haftende als Gesamtschuldner. Nach Stadie[1] beschränkte sich die Haftung der Organgesellschaft schon nach dem klaren Wortlaut des § 73 Satz 1 AO („[…] Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen von Bedeutung ist […]“) auf diejenigen Umsatzsteuerschulden (und zurückzuzahlenden Vorsteuerbeträge), welche die Organgesellschaft betreffen, d. h. bei unterstellter Selbständigkeit bei ihr angefallen wären. Nach Ansicht der Finanzverwaltung gilt die Haftungsbeschränkung im Rahmen der Ermessensausübung. Mit BMF-Schreiben vom 5. September 2016 hat die Finanzverwaltung ausgeführt, dass die Haftung im Rahmen der Ermessensausübung grundsätzlich auf die in ihrem eigenen Betrieb oder im Betrieb des Organträgers verursachten Steuern beschränkt wird. Bei der umsatzsteuerlichen Organschaft ist es ermessensgerecht, den Verursachungsbeitrag einer Organgesellschaft auf die auf den Außenumsätzen der Organgesellschaft beruhende Umsatzsteuer abzüglich der bei der Organgesellschaft anfallenden Vorsteuer zu bestimmen.

Nach der Neuregelung tritt per se eine gesamtschuldnerische Haftung alle Gruppenmitglieder für die Umsatzsteuer der Gruppe gegenüber dem Fiskus ein. Auf den ersten Blick stellt dies eine Verschärfung zur geltenden Regelung dar.

Außer der Nichtsteuerbarkeit gruppeninterner Wertschöpfungen bei steuerbefreiten und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigender Leistungen der Umsatzsteuergruppe an Personen außerhalb der Gruppe, stellt die Gruppenbesteuerung keinen steuerlichen Vorteil für die Gruppenmitglieder dar. Der administrative Aufwand verringert sich sowohl auf Seiten der Steuerpflichtigen als auch auf Seiten des Fiskus. Der Fiskus wird daher durch die Gruppenbildung nicht benachteiligt. Daher ist es sachgerecht, die Haftung in diesen Fällen nicht zu erweitern. Zumal der Steuerpflichtige bei der Umsatzbesteuerung lediglich als Steuereinsammler des Fiskus agiert.

Der Zugriff des Fiskus auf ein Mitglied der Gruppe, gefolgt von einem internen Gesamtschuldnerausgleich, erscheint sachgerecht. Die Sicherung des Fiskus gegen Steuerausfall aufgrund von Insolvenz erscheint demgegenüber nicht sachgerecht. Es ist kein umsatzsteuerrechtlicher Grund dafür erkennbar, dass dem Fiskus im Rahmen der Gruppenbesteuerung größere Sicherheit eingeräumt werden müsste, als im Rahmen der Einzelbesteuerung. Die Gruppenbesteuerung als solche erscheint keine ausreichende Rechtfertigung dafür zu sein, das allgemeine Steuerausfallrisiko des Fiskus auf einen Unternehmer, der selbst keinen Grund für diesen Steuerausfall gesetzt hat, zu übertragen. Es kann sicherlich nicht gewünscht sein, in Zukunft eine unbeschränkte Haftung aller Gruppengesellschaften für die Steuerschulden aller Gruppengesellschaften einzuführen. Dies wäre eine Übersicherung und eine sachlich nicht gerechtfertigte Verbesserung der Risikoposition des Fiskus zu Lasten der Gruppenmitglieder und könnte bedeuten, dass ein Beitritt zu einer Umsatzsteuergruppe beispielsweise aktienrechtlich einen Hauptversammlungsbeschluss erfordert.

Für den Fall, dass ein Unternehmen aus der Gruppe austritt, sollte insbesondere klargestellt werden, dass dieses nur noch für die Steuerforderungen haftet, die sich aus ihren eigenen unternehmerischen Tätigkeiten ergeben haben. Dies ist sachgerecht und entspricht beispielsweise auch der Schweizer Regelung zur Gruppenbesteuerung.

Ø  Vgl. Art. 15 Buchst. c Schweizer MwStG

„Mit der steuerpflichtigen Person haften solidarisch jede zu einer Mehrwertsteuergruppe (Art. 13) gehörende Person oder Personengesellschaft, mit Ausnahme von Vorsorgeeinrichtungen, für sämtliche von der Gruppe geschuldeten Steuern; tritt eine Person oder Personengesellschaft aus der Gruppe aus, so haftet sie nur noch für die Steuerforderungen, die sich aus ihren eigenen unternehmerischen Tätigkeiten ergeben haben.“

Das bedeutet, dass im Schweizer Mehrwertsteuerrecht das austretende Unternehmen nur noch für diejenigen Steuerschulden der Gruppe haftet, die auch bei seiner selbstständigen Besteuerung angefallen wären. Für den Fall der Mitgliedschaft einer Betriebsstätte/festen Niederlassung eines im Ausland ansässigen Unternehmers in einer inländischen Umsatzsteuergruppe sollte klargestellt werden, dass diese nur mit dem – für steuerliche Zwecke – der Betriebsstätte/festen Niederlassung zugeordneten Vermögen haftet.

7.      Besteuerungsverfahren

Die BStBK begrüßt, dass ein elektronisches Antragsverfahren vorgesehen ist.

Die Vergabe nur einer Umsatzsteueridentifikationsnummer für eine Mehrwertsteuergruppe erscheint grundsätzlich sinnvoll und wird auch in unterschiedlichen europäischen Mitgliedstaaten bereits gelebt. Allerdings sollte sichergestellt werden, dass dann das innergemeinschaftliche Bestätigungsverfahren der Umsatzsteueridentifikationsnummer funktioniert. Dies gilt insbesondere angesichts der ab dem 1. Januar 2020 drastisch erhöhten Bedeutung dieser Nummer.

In Bezug auf die Zuständigkeit des Finanzamtes ist eine Regelung zu bevorzugen nach der das Finanzamt des Gruppenvertreters örtlich zuständig ist. Dies ist am Einfachsten für alle Beteiligten.

C.     Abschließende Anmerkungen

Eine Antrags-Gruppen-Besteuerung wird in zahlreichen anderen EU-Mitgliedstaaten bereits praktiziert und führt zu einer erheblich höheren Rechtssicherheit bei der Organschaft sowie einer Vereinfachung sowohl für die Unternehmen als auch für die Verwaltung. Im Hinblick auf den Beginn einer Gruppenbesteuerung enthält ein Antragsverfahren keine größeren Hürden. Hinsichtlich der Beendigung der Gruppenbesteuerung bzw. des Austritts einzelner Gruppenmitglieder sollte ein ebenso einfaches Verfahren vorgesehen werden, das einen zeitnahen und rechtssicheren Austritt ermöglicht.

Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder von neuen Begriffen als Tatbestandsmerkmal führt regelmäßig zu Auslegungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten. Wir regen daher an, bei der Neuregelung ausschließlich bereits jetzt im Gesetz verwendete Begriffe (z. B. Unternehmer, steuerbarer Umsatz etc.) oder solche, deren Auslegung durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist, zu verwenden.

Zu beachten ist auch, dass dieses Thema auch Auswirkungen auf die Intrastatmeldungen hat. Hier sollte zu gegebener Zeit eine Rücksprache mit dem Statistischen Bundesamt erfolgen.

Die BStBK steht jederzeit gern zu einem weiteren Austausch auch zu Detailfragen der Neuregelung zur Verfügung.

[1] Rau/Dürrwächter, UStG 1997, S. 17

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