BFH: Vorsteuerabzug und private Verwendung im Rahmen eines Ehegatten-Vorschaltmodells

  1. Der Erwerb eines PKW zur langfristigen Überlassung an den freiberuflich tä­tigen Ehegatten kann eine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit be­gründen.
  2. Der Vorsteuerabzug des Vermieters eines PKW ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich. Dies gilt bei einer Vermietung unter Ehe­gatten jedenfalls für die Vermietung von PKW, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen.
  3. Einer Besteuerung der privaten Verwendung des vermieteten PKW durch den Vermieter-Ehegatten steht eine vertraglich geregelte Vollvermietung an den anderen Ehegatten nicht entgegen.

UStG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1a
MwStSystRL Art. 9 Abs. 1, 168 Buchst. a
EStG § 12 Nr. 1
AO § 41 Abs. 2, § 42
BGB § 117 Abs. 1

BFH-Urteil vom 29.9.2022, V R 29/20 (veröffentlicht am 12.1.2023)

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 7.8.2020, 9 K 2621/18

I. Die Beteiligten streiten um den Vorsteuerabzug der Klägerin und Revisionsbe­klagten (Klägerin) aus dem in 2016 (Streitjahr) erfolgten Erwerb eines PKW, den sie ihrem als Arzt tätigen Ehemann vertraglich gegen Entgelt zur Nutzung überließ.

Die finanziell von ihrem Ehegatten unabhängige, im Streitjahr nicht mehr be­rufstätige Klägerin hatte in den Vorjahren Umsätze aus dem Betrieb eines Abrechnungsbüros (bis Ende 2011), aus der Vermietung eines Magnetreso­nanztomographiesystems ‑‑MRT‑‑ (bis einschließlich Juni 2015) an eine Ge­meinschaftspraxis sowie aus einer "ersten" Fahrzeugüberlassung an ihren Ehemann (ab 2012 bis ins Streitjahr).

In den Jahren 2009 bis 2014 betrugen die Umsätze der Klägerin zwischen ca. 150.000 € und ca. 270.000 €, im Jahr 2015 waren es noch ca. 75.000 €. Nach dem Verkauf des MRT am 30.06.2015 meldete die Klägerin ihr Gewerbe ab.

Der Ehemann der Klägerin war ärztlicher Direktor … und ist nach seinem Eintritt in den Ruhestand weiterhin im Rahmen von Praxisgemeinschaften freiberuflich als Arzt tätig. Nachdem er am 22.03.2016 bei der X‑AG einen gebrauchten PKW mit Zubehör für 77.233,81 € brutto in Auftrag gegeben und die X‑AG diesen Auftrag am 04.04.2016 bestätigt hatte, bestellte die Klägerin am 22.04.2016 denselben PKW. Im Bestellformular findet sich unter "besondere Vereinbarungen" der folgende Passus:
"siehe Zusatzvereinbarungen, welche Kaufbestandteil sind, gemachter Vor­führwagen nach Wunsch, ersetzt den Kaufvertrag vom 15.03.2015...".
Die X‑AG bestätigte der Klägerin am 28.04.2016 den Kauf zu einem Preis von 65.467,85 € zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 12.438,90 € (77.906,75 € brut­to).

Die Klägerin überwies im September 2016 den Kaufpreis aus ihrem eigenen Vermögen an die X‑AG und überließ den PKW mit Leasingvertrag vom 03.10.2016 ihrem Ehemann zur Nutzung. Als Vertragslaufzeit waren 36 Mona­te vereinbart und als Tag der Übernahme war in § 2 des Leasingvertrags der 04.10.2016 bestimmt. Die unstrittig marktübliche Leasingrate betrug 815,19 € zzgl. 154,89 € Umsatzsteuer. Der Ehemann verpflichtete sich, das Leasinggut in regelmäßigen Abständen zu warten, alle erforderlichen Reparaturarbeiten durchzuführen und das Fahrzeug auf eigene Kosten angemessen zu versichern (§ 3 des Leasingvertrags).

Am 04.10.2016 wurde der PKW von der X‑AG an die Klägerin übergeben und ihr der Rechnungsbetrag nebst Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.

Der PKW ist auf den Ehemann zugelassen worden und dieser leistete in der Folgezeit vertragsgemäß die vereinbarten Leasingraten an die Klägerin, eben­so zahlte er die Kraftfahrzeugsteuer. Ausweislich des Versicherungsscheins war der Ehemann sowohl Versicherungsnehmer als auch Halter, wobei als wei­tere Nutzerin die Klägerin eingetragen war. Wartungsarbeiten am PKW wurden sowohl im Streitjahr als auch in den Folgejahren gegenüber der Klägerin abge­rechnet (Rechnungen vom 15.11.2016, 10.11.2017, 24.04.2017 und 30.04.2018).

Die Klägerin machte den Vorsteuerbetrag aus dem Erwerb des PKW zunächst in ihrer ‑‑beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) am 10.05.2017 eingegangenen‑‑ Umsatzsteuer-Voranmeldung Oktober 2016 und sodann in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2016 vom 08.02.2018 geltend; dabei waren in den Ausgangsumsätzen auch die Leistungen aus dem Leasing­vertrag mit ihrem Ehemann enthalten.

Im Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2016 vom 24.04.2018 erkannte das FA die geltend gemachten Vorsteuerbeträge an, erließ den Bescheid jedoch "vorläu­fig" und zudem unter Vorbehalt der Nachprüfung (§§ 164, 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑), weil erst nach Ablauf der Bindungsfrist des § 19 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und der Berichtigungsfrist nach § 15a Abs. 1 UStG endgültig entschieden werden könne, ob eine missbräuchli­che Gestaltung vorliege.

Auf den dagegen eingelegten Einspruch hob das FA am 05.09.2018 den Vor­läufigkeitsvermerk auf und setzte die Umsatzsteuer ‑‑ohne Berücksichtigung des streitigen Vorsteuerabzugs sowie der Ausgangsumsätze aus dem Leasing­vertrag‑‑ höher fest.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanz­gerichte (EFG) 2021, 1144 veröffentlichten Urteil statt. Die Klägerin sei als Un­ternehmerin zum Vorsteuerabzug berechtigt, ein Scheingeschäft oder eine missbräuchliche Gestaltung liege nicht vor. Zudem stelle die Nutzung des PKW durch die Klägerin keine Nutzung für private Zwecke dar. Da im Leasingver­trag eine Vollvermietung an den Ehemann geregelt sei und der PKW damit während der Laufzeit des Leasingvertrags nicht mehr zur Disposition der Klä­gerin gestanden habe, handele es sich bei der privaten PKW-Nutzung der Klä­gerin um eine Verwendung des PKW durch den Ehemann.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑, § 42 AO) und führt zur Begründung aus:

Der Vorsteuerabzug scheitere bereits an der fehlenden Unternehmereigen­schaft der Klägerin. Der Leistungsgeber sei nichtwirtschaftlich tätig, wenn er eine Leistung nicht am allgemeinen Markt, sondern lediglich Endverbrauchern anbiete, zu denen enge persönliche Beziehungen bestehen. Das gelte insbe­sondere dann, wenn die Beteiligten eine Wirtschaftsgemeinschaft bildeten und/oder das überlassene Wirtschaftsgut (PKW) vom Leistungsgeber als Al­lein- oder Mitfahrer ebenfalls als Endverbraucher genutzt werde. Diese Auffas­sung werde bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Enkler vom 26.09.1996 ‑ C‑230/94 (EU:C:1996:352) und das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.12.1996 ‑ V R 23/93 (BFHE 182, 388, BStBl II 1997, 368) zur Vermietung eines Wohnmobils. Das FG habe hingegen für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit die dauerhafte Vermietung genügen lassen, ohne die näheren Umstände der Leistungserbringung zu prü­fen, wie die Anzahl der Kunden, die fehlende Betätigung am allgemeinen Markt und das Fehlen eines Geschäftslokals. Das FG habe auch nicht berücksichtigt, dass Leasinggeber typischerweise gewerbliche Unternehmen mit entsprechen­den Geschäftslokalen seien, denen eine Erlaubnis nach § 32 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz ‑‑KWG‑‑) durch die Aufsichtsbehörde er­teilt werde. Ein Leasinggeschäft mit einem einzelnen PKW sei nur unter An­gehörigen mit gleichgerichteten Interessen und ausschließlich zur Erlangung steuerlicher Vorteile denkbar.

Aufgrund der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Beteiligten fehle es an einem Leistungsaustausch. Die PKW-Überlassung sei dem privaten Bereich zuzuordnen, denn es handele sich insoweit um einen Beitrag zur Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Der Leasingvertrag stelle auch ein Scheingeschäft dar, da er nicht vertrags­gemäß durchgeführt worden sei. Obwohl der Vertrag keine Einschränkung der Nutzung durch den Ehemann vorsehe, sei die Klägerin in der Versicherungspo­lice auch als Fahrerin bezeichnet worden. Sie habe das Fahrzeug als Mitfahre­rin bei gemeinsamen Fahrten der Eheleute genutzt sowie selbst Reparaturen und Serviceleistungen beauftragt und bezahlt. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass der PKW ursprünglich vom Ehemann gekauft und dieser Kaufvertrag später "wohl auf Anraten des Steuerberaters" durch den Kaufvertrag mit der Klägerin ersetzt worden sei.

Entgegen der Auffassung des FG stelle der Abschluss des Leasingvertrags eine missbräuchliche Gestaltung i.S. von § 42 AO dar. Der BFH-Rechtsprechung zur finanziellen Unabhängigkeit des Vermieters in den sog. Vorschaltfällen sei nicht beizupflichten, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ die Einnahmen nicht kostende­ckend seien und der Vertrag nicht wie vereinbart durchgeführt werde. In die­sen Fällen verfolge der Vermieter-Ehegatte nicht nur eigene Interessen und sei auch nicht frei in seinen Entscheidungen, sondern treffe diese in Abstimmung mit seinem Ehepartner und berücksichtige auch dessen Interessen.

Nach dem BFH-Urteil vom 07.05.2020 ‑ V R 1/18 (BFHE 270, 146) berechtige nicht jedes vereinbarte Leistungsverhältnis zum Vorsteuerabzug, es seien vielmehr auch private Motive zu beachten. Wenn die Ausgangsleistung ganz oder teilweise privat motiviert sei und den eigenen Endverbrauch oder den ei­ner nahestehenden Person fördere, liege daher eine nichtwirtschaftliche Betä­tigung ohne Recht auf Vorsteuerabzug vor.

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision des FA sei mangelhaft begründet und daher bereits unzulässig. Trotz der BFH-Urteile vom 13.07.1989 ‑ V R 8/86 (BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100), vom 14.05.1992 ‑ V R 56/89 (BFHE 168, 472, BStBl II 1992, 859) und vom 04.05.1994 ‑ XI R 67/93 (BFHE 175, 139, BStBl II 1994, 829), in denen die PKW-Vermietung zwischen Ehegatten steuerrechtlich anerkannt und ein Gestaltungsmissbrauch verneint wurde, meine das FA zu Unrecht, im BFH-Urteil in BFHE 270, 146 eine Abkehr von der bisherigen Sichtweise des BFH zu erkennen. Mit dem BFH-Urteil vom 11.10.2007 ‑ V R 77/05 (BFHE 219, 277, BStBl II 2008, 443) zur Vermietung eines PKW des Arbeitnehmers an den Ar­beitgeber und dessen Rücküberlassung habe sich das FA nicht auseinander­gesetzt. Vermietungsfälle unter Zwischenschaltung eines Ehegatten bei unbe­weglichen Wirtschaftsgütern seien nicht vergleichbar mit Vermietungsfällen mit beweglichen Wirtschaftsgütern.

II. Die entsprechend § 120 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässi­ge Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sa­che zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuver­weisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zwar dem Grunde nach zutreffend entschieden, dass die Klägerin aus dem Erwerb des PKW zum Vor­steuerabzug berechtigt ist. Es hat aber zu Unrecht die private Nutzung des PKW durch die Klägerin bei ihrer Besteuerung außer Betracht gelassen. Die Sache ist wegen fehlender Spruchreife an das FG zurückzuverweisen.

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die ge­setzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unterneh­mer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Unions­rechtlich beruht dies auf Art. 168 Buchst. a der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL). Danach ist der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstän­de und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegen­stände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuzie­hen. Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug be­rechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL) zu verwenden beabsichtigt.

2. Mit der vertraglich vereinbarten Nutzungsüberlassung des PKW an ihren Ehegatten ist die Klägerin ‑‑entgegen der Ansicht des FA‑‑ als Unternehmerin tätig geworden.

a) Um zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, hat der Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

Bei richtlinienkonformer Anwendung dieser Vorschrift muss es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL handeln (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26.04.2012 ‑ V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634; vom 18.12.2008 ‑ V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.1.; vom 11.04.2008 ‑ V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.1. zu Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‑ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage). Der Begriff "wirtschaftliche Tätigkeit" umfasst nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL alle Tätigkeiten eines Er­zeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Ur­produzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichge­stellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nichtkörperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen. Der Begriff erfasst die Tätigkeit an sich, unabhängig von ih­rem Zweck und ihrem Ergebnis. Eine Tätigkeit ist wirtschaftlich, wenn sie nachhaltig erfolgt und gegen ein Entgelt ausgeübt wird, das derjenige erhält, der die Leistung erbringt (EuGH-Urteile Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA vom 15.04.2021 ‑ C‑846/19, EU:C:2021:277, Rz 47; WEG Tevesstraße vom 17.12.2020 ‑ C‑449/19, EU:C:2020:1038, Rz 34).

Wird ein Gegenstand vermietet, der seiner Art nach sowohl für wirtschaftliche als auch für private Zwecke verwendet werden kann, sind dabei alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird (EuGH-Urteil Enkler, EU:C:1996:352, Rz 27). Dabei sind für die Prüfung, ob der Gegenstand zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird, die Umstände, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, mit den Umständen zu vergleichen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit ge­wöhnlich ausgeübt wird (EuGH-Urteile Enkler, EU:C:1996:352, Rz 28, sowie Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom 20.06.2013 ‑ C‑219/12, EU:C:2013:413, Rz 21). Gesichtspunkte, die zur Gesamtheit der Gegebenhei­ten des Einzelfalls gehören und bei der Prüfung berücksichtigt werden können, sind die tatsächliche Dauer der Vermietung des Gegenstands, die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen (EuGH-Urteil Enkler, EU:C:1996:352, Rz 29). Aufgrund dieser Gesichtspunkte hat das nationale Gericht festzustel­len, ob die Vermietung eines körperlichen Gegenstands zur nachhaltigen Erzie­lung von Einnahmen vorgenommen wird (EuGH-Urteil Enkler, EU:C:1996:352, Rz 30).

b) Danach ist die Würdigung des FG, wonach es sich bei der Nutzungsüberlas­sung des PKW im Rahmen eines Leasingvertrags um eine unternehmerische Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG sowie um eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL handelt, revisionsrechtlich nicht zu beanstan­den.

aa) Das FG hat insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin durch die lang­fristige Nutzungsüberlassung des PKW auf der Grundlage eines Leasingver­trags dauerhaft sonstige Leistungen i.S. des § 3 Abs. 9 UStG erbrachte. Die Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit hat das FG zutreffend daraus abgeleitet, dass die Klägerin durch den Leasingvertrag einen Dauerzustand herbeiführte, auf dessen Grundlage sie längere Zeit Eingriffe in ihren Rechtskreis duldete. Auf­grund dieses Dauersachverhalts ist das FG auch von einem planmäßigen Tä­tigwerden der Klägerin ausgegangen. Die unternehmerische Betätigung der Klägerin wurde vom FG als nicht von zu geringer Intensität erachtet, da sie die Anschaffung des PKW aus eigenen Mitteln vorgenommen und damit das für die Selbständigkeit charakteristische Unternehmerrisiko getragen habe. Unter Be­rücksichtigung der vereinbarten Leasingraten von monatlich 815,19 € zzgl. 154,89 € Umsatzsteuer hat es das FG zu Recht als im Einklang mit der Recht­sprechung angesehen, dass die Klägerin einen Umsatz nur aufgrund der Ver­mietung eines Gegenstands ausführte (BFH-Urteile in BFHE 168, 472, BStBl II 1992, 859, unter II.2.a, sowie vom 16.03.1993 ‑ XI R 52/90, BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562, Leitsatz 1; EuGH-Urteil Słaby u.a. vom 15.09.2011, C‑180/10, EU:C:2011:589, Rz 37).

bb) Unschädlich ist, dass die Klägerin nicht am allgemeinen Markt tätig wurde, sondern Leasingleistungen lediglich an ihren Ehegatten als (einzigen) Kunden erbrachte (BFH-Urteile in BFHE 175, 139, BStBl II 1994, 829, unter II.1., und in BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562, unter II.2.d). Dies entspricht der BFH-Rechtsprechung, nach der ein Gesellschafter einen PKW an seine Gesellschaft als Unternehmer vermieten kann, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob er diese Leistung am Markt auch gegenüber Dritten erbringen würde (vgl. BFH-Urteile in BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562, unter II.2.a, zur "Vermietung" gegen "Zahlung eines Entgeltes‚ zur Abdeckung des beruflichen Zwecken die­nenden Anteils"; vom 16.03.1993 ‑ XI R 45/90, BFHE 171, 122, BStBl II 1993, 530, unter II.3., trotz "ausschließlicher ‑‑betrieblicher und privater‑‑ Selbst­nutzung"; vom 16.03.1993 ‑ XI R 44/90, BFHE 171, 114, BStBl II 1993, 529), und der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 2.3 Abs. 6, dritter Spiegelstrich des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ‑‑UStAE‑‑).

cc) Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Fehlen eines Geschäftslokals. Das Unterhalten eines Geschäftslokals oder Büros gehört zwar zu den für eine unternehmerische Tätigkeit sprechenden Indizien (vgl. BFH-Urteil in BFHE 182, 388, BStBl II 1997, 368, unter II.1.a), allein das Fehlen eines Geschäftslokals oder Büros führt aber im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht zur Verneinung der wirtschaftlichen Tätigkeit (BFH-Urteile vom 16.06.1994 ‑ V R 98/92, BFH/NV 1995, 740, unter II.4.b, sowie vom 13.02.1992 ‑ V R 112/87, BFH/NV 1993, 53, unter II.b).

dd) Das FG war nicht ‑‑wie das FA meint‑‑ verpflichtet zu klären, welche Art von Anbieter überhaupt Leasinggeschäfte für PKW am Markt anbieten. Es brauchte bei seiner Entscheidung auch nicht zu berücksichtigen, dass Leasing­geber typischerweise gewerbliche Unternehmen mit Geschäftslokalen sind, de­nen eine Erlaubnis nach § 32 KWG durch die Aufsichtsbehörde erteilt wird und die eine große Zahl von gleichartigen Geschäften (in aller Regel über Autohäu­ser) abschließen. Aus der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Erlaubnis­pflicht für Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang ausgeführt werden, der einen in kaufmännischer Weise ein­gerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, ergibt sich nicht, dass es außerhalb dieses Tatbestandes an einer Unternehmereigenschaft fehlen könnte.

3. Die weiteren Einwendungen des FA greifen nicht durch.

a) Es liegt kein Scheingeschäft vor.

aa) Scheingeschäfte sind nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO für die Besteuerung un­erheblich. Der Begriff des Scheingeschäfts entspricht der Definition in § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑ (Senatsbeschluss vom 31.01.2002 ‑ V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c). Ein Scheinge­schäft liegt danach vor, wenn die Vertragspartner einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Rechtsge­schäft verbundenen Rechtswirkungen aber nicht eintreten lassen wollen (Be­schluss des Bundesgerichtshofs vom 20.03.2002 ‑ 5 StR 448/01, Höchstrich­terliche Finanzrechtsprechung 2002, 844; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 41 AO Rz 153).

bb) Das FG hat danach ein Scheingeschäft zutreffend verneint, da der Lea­singvertrag hinsichtlich seiner Hauptpflichten und damit im Wesentlichen so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Hierzu hatte die Klä­gerin ihrem Ehemann den PKW zur Nutzung überlassen und dieser ‑‑was un­streitig ist‑‑ die Leasingraten monatlich gezahlt. Dass die Klägerin ‑‑abwei­chend von der vertraglichen Vereinbarung‑‑ die vier Rechnungen vom 15.11.2016, 10.11.2017, 24.04.2017 und 30.04.2018 über Serviceleistungen und Wartungsarbeiten am PKW selbst beglichen hat, reicht für sich genommen nicht aus, um den Leasingvertrag als Scheingeschäft zu qualifizieren. Denn den Vertragsparteien kam es zur Erreichung des mit dem Leasingvertrag be­zweckten Erfolgs gerade auf dessen Rechtswirkung an. Dabei kann offen­bleiben, ob dieser Zweck in einer Renditeerwartung (so die Klägerin) oder in einem Steuervorteil (so das FA) bestand.

b) Unbeachtlich ist der Einwand, dass die Überlassung des Fahrzeugs zur Nut­zung durch den Ehemann auf familienrechtlicher Grundlage als Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erfolgte. Ehegatten sind zwar nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Insoweit charakterisiert eine Zuwendung, die ein Ehegatte ohne besondere Vereinbarung dem anderen Ehegatten macht, dass sie einen Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft darstellt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.08.1999, GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C.I.4.b). Im Streitfall beruhte die PKW-Überlassung demgegenüber mit dem Leasingvertrag auf einer besonde­ren Vereinbarung, so dass das FG zu Recht eine Nutzungsüberlassung auf fa­milienrechtlicher Grundlage abgelehnt hat. Die Parteien hatten die PKW-Überlassung aus den familienrechtlichen Beziehungen herausgehoben und durch Abschluss eines (entgeltlichen) Leasingvertrags auf eine besondere schuldrechtliche Grundlage gestellt (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 16.01.1992 ‑ V R 1/91, BFHE 167, 215, BStBl II 1992, 541, unter II.2.).

c) Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin entgegen § 3 des Leasingvertrags mehrfach die Kosten für Service- und Wartungsarbeiten am PKW übernommen hat, obwohl gemäß § 3 des Leasingvertrags der Lea­singnehmer (Ehemann) zur Kostentragung verpflichtet war.

Im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ist eine Entgeltlichkeit der Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nicht bereits dann zu verneinen, wenn über Leistung und Gegenleistung zwar Vereinbarungen vorliegen, diese aber nicht vertragsgemäß vollzogen werden, oder wenn die Vereinbarungen nicht dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist (BFH-Urteil vom 22.06.1989 ‑ V R 37/84, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913, Leitsatz 1; BFH-Beschluss vom 04.12.2019 ‑ V R 31/18, BFH/NV 2020, 390). Bei der Prüfung von Leistungs­beziehungen zwischen nahen Angehörigen kann allerdings die Frage, ob die Vereinbarung und ihre Durchführung dem entspricht, was unter Fremden üb­lich ist, für die Beurteilung Bedeutung erlangen, ob der Leistende ernsthaft damit gerechnet hat, ein Entgelt für seine Leistung zu erhalten (BFH-Urteile in BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913, Leitsatz 2, und vom 09.07.1998 ‑ V R 68/96, BFHE 186, 161, BStBl II 1998, 637, m.w.N.).

Entgegen der ertragsteuerrechtlich geprägten Argumentation des FA ist es da­her ohne Bedeutung, dass die Klägerin anstelle ihres Ehemannes in einigen Fällen die Rechnungen für Wartungsarbeiten am PKW beglichen hat. Abgese­hen davon, dass der Leasingvertrag lediglich hinsichtlich einer Nebenklausel nicht vollständig durchgeführt wurde, hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Klägerin fest mit der Zahlung der Leasingraten gerechnet hat und diese Zahlungen ‑‑ihrer Erwartung entsprechend‑‑ tatsächlich auch monatlich geleis­tet wurden.

d) Es liegt auch ein Erwerb des PKW durch die Klägerin vor. Denn Leistungs­empfänger ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber be­rechtigt und verpflichtet wird (vgl. BFH-Urteile vom 28.08.2014 ‑ V R 49/13, BFHE 247, 283, BStBl II 2021, 825, Rz 25; vom 18.09.2019 ‑ XI R 19/17, BFHE 267, 98, BStBl II 2020, 172, Rz 36). Leistungsempfängerin war danach die Klägerin, die den PKW durch Kaufvertrag vom 22.04./28.04.2016 für ihr Unternehmen erworben hat. Dem steht nicht entgegen, dass die X‑AG zuvor mit dem Ehemann einen Kaufvertrag über dasselbe Fahrzeug abgeschlossen hatte. Denn die Klägerin ist im Wege der Vertragsübernahme in dieses Ver­tragsverhältnis eingetreten. Eine zivilrechtliche Vertragsübernahme mit der Folge eines umsatzsteuerrechtlich anzuerkennenden Wechsels in der Person des Leistungsempfängers ist nach der Rechtsprechung des BFH jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und damit der Steuerentstehung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG anzuerkennen (BFH-Urteil vom 12.02.2020 ‑ XI R 24/18, BFHE 268, 351, BStBl II 2022, 191, Rz 58).

e) Einem Vorsteuerabzug der Klägerin steht auch nicht § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG entgegen. Danach sind u.a. Vorsteuerbeträge für solche Aufwendungen nicht abziehbar, für die das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG gilt. Dieses Abzugsverbot betrifft die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. Dazu gehören nach Satz 2 des § 12 Nr. 1 EStG auch "die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen".

Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG ist vorliegend nicht einschlägig, da der PKW nicht als "Familien‑PKW" für den Haushalt der Klägerin oder für den Unterhalt ihrer Familienangehörigen erworben wurde, sondern für die un­ternehmerisch veranlasste Weitervermietung (Leasing) an ihren freiberuflich tätigen Ehegatten (s. oben II.3.b).

f) Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs beruht nicht auf einer miss­bräuchlichen Gestaltung i.S. von § 42 AO.

aa) § 42 AO ist bei der Umsatzsteuer bereichsspezifisch im Sinne der Miss­brauchs-Rechtsprechung des EuGH auszulegen (BFH-Beschluss vom 23.09.2020 ‑ XI R 22/18, BFHE 270, 562, BStBl II 2021, 325, Rz 52; BFH-Urteile vom 11.04.2013 ‑ V R 28/12, BFH/NV 2013, 1638, Rz 28; vom 16.06.2015 ‑ XI R 17/13, BFHE 250, 470, BStBl II 2015, 1024, Leitsatz 4, Rz 34 ff.; vom 09.09.2015 ‑ XI R 21/13, BFH/NV 2016, 597, Rz 34).

Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (und damit vorliegend auch i.S. des § 42 AO) erfordert zum einen, dass die fraglichen Umsätze ‑‑trotz formaler Anwendung der MwStSystRL und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts‑‑ einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen ver­folgten Ziel zuwiderlaufen würde; zum anderen muss aus einer Reihe objekti­ver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im We­sentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (vgl. EuGH-Urteile Halifax u.a. vom 21.02.2006 ‑ C‑255/02, EU:C:2006:121, Rz 74 ff.; Cussens u.a. vom 22.11.2017 ‑ C‑251/16, EU:C:2017:881, Rz 53 und 70; s.a. EuGH-Urteil T Danmark und Y Denmark vom 26.02.2019 ‑ C‑116/16 und C‑117/16, EU:C:2019:135, Rz 97).

bb) Der vollständige Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des vermieteten PKW ist nicht systemwidrig. Der Systematik des Vorsteuerabzugs entspricht es, dass der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn er steuerpflichtige Ausgangsumsätze tätigt oder zu tätigen beabsichtigt. Im Hinblick darauf, dass zu Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit im Regelfall erhebliche Anschaf­fungen (Investitionen) erforderlich sind, während noch keine oder geringe Ausgangsumsätze getätigt werden, liegt ein Vorsteuerüberhang in der An­fangsphase in der Natur der Sache. Dies gilt insbesondere in Vermietungsfäl­len. Die Klägerin unterscheidet sich von einem gewerblichen Leasingunter­nehmen nur insoweit, als sie lediglich einem Leistungsempfänger gegenüber tätig wird und zu diesem in einem durch die Ehe begründeten Näheverhältnis steht.

cc) Etwas anderes folgt nicht aus der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Vorschaltung des Ehegatten bei der Vermietung von einzelnen Gegenständen (PKW). Hier hat der BFH für die Frage eines Rechtsmissbrauchs stets für ent­scheidend gehalten, ob der Vermieter-Ehegatte die Mittel für den Erwerb und den Unterhalt des Mietobjekts in einem überschaubaren Zeitraum aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen leisten kann. Danach liegt bei einem finanziell un­abhängigen Vermieter-Ehegatten selbst dann kein Rechtsmissbrauch vor, wenn dessen Vorschaltung den Vorsteuerabzug erst ermöglicht, weil der Ehe­gatte als Nichtunternehmer oder als Unternehmer mit steuerbefreiten Umsät­zen nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (BFH-Urteil in BFHE 175, 139, BStBl II 1994, 829, Rz 11).

Auch insoweit liegt im Streitfall keine unangemessene Gestaltung vor. Denn die Klägerin hat ihre Vermieterstellung unstreitig aus eigener finanzieller Kraft wahrgenommen, da sie finanziell von ihrem Ehegatten unabhängig ist und den PKW aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen erworben hat. Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, ist der Vermieter-Ehegatte tatsächlich unternehme­risch tätig geworden, da er aufgrund seiner finanziellen Unabhängigkeit seine wirtschaftlichen Entscheidungen frei trifft und insoweit auch selbst das unter­nehmerische Risiko trägt. Der Vorteil des Vorsteuerabzugs beruht dann darauf, dass tatsächlich eine zusätzliche Stufe unternehmerischer Betätigung mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen begründet wird.

Im Übrigen handelte es sich nicht um die Vermietung eines Gegenstands, der dem unmittelbaren Familienbedarf diente. Die Klägerin und ihr Ehegatte ver­fügten zum einen über mehrere PKW. Zum anderen diente das Fahrzeug beim mietenden Ehegatten für dessen (nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende) Unternehmenstätigkeit. Der vom FA angeführte Beispielsfall einer gegenseiti­gen Vermietung von Eheringen ist daher vorliegend ohne Bedeutung.

g) Entgegen der Ansicht des FA folgt eine andere Beurteilung auch nicht aus dem von ihm herangezogenen Senatsurteil in BFHE 270, 146. Dieses Urteil be­trifft den Vorsteuerabzug für Aufwendungen zur Renovierung eines an den Ar­beitgeber vermieteten und beruflich genutzten Home-Office. Danach kann sich im Falle einer Bürotätigkeit die berufliche Nutzung des Home-Office auch auf einen Sanitärraum erstrecken, nicht jedoch auf ein mit Dusche und Badewan­ne ausgestattetes Badezimmer. Dabei ging der Senat davon aus, dass im Hin­blick auf den besonderen Zweck der Vermietung (Rücküberlassung als Home-Office) wegen der fehlenden beruflichen Nutzung von Dusche und Badewanne ein Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit der Kläger ausschied (BFH-Urteil in BFHE 270, 146, Rz 26 bis 28). Im Unterschied dazu erfolgte die Ver­mietung des PKW im Streitfall jedoch (ganz überwiegend) zur beruflichen Nut­zung durch den Ehemann der Klägerin im Rahmen seiner freiberuflichen ärztli­chen Tätigkeit.

4. Das Urteil des FG ist gleichwohl aufzuheben. Denn es hat rechtsfehlerhaft eine Besteuerung der Nutzung des Fahrzeugs durch die Klägerin als unentgelt­liche Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) außer Betracht gelassen.

Entgegen der Auffassung des FG ist eine private Nutzung des PKW, den die Klägerin an ihren Ehegatten verleast hat, durch die Klägerin nicht als Nutzung des Ehegatten anzusehen, weil im Leasingvertrag eine Vollvermietung an die­sen vorgesehen war und sich die Klägerin keine Eigennutzung des PKW ver­traglich vorbehalten hat. Derartige Vereinbarungen mögen eine Eigennutzung durch den Leasinggeber untersagen, sind aber steuerrechtlich unbeachtlich, wenn sie nicht auch tatsächlich vollzogen werden und der wirtschaftlichen Realität nicht entsprechen. Daher unterliegt der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt der Besteuerung (§§ 38, 40, 41 AO). Im Streitfall kommt hinzu, dass die Klägerin für die Privatnutzung keiner besonderen Einwilligung ihres Ehegatten bedurfte, da sich dieser durch die Aufnahme seiner Ehefrau in die Versicherungspolice mit einer Privatnutzung konkludent und generell einver­standen erklärt hatte.

5. Die Sache ist nicht spruchreif.

a) Zwar steht die Eigennutzung durch die Klägerin ihrem Vorsteuerabzug nicht entgegen.

Denn in Bezug auf den ‑‑entgegen der Auffassung des FG durch die Klägerin gemischt unternehmerisch (durch Verleasen) und privat genutzten‑‑ PKW hat die Klägerin das ihr zustehende Wahlrecht zur Zuordnung wirksam ausgeübt und dokumentiert (vgl. BFH-Urteile vom 04.05.2022 ‑ XI R 28/21 (XI R 3/19), zur Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 878, sowie XI R 29/21 (XI R 7/19), zur Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 881), wie sich aus der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung Oktober 2016 am 10.05.2017 ergibt.

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass der Vorsteuerabzug nach dem bisherigen Verfahrensstand auch nicht an § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG scheitert, wonach es auf eine unternehmerische Mindestnutzung von 10 % ankommt. Denn entsprechend dem FG-Urteil, Seite 20 ist nicht davon auszugehen, dass der Umfang der privaten Nutzung durch die Klägerin über 90 % gelegen hat, wofür auch spricht, dass die Klägerin über ein eigenes Fahrzeug verfügte.

Im Übrigen führt die Privatnutzung der Klägerin nicht zu sog. gemischten Auf­wendungen für die Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Abgesehen davon, dass die Klägerin ein eigenes Fahrzeug nutzte, im Haushalt weitere Fahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung standen und das FA dem Vor­trag der Klägerin von einer Privatnutzung im Bereich von unter 5 % nicht sub­stantiiert widersprochen hat, ist zu berücksichtigen, dass das Umsatzsteuer­recht im Unterschied zum Einkommensteuerrecht bei gemischter Verwendung von Investitionsgütern außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 168a MwStSystRL, § 15 Abs. 1b UStG kein Abzugsverbot vorsieht, sondern selbst bei nur geringer unternehmerischer und damit bei sog. gemischter Verwen­dung die vollständige Zuordnung zum Unternehmen mit der Folge eines voll­ständigen und sofortigen Vorsteuerabzugs ermöglicht und im Gegenzug die private Verwendung als unentgeltliche Wertabgabe besteuert (vgl. auch BFH-Urteile in BFH/NV 2022, 878, sowie in BFH/NV 2022, 881). Im Hinblick hierauf kann der Senat offenlassen, ob die Einschränkung des Vorsteuerabzugs durch § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG gegen Art. 176 Abs. 2 MwStSystRL verstößt (FG München vom 23.02.2006 ‑ 14 K 3585/03, EFG 2006, 1018; Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 639; Heinrichshofen in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 162).

b) Mangels Feststellungen des FG zum Umfang der Privatnutzung und zur Be­messungsgrundlage kann der Senat nicht selbst entscheiden. Das FG hat im zweiten Rechtsgang Feststellungen zum Umfang der privaten Nutzung durch die Ehefrau zu treffen, die zu einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG führt. Dieser Umfang ist ggf. im Wege der sachgerechten Schätzung zu ermitteln (§ 162 AO). Diese Schätzungsbefugnis hat auch das Gericht (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO), wenn eine weitere Sachaufklä­rung nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 19. 05.2010 ‑ XI R 32/08, BFHE 230, 272, BStBl II 2010, 1079).

Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind dann nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG alle Ausgaben zu berücksichtigen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Hierzu zählen vor allem die Anschaffungskosten eines Gegenstands (PKW). Dabei sind die Anschaffungs­kosten über den Berichtigungszeitraum von fünf Jahren zu verteilen (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG). Zu den mit der Rechnung vom 15.11.2016 bezogenen Leistungen verweist der Senat auf die EuGH-Urteile Kühne vom 27.06.1989 ‑ C‑50/88 (EU:C:1989:262, Rz 13 f.), Mohsche vom 25.05.1993 ‑ C‑193/91 (EU:C:1993:203, Rz 14), Bakcsi vom 08.03.2001 ‑ C‑415/98 (EU:C:2001:136, Rz 33) und Abschn. 15.2c Abs. 2 Satz 2 UStAE (vgl. auch Wäger in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 10 Rz 132, 154 ff.).

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung an das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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