BFH zur Umsatzbesteuerung der Wärmeabgabe aus einer Biogas-Anlage

  1. Entstehen Selbstkosten i.S. von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG für entgelt­liche Lieferungen wie auch für unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b UStG, sind diese entsprechend § 15 Abs. 4 UStG nach tatsächlichen oder ggf. fiktiven Umsätzen (Marktwerten) aufzuteilen (Anschluss an die BFH-Urteile vom 25.11.2021 ‑ V R 45/20, BFHE 275, 392 = SIS 22 05 92, und vom 15.03.2022 ‑ V R 34/20, BFH/NV 2022, 1013 = SIS 22 12 07 und entgegen Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 6 UStAE).
  2. Eine KG, an der der Unternehmer zu 40/82 (bei einer Gewinnpartizipation und Stimmrechten von 50 %) beteiligt ist, ist eine nahestehende Person i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG.

UStG § 3 Abs. 1b, § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1
MwStSystRL Art. 80, Art. 74

BFH-Urteil vom 9.11.2022, XI R 31/19 (veröffentlicht am 9.2.2023)

Vorinstanz: FG Münster vom 1.10.2019, 15 K 1050/16 U = SIS 19 19 49

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt eine Biogasanlage, ein Gärrestendlager, ein Blockheizkraftwerk (BHKW), ein Fahrsilo und ein Satelli­ten-BHKW auf dem Hof des Nachbarn (N). Der Kläger veräußerte in den Jah­ren 2009 bis 2011 (Streitjahre) den durch das BHKW erzeugten Strom an ei­nen örtlichen Energieversorger. Die vom BHKW in dieser Zeit erzeugte Wärme verwendete der Kläger zum einen für private Zwecke (Beheizen des privaten Wohnhauses und des ebenfalls privat genutzten sog. Altenteilerhauses) und zum anderen für die an den Betriebsleiter vermietete Wohnung. Darüber hin­aus wurde Wärme an eine KG (C‑KG) zur Getreidetrocknung für 0,01 € pro Kilowattstunde (kWh) geliefert; am Kapital der C‑KG war der Kläger zu 40/82 bei einer Gewinnpartizipation und Stimmrechten von 50 % beteiligt. Ab November 2011 wurde Wärme zum selben Preis auch an N abgegeben.

Nach einer Außenprüfung des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprü­fung ging der Prüfer davon aus, dass die Abgabe der Wärme zu einer unent­geltlichen Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuerge­setzes (UStG) geführt habe. Mangels Vorliegens eines Einkaufspreises seien als Bemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 4 UStG die Selbstkosten anzuset­zen. Bezüglich der Wärmeabgabe an die C‑KG müsse die Mindestbemessungs­grundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG angesetzt werden. Den Selbstkosten­preis für eine kWh Wärme ermittelte der Prüfer mit 0,09 € und nicht, wie der Kläger, mit 0,01 €. Auf Grundlage der durch den Kläger zur Verfügung ge­stellten Werte ergaben sich für den Prüfer danach unentgeltliche Wertabgaben für die Streitjahre in Höhe von 26.577,60 € (2009), 34.609,90 € (2010) und 26.376,60 € (2011).

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) übernahm die Feststel­lungen der Außenprüfung und erließ am 14.05.2014 entsprechende Ände­rungsbescheide zur Umsatzsteuer für die Streitjahre. Dagegen legte der Kläger Einsprüche ein, die das FA mit Einspruchsentscheidung vom 09.12.2015 als unbegründet zurückwies.

Der hiergegen gerichteten Klage, die auch andere Streitpunkte betraf, gab das Finanzgericht Münster (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1930 veröffentlichten Urteil statt. Das FG sah in der vom Kläger privat verbrauchten Wärme für das Wohnhaus und das Altenteilerhaus eine unent­geltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG. Es ging davon aus, dass die Bemessungsgrundlage für die Wärmeabgabe bei Aufteilung des Selbstkostenpreises unter Berücksichtigung eines Marktpreises für Wärme aus Biogasanlagen von 0,03 €/kWh zu ermitteln sei, der sich aus einem bundes­weit durchschnittlichen Arbeitspreis von Wärme aus Biogasanlagen in Höhe von 0,0293 €/kWh, der auf 0,03 €/kWh aufzurunden sei, ergebe. Das FG er­mittelte aufgrund dieses Marktwertes als Bemessungsgrundlage für die unent­geltliche Wärmeabgabe von 332 220 kWh in 2009 einen Betrag von 6.607 € und für die unentgeltliche Wärmeabgabe von insgesamt 773 890 kWh in 2010 und 2011 einen Betrag von 12.524 €. Dabei beruhte die zusammenfassende Ermittlung für die Streitjahre 2010 und 2011 auf der Umstellung des Wirt­schaftsjahres vom Kalenderjahr auf den Zeitraum von 01.07. bis 30.06 (be­ginnend ab 2010). Da der so ermittelte Selbstkostenanteil im Hinblick auf die an die C‑KG verkauften Wärmemengen das vereinbarte Entgelt überstieg, sah das FG jenen nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG als maßgeblich an. Wegen der Op­tion der C‑KG zur Regelbesteuerung (§ 24 Abs. 4 UStG) blieb es für das Streit­jahr 2011 bei dem zwischen dem Kläger und der C‑KG vereinbarten Preis von 0,01 €/kWh. Anders als bei der privaten Verwendung der Wärme aus dem BHKW sei durch die Verwendung von Wärme für die an den Betriebsleiter steuerfrei vermietete Wohnung zwar keine unentgeltliche Wertabgabe ausge­löst worden, es sei aber der Vorsteuerabzug anteilig zu versagen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Die Anwen­dung der Marktwertmethode sei mit § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG unverein­bar. Es sei die energetische Aufteilungsmethode anzuwenden. Gegen die Marktwertmethode spreche, dass es an einem Marktwert für Wärme am Ort des Unternehmens fehle. Durch die Lieferung der Wärme an die C‑KG sei kein Markt entstanden, da es sich bei der C‑KG um eine nahestehende Person des Klägers handele. Auch die Lieferung von Wärme an N könne nicht berücksich­tigt werden, da der Verkauf erst am Ende des Prüfungszeitraums erfolgt sei. Eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG scheide aus, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle.

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben, soweit durch dieses die Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2011 vom 14.05.2014 und die Einspruchsentscheidung vom 09.12.2015 deswegen zu ändern sind, weil das FG für die Bemessung der in die Selbstkosten des § 10 Abs. 4 Satz 1 UStG einzustellenden Aufwendungen bei der unentgeltlichen Wertabgabe und der Veräußerung an nahestehende Personen über § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Marktpreise der einzelnen produzierten Gegenstände vorgenommen hat, und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er verteidigt die Vorentscheidung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abgrenzung der Herstellungskosten für das Wirt­schaftsgut "Trockenschnitzel" zu den Herstellungskosten für die Zuckergewin­nung (BFH-Urteil vom 01.10.1975 ‑ I R 207/73, BFHE 117, 235, BStBl II 1976, 202).

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Fi­nanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend die anteili­gen Selbstkosten als Bemessungsgrundlage für die unentgeltlichen Wertabga­ben angesetzt und diese in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf Grundlage der entgeltlichen Stromlieferungen und eines fiktiven Wärme­umsatzes ermittelt.

1. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, hat das FG eine unent­geltliche Wertabgabe in Bezug auf die zur privaten Verwendung genutzte Wär­me bejaht (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2021 ‑ V R 45/20, BFHE 275, 392, Rz 31) und, da für den Kläger kein Anschluss an ein (Fern‑ oder Nah‑)Wärme­netz bestand, eine Wertbemessung nach den Selbstkosten an Stelle des an­sonsten vorrangigen Einkaufspreises i.S. des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, der unionsrechtlich auf Art. 74 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) beruht, vorgenommen (BFH-Urteile vom 12.12.2012 ‑ XI R 3/10, BFHE 239, 377, BStBl II 2014, 809, Rz 39; in BFHE 275, 392, Rz 31, und vom 15.03.2022 ‑ V R 34/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 1013, Rz 16 f). Zudem konnte das FG die Selbstkosten nach den Ver­hältnissen des Streitfalls, in dem eine weitergehende Sachaufklärung nicht möglich war, in vollem Umfang als vorsteuerbelastet ansehen, so dass im Streitfall nicht zu entscheiden ist, ob bei der Wertbemessung nach dieser Vor­schrift eine Beschränkung auf derartige Kosten vorzunehmen ist (so Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ‑‑UStAE‑‑, zur Kritik vgl. Stapperfend in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 10 Rz 467; Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 447, und Wäger in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 10 Rz 153).

2. Selbstkosten i.S. von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, die für entgeltliche Leistungen wie auch für unentgeltliche Wertabgaben anfallen, sind aufzuteilen, wobei sich diese Aufteilung mangels gesetzlicher Selbstkostenaufteilungsrege­lungen entsprechend § 15 Abs. 4 UStG bestimmt (BFH-Urteil in BFH/NV 2022, 1013, Rz 19).

Die nach dieser Vorschrift vorzunehmende sachgerechte Schätzung ist grund­sätzlich Sache des Unternehmers, der zu entscheiden hat, welche Schät­zungsmethode er wählt, wobei das die Finanzbehörde und damit auch das FG nachprüfen kann, ob die Schätzung sachgerecht ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 03.05.2005 ‑ V B 200/04, BFH/NV 2005, 1641, und BFH-Urteile vom 03.08.2017 ‑ V R 62/16, BFHE 259, 380, BStBl II 2021, 109, Rz 28; vom 11.11.2020 ‑ XI R 7/20, BFHE 271, 273, BStBl II 2022, 746, Rz 10). Nimmt der Unternehmer keine Schätzung vor oder ist diese nicht sachgerecht, hat das FA (§ 162 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑) oder das FG (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 AO) zu schätzen (BFH-Urteil vom 12.03.1992 ‑ V R 70/87, BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755, unter 2.b cc der Entschei­dungsgründe). Eine Überprüfung der gerichtlichen Schätzung im Revisionsver­fahren ist hinsichtlich der Zulässigkeit, der Einhaltung der verfahrensrechtli­chen Voraussetzungen sowie der Schlüssigkeit und Plausibilität des Ergebnis­ses der Schätzung möglich (BFH-Urteil vom 23.10.2019 ‑ XI R 18/17, BFHE 267, 146, Rz 29). Diese Schätzung gehört zu den tatsächlichen Feststellungen, an die der BFH als Revisionsinstanz grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Die Bindung des BFH entfällt erst, wenn das FG bei der Schät­zung gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder gegen die Denkgesetze verstoßen hat (BFH-Urteil vom 28.11.2019 ‑ IV R 54/16, BFHE 266, 250, Rz 49). Dies ist auch im Rahmen der entspre­chenden Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG zu beachten.

3. Im Streitfall lässt die Aufteilungsentscheidung, die das FG mangels sachge­rechter Schätzung durch den Kläger zu treffen hatte, keinen revisionsrechtlich erheblichen Rechtsfehler erkennen.

a) Zutreffend hat das FG gegen eine Aufteilung nach ausschließlich energeti­schen Werten entsprechend der Verwaltungsauffassung in Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 6 und 7 UStAE entschieden. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf das BFH-Urteil in BFH/NV 2022, 1013 (Leitsatz 2 und Rz 21). Die vom FA hiergegen angeführten Einwendungen greifen nicht durch. So beruht auch die vom FA als zutreffend angesehene energetische Aufteilung auf einer entsprechenden Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG. Im Übrigen än­dern die mit einer Umsatzbetrachtung verbundenen Preisschwankungen nichts daran, dass die mit der Anlage erzeugten Gegenstände (Strom und Wärme) nach Nutzbarkeit und Verwertbarkeit nicht miteinander vergleichbar sind (BFH-Urteil vom 16.11.2016 ‑ V R 1/15, BFHE 255, 354, Rz 25).

b) Die Aufteilung der Selbstkosten konnte unter Ansatz eines fiktiven Wärme­verkaufspreises von 0,03 €/kWh erfolgen. Denn im Streitfall hat das FG ohne Rechtsfehler für die Ermittlung des Anteils der Fernwärme an den Selbstkosten die durch eine wissenschaftliche Untersuchung ermittelten bundesdurch­schnittlichen Arbeitspreise für Wärme aus Biogas-Anlagen herangezogen. Dies ist sachgerecht. Denn das FG hat den bundesweiten Durchschnittswert für Wärme speziell aus mit Biogas betriebenen BHKW angesetzt und nicht den durchschnittlichen Preis für Wärmelieferungen insgesamt, der sich aus jährli­chen Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (sog. Energiedaten; vgl. Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 8 UStAE) ergibt, da zu die­sem auch Wärmelieferungen aus Kohle- und Gaskraftwerken gehören, die Un­terschiede zu mit Biogas betriebenen Anlagen aufweisen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das FG im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (s. oben II.2.) auf Grundlage speziellerer Wertermittlungen Werte für die Liefe­rung von Wärme ermittelt hat. Die vom FG herangezogene Untersuchung ba­sierte auf Mitteilungen von über 600 Betreibern derartiger Anlagen, so dass sich daraus eine hinreichende Verlässlichkeit der Daten ergab. Im Hinblick hie­rauf war das FG nicht zu einer Preisermittlung "auf der Grundlage eines durch­schnittlichen Fernwärmepreises" insgesamt (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFH/NV 2022, 1013, Rz 22) verpflichtet.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die dem FG-Urteil zugrundeliegenden Werte aus dem Jahr 2016 stammen; denn für die Zeit davor gibt es ‑‑soweit ersichtlich‑‑ keine belastbaren Daten darüber, welche Wärmepreise erzielbar waren und welche Preismodelle vorherrschten, so dass die bundesdurch­schnittlichen Arbeitspreise für Wärme aus Biogas-Anlagen der Schätzung des FG zugrunde gelegt werden konnten.

c) Die vom FG gewählte Aufteilung ist auch nicht aus anderen als den mit der Revision vorgebrachten Gründen zu beanstanden.

aa) In Bezug auf die Wärmeverwendung für die steuerfrei vermietete Betriebs­leiterwohnung ist das FG von einer steuerfreien Nebenleistung zur Vermietung ausgegangen. Zwar kann es als zweifelhaft anzusehen sein, ob verbrauchsab­hängig abgerechnete Versorgungsleistungen für die Nutzung eines Mietobjekts wie die Vermietung steuerfrei sind (vgl. hierzu Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie vom 16.04.2015 ‑ C‑42/14, EU:C:2015:229; allgemein Englisch in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr. 12 Rz 68 ff.; Forster in Wäger, a.a.O., § 4 Nr. 12 Rz 39 ff.; Oelmaier in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 1 Rz 19). Eine ver­brauchsabhängige Abrechnung hat das FG indes nicht festgestellt und ist im Streitfall als fehlend anzusehen, nachdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Nachfrage kein Beteiligter sie behauptet hat.

Folglich ist § 15 Abs. 4 UStG im Streitfall zweifach und dabei im Hinblick auf die steuerfreie Wärmeverwendung unmittelbar zur Bestimmung des nicht ab­ziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge (sowie der diesen zugrundeliegenden Kosten) und daneben zur Aufteilung der danach verbleibenden Selbstkosten entsprechend anzuwenden. Das FG hat allerdings die Höhe der Vorsteuerkür­zung für die Betriebsleiterwohnung entsprechend der Bemessungsgrundlage der Entnahme der Wärme geschätzt. Diese Schätzung in gleicher Höhe ist ausnahmsweise gerechtfertigt, da keine getrennte Ermittlung der auf den Pri­vatbereich und die Betriebsleiterwohnung entfallende Wärmeverwendung vor­lag und eine derartige Ermittlung im finanzgerichtlichen Verfahren, in dem weitergehende Aufklärungsversuche des FG erfolglos geblieben sind, nicht mehr vorgenommen werden konnte.

bb) Bei der Aufteilung der Selbstkosten hat das FG eine Schätzung aufgrund einer "gemischt umsatz-energetischen" Aufteilung vorgenommen und damit keine ausschließlich umsatzbezogene Aufteilung zugrunde gelegt.

(1) Das FG hat im Rahmen einer dreistufigen Prüfung zunächst einen Anlagen­gesamtumsatz (2009: 916.981 €) ermittelt, dem es die abgerechneten Strom­lieferungen (2009: 814.275 €) und einen "Wärmewertanlagengesamtumsatz" (2009: 102.706 € ), für den es von einer "Anlagengesamtwärmeleistung" (2009: 3 423 547 kWh) zu einem Marktpreis 0,03 €/kWh ausging, berücksich­tigte. Hieraus leitete es einen anteiligen Wärmewert (2009: 11,2 %) ab.

Es hat dann in einem zweiten Schritt die Gesamtaufwendungen ohne Umsatz­steuer (2009: 608.127 €) mit dem anteiligen Wärmewert von 11,2 % multipli­ziert und so auf den Wärmebereich insgesamt entfallende Selbstkosten er­rechnet (2009: 68.110 €).

Schließlich hat es den Anteil der entnommenen (sowie steuerfrei verwendeten) Wärme (2009: 332 220 kWh) an der Anlagengesamtwärmeleistung ermittelt (2009: 9,7 %) und die auf den Wärmebereich entfallenden Selbstkosten inso­weit der Entnahme (sowie der steuerfreien Verwendung) zugerechnet (2009: 6.607 €).

Ausgehend davon hat es für die entnommene (sowie steuerfrei verwendete) Wärme einen Entnahmewert von 0,01988 €/kWh zugrunde gelegt, der unter dem von ihm ermittelten Marktpreis liegt. Für die anderen Streitjahre ist es ebenso verfahren.

(2) Im BFH-Urteil in BFH/NV 2022, 1013, Rz 22 hat der BFH hingegen eine nur zweistufige, ausschließlich umsatzbezogene Schätzung (ohne Berücksichtigung der nicht genutzten Wärme) als sachgerecht in Betracht gezogen, der sich der Senat grundsätzlich anschließt. Für das Streitjahr 2009 z.B. wäre danach zur Ermittlung des Gesamtumsatzes nur die entnommene (sowie steuerfrei ver­wendete) Wärme im Umfang von 322 220 kWh zu berücksichtigen gewesen. Auf der Grundlage des vom FG angenommenen Wärmemarktpreises hätte sich damit ein Gesamtumsatz von 824.241 € (Strom: 814.275 € und Wärme: 9.966 €) und damit ein Anteil (entnommener und steuerfrei verwendeter Wär­me) am Gesamtumsatz von 1,2 % ergeben. Von den Selbstkosten (608.127 €) wären dann 7.297 € auf die entnommene (sowie steuerfrei verwendete) Wär­me entfallen. Danach ergäbe sich ein Entnahmewert von 0,02264 €/kWh.

(3) Der Senat hat im Streitfall nicht zu entscheiden, ab wann die Unterschiede zwischen einer "gemischt umsatz-energetischen" und einer ausschließlich um­satzbezogenen Aufteilung dazu führen, dass die Schätzung des FG als unzu­treffend anzusehen ist. Denn die gemäß § 118 Abs. 2 FGO im Revisionsverfah­ren bestehende Bindung entfällt erst, wenn das FG bei der Schätzung gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder gegen die Denkgesetze verstoßen hat (BFH-Urteil in BFHE 266, 250, Rz 49). Ein derarti­ger Verstoß ist vorliegend nicht ersichtlich, da beide Aufteilungsmethoden zu einem ähnlichen Selbstkostenpreis in der Nähe von 0,02 €/kWh und damit insbesondere gleichermaßen zu einer Wertbemessung unter dem Marktpreis führen. Da das FA zudem neben seinem Vortrag zur ausschließlich energeti­schen Aufteilung keinerlei Revisionsrügen erhoben hat, die die Bindungswir­kung der vom FG vorgenommenen Schätzung entfallen lassen könnten, bleibt die Revision auch im Hinblick auf die Unterschiede zwischen den verschiede­nen umsatzbezogenen Schätzungen ohne Erfolg.

d) Auf die Überlegungen des Klägers zur Verteidigung der Vorentscheidung kommt es somit nicht an. Im Übrigen sind im Streitfall nicht die (anteiligen) Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes ertragsteuerrechtlich zu ermitteln, sondern der nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG zu ermittelnde Anteil unent­geltlicher Lieferungen an den gesamten Selbstkosten. Als Selbstkosten sind al­le diejenigen Kosten maßgebend, mit denen die Kostenrechnung des Unter­nehmens belastet wird. Sie sind die Kosten, die für den Hersteller bei der Fer­tigung einer Ware bzw. beim Erbringen einer Leistung anfallen, oder die Kos­ten für Herstellung und Vertrieb der Erzeugnisse eines Unternehmens (vgl. BFH-Urteile vom 28.02.1980 ‑ V R 138/72, BFHE 130, 111, BStBl II 1980, 309, unter 2. der Entscheidungsgründe; vom 19.06.2011 ‑ XI R 8/09, BFHE 234, 455, BStBl II 2016, 185, Rz 24).

4. Der auf das Streitjahr 2010 beschränkte Ansatz der Mindestbemessungs­grundlage des § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG für die Wärmelieferungen an die C‑KG ist ebenfalls rechtmäßig.

a) Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG ist § 10 Abs. 4 UStG für Lieferungen und sons­tige Leistungen, die u.a. Einzelunternehmer an ihnen nahestehende Personen ausführen, entsprechend anzuwenden, wenn die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG das Entgelt nach § 10 Abs. 1 UStG übersteigt und der Um­satz höchstens nach dem marktüblichen Entgelt bemessen wurde (sog. Min­destbemessungsgrundlage).

b) Diese Voraussetzungen für die sog. Mindestbemessungsgrundlage liegen im Streitjahr 2010 vor. Insbesondere ist die C‑KG eine "nahestehende Person" des Klägers i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 Alternative 2 UStG. Nicht nur natürliche Personen i.S. des § 15 AO, sondern auch Gesellschaften des Unternehmers können nahestehende Personen sein. Erforderlich ist aber im Hinblick auf Art. 80 MwStSystRL eine enge rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Be­ziehung (vgl. Abschn. 10.7 Abs. 1 Satz 2 UStAE; Wäger in Wäger, a.a.O., § 10 Rz 191; Treiber in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 10 Rz 662 ff., 671). Diese hat die Vorinstanz zu Recht bejaht. Der Kläger ist am Kapital der C‑KG zu 40/82 (bei einer Gewinnpartizipation und Stimmrechten von 50 %) beteiligt. Damit be­stehen enge wirtschaftliche und rechtliche Beziehungen zwischen dem Kläger und der C‑KG.

c) Schließlich hat das FG zutreffend entschieden, dass § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG auf die Wärmelieferungen an die C‑KG im Streitjahr 2011 nicht anzuwenden war, da die C‑KG in diesem Jahr der Regelbesteuerung unterlag, wie sich aus dem vom FG hierfür zutreffend angeführten BFH-Urteil vom 05.06.2014 ‑ XI R 44/12 (BFHE 245, 473, BStBl II 2016, 187, Leitsatz 1) ergibt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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