BFH: Bankenhaftung nach § 13c UStG bei debitorischem Kontokorrentkonto

Die kontoführende Bank haftet mangels Vereinnahmung nicht nach § 13c UStG, solange die Kreditlinie des Kontokorrentkontos des Steuerschuldners eingehalten wird.

UStG § 13c, § 13 Abs. 1
MwStSystRL Art. 205

BFH-Urteil vom 29.11.2022, XI R 2/22 (veröffentlicht am 13.4.2023)

Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 8.7.2021, 2 K 483/14 = SIS 22 07 18

I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) nach § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 13c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für Umsatzsteuerschulden der Z‑GmbH ‑‑vormals A‑GmbH‑‑ haftet.

Die Klägerin ist eine Bank, bei der die A‑GmbH ihr Geschäftskonto eingerichtet hatte. Die Umsatzsteuer berechnete die A‑GmbH, obwohl keine Gestattung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) nach § 20 UStG vor­lag, jedenfalls teilweise nach vereinnahmten Entgelten.

Die Klägerin hatte der A‑GmbH auf dem Kontokorrentkonto eine Kreditlinie in Höhe von … € eingeräumt. Mit Globalzessionsvertrag vom 28.11.2003 trat die A‑GmbH zur Sicherung der Ansprüche der Klägerin ihre Forderungen aus Lie­ferungen und sonstigen Leistungen gegen sämtliche Drittschuldner an die Klä­gerin ab.

Im Laufe des Jahres 2011 geriet die A‑GmbH in wirtschaftliche Schwierigkei­ten, die darin mündeten, dass die Klägerin zum 31.08.2011 den Kreditvertrag kündigte. Das Kontokorrentkonto Nr. … der A‑GmbH hatte sich zuvor, insbe­sondere im hier streitigen Zeitraum vom 01.07. bis 31.08.2011, durchgehend im Soll befunden, die vereinbarte Kreditlinie wurde aber nicht überschritten. Für den Zeitraum nach der Kündigung des Kreditvertrags richtete die Klägerin ein Abwicklungskonto ein, so dass auf dem ursprünglichen Geschäftskonto der A‑GmbH Zahlungseingänge nur bis zum 31.08.2011 zu verzeichnen waren.

Am ….2011 war vom Insolvenzgericht die vorläufige Verwaltung des Schuld­nervermögens der A‑GmbH angeordnet worden. Am ….2011 wurde durch Be­schluss des Amtsgerichts X über das Vermögen der A‑GmbH das Insolvenz­verfahren eröffnet. Die Zahlungseingänge auf dem bei der Klägerin geführten Geschäftskonto der A‑GmbH vor dem 31.08.2011 hat der Insolvenzverwalter aufgrund der Globalzession nicht angefochten.

Am 12.10.2012 reichte der Insolvenzverwalter für den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vom 01.01. bis 30.11.2011) die Umsatzsteuerjahres­erklärung ein. Die darin errechnete Umsatzsteuer betrug … € und entsprach ‑‑bis auf geringe Rundungsdifferenzen‑‑ der Summe der Umsatzsteuer-Vor­auszahlungen für Januar bis November 2011 (… €) sowie einer Umsatzsteuer-Sonderzahlung in Höhe von … €. Das FA meldete die nicht abgeführte Umsatz­steuer für Juli 2011 in Höhe von … € und für August 2011 in Höhe von … €, insgesamt … €, zur Insolvenztabelle an.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der A‑GmbH vom ….2013 wurde die Firma in Z‑GmbH geändert. Am ….2021 ist die Z‑GmbH wegen Vermögens­losigkeit gemäß § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelöscht worden.

Das FA führte bei der Z‑GmbH eine abgekürzte Außenprüfung durch, die sich auf die Umsatzsteuer 2011 für den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzver­fahrens erstreckte. Die Prüfung beschränkte sich auf die Frage der Haftungsin­anspruchnahme i.S. des § 13c UStG. Dabei stellte die Prüferin unter Bezug­nahme auf die Feststellungen des Insolvenzverwalters fest, dass vom 01.06. bis zum 31.08.2011 in erheblichem Umfang auf dem Geschäftskonto der A‑GmbH (Brutto‑)Zahlungen eingegangen seien, mit denen Forderungen der A‑GmbH aus Lieferungen und sonstigen Leistungen beglichen worden seien. Die Zahlungen hätten nach Einschätzung des Insolvenzverwalters der Global­zession unterlegen, weswegen er diese nicht angefochten habe. Die Klägerin habe mithin als Abtretungsempfängerin über die eingegangenen Geldbeträge und die darin enthaltene Umsatzsteuer verfügen können. Nach den dem Insol­venzverwalter zur Verfügung stehenden Unterlagen seien die betreffenden Forderungen in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen 06/2011, 07/2011 und 08/2011 als steuerpflichtige Umsätze angemeldet worden. Es sei aber lediglich für den Voranmeldungszeitraum 06/2011 die Umsatzsteuer von der Schuldne­rin zum Fälligkeitstag (10.08.2011) entrichtet worden. Für die danach fällig gewordene und nicht mehr abgeführte Umsatzsteuer der A‑GmbH für Juli (… €) und August 2011 (… €) in Gesamthöhe von … € komme die Haftungsin­anspruchnahme der Klägerin als Abtretungsempfängerin gemäß § 13c UStG in Betracht. Dabei ordnete die Prüferin die im Zeitraum vom 01.07. bis 28.07.2011 eingegangenen Zahlungen dem Voranmeldungszeitraum 07/2011, die im Zeitraum vom 02.08. bis 31.08.2011 eingegangenen Zahlungen dem Voranmeldungszeitraum 08/2011 zu.

Das FA erließ ‑‑den Ergebnissen der Außenprüfung folgend‑‑ am 04.12.2013 einen Haftungsbescheid, mit dem es die Klägerin gemäß § 13c UStG für die Umsatzsteuer der A‑GmbH für Juli und August 2011 über … € in Haftung nahm.

Die Klägerin legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein. Das FA stimmte im Folgenden dem Einwand zu, dass die Umsätze für Juli und August 2011 nach vereinbarten Entgelten zu versteuern seien, wies jedoch auf die Möglich­keit einer verbösernden Entscheidung hin, da sich dadurch im Ergebnis ein hö­herer Haftungsbetrag (… € statt … €) ergebe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 01.04.2014 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück und setzte die Haftungssumme unter Erhöhung des Haf­tungsbetrags für Juli 2011 auf … € verbösernd auf insgesamt … € fest. Dabei ordnete es aufgrund der Sollbesteuerung die aus der Anlage zur Einspruchs­entscheidung ersichtlichen, vereinnahmten Forderungen den Voranmeldungs­zeiträumen zu, in denen das Rechnungsdatum lag. Auf diese Weise gelangte es für den Monat Juli 2011 zu vereinnahmten Forderungen in Höhe von … € und für August 2011 in Höhe von … €. Da für den Voranmeldungszeitraum August 2011 Umsatzsteuerbeträge in Höhe von … € vereinnahmt worden sei­en, für diesen Voranmeldungszeitraum tatsächlich jedoch nur Umsatzsteuer in Höhe von … € fällig und nicht entrichtet sei, hafte die Klägerin auch nur in die­sem Umfang.

Im Laufe des Klageverfahrens hat das FA am 07.01.2021 mit Wirkung für die Zukunft einen auf § 131 Abs. 1 AO gestützten Teil-Widerrufsbescheid erlassen, nachdem es im Rahmen der Schlussverteilung einen Betrag in Höhe von … € (und damit eine Forderungsrealisierungsquote von 2,3 %) erhalten hatte.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Fi­nanzgerichte 2022, 901 veröffentlichten Urteil ab. Es vertrat die Auffassung, dass der angefochtene Haftungsbescheid rechtmäßig sei. Insbesondere sei von der erforderlichen Vereinnahmung auszugehen. Eine fortlaufende Verrechnung von Zahlungseingängen auf einem durchgehend im Debet befindlichen Konto­korrentkonto reiche aus, ohne dass dem entgegenstehe, dass die Bank weitere Verfügungen auf dem debitorischen Konto im Rahmen einer vereinbarten oder auch nur geduldeten Überziehung zulasse. Die Bank gewähre im Rahmen der vereinbarten fortlaufenden ("correnten") Verrechnung einen neuen Kredit, wo­bei dem eine "Vereinnahmung zuvor eingegangener Zahlungen durch die Bank auch bei einem ungekündigten Kredit" vorausgehe.

Mit der Revision rügt die Klägerin, dass sie die auf dem Konto eingegangenen Beträge nicht vereinnahmt habe. Hierzu hätte es der Verfügungsmacht der Klägerin bedurft. Daran fehle es, wenn der Abtretende selbst die Verfügungs­macht über die von Drittschuldnern geleisteten Beträge habe. Bei einem debi­torisch geführten Konto komme es auf die Verfügungsberechtigung an. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsnatur des Kontokorrentkontos. Im Streitfall habe die Verfügungsmacht nicht die Klägerin, sondern wegen der Einhaltung des Kreditrahmens die A‑GmbH gehabt. Die bisherige Rechtsprechung wie auch die Gesetzesbegründung habe nie eine Haftung angenommen, wenn ein Bankkunde (abgetretene) Drittforderungen lediglich auf einem Konto im Soll vereinnahme.

Überdies beachte das FA nicht Abschn. 13c.1 Abs. 24 und 25 des Umsatzsteu­er-Anwendungserlasses (UStAE). Insbesondere aus Abschn. 13c.1 Abs. 25 UStAE ergebe sich, dass für diejenigen Fälle, in denen eine Überziehung des Kreditrahmens um bis zu 15 % erfolgt und der Gläubiger dies dulde, keine Haftung angenommen werde. Dann müsse erst recht eine Vereinnahmung in denjenigen Fällen zu verneinen sein, in denen eine Überziehung des Kreditrah­mens ‑‑wie im Streitfall‑‑ nicht erfolgt sei. Die Nichtanwendung der Verwal­tungsvorschrift stelle wegen des Grundsatzes der Selbstbindung einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dar. Überdies gelte für Verwal­tungsvorschriften im Steuerrecht der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrau­ensschutzes. Die Klägerin habe auf die Gültigkeit der Verwaltungsvorschrift vertraut.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG vom 08.07.2021 ‑ 2 K 483/14 sowie den Haftungsbescheid vom 04.12.1013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.04.2014 aufzuheben.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verteidigt das Urteil des FG insoweit, als es nicht darauf ankommen könne, ob das Kontokorrentkonto gekündigt worden sei, die Bank der Verfügung wi­derspreche, der Betrag durch die Bank separiert worden sei oder die Bank die Überschreitung der Kreditlinie dulde. Die Bank entscheide damit über den Zeitpunkt der eigenen Haftung. Eine Verletzung von Art. 3 GG könne aus den Regelungen in Abschn. 13c.1 Abs. 24 und 25 UStAE nicht hergeleitet werden. Die einzelnen Fallkonstellationen beträfen nicht den Streitfall. Es handele sich um einen Sonderfall, der vom UStAE nicht erfasst werde. Im Übrigen seien die Finanzgerichte nicht an die genannten Verwaltungsanweisungen gebunden.

II. Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorent­scheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur ander­weitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanz­gerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat die Voraussetzungen einer Haftung nach § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG zu Unrecht angenommen. Die Sache ist nicht spruchreif.

1. Soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an einen ande­ren Unternehmer abgetreten und die festgesetzte Steuer, bei deren Berech­nung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat, haftet der Abtretungsempfänger gemäß § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG nach Maßgabe des Absatzes 2 für die in der Forderung ent­haltene Umsatzsteuer, soweit sie im vereinnahmten Betrag enthalten ist.

Eine Grundlage hierfür besteht im Unionsrecht insoweit, als Art. 205 der Richt­linie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehr­wertsteuersystem (MwStSystRL) die Mitgliedstaaten berechtigt, in den in den Art. 193 bis 200 sowie 202 bis 204 MwStSystRL genannten Fällen zu bestim­men, dass eine andere Person als der Steuerschuldner die Steuer gesamt­schuldnerisch zu entrichten hat. § 13c UStG ist unionsrechtskonform (Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20.03.2013 ‑ XI R 11/12, BFHE 241, 89, BStBl II 2016, 107, Rz 30 f.; vom 22.06.2021 ‑ V R 16/20, BFHE 272, 563, Rz 17, m.w.N.).

2. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin die streitigen Beträ­ge dadurch vereinnahmt hat, dass diese in den Monaten Juli und August 2011 dem Kontokorrentkonto der A‑GmbH gutgeschrieben wurden, obwohl bis zum 31.08.2011 die Kreditlinie nicht überschritten worden war.

a) Eine Vereinnahmung der abgetretenen Forderung i.S. des § 13c UStG liegt unter den gleichen Voraussetzungen vor, wie sie allgemein im Rahmen der Be­steuerung nach vereinnahmten Entgelten in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 oder Buchst. b UStG bei der Ist-Besteuerung bestehen. Danach muss der Ab­tretungsempfänger eine Zahlung aus der abgetretenen Forderung erhalten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 241, 89, BStBl II 2016, 107, Rz 37 f.; in BFHE 272, 563, Rz 22). Im Anwendungsbereich des § 13 UStG liegt bei Überweisungen eine Vereinnahmung im Zeitpunkt der erfolgten Gutschrift auf dem Konto vor (vgl. Abschn. 13.6 Abs. 1 Satz 3 UStAE; Wäger in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 13 Rz 69). Streitig ist allerdings, ob bereits das Einstellen der Forderung in ein Kontokorrent zur Vereinnahmung i.S. des § 13 UStG führt (vgl. Jatzke, Deut­sches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2018, 2111, 2115; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 13 Rz 35) oder ob eine Vereinnahmung erst mit der Anerkennung des Saldos am Ende eines Abrechnungszeitraums vorliegt (Abschn. 13.6 Abs. 1 Satz 7 UStAE).

Wesentlich für die Vereinnahmung i.S. des § 13c Abs. 1 UStG ist, dass der Forderungsbetrag dem Verfügungsbereich des Zedenten in einer Weise entzo­gen wird, dass er nicht mehr zur Tilgung der Umsatzsteuerschulden zur Verfü­gung steht. Auf der anderen Seite muss der Betrag dem Zessionar zugänglich gemacht worden sein, so dass er über diesen frei verfügen kann (vgl. Jatzke, DStR 2018, 2115; Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl., Rz 484; Schuska, Mehrwertsteuerrecht 2016, 183, 189). Entsprechend der Rechtspre­chung zu § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 und Buchst. b UStG ist daher auch für die Vereinnahmung i.S. von § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG maßgeblich, dass über die Gegenleistung (als den zu vereinnahmenden Betrag) wirtschaftlich verfügt werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 272, 563, Rz 22). Es kommt so­mit für die Vereinnahmung i.S. von § 13c UStG nach dem Kriterium der wirt­schaftlichen Verfügungsmacht darauf an, ob der Zedent über dieses Konto bei der Gutschrift hinsichtlich des Überweisungsbetrags in der Weise verfügungs­berechtigt ist, dass er den Betrag der Gutschrift abheben oder für frei gewähl­te Überweisungen nutzen kann, oder ob der Zessionar eine ihm zustehende Rechtsmacht ausübt, dies zu verhindern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 272, 563, Rz 23).

b) Befindet sich das Kontokorrentkonto des Steuerpflichtigen, auf dem die Zahlung der Gegenleistung erfolgt, im Soll, ist für die Frage der wirtschaftli­chen Verfügungsmacht Folgendes zu berücksichtigen:

aa) Die Bank des Überweisungsempfängers handelt im mehrgliedrigen Über­weisungsverkehr regelmäßig nur als bloße Leistungsmittlerin, d.h. als Zahlstel­le des Überweisungsempfängers. Als solche steht sie in keinerlei Leistungsver­hältnis zu dem Überweisenden, so dass sie z.B. grundsätzlich auch nicht in die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung einer Fehlüberweisung eingebunden ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.11.2009 ‑ VII R 6/09, BFHE 227, 360, BStBl II 2010, 255, Rz 14). Sie muss dann auf dem Girokonto eingehende Beträge ver­buchen oder herausgeben (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2012 ‑ VII R 53/11, BFHE 239, 292, BStBl II 2013, 270, Rz 16).

bb) Bei einem Kontokorrentkonto werden zudem die einzelnen Gut- und Last­schriften ‑‑mit dem Ziel der Verrechnung und Saldofeststellung‑‑ in einer ein­heitlichen Rechnung zusammengefasst. Solange die Verrechnung nicht statt­gefunden hat, stehen die aus Ein- und Ausgängen herrührenden einzelnen Posten einander im Kontokorrent gleichwertig gegenüber. Eine Tilgung tritt ge­mäß § 355 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs erst mit dem ‑‑durchweg periodi­schen‑‑ Rechnungsabschluss ein, der die beiderseitigen Forderungen und Leis­tungen durch Verrechnung ausgleicht. Der rechnerische Überschuss für die ei­ne oder andere Partei bildet eine kausale Saldoforderung, die ihrerseits wieder als Grundlage in eine neue Kontokorrentperiode eingestellt werden kann. In­dem die Bank diese Absprachen einhält und den Giroverkehr fortsetzt, handelt sie vertragsgemäß ("kongruent"). Das setzt insbesondere voraus, dass sie den Kunden weiter in der vereinbarten Weise Verfügungen vornehmen lässt und ihm auch einen vertraglich eingeräumten Kreditrahmen offenhält. Dann bleibt dem Kunden die Möglichkeit, über Eingänge zu seinen Gunsten auch nach ei­genem Ermessen wieder zu verfügen. Er allein entscheidet darüber, ob die Darlehensforderung der Bank im vereinbarten Rahmen anwächst oder geringer wird. Erst wenn die Bank Verfügungen des Kunden nicht mehr in der verein­barten Weise zulässt, kann sie mit Verrechnungen vertragswidrig ("inkongru­ent") handeln, soweit dadurch im Ergebnis ihre Darlehensforderung vor deren Fälligkeit durch die saldierten Gutschriften zurückgeführt wird (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 07.03.2002 ‑ IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, Rz 17 ff.; vom 07.05.2009 ‑ IX ZR 140/08, Wertpapier-Mitteilungen 2009, 1101, Rz 11).

cc) Wird im Rahmen einer stillen Zession ein Betrag zugunsten einer Bank auf einem debitorisch geführten Kontokorrentkonto gutgeschrieben, liegt nach der BFH-Rechtsprechung die für die Haftung nach § 13c UStG erforderliche Verein­nahmung durch die Bank als Zessionar jedenfalls dann vor, wenn der Bank­kunde (Zedent) damit Verbindlichkeiten der Bank tilgt, die durch die zu ihren Gunsten bestehende Abtretung gesichert werden (BFH-Urteil vom 25.11.2015 ‑ V R 65/14, BFH/NV 2016, 953, Leitsatz).

Weiter ist bei der Haftung gemäß § 13c UStG von einer Vereinnahmung durch den Zessionar auszugehen, wenn der Zedent über sein beim Zessionar debito­risch geführtes Konto, auf dem die abgetretenen Beträge vereinnahmt werden, nicht mehr frei verfügen kann, da eine erhebliche Überschreitung der verein­barten Kreditlinie vorliegt und der Zessionar Belastungsbuchungen regelmäßig nicht durchführt. Entscheidend ist hierfür, dass der Zessionar die ihm zuste­hende Rechtsmacht, Verfügungen des Zedenten zu verhindern, in Einzelfällen ausübt, während er (nur) anderen Weisungen des Zedenten Folge leistet. Da­mit entscheidet der Zessionar, wie mit den Zahlungseingängen auf dem debi­torisch geführten Konto umgegangen wird, so dass der Zessionar als wirt­schaftlich Verfügungsberechtigter anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 272, 563, Leitsatz und Rz 24, und allgemein Nacke, Haftung für Steuerschulden, 5. Aufl., Rz 5.100).

dd) Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass es maßgeblich darauf ankommt, ob der Zessionar eine dem Zedenten eingeräumte Kreditlinie beachtet. Verfügt der Zedent innerhalb der ihm eingeräumten Kreditlinie über das Konto, bleibt wirtschaftlich verfügungsberechtigt der Zedent. Der Zessionar ist dann nicht befugt, über Zahlungseingänge auf dem debitorisch geführten Konto zu verfü­gen (ebenso Jatzke, DStR 2018, 2116). Dies entspricht im Übrigen der BGH-Rechtsprechung zur handelsrechtlichen Betrachtung (s. oben II.2.b bb).

c) Mit dem Kriterium der wirtschaftlichen Verfügungsmacht unter Beachtung eingeräumter Kreditlinien nicht vereinbar ist das Urteil des FG, nach dem be­reits die "fortlaufende Verrechnung" von Zahlungseingängen auf einem "durchgehend im Debet befindlichen Kontokorrentkonto" für die Vereinnah­mung gemäß § 13c UStG ausreichen und es unbeachtlich sein soll, dass die Bank "weitere Verfügungen auf dem debitorischen Konto im Rahmen einer vereinbarten oder auch nur geduldeten Überziehung zulässt". Entgegen dem FG-Urteil lässt sich dies nicht damit begründen, dass "die Bank im Rahmen der vereinbarten fortlaufenden ('correnten') Verrechnung einen neuen Kredit" ge­währt, wobei dem eine "Vereinnahmung zuvor eingegangener Zahlungen durch die Bank auch bei einem ungekündigten Kredit" vorausgeht (FG-Urteil unter I.2.b cc (3)). Damit verkennt das FG, dass es aufgrund der vorangehen­den Kreditlinienentscheidung an einer Kreditneuvergabe fehlt. Gegen die Sichtweise des FG spricht weiter die Verwaltungsauffassung, nach der es zur Vereinnahmung erst mit der Anerkennung des Saldos am Ende eines Abrech­nungszeitraums kommt (Abschn. 13.6 Abs. 1 Satz 7 UStAE), ohne dass der Senat nach den Verhältnissen des Streitfalls zu entscheiden hat, ob er sich dem anschließt.

3. Die Sache ist nicht spruchreif.

Das FG hat im zweiten Rechtsgang festzustellen, ob und ggf. in welcher Höhe aufgrund der Kündigung des Kreditvertrags zum 31.08.2011 eine Vereinnah­mung der streitigen Beträge durch die Klägerin erfolgt ist, da ‑‑wie sich aus der bei der Steuerberechnung für den Besteuerungszeitraum vom FA berück­sichtigten Sondervorauszahlung ergibt‑‑ der A‑GmbH eine Dauerfristverlänge­rung gewährt worden war, die Umsatzsteuer für Juli 2011 daher erst am 10.09.2011 und die Umsatzsteuer für August 2011 erst am 10.10.2011 fällig wurde (§ 18 Abs. 1 Satz 4 UStG, § 46 Satz 1 der Umsatzsteuer-Durchfüh­rungsverordnung) und die Klägerin durch ihre Kündigung des Kreditvertrags zum 31.08.2011 eine Zahlung dieser Steuerbeträge zum Fälligkeitszeitpunkt verhindert hat. Dabei wird das FG insbesondere zu entscheiden haben, ob und inwieweit die Auffassung der Finanzverwaltung zur Kündigung des Kreditrah­mens im Zusammenhang mit Geldeingängen (Abschn. 13c.1 Abs. 24 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 26 UStAE) unter Beachtung der BFH-Rechtsprechung für den Streitfall von Bedeutung ist.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

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