BFH: Überlassung von Geschäftsführerwohnungen mit Einrichtung

Überlässt der Unternehmer einem Geschäftsführer unentgeltlich einen Wohn-Pavillon einschließlich Einrichtung, liegt dies auch dann nicht im überwiegend unternehmerischen Interesse, wenn einkommensteuerrechtlich die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben wären.

BFH-Urteil vom 8.10.2014, V R 56/13 (veröffentlicht am 3.12.2014)

UStG § 3 Abs. 9a Nr. 2, § 15

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 22.8.2013, 16 K 313/11 = SIS 14 12 53

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin, A-GmbH) betreibt einen Möbeleinzelhandel. Gesellschafter-Geschäftsführer sind Dr. C und F, die in einer Entfernung von über 500 km vom Geschäftssitz wohnen.

Im Streitjahr 2004 stellte die Bau- und Vermietungsgesellschaft A in der Nähe des Geschäftssitzes der Klägerin drei Pavillons fertig, von denen zwei als Schlafbereich und der dritte als Küche und Wohnzimmer dienten.

Mit Mietvertrag vom 18.8.2004 mietete die Klägerin die drei Pavillons von zusammen 209 qm von der Bau- und Vermietungsgesellschaft A und stellte die Pavillons unentgeltlich ihren Gesellschafter-Geschäftsführern zur Nutzung zur Verfügung, "solange sich der Geschäftsführer im Interesse der Gesellschaft in M aufhält" (Änderung des Geschäftsführervertrages vom 1.8.2004). Die Klägerin hatte die Pavillons mit Inventar ausgestattet und die monatlichen Energiekosten übernommen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug in Höhe von 27.992,81 € aus den von ihr im Streitjahr 2004 getragenen Inventarkosten mit der Begründung, in der Wohnungsüberlassung an die Geschäftsführer sei eine (nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres 2004 - UStG -) steuerfreie und daher nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG den Vorsteuerabzug ausschließende Vermietung zu sehen. Durch die Übernahme der Energiekosten erbringe die Klägerin eine steuerpflichtige Leistung von geschätzten 150 € monatlich an die Geschäftsführer.

Der Klage, mit der die Klägerin geltend machte, in der unentgeltlichen Überlassung der Pavillons an ihre Geschäftsführer sei weder eine Vermietung noch eine die Besteuerung als Eigenverbrauch begründende unentgeltliche Leistung für den privaten Bedarf des Personals zu sehen (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG), gab das Finanzgericht (FG) für das Streitjahr 2004 teilweise statt. Der Vorsteuerabzug sei nicht wegen einer steuerfreien Vermietung ausgeschlossen, weil die Geschäftsführer keine gesonderte Miete zahlten und die umfangreichen Dienstleistungspflichten im Hinblick auf die Wohnraumüberlassung nicht erweitert wurden. Die Klägerin erbringe jedoch gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG eine unentgeltliche sonstige Leistung für den privaten Bedarf des Personals. Die Überlassung der Betriebsleiterwohnungen dienten nicht überwiegend betrieblichen, sondern privaten Interessen der Klägerin, weil die räumliche Situation mit den weit entfernten Wohnsitzen der Geschäftsführer bereits seit 1997 bestanden habe. Der Erhöhung des Vorsteuerabzugs um 27.992,81 € sei daher Eigenverbrauch für drei Monate in 2004 in Höhe von 1.400 € gegenzurechnen. Eine Erhöhung wegen der Übernahme der Energiekosten scheide aus, weil hieraus kein Vorsteuerabzug möglich gewesen sei.

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Das FG habe materielles Recht verletzt, weil es entgegen dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9.12.2010 V R 17/10 (BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53) von einem Eigenverbrauch auch für den Fall ausgegangen sei, dass der Unternehmer von Anfang an beabsichtige, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern für einen unentgeltlichen Eigenverbrauch zu verwenden. In diesem Falle entfalle bereits der Vorsteuerabzug.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Das FG habe fehlerhaft Umsatzsteuer für eine unentgeltliche Wertabgabe an das Personal zur Befriedigung des privaten Wohnbedürfnisses der Geschäftsführer angenommen. Die Schaffung einer Übernachtungsmöglichkeit in unmittelbarer Nähe vom Betriebssitz des Arbeitgebers habe allein unternehmerischen Zwecken gedient, damit die Geschäftsführer ohne Zeitverlust ihre Aufgaben wahrnehmen könnten. Das private Wohnbedürfnis der Geschäftsführer werde an den 500 km entfernten privaten Wohnorten der Geschäftsführer gedeckt. Die Gestellung einer Übernachtungsmöglichkeit für die Geschäftsführer in den Pavillons sei einer Hotelübernachtung des Arbeitnehmers vergleichbar, für die der Vorsteuerabzug des Arbeitgebers gegeben sei.

II. Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Erfüllung des Wohnbedürfnisses von Gesellschafter-Geschäftsführern einschließlich der Überlassung von Einrichtungsgegenständen ist auch im Falle einer doppelten Haushaltsführung von Anfang an als unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG anzusehen, die den Vorsteuerabzug ausschließt. Die Revision des FA ist daher begründet und die zulässige (unselbständige) Anschlussrevision der Klägerin (vgl. BFH-Urteil vom 21.8.1990 VIII R 25/86, BFHE 163, 524, BStBl II 1991, 564) unbegründet.

1. Der Vorsteuerabzug aus den Leistungen des Arbeitgebers für die umfassende Einrichtung der Geschäftsführerwohnungen setzt gemäß § 15 UStG u.a. voraus, dass der Unternehmer die Leistung für Zwecke seiner besteuerten Umsätze bezieht. Zwischen dem Leistungsbezug und den zu erzielenden steuerpflichtigen Umsätzen muss ein unmittelbarer und direkter Zusammenhang bestehen (BFH-Urteil vom 22.12.2011 V R 29/10, BFHE 236, 242, BStBl II 2012, 441). Bezieht der Unternehmer eine Leistung, bei der er bereits von vornherein beabsichtigt, diese nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern für eine unentgeltliche Wertabgabe (Entnahme) i.S. des § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, steht die Leistung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit (BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, für einen Betriebsausflug, der die Aufmerksamkeitsgrenze überschreitet). In diesem Falle ist nicht der Vorsteuerabzug zu gewähren und über mehrere Veranlagungszeiträume durch eine Eigenverbrauchsbesteuerung zu korrigieren, sondern der Vorsteuerabzug scheidet von vornherein aus.

2. Die Überlassung einer Geschäftsführerwohnung einschließlich Einrichtungsgegenständen ist auch eine Leistung, die ausschließlich Entnahmezwecken dient, selbst wenn hierdurch das Wohnbedürfnis des Geschäftsführers im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gedeckt wird.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt eine Entnahme aus unternehmensfremden Gründen dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber anlässlich einer Dienstreise oder einer sonstigen Auswärtstätigkeit Unterbringungsleistungen an den Arbeitnehmer erbringt (BFH-Urteil vom 21.7.1994 V R 21/92, BFHE 175, 169, BStBl II 1994, 881). In diesen Fällen wird das private Wohnbedürfnis durch unternehmensbezogene Gründe überlagert. Dies hat die Rechtsprechung für die Überlassung von Unterkünften an Arbeitnehmer in Hotels und Gasthöfen (BFH-Urteil in BFHE 175, 169, BStBl II 1994, 881), in Pensionen (BFH-Beschluss vom 21.6.2001 V B 32/01, BFHE 195, 451, BStBl II 2002, 616) oder in Gemeinschaftsunterkünften (FG Düsseldorf vom 29.4.2005 1 K 5587/01 U, Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1810) entschieden. Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, dass Übernachtungsleistungen, die ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer erbringt, nicht den Tatbestand des Eigenverbrauchs erfüllen, wenn sie im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers bewirkt worden sind (BFH-Urteil in BFHE 175, 169, BStBl II 1994, 881). Denn der Arbeitgeber erfülle durch die Zurverfügungstellung einer Wohnung nicht den allgemeinen privaten Wohnbedarf seiner Arbeitnehmer, sondern bei Auswärtstätigkeit den durch seine unternehmerische Tätigkeit veranlassten zusätzlichen Wohnbedarf (BFH-Urteil in BFHE 175, 169, BStBl II 1994, 881, unter Tz. 10).

Diese Rechtsprechung entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Sammelbeförderung von Arbeitnehmern zum Arbeitsplatz (EuGH-Urteil vom 16.10.1997 C-258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I-05577). Danach erfüllt zwar die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber grundsätzlich den privaten Bedarf der Arbeitnehmer und dient damit unternehmensfremden Zwecken. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Erfordernisse des Unternehmens im Hinblick auf besondere Umstände, wie die Schwierigkeit, andere geeignete Verkehrsmittel zu benutzen, und wechselnde Arbeitsstätten, es gebieten, dass die Beförderung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übernommen wird, da dann diese Leistung nicht zu unternehmensfremden Zwecken erbracht wird.

b) Eine überwiegend zu unternehmerischen Zwecken dienende Übernahme von Übernachtungskosten liegt jedoch dann nicht vor, wenn der Unternehmer für einen Geschäftsführer oder anderen Arbeitnehmer langfristig eine Wohnung oder - wie im Streitfall aufwendig ausgestattete Pavillons - bereit hält und damit das private Wohnbedürfnis deckt, und zwar auch dann nicht, wenn einkommensteuerrechtlich eine doppelte Haushaltsführung vorliegt (BFH-Urteil vom 30.11.1994 XI R 3/94, BFHE 177, 143, BStBl II 1995, 513). Etwas anderes mag nur für den Sonderfall gelten, der gegeben ist, wenn sich die Wohnung innerhalb eines Betriebsgebäudes befindet und der Unternehmer das gesamte Gebäude einschließlich der Privaträume dem Unternehmen zuordnen konnte (BFH-Urteil vom 30.3.2006 V R 6/04, BFH/NV 2006, 2136).

3. Der Vorsteuerabzug kann auch nicht deshalb gewährt werden, weil die Wohnungsüberlassung im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers steht. Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des FG wurde die Wohnung im Streitfall unentgeltlich überlassen und nicht als zusätzliches Entgelt für die Arbeitsleistung.

4. Da die Klägerin die Wohnungen einschließlich der Ausstattung nicht zum Zwecke der Erzielung steuerpflichtiger Umsätze überlassen hat, sondern von vornherein zum Zwecke einer unentgeltlichen Wertabgabe, die nicht (wie bei einer Dienstreise oder Einsatzwechseltätigkeit) durch überwiegend unternehmerische Zwecke bedingt ist, ist der Vorsteuerabzug nach den Grundsätzen des BFH-Urteils in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53 zu versagen.

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