EStG § 19 Abs. 2 Satz 1, § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 19 Abs. 2 Satz 3
Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 17.10.2017, 5 K 2010/16 = SIS 18 16 56
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden für die Streitjahre (2013 und 2014) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Der im August 1950 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung im Jahr 1969 unter Einreihung in die Vergütungsgruppe 3 des Tarifvertrags der ... (später ..., heute X, im Folgenden X-Krankenkasse), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, in das Angestelltenverhältnis übernommen worden. Seit dem 01.01.2007 war er bei der X-Krankenkasse als außertariflicher Angestellter beschäftigt.
Gemäß § 6 seines Arbeitsvertrags erhielt der Kläger eine betriebliche Altersversorgung nach Anlage 7a zum Tarifvertrag der X-Krankenkasse (X-TV) in der jeweils gültigen Fassung. Die in Anlage 7a zum X-TV vorgesehene Eigenbeteiligung war vom Kläger nicht zu leisten.
Nach Abschnitt A der Anlage 7a zum X-TV hatten Angestellte, deren Beschäftigungsverhältnis bei einer X-Krankenkasse vor dem 01.01.1977 begonnen hatte, unter dort im Einzelnen geregelten Voraussetzungen Anspruch auf eine Gesamtversorgung gegen die X-Krankenkasse. Nach Nr. 7 der Anlage 7a trat der Versorgungsfall u.a. ein, wenn der Angestellte eine "Vollrente wegen Alters im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung erhält" oder das "65. Lebensjahr vollendet". Gemäß Nr. 8 der Anlage 7a gewährleistete die X-Krankenkasse dem Angestellten "als Gesamtruhegeld je nach Dauer der Beschäftigungszeit einen nach Nr. 9 ermittelten Vomhundertsatz des nach Nr. 10 festgesetzten ruhegeldfähigen Gehalts". Gemäß Nr. 9 der Anlage 7a betrug das Gesamtruhegeld nach erfüllter Wartezeit 35 v.H. des ruhegeldfähigen Gehalts. Es erhöhte sich nach Maßgabe der Beschäftigungsjahre um bestimmte Vomhundertsätze auf höchstens 75 v.H. des ruhegeldfähigen Gehalts. Wurde die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach einer vorangegangenen Altersteilzeit vorzeitig in Anspruch genommen, wurde der nach Nr. 9 der Anlage 7a ermittelte Vomhundertsatz um denselben Vomhundertsatz gekürzt, um den die Rente auf Grund der vorzeitigen Inanspruchnahme gekürzt wurde.
Gemäß Nr. 10 der Anlage 7a wurde das Gesamtruhegeld vom Bruttogehalt des Monats berechnet, in dem das Beschäftigungsverhältnis endete; falls es für den Angestellten günstiger war, wurde der Durchschnittsverdienst der letzten fünf Jahre zugrunde gelegt. Auf das Gesamtruhegeld waren nach Nr. 11 der Anlage 7a u.a. die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, vergleichbare Rentenleistungen und die Rente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder anzurechnen.
Der Kläger nahm zunächst Altersteilzeit in Anspruch und bezog nach deren Beendigung seit dem 01.09.2010 eine Altersrente sowie die betriebliche Altersversorgung von der X-Krankenkasse. Im August 2013 vollendete der Kläger das 63. Lebensjahr.
In den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen für die Streitjahre bescheinigte die X-Krankenkasse u.a. Folgendes:
2013: Bruttoarbeitslohn | 46.649,59 € |
darin enthaltene Versorgungsbezüge | 22.529,33 € |
2014: Bruttoarbeitslohn | 47.832,95 € |
darin enthaltene Versorgungsbezüge | 47.832,95 € |
Als Kalenderjahr des Versorgungsbeginns war in den Lohnsteuerbescheinigungen jeweils 2013 ausgewiesen.
In der Einkommensteuererklärung für 2013 erklärten die Kläger einen Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von 46.649 € als steuerbegünstigten Versorgungsbezug und gaben als Versorgungsbeginn das Jahr 2010 an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte den Bruttoarbeitslohn erklärungsgemäß. Er legte allerdings einen Versorgungsbeginn im Jahr 2013 zugrunde und setzte dementsprechend einen Freibetrag für Versorgungsbezüge in Höhe von 2.652 € (berechnet aus dem Höchstbetrag von 2.040 € und einem Zuschlag von 612 €) an, den er zu 5/12, also in Höhe von 1.105 €, steuermindernd berücksichtigte.
Für 2014 erklärten die Kläger einen Bruttoarbeitslohn des Klägers in Höhe von 47.832 € als begünstigten Versorgungsbezug und nannten als Versorgungsbeginn wiederum das Jahr 2010. Auch hier berücksichtigte das FA den Bruttoarbeitslohn erklärungsgemäß und ging wie für das Vorjahr von einem Versorgungsbeginn im Jahr 2013 aus.
Mit ihrer nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage begehrten die Kläger --soweit es hier von Bedeutung ist--, den Versorgungsfreibetrag und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag ausgehend von einem Versorgungsbeginn im Jahr 2010, somit in Höhe von 3.120 € (Höchstbetrag von 2.400 €, Zuschlag von 720 €) zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Kläger habe in den Streitjahren von der X-Krankenkasse keine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhalten. Ein Versorgungsbeginn ab dem 01.09.2010 komme daher nicht in Betracht. Ein Versorgungsbezug i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG, für den ein Versorgungsfreibetrag nebst Zuschlag zu gewähren sei, liege erst seit Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers im August 2013 vor.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2013 und 2014 vom 19.05.2016 dahin zu ändern, dass der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag ausgehend von einem Versorgungsbeginn im Jahr 2010 berücksichtigt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht von einem Versorgungsbezug erst ab August 2013, dem Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers, ausgegangen. Der Kläger hat vielmehr bereits seit dem 01.09.2010 Versorgungsbezüge i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG bezogen. Der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind dementsprechend ausgehend von einem Versorgungsbeginn im Jahr 2010 zu berechnen.
1. Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG bleiben von Versorgungsbezügen ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag werden gemäß der Tabelle in § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG nach den Verhältnissen des Jahres des Versorgungsbeginns ermittelt und in dieser Höhe für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs berücksichtigt (§ 19 Abs. 2 Satz 8 EStG).
Versorgungsbezüge sind nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften (Buchst. a), nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften (Buchst. b) oder in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; wobei Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG erst dann als Versorgungsbezüge gelten, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat (Nr. 2).
Wesentliches (gemeinsames) Merkmal der Versorgungsbezüge i.S. von § 19 Abs. 2 EStG ist, dass sie keine Gegenleistung für Dienstleistungen darstellen, die im gleichen Zeitraum geschuldet und erbracht werden, ihnen also Versorgungscharakter zukommt (Senatsurteile vom 12.02.2009 - VI R 50/07, BFHE 224, 310, BStBl II 2009, 460; vom 06.02.2013 - VI R 28/11, BFHE 240, 546, BStBl II 2013, 572, Rz 12, und vom 11.03.2020 - VI R 26/18, BFHE 268, 314, BStBl II 2020, 565, Rz 15).
2. Ruhegehälter und gleichartige Bezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG werden im Gegensatz zu den Versorgungsbezügen gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht unmittelbar auf Grund eines Gesetzes, sondern auf Grund der Satzung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft bzw. auf vertraglicher oder tarifvertraglicher Grundlage von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft geleistet.
Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer nach einer Ruhelohnordnung, Satzung, Dienstordnung, (Tarif-) Vertrag o.Ä. eine lebenslängliche Alters- oder Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage seines Arbeitsentgelts und der Dauer seiner Dienstzeit gewährt wird (ebenso § 52 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 13.10.1965, BGBl I 1965, 1685). Es reicht insoweit aus, dass die zugesagte Versorgung einer Beamtenversorgung in wesentlichen Grundzügen gleichkommt. Die Versorgungszusage muss hierzu auf dem Alimentationsprinzip beruhen. Dem Arbeitnehmer muss ein Rechtsanspruch auf die Leistung für den Fall des Alters oder der Invalidität gewährt werden. Die Versorgung muss nach Voraussetzung, Art und Umfang ungeachtet gewisser Abweichungen einer beamtenrechtlichen Versorgung gleichstehen, z.B. bei der Bemessung nach der Tätigkeitsdauer und dem zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt.
Wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer beamtenähnlichen Versorgung ist ferner, dass der Dienstherr oder Arbeitgeber die Versorgung selbst zusagt, ohne sich hierbei einer gesonderten Versorgungseinrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit zu bedienen. Denn es gehört zu den bestimmenden Merkmalen einer beamtenähnlichen Versorgung, dass der Dienstherr die Versorgung in Erfüllung seiner Fürsorge- und Alimentationspflicht gegenüber seinen Bediensteten unmittelbar gewährt und ihr wirtschaftliches Risiko selbst trägt. Zusatzversorgungskassen mit Leistungen nach Versicherungsprinzipien auf Grund eingezahlter Beiträge erfüllen diese Voraussetzungen nicht, auch wenn sie dem Arbeitnehmer im Ergebnis eine der Beamtenversorgung angeglichene Gesamtversorgung sichern. Denn der Arbeitgeber oder Dienstherr leistet lediglich Zuschüsse oder Umlagen zu dieser Versorgungseinrichtung, solange der Arbeitnehmer aktiv in seinen Diensten steht, ohne ihm jedoch die Versorgung im Versorgungsfall selbst zu gewähren. Kennzeichnend ist weiterhin, dass der Beschäftigte nicht durch eigene Beitragsaufwendungen zu der Finanzierung der späteren Versorgungsleistung beiträgt.
Der Qualifizierung als beamtenähnliche Versorgung steht andererseits nicht entgegen, dass auf die zugesagte Versorgung eine gesetzliche Rente und/oder andere Versorgungen (z.B. befreiende Lebensversicherung, Unfallversicherung, betriebliche Altersversorgung o.Ä.) anzurechnen sind oder umgekehrt die Rente auf eine angemessene Gesamtversorgung nach beamtenrechtlichen Maßstäben erhöht wird (sog. zusammengesetzte oder gefugte Versorgung, ebenso § 52 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen). Denn auch das Beamtenversorgungsrecht kennt Bestimmungen über die Anrechnung von Renten auf die Beamtenversorgung (s. z.B. § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes). Wesentlich ist nur, dass der die gesetzliche Rente oder andere Versorgungsarten aufstockende Teil vom Arbeitgeber selbst getragen wird. Bei den sog. zusammengesetzten Versorgungen ist es daher auch unschädlich, wenn im Einzelfall neben der beamtenähnlichen Versorgungszusage die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung fortbesteht. Zwar liegt dann keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI) vor, jedoch verliert die vom Arbeitgeber erteilte Versorgungszusage nicht ihre Eigenschaft als beamtenähnliche Versorgung. Die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. die Befreiung des Versicherten von der gesetzlichen Rentenversicherung ist daher keine zwingende Voraussetzung, wohl aber ein gewichtiges Indiz für eine beamtenähnliche Versorgung.
Der Senat orientiert sich bei dieser Rechtsprechung zu § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG an den Kriterien, die auch der Bundesgerichtshof (BGH) zur Auslegung des Begriffs einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen in § 1587a Abs. 2 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. und in § 44 Abs. 1 Nr. 2 des Versorgungsausgleichsgesetzes unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die Beurteilung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Befreiungsmöglichkeit von der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 5, 6 SGB VI und den Vorgängervorschriften) zugrunde gelegt hat (s. BGH-Beschlüsse vom 27.10.1993 - XII ZB 69/89, LM BGB § 1587a Nr. 100 (4/1994); vom 16.09.1998 - XII ZB 232/94, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- Entscheidungsdienst Familien- und Erbrecht 1999, 25, und vom 27.01.2016 - XII ZB 656/14, NJW Rechtsprechungsreport Zivilrecht 2016, 323; BSG-Urteile vom 07.07.1998 - B 5/4 RA 13/97 R, Sozialrecht (SozR) 3-2600 § 12 Nr. 2, und vom 17.03.1983 - 11 RA 76/82, SozR 2200 § 1260c Nr. 5; ebenso Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.09.1983 - 7 C 47.80, zur Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Grundsätzen).
3. Die dem Kläger von der X-Krankenkasse zugesagte betriebliche Altersversorgung erfüllt die dargelegten Voraussetzungen für Ruhegehälter und gleichartige Bezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG.
a) Die X-Krankenkasse, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, gewährte dem Kläger seit September 2010 auf (tarif-)vertraglicher Grundlage ein lebenslängliches Gesamtruhegeld für den Fall des Alters. Es errechnete sich wie die Beamtenversorgung nach den ruhegehaltsfähigen Beschäftigungsjahren und nach den zuletzt gezahlten Bezügen. Eigene Beitragsleistungen hatte der Kläger nicht zu erbringen. Die X-Krankenkasse sagte als Arbeitgeberin des Klägers die Versorgung auch selbst zu, ohne sich hierbei einer gesonderten Versorgungseinrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit zu bedienen. Zu Dienstleistungen gegenüber der X-Krankenkasse war der Kläger mit dem Beginn des Ruhegeldbezugs seit September 2010 nicht mehr verpflichtet.
b) Der Umstand, dass der Kläger die Altersversorgung der X-Krankenkasse bereits nach Ablauf des Monats bezog, in dem er sein 60. Lebensjahr vollendet hatte, steht einem Versorgungsbezug nach beamtenrechtlichen Grundsätzen nicht entgegen.
Jedenfalls seit der am 01.09.2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform und den im Anschluss daran erfolgten Änderungen im Recht der Beamtenversorgung gibt es im Beamten(versorgungs)recht keinen Grundsatz mehr, nach dem ein Versorgungsbezug die Vollendung einer bestimmten Altersgrenze (z.B. von 63 Jahren) voraussetzt, wie sie § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG für Versorgungsbezüge aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze in anderen Fällen verlangt.
Zwar hat sich der Gesetzgeber bei der Einführung der Altersgrenze von zunächst 62 Jahren (heute 63 Jahren) in § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG a.F. (heute § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG) an dem Zeitpunkt orientiert, zu dem ein Beamter auf Lebenszeit nach den damaligen beamtenrechtlichen Grundsätzen die Versetzung in den Ruhestand ohne Angabe von Gründen beantragen konnte (s. zweiter schriftlicher Bericht des Finanzausschusses zu Drucksache IV/3189 vom 19.03.1965, BTDrucks IV/3189, S. 8). In § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG a.F. (heute § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG) hielt der Gesetzgeber die Einführung einer solchen Altersgrenze hingegen nicht für erforderlich, weil die Voraussetzungen für die aus Altersgründen im öffentlichen Dienst gezahlten Pensionen gesetzlich festgelegt sind (zweiter schriftlicher Bericht des Finanzausschusses zu Drucksache IV/3189 vom 19.03.1965, BTDrucks IV/3189, S. 8). Aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt sich daher, dass die in § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG festgelegte Altersgrenze auf die Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG nicht (entsprechend) anzuwenden ist. Vielmehr sind insoweit die beamtenrechtlichen oder entsprechenden gesetzlichen Vorschriften bzw. die daraus gegebenenfalls abzuleitenden beamtenrechtlichen Grundsätze maßgeblich.
Seit der Föderalismusreform haben sich im Beamten(versorgungs)recht des Bundes und der Länder zudem ganz unterschiedliche Grenzen für den Eintritt in den Ruhestand herausgebildet. So können beispielsweise Beamte auf Lebenszeit im Bund mit Vollendung des 63. Lebensjahres auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden (§ 52 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes), in Baden-Württemberg mit Vollendung des 63. Lebensjahres (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Landesbeamtengesetzes), in Bayern mit Vollendung des 64. Lebensjahres (Art. 64 Nr. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes), in Hessen mit Vollendung des 62. Lebensjahres (§ 35 Satz 1 Nr. 2 des Hessischen Beamtengesetzes) und in Niedersachsen mit Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 37 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes).
Angesichts dieser Sachlage kann im Streitfall das Vorliegen von Versorgungsbezügen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen nicht deshalb verneint werden, weil der Kläger nach Vollendung des 60. Lebensjahres auf seinen Antrag unter Hinnahme entsprechender Kürzungen, die auch das Beamten(versorgungs)recht bei Eintritt in den Ruhestand auf Antrag des Beamten vor Erreichen der Regelaltersgrenze kennt, die Altersversorgung der X-Krankenkasse erhielt.
c) Entgegen der Auffassung des FG steht es der Annahme eines Ruhegehalts nach beamtenrechtlichen Grundsätzen auch nicht entgegen, dass der Kläger während seiner aktiven Beschäftigung bei der X-Krankenkasse in einem (außertariflichen) Arbeitsverhältnis stand, das beamtenrechtlichen Grundsätzen nicht entsprach. Hierauf kommt es nach den oben dargelegten Maßstäben nicht an. Es müssen (lediglich) die Versorgungsbezüge selbst den beamtenrechtlichen Grundsätzen im Wesentlichen entsprechen, was vorliegend der Fall ist.
4. Da die Revision der Kläger bereits mit der Sachrüge Erfolg hat, kommt es auf die von den Klägern gerügten Verfahrensfehler nicht mehr an.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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