Die Steuerberaterkammer Nordbaden erwartet von der künftigen Bundesregierung, dass sie das Steuerrecht vereinfacht. Beim 28. Forum Finanzpolitik und Steuerrecht im Kongresszentrum Karlsruhe forderte Kammerpräsident Dr. Klaus Heilgeist außerdem: „Es darf keine Steuererhöhungen geben, sondern Schuldenabbau durch sparsame Haushaltsführung.“ Die Kammer forderte CDU, CSU und SPD dazu auf, bei den Koalitionsverhandlungen die richtigen Weichen für einen stabilen Staatshaushalt zu stellen und im Interesse zukünftiger Generationen Steuermehreinnahmen zur Verringerung der Schuldenlast zu verwenden.
Die Umsatzsteuer in ihrer jetzigen Form kritisierte Heilgeist als zu kompliziert und verwaltungsintensiv. Für die Einkommensteuer forderte der Kammerpräsident einen großen Schritt in Richtung Abbau der kalten Progression. Einen höheren Spitzensteuersatz lehnte er ab. Heilgeist betonte: „Trotz gestiegener Einnahmen haben sich Bund und Länder in der Vergangenheit immer weiter verschuldet. Das muss aufhören.“ Grundsätzlich sei Geld da, um die kalte Progression abzubauen, den Schuldenabbau zu beginnen und zu investieren.
Mit mittlerweile 3.280 Mitgliedern verzeichnet die Steuerberaterkammer Nordbaden seit Jahren steigende Mitgliedszahlen. So ist die Anzahl ihrer Mitglieder allein seit Herbst 2012 um rund 1,3 Prozent gestiegen. „Diese Entwicklung belegt die Attraktivität des steuerberatenden Berufs heute und in der Zukunft“, sagte Heilgeist. In diesem Zusammenhang zeigte sich die Kammer darüber erfreut, dass sowohl die Zahl der Ausbildungsstätten als auch die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse zum Steuerfachangestellten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum angestiegen sind. Waren es im Oktober 2012 noch 167 neue Ausbildungsverträge, so wurden bis Oktober 2013 trotz des Wegfalls des doppelten Abiturjahrgangs bereits 196 Ausbildungsverhältnisse neu registriert. Die Zahl der Ausbildungsstätten stieg zwischen 2012 und 2013 von 306 auf 325 an.
Vor absurden Folgen der Auslegung des Umsatzsteuergesetzes durch den Bundesfinanzhof warnte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup in seinem Grußwort. Er kritisierte, dass die Zusammenarbeit der Kommunen künftig der Umsatzsteuer unterliegen solle mit der Folge, dass „unter diesen Voraussetzungen die Bereitschaft zur kommunalen Zusammenarbeit sinken wird.“
Für Steuergerechtigkeit sprach sich Wolfgang Leidig aus. Der Ministerialdirektor im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft sagte: „Steuergerechtigkeit ist die Grundvoraussetzung für einen handlungsfähigen Staat. Außerdem sorgt sie dafür, dass die Bevölkerung die Steuergesetzgebung bereitwilliger akzeptiert.“ Leidig betonte: „Wenn Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden, haben sie das Gefühl, dass Gerechtigkeit herrscht.“ Dies führe im Übrigen auch zu weniger Steuerausfällen und eröffne zugleich mehr Handlungsmöglichkeiten für den Staat. „Darüber ist man sich im Land und beim Bund einig“, so Leidig.
Der Präsident des Bundesfinanzhofs, Professor Rudolf Mellinghoff, sah eine Gefährdung der Gesetzesbindung im Steuerrecht, insbesondere durch die Zunahme von Vereinbarungen und Vergleichen zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen. Darauf müsse reagiert werden. Er forderte, dass geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Gesetzesbindung im Steuerrecht eingeführt werden. Auch müssten die Bundes- und Landesrechnungshöfe die Einhaltung der Steuergesetze verstärkt kontrollieren. Mellinghoff forderte den Gesetzgeber darüber hinaus dazu auf, schon bei der Formulierung der Steuergesetze die Voraussetzungen für eine rechtsstaatlich unbedenkliche, technische Umsetzung zu schaffen. Dies verlange eine eindeutige Regelung der Berechnungsschritte, eine exakte und verständliche Ausdrucksweise sowie insbesondere eine einheitliche Terminologie.
Mit so genannten Steuervermeidungs-Strategien großer Unternehmen beschäftigte sich Professor Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim. Das Problem sei, dass international aufgestellte Konzerne oft durch bilanzielle Tricks erreichten, dass sie nicht in allen Ländern Steuern zahlen müssen – auch wenn sie hier eine Niederlassung haben und die Infrastruktur nutzen. Fuest zeigte auf, welche Möglichkeiten die Länder haben, um solche Steuervermeidungs-Strategien zu verhindern. Unter anderem sagte er: „Bessere Absprachen unter den Ländern und eine Anpassung des nationalen und internationalen Steuerrechts sind dringend notwendig.“
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