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BFH: Statthaftigkeit einer Nichtigkeitsklage bei Verletzung der Vorlagepflicht

Die Nichtigkeitsklage ist nicht statthaft, wenn mit ihr lediglich eine Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union geltend ge­macht wird.

FGO § 134
ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 1
AEUV Art. 267

BFH-Urteil vom 10.10.2023, IX K 1/21 (veröffentlicht am 2.11.2023)

Vorinstanz: Bundesfinanzhof vom 17.5.2021, IX R 20/18 = SIS 21 16 96

I. Die Revisionsklägerin und Klägerin (Klägerin) begehrt die Wiederaufnahme des abgeschlossenen Revisionsverfahrens unter Aufhebung des Senatsurteils vom 17.05.2021 ‑ IX R 20/18 (BFHE 274, 246).

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft [ausländischen] Rechts mit Sitz in A (Mitgliedstaat der Europäischen Union). Sie veranstaltete im Streitzeitraum Juli 2012 Sportwetten unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Klägerin reichte am 17.08.2012 eine Anmeldung der Sportwettensteuer für den Monat Juli 2012 beim Finanzamt … ein. Gegen die Anmeldung leg­te die Klägerin anschließend Einspruch ein. Dieser wurde mit Einspruchsent­scheidung vom 29.05.2015 durch das seinerzeit zuständige Finanzamt … als unbegründet zurückgewiesen.

Die beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage hatte mit Urteil vom 18.04.2018 ‑ 5 K 1108/15 (Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht 2018, 480) keinen Er­folg.

Die nachfolgende Revision hat der erkennende Senat mit Urteil vom 17.05.2021 ‑ IX R 20/18 (BFHE 274, 246) als unbegründet zurückgewiesen. Der Senat kam nicht zu der für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) erforderlichen Über­zeugung, dass das Rennwett- und Lotteriegesetz wegen Verstoßes gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes formell verfassungswidrig ist. Ebenfalls verneinte er eine europarechtswidrige Doppelbesteuerung unter Verstoß gegen Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das ge­meinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) sowie eine europarechtswid­rige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Auch ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht nach der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.06.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Ge­biet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (Amtsblatt der Europäischen Gemein­schaften ‑‑ABlEG‑‑ Nr. L 204 vom 21.07.1998, S. 37), geändert durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.07.1998 (ABlEG Nr. L 217 vom 05.08.1998, S. 18) und die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20.11.2006 (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 363 vom 20.12.2006, S. 81) ‑‑nachfolgend EGRL 98/34‑‑ wurde ver­neint. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) lehnte der Senat ab.

Hiergegen richtet sich die Nichtigkeitsklage der Klägerin vom 22.11.2021. Sie macht den Wiederaufnahmegrund der vorschriftswidrigen Besetzung des Se­nats im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Die angefochtene Entscheidung ver­letze Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Ausgangsgericht als letztinstanzliches Gericht habe in willkürlicher und nicht vertretbarer Weise seine Verpflichtung verletzt, Rechtsfragen dem EuGH vorzulegen und sie dadurch ihrem gesetzli­chen Richter entzogen. Eine Vorlageverpflichtung habe in allen drei europa­rechtlichen Fragen bestanden, mit denen sich die angefochtene Entscheidung befasst habe. Ein "acte claire" habe nicht vorgelegen. Vorzulegen sei zunächst die Frage gewesen, ob sich aus Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ergebe, dass der deutsche Gesetzgeber nicht befugt sei, die Sportwettensteuer zu er­heben. Die Doppelbelastung mit deutscher und ausländischer Sportwetten­steuer könne europarechtswidrig sein. Ebenso hätte dem EuGH die Frage vor­gelegt werden müssen, ob die Erhebung der Sportwettensteuer nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV darstelle. Der Verstoß gegen die No­tifizierungspflicht nach der EGRL 98/34 hätte ebenfalls zu einer Vorlage führen müssen.

Zum 01.12.2021 hat bei der Finanzverwaltung ein Zuständigkeitswechsel stattgefunden. Anstelle des Finanzamts … ist nunmehr der Revisionsbeklagte und Beklagte (Finanzamt … ‑‑FA‑‑) zu­ständig geworden.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.05.2021 ‑ IX R 20/18, das Ur­teil des Hessischen FG vom 18.04.2018 ‑ 5 K 1108/15 und die Anmeldung der Sportwettensteuer vom 17.08.2012 für den Monat Juli 2012 in Gestalt der Ein­spruchsentscheidung vom 29.05.2015 aufzuheben.

Das FA beantragt,
die Nichtigkeitsklage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen.

Mit Beschluss vom 16.05.2023 ‑ IX K 1/21 hat der erkennende Senat beim IV., VIII. und XI. Senat gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO angefragt, ob diese an der in den Entscheidungen vom 04.09.2009 ‑ IV K 1/09, vom 13.07.2016 ‑ VIII K 1/16 (BFHE 254, 481, BStBl II 2017, 198) und vom 07.02.2018 ‑ XI K 1/17 (BFHE 260, 410) vertretenen Rechtsauffassung festhalten, der zu­folge die Nichtigkeitsklage nach § 134 FGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft ist, wenn mit ihr lediglich eine Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den EuGH geltend gemacht wird. Der erkennende Senat beabsichtige, in die­sem Fall eine Nichtigkeitsklage als nicht statthaft anzusehen und die Klage als unzulässig abzuweisen.

Alle drei Senate haben mitgeteilt, an der in den zuvor genannten Entscheidungen vertretenen Rechtsauffassung nicht mehr festzuhalten und sich der Rechtsauffassung des erkennenden Senats anzu­schließen.

II. Die Nichtigkeitsklage ist unzulässig. Das Verfahren ist nicht wieder aufzuneh­men, denn die Nichtigkeitsklage ist nicht statthaft.

1. Nach § 134 FGO i.V.m. § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens durch Nichtig­keitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen.

a) Mit der Nichtigkeitsklage im Sinne des § 579 ZPO ist neben der Restituti­onsklage nach § 580 ZPO ein Mittel geschaffen worden, um eine Durchbre­chung der Rechtskraft in Fällen zu ermöglichen, in denen schwerste Mängel des Verfahrens oder gravierende inhaltliche Fehler gegen den Bestand des Ur­teils sprechen und dadurch das Vertrauen der Parteien in die Urteilsgrundlage in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise erschüttert ist (vgl. Bundesarbeitsge­richt ‑‑BAG‑‑, Beschluss vom 13.10.2015 ‑ 3 AZN 915/15 (F), Rz 16 und BAG-Urteil vom 28.07.2022 ‑ 6 AZR 24/22, Rz 20, m.w.N.; BFH-Urteil vom 02.12.1998 ‑ X R 15‑16/97, BFHE 188, 1, BStBl II 1999, 412, unter II.3.b; Bundessozialgericht ‑‑BSG‑‑, Urteil vom 23.03.1965 ‑ 11 RA 304/64, BSGE 23, 30, unter II.; Bundesverwaltungsgericht ‑‑BVerwG‑‑, Urteil vom 26.01.1994 ‑ 6 C 2/92, BVerwGE 95, 64; MüKoZPO/Braun/Heiß, § 579 Rz 1; Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 20. Aufl., § 579 Rz 2; Anders/Gehle, Zivilpro­zessordnung, 81. Aufl., § 579 Rz 1; Kern in: Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl., § 579 ZPO Rz 5; Kemper in Saenger, Zivilprozessordnung, 10. Aufl., § 579 Rz 2; BeckOK ZPO/Fleck, 50. Ed. [01.09.2023], ZPO § 579 Rz 3; Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 579 Rz 2). Diesem Zweck entspricht es, die Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 ZPO auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken. Sie dient insbesondere nicht dazu, eine im Ausgangsverfahren vom Gericht bereits beantwortete Rechtsfrage erneut zur Überprüfung zu stellen.

b) Nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Das ist jedenfalls der Fall, wenn die Richterbank bei der Entscheidung fehlerhaft besetzt war (vgl. BAG-Beschluss vom 13.10.2015 ‑ 3 AZN 915/15 (F), Rz 16; Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 579 Rz 2). Der klare Wortlaut der Vorschrift ("das erkennen­de Gericht") spricht dafür, ihren Anwendungsbereich auch auf diese Fallgruppe zu beschränken. Tatbestandlich erfasst sind danach nur Fehler, die die perso­nelle Besetzung des erkennenden Spruchkörpers betreffen. Dagegen fallen die Fragen, ob der richtige Spruchkörper oder das richtige Gericht entschieden haben, nicht mehr in den Anwendungsbereich (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29.01.1992 ‑ VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252; vom 26.05.1992 ‑ VII S 17/92, BFH/NV 1993, 305, unter 2. und vom 12.11.1996 ‑ II K 1/96, juris, unter 2.; Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.11.1994 ‑ X ZR 51/92, Neue Juristische Wochenschrift ‑‑NJW‑‑ 1995, 332, unter I.1.; BSG-Urteil vom 23.03.1965 ‑ 11 RA 304/64, BSGE 23, 30, unter II.; vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 22.01.1992 ‑ 2 BvR 40/92, NJW 1992, 1030, unter 3.b; Gaul in Festschrift für Ekkehard Schumann zum 70. Geburtstag, 2001, S. 89, 121 f; Hummel, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2021, 736, 738). Ein Nich­tigkeitsgrund kann daher vorliegen, wenn es zu Verstößen bei der Geschäfts­verteilung gekommen ist. Mit der Vorschrift soll insbesondere verhindert wer­den, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entschei­dung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann (vgl. BFH-Beschluss vom 29.01.1992 ‑ VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252, unter 4.a).

c) Die Verkennung einer Vorlageverpflichtung (durch das vorschriftsmäßig be­setzte Gericht) ist dagegen kein Besetzungsmangel (so auch Hummel, UR 2021, 736, 738). Eine Nichtigkeitsklage ist daher nicht statthaft, wenn sie le­diglich darauf gestützt wird, dass im Ausgangsverfahren eine Vorlage an das BVerfG oder an den EuGH angeregt worden war, das erkennende Gericht dem aber nicht gefolgt ist. Dabei ist unerheblich, ob die Beurteilung der Vorlage­verpflichtung durch das Ausgangsgericht rechtlich zutreffend war (vgl. BAG-Urteil vom 28.07.2022 ‑ 6 AZR 24/22, Rz 22 f.; BSG-Urteil vom 23.03.1965 ‑ 11 RA 304/64, BSGE 23, 30, unter II.; BVerwG-Urteil vom 26.01.1994 ‑ 6 C 2/92, BVerwGE 95, 64; a.A. Ott in: Morsch/Hardenbicker, Steuerrechts­schutz in Theorie und Praxis, Festschrift 75 Jahre Finanzgericht des Saarlandes, S. 73; Henke in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Kommentar zum BVerfGG, 2. Aufl., § 90 Rz 163). Die Nichtigkeitsklage ist auch dann nicht ge­geben, wenn das Ausgangsgericht seine Vorlageverpflichtung zu Unrecht ver­neint haben sollte.

d) Der Senat stellt nicht in Abrede, dass eine willkürliche Nichtbeachtung der Vorlagepflicht den Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzen kann (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; vgl. u.a. BVerfG-Beschluss vom 04.03.2021 ‑ 2 BvR 1161/19) und dass der EuGH gesetzlicher Richter für die Auslegung des Unionsrechts ist. Eine willkürliche Verletzung der Vorlagepflicht betrifft aber nicht die vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Sie ist deshalb (unmittelbar) mit der Verfassungsbe­schwerde gegen die letztinstanzliche Entscheidung geltend zu machen (vgl. u.a. BVerfG-Beschlüsse vom 19.07.2011 ‑ 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, beginnend unter C.III. und vom 04.03.2021 ‑ 2 BvR 1161/19, Rz 52 ff.).

e) Ein anderes Ergebnis ist nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgegeben. Zwar entspricht es der grundgesetzli­chen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung, dass vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen zu gewähren ha­ben. Jedoch ist für die Rüge von Grundrechtsverletzungen durch letztinstanzli­che Entscheidungen der (außerordentliche) Rechtsbehelf der Verfassungsbe­schwerde nach § 90 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) gege­ben (vgl. Drossel in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Kommentar zum BVerfGG, 2. Aufl., § 90 Rz 7). Der Gesetzgeber hat bei Schaffung der Zivilpro­zessordnung im Jahr 1877 die Nichtigkeitsgründe auch nicht mit Blick auf mögliche Grundrechtsverletzungen konzipiert (vgl. Gaul in: Festschrift für Ekkehard Schumann zum 70. Geburtstag, 2001, S. 89, 127; Hahn, Die gesam­ten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. 2, Materialien zur Zivilpro­zessordnung, S. 1017 und 1232) und damit auch keine verfassungsrechtliche (Selbst‑)Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen beabsichtigt.

Etwas anderes gilt nur, wenn es der Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet hat, bestimmte Verfassungsfragen einer nochmaligen fachgerichtlichen Selbstkon­trolle zu unterwerfen. Dies hat er für die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in Gestalt der Anhörungsrüge (z.B. § 133a FGO) getan. Dass der Gesetzgeber mit der Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine vergleichbare Selbstüberprüfung im Hinblick auf die Verletzung des ge­setzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) schaffen oder nach dem In­krafttreten des Grundgesetzes ermöglichen wollte, ist nicht ersichtlich. Ande­renfalls stellte sich auch die Frage, ob bei einer Verletzung des gesetzlichen Richters nicht auch innerhalb des Instanzenzugs im Rechtsmittelrecht eine Fortsetzung des Ausgangsverfahrens vorgesehen sein müsste.

f) In gleicher Weise verpflichtet eine europarechtskonforme Auslegung des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht dazu, die Nichtigkeitsklage für den Fall einer will­kürlichen Verletzung der Vorlagepflicht an den EuGH seitens des Ausgangsge­richts für statthaft zu erachten. Im Rahmen des Kooperationsverhältnisses zwischen EuGH und BVerfG (vgl. dazu u.a. BVerfG-Urteil vom 12.10.1993 ‑ 2 BvR 2134/92, 2 BvR 2159/92, BVerfGE 89, 155; Voßkuhle, NJW 2013, 1329, 1330 f.) prüft das BVerfG in ständiger Rechtsprechung, ob eine Verletzung der Vorlageverpflichtung an den EuGH zu einer Verletzung des gesetzlichen Rich­ters im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geführt hat (vgl. u.a. BVerfG-Beschlüsse vom 19.07.2011 ‑ 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, unter C.III. und vom 04.03.2021 ‑ 2 BvR 1161/19, Rz 52 ff.). Weder das Gebot der Ge­währung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) noch die Sicherstel­lung der Geltung und Durchsetzbarkeit europarechtlicher Regelungen zwingen aber für diesen Fall dazu, die Nichtigkeitsklage als statthaft zu erachten. Über die Einhaltung der Vorlageverpflichtung nach Art. 267 AEUV wacht das BVerfG.

g) Im Übrigen ist eine Nichtigkeitsklage auch nur dann statthaft, wenn sie auf einen Wiederaufnahmegrund gestützt wird, der im Ausgangsverfahren überse­hen worden oder unerkannt geblieben ist. Denn insbesondere die Bestimmun­gen in § 579 Abs. 1 Nr. 2 und § 579 Abs. 2 ZPO lassen den Willen des Gesetz­gebers erkennen, eine Wiederaufnahme im Wege einer Nichtigkeitsklage nur in den Fällen zuzulassen, in denen die Berücksichtigung des Rechtsfehlers nicht schon vor der Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung möglich war. Damit soll die doppelte Prüfung einer bereits entschiedenen Rechtsfrage verhindert werden. Die Nichtigkeitsklage scheidet daher aus, wenn der Nichtigkeitsgrund im Vorprozess nicht übersehen worden und bereits geprüft worden ist (vgl. BAG-Urteil vom 28.07.2022 ‑ 6 AZR 24/22, Rz 21; BFH-Urteil vom 02.12.1998 ‑ X R 15‑16/97, BFHE 188, 1, BStBl II 1999, 412, unter II.3.b; BSG-Urteil vom 23.03.1965 ‑ 11 RA 304/64, BSGE 23, 30, unter II.; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 134 Rz 1; Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 134 FGO Rz 48; Wendl in Gosch, FGO § 134 Rz 28; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 23. Aufl., § 579 Rz 2; Gaul in: Festschrift für Ekkehard Schumann zum 70. Geburtstag, 2001, S. 89, 124 f.; ders. in: Fest­schrift für Winfried Kralik zum 65. Geburtstag, 1986, S. 157, 158).

2. Daran gemessen ist die Nichtigkeitsklage nicht statthaft. Die Klägerin wen­det sich mit ihrer Nichtigkeitsklage nicht gegen die personelle Zusammenset­zung des IX. Senats des BFH (beim Erlass der Ausgangsentscheidung IX R 20/18 am 17.05.2021), sondern gegen dessen Entscheidung, dass eine Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH nicht besteht. Damit vertritt sie ledig­lich eine von der Ausgangsentscheidung abweichende Rechtsmeinung. Im Üb­rigen wiederholt, untermauert und ergänzt sie lediglich ihr bisheriges rechtli­ches Vorbringen. Die schlüssige Rüge einer nicht vorschriftsmäßigen Beset­zung des Gerichts im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegt darin nicht.

Die Nichtigkeitsklage ist auch nicht deshalb statthaft, weil ihre Erhebung Vo­raussetzung für die Erschöpfung des Rechtswegs nach § 90 Abs. 2 BVerfGG ist. Zwar muss im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG nach Maßgabe der materiellen Subsidiarität dargelegt werden, dass das Vorbringen vor dem Fachgericht eine Vorlage an den EuGH als naheliegend hat erscheinen lassen. Im Rahmen einer Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich die Obliegenheit des Prozessbeteiligten regelmäßig darauf, durch entsprechende Anträge oder An­regungen an das Fachgericht eine Befassung des gesetzlichen Richters zu er­reichen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 31.07.2001 ‑ 1 BvR 304/01, juris, unter II.1.a; vom 19.07.2011 ‑ 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, beginnend ab B.III.2. und vom 27.04.2021 ‑ 1 BvR 2731/19, Rz 2 f.; vgl. auch Hummel, UR 2021, 736, 737). Diesen Anforderungen an die Rechtswegerschöpfung ist die Klägerin bereits im Ausgangsverfahren gerecht geworden. Eine Vorlage an den EuGH hatte die Klägerin im Rahmen ihrer Revisionsbegründung mehrfach an­geregt. Einer Wiederholung dieses Vorbringens im Rahmen einer Nichtigkeits­klage bedarf es daher für Zwecke der Rechtswegerschöpfung nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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