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BFH: Kumulationsverbot bei dem Zusammentreffen von Investitionszulage und erhöhten Absetzungen für nachträgliche Herstellungsarbeiten an einem Wohngebäude

  1. Die Prüfung der Frage, ob bei einer Gebäudesanierung tragende Teile und Fundamente des bisherigen Gebäudes verwendet werden, dient der Abgrenzung zwischen der Herstellung eines neuen Gebäudes und den nachträglichen Herstellungsarbeiten. Deren Beantwortung entscheidet aber nicht über die Abgrenzung zwischen nachträglichen Herstellungsarbeiten i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 und Erhaltungsarbeiten i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999.
  2. Das Verhältnis zwischen der Höhe der Sanierungskosten und der Höhe des Gebäudewerts ist kein Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung zwischen nachträglichen Herstellungsarbeiten i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 und Erhaltungsarbeiten i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999.
  3. Werden für eine an einem Wohngebäude vorgenommene Sanierung erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen, schließt das Kumulationsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 die Gewährung einer Investitionszulage für nachträgliche Herstellungsarbeiten nur insoweit aus, als den beiden Förderinstrumenten dieselben Herstellungsarbeiten zugrunde liegen.

BFH-Urteil vom 22.12.2011, III R 37/09 (veröffentlicht am 2.5.2012)

InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3, Satz 2
HGB § 255 Abs. 2

Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.2.2009, 2 K 320/06 = SIS 09 35 47

I. Streitig ist, ob dem Anspruch auf Investitionszulage für Arbeiten im Innenbereich eines Gebäudes und für die Errichtung einer Balkonanlage das Kumulationsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Investitionszulagengesetzes 1999 (InvZulG 1999) entgegensteht, weil der Anspruchsberechtigte für Arbeiten an der Außenhülle des Gebäudes bereits erhöhte Absetzungen nach § 7h des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) vorgenommen hat.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Grundstücksvermietungs-Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern J und W, begehrt eine Investitionszulage für das Jahr 2000 gemäß § 3 InvZulG 1999 für Umbaumaßnahmen an einem vermieteten Hausgrundstück in R. Der Gesellschafter J erwarb im Jahr 1997 das Hausgrundstück für 55.000 DM, wovon auf den Grund und Boden 29.160 DM und auf das Gebäude 25.840 DM entfielen. Der Gesellschafter W erwarb im Zuge der Gründung der Klägerin am 9.6.1999 einen hälftigen ideellen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück von dem Gesellschafter J für 31.000 DM, wovon 16.200 DM auf den Grund und Boden und 14.800 DM auf das Gebäude entfielen. Von Ende 1999 bis September 2000 ließ die Klägerin durch die Y GmbH & Co. KG (KG) umfangreiche Baumaßnahmen an diesem Hausgrundstück durchführen. Grundlage dafür war eine Baugenehmigung vom 5.5.2000 über "Modernisierung (straßenseitig) des Wohngebäudes, Neubau von Balkonen (hofseitig), Neubau von Gauben, Ausbau Dachgeschoss". Ein schriftlicher Werkvertrag existierte nach Angaben der Klägerin nicht, ebenso wenig Kostenvoranschläge oder Rechnungen mit detaillierten Aufstellungen. Die Klägerin zahlte nach Abschluss der Arbeiten ausweislich der Schlussrechnung vom 22.9.2000 400.200 DM brutto an die KG.

Mit Schreiben vom 3.3.2008 listete die KG die Arbeiten wie folgt auf:
- im Titel 1 (Außenarbeiten, Dach- und Fassadenarbeiten) die Pos. 0 - 23 in einem Kostenumfang von 129.310,34 DM,
- im Titel 2 (Innenarbeiten, Sanierung und Instandsetzungsarbeiten) Pos. 1 - 47 mit Kosten von 207.589,66 DM und
- im Titel 3 (Balkonanlagen) unter der Pos. 1 einen Betrag von 8.100 DM,
jeweils netto, insgesamt 345.000 DM zzgl. 16 % MwSt in Höhe von 55.200 DM; brutto 400.200 DM.

Ursprünglich hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) die erhöhte Absetzung nach § 7h EStG für die Gesamtumbaukosten in Höhe von 400.200 DM beantragt. Mit Bescheid der zuständigen Gemeindebehörde vom 10.12.2004 erhielt sie jedoch nur eine Bescheinigung gemäß § 7h EStG über berücksichtigungsfähige Aufwendungen in Höhe von 150.000 DM (= 76.693,78 €) für die Außenarbeiten an Fassade, Fenstern, Dachgauben, Außenanlage, Baubetreuung und sonstige Außenarbeiten. Nur in diesem Kostenumfang hatte die Klägerin einen städtebaulichen Vertrag gemäß § 177 des Baugesetzbuches und § 43 Abs. 3 Satz 2 des Städtebauförderungsgesetzes geschlossen.

Weiter erhielt die Klägerin aufgrund des vorgenannten Vertrages Städtebaufördermittel als Zuschuss in Höhe von 14.734,75 €. Nach der Zustimmungserklärung des Landesförderinstitutes wurden Kosten in Höhe von 74.194,69 € berücksichtigt. Das entspricht den tatsächlichen Kosten der Außenarbeiten nach der Kostenübersicht. Ausgangswert der Zuschussberechnung im genannten Vertrag waren Kosten in Höhe von 150.000 DM - die veranschlagten Kosten der Außenarbeiten.

Parallel zu diesen Förderungen stellte die Klägerin am 9.12.2003 einen Antrag auf Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 für Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden für das Kalenderjahr 2000 für nachträgliche Herstellungskosten in Höhe von 403.002,83 DM.

Mit Bescheid vom 17.5.2004 setzte das FA die Investitionszulage auf 0 € fest, da für alle Kosten eine Abschreibung nach § 7h EStG beantragt worden sei. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 und dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 28.2.2003 (BStBl I 2003, 218 Tz. 11) seien die Gewährung einer Investitionszulage und der Abschreibung nach § 7h EStG für dieselben Aufwendungen nicht möglich.

Während des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens erließ das FA zu Lasten der Klägerin einen Änderungsbescheid vom 15.2.2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung und Förderung des Wohnungseigentums für das Jahr 2000. Hierin stellte es anstelle der bisherigen, auf die Gesamtkosten bezogenen Abschreibung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 37.694 DM für das Jahr 2000 nur noch eine AfA gemäß § 7h EStG von 12.118,13 DM bezogen auf 150.000 DM abzüglich der Zuschüsse von 28.818,67 DM und eine AfA von 2,5 % in Höhe von 6.330,07 DM auf den Restbetrag der Herstellungskosten in Höhe von 253.202,83 DM in die Berechnung ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 19.6.2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten seien Herstellungsaufwand. Das Kumulationsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 beziehe sich zwar nur auf dieselben nachträglichen Herstellungsarbeiten. Die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten hätten aber eine Komplettsanierung des Gebäudes dargestellt und seien daher als eine einheitliche Baumaßnahme zu werten.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst (DStRE) 2009, 1521 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Klägerin aufgrund des Kumulationsverbots des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 kein Anspruch auf die noch begehrte Investitionszulage in Höhe von 19.020 € zustehe, da sie bereits für die Arbeiten an der Außenhülle des Gebäudes erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG vorgenommen habe.

Hiergegen richtet sich die von der Klägerin eingelegte Revision. Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor:

Das FG habe § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 unzutreffend ausgelegt und dadurch Bundesrecht verletzt. Es habe sich nicht um Herstellungsarbeiten, sondern um Erhaltungsarbeiten an dem Gebäude gehandelt. Eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes sei nicht eingetreten. In den Bereichen Elektro-, Sanitär- und Heizungsinstallation seien lediglich erneuernde Arbeiten durchgeführt worden, durch die der Wohnstandard nicht verbessert worden sei. Bei der Förderung von Erhaltungsarbeiten finde das Kumulationsverbot keine Anwendung. Selbst wenn man aber von Herstellungsarbeiten ausgehe, werde ein Investitionszulagenanspruch nicht ausgeschlossen. Es sei nicht von einer einheitlichen Baumaßnahme auszugehen. Insbesondere fehle es an einem sachlichen Zusammenhang zwischen den Innen- und den Außenarbeiten. Die Arbeiten seien nicht zwangsläufig miteinander verbunden und hätten auch zeitlich versetzt durchgeführt werden können. Eine zeitliche Trennung der Arbeiten widerspreche aber dem Förderzeck des InvZulG 1999 und des § 7h EStG. Der Gesetzgeber habe nur die Doppelbegünstigung tatsächlich identischer Arbeiten ausschließen wollen, anderenfalls er dies ausdrücklich abweichend geregelt hätte. Dies ergebe sich auch aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24.6.2009 X R 8/08, BFHE 225, 431, BStBl II 2009, 960.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Investitionszulage unter Abänderung des Investitionszulagenbescheids für 2000 vom 25.5.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.6.2006 auf 19.020 € festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG.

1. Die Revision ist zulässig. Die Zulässigkeit der Revision scheitert nicht an einer Versäumung der Revisionsbegründungsfrist. Die Revisionsbegründung der Prozessbevollmächtigen A ging am letzten Tag der bis zum 9.9.2009 verlängerten Revisionsbegründungsfrist per Telefax beim BFH ein.

Die erst nach Fristablauf eingegangene Revisionsbegründung der Prozessbevollmächtigten B berührt die Zulässigkeit der Revision daher nicht.

2. Die Revision ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des FG kann das Vorliegen nachträglicher Herstellungskosten i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 nicht allein daraus abgeleitet werden, dass die tragenden Teile und die Fundamente des bisherigen Gebäudes verwendet wurden und die Kosten der Gesamtsanierung den Gebäudewert weit überschritten.

a) Zu den begünstigten Investitionen gehören nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 InvZulG 1999 nachträgliche Herstellungsarbeiten sowie Erhaltungsarbeiten des Anspruchsberechtigten an Gebäuden, die vor dem 1.1.1991 fertig gestellt worden sind, soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten oder der Erhaltungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen. Dagegen ist die Herstellung oder Anschaffung eines neuen Gebäudes nur begünstigt, wenn das Gebäude in einem bestimmten Gebiet, z.B. in einem Sanierungsgebiet oder Erhaltungssatzungsgebiet, liegt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b InvZulG 1999). Nachträgliche Herstellungsarbeiten sind daher einerseits von den Erhaltungsarbeiten, andererseits aber auch von der Herstellung eines neuen Gebäudes abzugrenzen.

b) Das von dem FG zur Begründung seiner Entscheidung herangezogene BFH-Urteil vom 31.3.1992 IX R 175/87 (BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808) befasste sich hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 7 Abs. 5 EStG mit der Abgrenzung zwischen dem nachträglichen Herstellungsaufwand und der Errichtung eines neuen Gebäudes. Insoweit hat der BFH ausgeführt, dass die bauliche Umgestaltung eines vorhandenen Gebäudes grundsätzlich nicht als Herstellung eines neuen Gebäudes angesehen werden kann, solange das Gebäude in seiner wesentlichen Substanz nicht beeinträchtigt wird, so z.B. dann, wenn die Außenmauern zum überwiegenden Teil weiter benutzt werden und mit dem Umbau lediglich eine Umgestaltung des durch die Außenmauern umbauten Raumes vorgenommen wird. Der grundlegende Umbau eines Gebäudes steht nur dann einem Neubau gleich, wenn die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes verleihen. Das ist insbesondere der Fall, wenn verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmend sind, wie z.B. Fundamente, tragende Außen- und Innenwände, Geschossdecken und die Dachkonstruktion (BFH-Urteil in BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808, m.w.N.).

Da im Urteilsfall eine Mühle zu einem Wohnhaus umgebaut worden war, führte der BFH aus, dass eine Änderung der Zweckbestimmung zur Herstellung eines neuen Vermögensgegenstandes i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) führen kann. Nur wenn ein solcher neuer Vermögensgegenstand hergestellt wird, liegt - unabhängig davon, ob die Zweckänderung dem Gebäude gleichzeitig auch ein anderes bautechnisches Gepräge im o.g. Sinne verleiht und daher zu einem neuen Gebäude führt - kein sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand, sondern Herstellungsaufwand vor (BFH-Urteil in BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808, m.w.N.). Danach hat der BFH im Urteilsfall die Entscheidung der Vorinstanz, dass es sich trotz umfangreicher Veränderungen mangels wesentlichen Eingriffes in die Gebäudesubstanz um keinen Neubau, sondern um nachträgliche Herstellungskosten handelt, nicht beanstandet.

Für den Bereich des Investitionszulagenrechts hat der Senat zudem mit Urteil vom 24.1.2008 III R 9/05 (BFHE 221, 383, BStBl II 2008, 688) entschieden, dass die Investitionszulagenförderung für nachträgliche Herstellungsarbeiten selbst dann nicht ausscheidet, wenn ein neues bzw. anderes Wirtschaftsgut im einkommensteuerrechtlichen Sinn entstanden ist. Voraussetzung ist nur, dass kein bautechnisch neues Gebäude geschaffen wurde, da dessen Herstellung nur unter den engeren Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 förderfähig ist.

Aus den in diesen Entscheidungen aufgestellten Grundsätzen kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass immer dann, wenn keine wesentlichen Eingriffe in die Gebäudesubstanz (insbesondere die Fundamente und die tragenden Mauern) vorgenommen wurden und kein bautechnisch neues Gebäude geschaffen wurde, nachträgliche Herstellungsarbeiten vorliegen würden. Vielmehr bedarf es in diesem Fall der zusätzlichen Abgrenzung gegenüber dem Vorliegen von Erhaltungsarbeiten. Diese sind zwar wie die nachträglichen Herstellungsarbeiten förderfähig. Ihre Förderung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 unterliegt jedoch nicht dem Kumulationsverbot nach § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999.

c) Der in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 verwendete Begriff "nachträgliche Herstellungsarbeiten" ist im InvZulG 1999 ebenso wenig definiert wie der in § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1999 für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage verwendete Begriff der "nachträglichen Herstellungskosten". Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Begriffsbestimmung auf die für die Einkommensbesteuerung entwickelten Grundsätze zurückzugreifen (BFH-Urteil vom 19.10.2006 III R 73/05, BFHE 215, 438, BStBl II 2007, 331, m.w.N.).

Im Einkommensteuerrecht beurteilt sich der Begriff der Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2 HGB. Herstellungskosten sind danach diejenigen Aufwendungen, welche durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.

aa) Entgegen der Auffassung des FG ist das Verhältnis zwischen der Höhe der Sanierungskosten und der Höhe des Gebäudewerts im Streitfall kein Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung zwischen nachträglichen Herstellungsarbeiten und Erhaltungsarbeiten. Insoweit gibt es keine tatsächliche Vermutung, dass die besondere Höhe der nachträglichen Aufwendungen im Verhältnis zur Höhe des Kaufpreises auf eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes schließen lässt (vgl. etwa BFH-Urteile vom 12.9.2001 IX R 39/97, BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569, zu II.3.b cc, und vom 22.9.2009 IX R 21/08, BFH/NV 2010, 846).

Der Gesetzgeber hat zwar mit dem Steueränderungsgesetz 2003 (StÄndG 2003) vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine von der Höhe der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen abhängige Regelung zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten geschaffen. Diese Neuregelung ist jedoch erstmals auf Baumaßnahmen anzuwenden, mit denen nach dem 31.12.2003 begonnen wurde (§ 52 Abs. 16 Satz 7 EStG i.d.F. des StÄndG 2003). Für vor dem 1.1.2004 begonnene Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen bleibt es dagegen bei den vom BFH entwickelten allgemeinen Grundsätzen (BFH-Urteil vom 15.9.2004 I R 7/02, BFHE 207, 429, BStBl II 2005, 867).

bb) Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung sind (nachträgliche) Herstellungskosten gegeben, wenn nach Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt werden (Substanzmehrung) und dies eine "Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes" zur Folge hat (BFH-Urteil vom 14.7.2004 IX R 52/02, BFHE 206, 441, BStBl II 2004, 949, m.w.N.).

Insoweit sind etwa die Kosten für den nachträglichen Anbau von Balkonen und für den Ausbau eines Dachgeschosses zu Wohnraum als nachträgliche Herstellungskosten zu behandeln, soweit durch diese Baumaßnahmen eine Vergrößerung der Wohnfläche und damit eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes eintreten.

cc) Zu einer wesentlichen Verbesserung i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB können umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen in ihrer Gesamtheit dann führen, wenn dadurch der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) des Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand, d.h. hier dem Zustand im Zeitpunkt des Erwerbs, deutlich erhöht wird. Eine Steigerung des Wohnstandards setzt voraus, dass die Baumaßnahmen mindestens für drei der vier Kernbereiche (Heizungs-, Sanitär- und Elektro-Installation sowie Fenster) den Gebrauchswert deutlich gesteigert haben; die bloße Reparatur und/oder die Ersetzung des Vorhandenen durch zeitgemäßes Neues führt zu keiner wesentlichen Verbesserung (BFH-Urteil vom 20.8.2002 IX R 40/97, BFHE 199, 555, BStBl II 2003, 582).

Im Streitfall deuten die vorliegenden Kostenaufstellungen darauf hin, dass in allen vier Kernbereichen Maßnahmen stattgefunden haben. Ob diese jedoch auch zu einer Standardhebung geführt haben, hat das FG bislang noch nicht festgestellt.

dd) Im Streitfall wird das FG daher zunächst festzustellen haben, inwieweit die einzelnen Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung oder der wesentlichen Verbesserung als Herstellungsarbeiten zu qualifizieren sind und inwieweit sie im Übrigen als Erhaltungsarbeiten anzusehen sind. Die Gesamtkosten sind im Verhältnis der Herstellungs- zu den Erhaltungsarbeiten aufzuteilen, notfalls im Wege der Schätzung.

Von einer Aufteilung in Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen kann nur insoweit abgesehen werden, als die Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden; ein sachlicher Zusammenhang in diesem Sinne liegt vor, wenn die einzelnen Baumaßnahmen bautechnisch ineinander greifen (BFH-Urteil vom 9.5.1995 IX R 116/92, BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632). Ein solcher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die einzelnen Baumaßnahmen wechselseitig voneinander abhängig, d.h. entweder die Erhaltungsarbeiten Vorbedingung für die Herstellungsarbeiten oder sonst durch sie veranlasst (verursacht) sind (vgl. BFH-Urteil vom 27.9.2001 X R 55/98, BFH/NV 2002, 627; BFH-Beschluss vom 8.6.2004 IX B 128/03, DStRE 2004, 1187). Dass die Arbeiten lediglich gleichzeitig vorgenommen worden sind, begründet einen solchen Zusammenhang ebenso wenig wie eine einheitliche Inrechnungstellung (BFH-Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632). Beispielsweise sind Kosten für die Sanierung der Fassade und des Daches nur dann und insoweit den Herstellungskosten zuzurechnen, als sie durch eine Erweiterung (z.B. wegen Anbringung von Dachgauben oder Balkonen) veranlasst sind. Gleiches gilt für die Kosten der Fenstererneuerung, soweit sie nicht bereits wegen einer Standardhebung als Herstellungskosten zu qualifizieren sind.

d) Soweit das FG nach diesen Grundsätzen zur Feststellung von Erhaltungsarbeiten gelangt, ist für die hierauf entfallenden Aufwendungen ein Anspruch auf Investitionszulage nicht durch § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 ausgeschlossen, da sich das Kumulationsverbot nicht auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1999 bezieht.

e) aa) Soweit nachträgliche Herstellungsarbeiten vorliegen, ist eine Investitionszulage nur dann ausgeschlossen, wenn der Anspruchsberechtigte oder im Veräußerungsfall der Erwerber für die betreffenden Herstellungsarbeiten erhöhte Absetzungen in Anspruch nimmt. Dabei kann für jede einzelne, abgrenzbare Maßnahme gesondert gewählt werden, ob die Förderung durch erhöhte Absetzungen oder durch Investitionszulage in Anspruch genommen wird (ebenso Rosarius, in: Jasper/Sönksen/Rosarius, Investitionsförderung, Handbuch, Loseblatt - CD-Rom Archiv, § 3 InvZulG 1999 Rz 70). Von mangelnder Abgrenzbarkeit einzelner Maßnahmen ist - in Anlehnung an die Unterscheidung zwischen Herstellungs- und Erhaltungsarbeiten - dann auszugehen, wenn sie in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden; ein sachlicher Zusammenhang in diesem Sinne liegt vor, wenn die einzelnen Baumaßnahmen bautechnisch ineinander greifen. Auch insoweit ist daher erforderlich, dass die einzelnen Baumaßnahmen wechselseitig voneinander abhängig sind, d.h. entweder die eine Baumaßnahme Vorbedingung für die andere Baumaßnahme oder sonst durch sie veranlasst (verursacht) ist. Sind die Maßnahmen hingegen nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden, hätten sie jedoch - abgesehen von Rationalisierungsgründen - auch unabhängig voneinander durchgeführt werden können, fehlt es regelmäßig an dem erforderlichen sachlichen Zusammenhang.

bb) Entgegen der Ansicht des FG steht diese Auslegung nicht im Widerspruch zum Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999. Zwar verwendet die Bestimmung nicht die restriktive Konjunktion "soweit", sondern die konditionale Konjunktion "wenn". Der einschränkenden bzw. spezifizierenden Wirkung der Konjunktion "soweit" bedarf es jedoch nicht, da durch die Formulierung "für die Herstellungsarbeiten keine erhöhten Absetzungen in Anspruch nimmt" bereits eine hinreichende Bestimmtheit gegeben ist. Hierin kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber von einem identischen Fördergegenstand - (nachträgliche) Herstellungsarbeiten - bei der Investitionszulage und bei den erhöhten Absetzungen ausgeht. Hingegen geht der Gesetzgeber im Rahmen des Tatbestands des § 3 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 1999 von sich gegebenenfalls nur teilweise deckenden Fördergegenständen (z.B. nachträgliche Herstellungsarbeiten bei der Investitionszulage - Gebäude bei der Sonderabschreibung) aus, weshalb hier eine Einschränkung des Kumulationsverbots durch die Konjunktion "soweit" erforderlich ist.

Die vom FG zur Verdeutlichung des historischen Willens des Gesetzgebers aus der Gesetzesbegründung zitierten Passagen legen schon deshalb keine andere Auslegung nahe, weil sich diese Ausführungen auf ein Nebeneinander von Investitionszulage und Sonderabschreibungen beziehen, während § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 die Kumulation von Investitionszulage und erhöhten Absetzungen betrifft.

Dagegen ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 (InvZulÄndG) vom 20.12.2000 (BGBl I 2000, 1850) - mit der das Kumulationsverbot auf den Fall der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen durch den Erwerber ausgedehnt wurde -, dass es dem Gesetzgeber nur darum ging, eine "unberechtigte Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen und Investitionszulagen für dieselben Herstellungsarbeiten" auszuschließen (BTDrucks 14/4626, S. 4, 5, zu Nummer 1a - § 3 Abs. 1 Satz 2 - a.E.).

Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich nichts anderes. Die Regelung soll eine Mehrfachförderung von Investitionen durch erhöhte Absetzungen und Investitionszulage ausschließen. Diesem Regelungszweck ist jedoch genügt, wenn das Kumulationsverbot auf abgrenzbare Investitionen beschränkt wird. Dagegen erfordert der Regelungszweck nicht, dass bei einer Gesamtsanierung, die sich aus mehreren voneinander abgrenzbaren nachträglichen Herstellungsarbeiten und Erhaltungsarbeiten zusammensetzt, die teilweise Kumulation von erhöhten Absetzungen und Investitionszulage zu einem Ausschluss der Investitionszulage für die gesamte Maßnahme führt. Vielmehr ist nur eine Kumulation der Förderung bei denselben Herstellungsarbeiten auszuschließen.

Einer Erweiterung des Kumulationsverbots auf die Gesamtbaumaßnahme bedarf es auch nicht im Hinblick auf den Selbstbehalt nach § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 und die Förderhöchstgrenze nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 InvZulG 1999. Denn diese Begrenzungen der Bemessungsgrundlage beziehen sich nur auf die nach § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 begünstigten Aufwendungen. Dass der Gesetzgeber auch Aufwendungen, die wegen des Kumulationsverbots des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 nicht begünstigt sind, bei der Berechnung der (begrenzten) Bemessungsgrundlage miteinbeziehen wollte, ist dagegen nicht ersichtlich. Entsprechend führt eine dahingehende Gestaltung des Investors auch nicht zu einer Gesetzesumgehung.

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