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BFH: Unionsrechtlicher Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und formelle Anforderungen bei fakultativen Steuerermäßigungen

Gilt der unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch für die fakultati­ve Steuerermäßigung nach Art. 5 Satz 1 vierter Gedankenstrich RL 2003/96 mit der Folge, dass der Mitgliedstaat die Steuerermäßigung nach Ablauf der in seinem Recht geregelten Antragsfrist nicht verweigern darf, wenn im Zeit­punkt des Eingangs des Antrags bei der zuständigen Behörde noch keine Fest­setzungsverjährung eingetreten ist?

RL 2003/96 Art. 5, Art. 6
EnergieStG § 54
EnergieStV § 100
AO § 47, § 169, § 170 Abs. 1, § 171 Abs. 4

BFH-Beschluss vom 8.6.2021 ‑ VII R 44/19 (veröffentlicht am 9.9.2021)

Vorinstanz: FG Hamburg vom 1.2.2019 ‑ 4 K 58/15 (= SIS 19 04 59)

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Unternehmen des Produzie­renden Gewerbes, stellte beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) Anträge auf Energiesteuerentlastung für die Monate August bis November 2010 nach § 54 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) unter Verwendung des vorgeschriebenen amtlichen Vordrucks. Diese Anträge gingen erst im Mai 2012 beim HZA ein; währenddessen hatte im Jahr 2011 eine Außenprüfung bei der Klägerin begonnen.

Es ist unstreitig, dass die Klägerin während des gesamten Jahres 2010, abgesehen von der Antragstellung, alle Voraussetzungen für eine Steuerent­lastung gemäß § 54 Abs. 1 EnergieStG erfüllte.

Das HZA lehnte die Entlastung von der Energiesteuer ab. Nach erfolglosem Einspruch hatte die Klage Erfolg. Dagegen wendet sich das HZA im Revisions­verfahren.

II.

Der Senat setzt das bei ihm anhängige Revisionsverfahren aus (§ 121 Satz 1 in Verbindung mit (i.V.m.) § 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentschei­dung vor:

Gilt der unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch für die fakultati­ve Steuerermäßigung nach Art. 5 Satz 1 vierter Gedankenstrich RL 2003/96 mit der Folge, dass der Mitgliedstaat die Steuerermäßigung nach Ablauf der in seinem Recht geregelten Antragsfrist nicht verweigern darf, wenn im Zeit­punkt des Eingangs des Antrags bei der zuständigen Behörde noch keine Fest­setzungsverjährung eingetreten ist?

III.

Nach Auffassung des Senats kommt es für die Entscheidung des Streitfalls auf Vorschriften der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Re­strukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ Nr. L 283/51, in der Fassung nach der Richtlinie 2004/75/EG des Rates vom 29.04.2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/96/EG im Hin­blick auf die Möglichkeit der Anwendung vorübergehender Steuerermäßigun­gen und Steuerbefreiungen auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom, ABlEU Nr. L 157/100 ‑‑RL 2003/96‑‑) an. Bei der Auslegung dieser Richtlinie bestehen Zweifel, die für den Streitfall entscheidungserheblich sind:

Anzuwendendes Unionsrecht:

Art. 5 RL 2003/96:
Die Mitgliedstaaten können unter Steueraufsicht gestaffelte Steuersätze an­wenden, soweit diese die in dieser Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbe­träge nicht unterschreiten und mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, und zwar in den folgenden Fällen:

 

-

[...]

 

-

es wird bei den in den Art. 9 und 10 genannten Energieerzeugnissen bzw. dem elektrischen Strom zwischen betrieblicher und nicht betrieb­licher Verwendung unterschieden.

Art. 6 RL 2003/96:
Den Mitgliedstaaten steht es frei, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Steuer­befreiungen oder Steuerermäßigungen zu gewähren, und zwar entweder:
a) direkt
b) über einen gestaffelten Steuersatz
oder
c) indem sie die entrichteten Steuern vollständig oder teilweise erstatten.

Anzuwendendes nationales Recht:

  • 54 EnergieStG Steuerentlastung für Unternehmen:
    (1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nummer 1, 3 bis 5 versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes oder von einem Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 2 Nr. 5 des Stromsteuergesetzes zu betriebli­chen Zwecken verheizt oder in begünstigten Anlagen nach § 3 verwendet worden sind. Eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse, die zur Erzeugung von Wärme verwendet worden sind, wird jedoch nur gewährt, soweit die er­zeugte Wärme nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Ge­werbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt worden ist.
    (2) bis (4) [...]
  • 100 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes
    (EnergieStV) Steuerentlastung für Unternehmen:
    (1) Die Steuerentlastung nach § 54 des Gesetzes ist bei dem für den Antrag­steller zuständigen HZA mit einer Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für alle Energieerzeugnisse zu beantragen, die innerhalb eines Ent­lastungsabschnitts verwendet worden sind. Der Antragsteller hat in der An­meldung alle für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlichen Angaben zu machen und die Steuerentlastung selbst zu berechnen. Die Steuerentlas­tung wird nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Energieerzeugnisse verwen­det worden sind, beim HZA gestellt wird.
    (2) bis (5) [...]
  • 47 der Abgabenordnung (AO) Erlöschen:
    Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch …, Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), [...]
  • 169 AO Festsetzungsfrist:
    (1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. [...]
    (2) Die Festsetzungsfrist beträgt:
    1. ein Jahr für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
    2. [...]
  • 170 AO Beginn der Festsetzungsfrist:
    (1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt gewor­den ist.
    (2) bis (7) [...]
  • 171 AO Ablaufhemmung:
    (1) bis (3a) [...]
    (4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung er­streckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbe­scheide unanfechtbar geworden sind [...]; eine Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt.

IV.

Die rechtliche Würdigung des Streitfalls ist unionsrechtlich zweifelhaft.

Es kommt darauf an, ob ein Anspruch der Klägerin auf Steuerentlastung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 EnergieStG ausgeschlossen ist, weil der nach § 100 Abs. 1 EnergieStV auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck einzureichen­de Antrag erst nach Ablauf der in § 100 Abs. 1 Satz 3 EnergieStV geregelten Antragsfrist, jedoch vor Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 AO beim HZA eingegangen ist, oder ob diesem Ausschluss der unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegensteht.

1. Nach Art. 5 RL 2003/96 können die Mitgliedstaaten unter bestimmten Umständen gestaffelte Steuersätze vorsehen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn bei den in Art. 9 und 10 RL 2003/96 genannten Erzeugnissen bzw. bei dem elektrischen Strom zwischen betrieblicher und nicht betrieblicher Verwen­dung unterschieden wird (Art. 5 Satz 1 vierter Gedankenstrich RL 2003/96). Dabei handelt es sich um ein Wahlrecht der Mitgliedstaaten und somit um eine fakultative Steuervergünstigung. Die Gewährung von Steuerermäßigungen kann gemäß Art. 6 Buchst. c RL 2003/96 nach Wahl der Mitgliedstaaten auch über eine vollständige oder teilweise Erstattung von bereits entrichteten Steuern erfolgen.

Auf dieser Grundlage hat der deutsche Gesetzgeber die Steuerentlastung nach § 54 Abs. 1 EnergieStG eingeführt. Danach wird auf Antrag unter anderem eine Steuerentlastung gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 3 bis 5 EnergieStG versteuert und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes zu betrieblichen Zwecken verheizt worden sind. Die Gewährung der Steuerentlastung setzt nach § 100 Abs. 1 EnergieStV außer­dem voraus, dass sie bei dem für den Antragsteller zuständigen HZA mit einer Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für alle Energieerzeug­nisse beantragt wird, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums (Entlastungs­abschnitt) verwendet worden sind. Der Antragsteller hat in der Anmeldung alle für die Bemessung der Steuerentlastung erforderlichen Angaben zu machen und die Steuerentlastung selbst zu berechnen. Die Steuerentlastung wird nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31.12. des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerentlastungsanspruch entstanden ist, beim Hauptzollamt gestellt wird. Somit hängt die Entlastung von der Energie­steuer von der rechtzeitigen Antragstellung ab.

2. Im Streitfall sind zwar alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 54 EnergieStG erfüllt. Unter anderem handelt es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, das die von den Entlastungs­anträgen umfassten Energieerzeugnisse zu betrieblichen Zwecken verheizt hat.

a) Der Anspruch der Klägerin auf Steuerentlastung ist auch nicht infolge des Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen (§ 47 AO).

Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhe­bung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelau­fen ist. Dies gilt entsprechend für die Festsetzung einer Steuervergütung. Die Festsetzungsfrist beträgt für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütun­gen ein Jahr (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) und begann im Streitfall nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2010, für das die Klägerin die Steuer­vergütungen begehrt und in dem die Vergütungsansprüche durch Verwendung der Energieerzeugnisse entstanden sind. Die abweichende Regelung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 AO ist nicht anzuwenden, weil es in das Be­lieben des Entlastungsberechtigten gestellt ist, ob er die Steuerbegünstigung in Anspruch nehmen will, und er somit zur Abgabe einer Steueranmeldung nicht verpflichtet ist (vgl. Senatsurteil vom 26.09.2017 ‑ VII R 26/16, BFHE 260, 280, m.w.N.). Ausgehend von der einjährigen Festsetzungsfrist hätte diese grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2011 geendet. Der Ablauf der Festsetzungsfrist war allerdings nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt, weil bereits vor ihrem Ablauf mit der Außenprüfung begonnen worden war und die auf­grund dieser Außenprüfung ergangenen Bescheide noch nicht unanfechtbar geworden waren. Somit war im Zeitpunkt des Eingangs der Anträge auf Steuerentlastung beim HZA im Mai 2012 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

Diese Festsetzungsfrist dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Solche Ausschlussfristen erkennt deshalb auch der EuGH an. Die Möglichkeit, einen Antrag ohne jede zeitliche Beschränkung zu stellen, liefe dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwider, der verlangt, dass die steuerliche Lage des Steuerpflichtigen in Anbetracht seiner Rechte und Pflichten gegenüber der Steuerverwaltung nicht unbegrenzt offenbleiben kann (EuGH-Urteil Elsacom vom 21.06.2012 ‑ C‑294/11, EU:C:2012:382, Rz 29, BStBl II 2012, 942).

b) Dennoch wäre der Klägerin die beantragte Steuerentlastung zu versagen, weil ihre Anträge nicht innerhalb der Antragsfrist nach § 100 Abs. 1 EnergieStV beim HZA eingegangen sind. Denn die Anträge auf Steuerentlas­tung für die Monate August bis November 2010 sind erst im Mai 2012 beim zuständigen HZA eingegangen, also nach Ablauf der bis zum 31.12.2011 laufenden Antragsfrist.

3. Der vorlegende Senat stellt sich die Frage, ob die Steuerentlastung nach § 54 Abs. 1 EnergieStG allein deshalb abgelehnt werden darf, weil die Klägerin die Antragsfrist versäumt hat, oder ob der unionsrechtliche Verhältnismäßig­keitsgrundsatz es gebietet, die Steuerentlastung dennoch zu gewähren.

a) Bei der Ausübung ihrer Befugnisse müssen die Mitgliedstaaten die allgemei­nen Rechtsgrundsätze beachten, die Bestandteil der Rechtsordnung der Union sind und zu denen insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit zählen (EuGH-Urteile Mecsek-Gabona vom 06.09.2012 ‑ C‑273/11, EU:C:2012:547, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2012, 1121, und ROZ‑SWIT vom 02.06.2016 ‑ C‑418/14, EU:C:2016:400, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern ‑‑ZfZ‑‑ 2017, 73). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen Maßnahmen, welche die Mitglied­staaten erlassen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (vgl. EuGH-Urteil Gabalfrisa u.a. vom 21.03.2000 ‑ C‑110/98 bis C‑147/98, EU:C:2000:145, Rz 52, HFR 2000, 456; EuGH-Beschluss Transport Service vom 03.03.2004 ‑ C‑395/02, EU:C:2004:118, Rz 29, HFR 2005, 370, und EuGH-Urteil Collee vom 27.09.2007 ‑ C‑146/05, EU:C:2007:549, Rz 26, BStBl II 2009, 78).

Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil Petrotel-Lukoil vom 07.11.2019 ‑ C‑68/18, EU:C:2019:933, ZfZ 2019, 383) verstößt es gegen Unionsrecht, wenn die Verletzung nationaler formeller Anforderungen dadurch sanktioniert wird, dass eine Steuerbegünstigung nach der RL 2003/96 verwei­gert wird. Denn die nationalen Regelungen dürfen nicht über das hinaus ge­hen, was erforderlich ist, um eine korrekte und einfache Anwendung solcher Befreiungen sicherzustellen und Steuerhinterziehung und ‑vermeidung oder Missbrauch zu verhindern (EuGH-Urteil Polihim‑SS vom 02.06.2016 ‑ C‑355/14, EU:C:2016:403, Rz 62, ZfZ 2016, 196).

b) Der Senat neigt zu der Auffassung, dass der verspätete Eingang des An­trags bei der zuständigen Behörde nicht zu einem Wegfall dieses Anspruchs auf Entlastung von der Energiesteuer führen kann, solange die Festsetzungs­frist nicht abgelaufen ist.

aa) Der EuGH hat in seiner Entscheidung Petrotel-Lukoil (EU:C:2019:933, ZfZ 2019, 383) ausgeführt, dass es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, wenn in Ermangelung eines Antrags auf Einreihung eines verwende­ten Energieerzeugnisses der für Gasöl vorgesehene Steuersatz automatisch angewandt und beibehalten werde. Diese Entscheidung ist zu einer obligatori­schen Steuerbefreiung ergangen (Art. 21 Abs. 3 RL 2003/96). In seiner Ent­scheidung wies der EuGH insbesondere darauf hin, dass sowohl die allgemeine Systematik als auch die Ziele der RL 2003/96 auf dem Grundsatz beruhten, dass Energieerzeugnisse nach ihrer tatsächlichen Verwendung besteuert werden (Rz 50 und 53). Dagegen kann die Verletzung formeller Anforderungen nicht die Besteuerung der Erzeugnisse nach den in der RL 2003/96 vorge­sehenen materiellen Voraussetzungen in Frage stellen (Rz 59).

Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Antrag auf Entlastung von der Energiesteuer keine materiell-rechtliche, sondern lediglich eine formelle Voraussetzung des Steuerentlastungsanspruchs (vgl. etwa Senatsurteile vom 20.09.2016 ‑ VII R 7/16, BFHE 255, 360, und vom 18.02.2020 ‑ VII R 39/18, BFHE 268, 391, Rz 32, m.w.N.). Dies könnte dafür sprechen, dass eine ver­spätete Antragstellung der Besteuerung eines Energieerzeugnisses nach seiner tatsächlichen Verwendung (im Streitfall Verheizen zu betrieblichen Zwecken) nicht entgegensteht. Allerdings beruht die im Streitfall beantragte Steuerent­lastung gemäß § 54 Abs. 1 EnergieStG auf einer fakultativen Steuerbegünsti­gung, weshalb sich das vorlegende Gericht die Frage stellt, ob die Recht­sprechung des EuGH zu obligatorischen Steuerbefreiungen auch auf diesen Fall Anwendung findet.

bb) Nach Ansicht des Senats müssen die Mitgliedstaaten den Verhältnismäßig­keitsgrundsatz auch bei der Umsetzung fakultativer Steuervergünstigungen in nationales Recht beachten, wenn sie sich zu einer solchen Umsetzung ent­schließen. Anderenfalls läge eine Ungleichbehandlung obligatorischer und fakultativer Steuervergünstigungen vor. Es stellt sich jedoch die Frage, ob unterschiedliche Rechtsgrundlagen im Unionsrecht eine solche Ungleichbe­handlung rechtfertigen könnten.

Im Bereich der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (RL 2006/112/EG; ABlEU Nr. L 347/1) hat der EuGH die Einhaltung des unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsat­zes auch für den Fall gefordert, dass ein Mitgliedstaat eine ihm eingeräumte fakultative, begünstigende Regelungsbefugnis in nationales Recht umsetze (vgl. EuGH-Urteil CTT ‑ Correios de Portugal vom 30.04.2020 ‑ C‑661/18, EU:C:2020:335, Rz 34 ff., m.w.N., HFR 2020, 654). Auch wenn die Mitglied­staaten hinsichtlich der Wahl der Maßnahmen zur Sicherstellung der genauen Erhebung der Mehrwertsteuer und der Vermeidung von Steuerhinterziehung einen weiten Gestaltungsspielraum hätten, müssten sie bei der Ausübung ihrer Befugnisse das Unionsrecht und dessen allgemeine Grundsätze, insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Steuerneutralität und der Rechts­sicherheit beachten. Hieraus könnte zu schlussfolgern sein, dass auch im Bereich der RL 2003/96 eine unterschiedliche Behandlung der obligatorischen und der fakultativen Steuerentlastungen im Hinblick auf die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht in Betracht kommt.

Im Gegensatz dazu hat der Generalanwalt Szpunar in seinen Schlussanträgen vom 12.05.2021 in der Sache C‑100/20 (EU:C:2021:387) für den Bereich der RL 2003/96 auf die Unterschiede zwischen obligatorischen und fakultativen Stromsteuervergünstigungen hingewiesen. Insbesondere stellt der Generalan­walt klar, dass fakultative Bestimmungen für die Steuerpflichtigen keine Rechte mit unmittelbarer Wirkung begründeten, welche die Steuerpflichtigen vor den nationalen Gerichten geltend machen könnten (Rz 69). Dies könnte darauf hindeuten, dass es bei fakultativen Steuervergünstigungen ‑‑abge­sehen von allgemeinen Grundsätzen wie dem Grundsatz der Gleichbehandlung oder dem Eigentumsrecht (Rz 72 ff. und 82 ff.)‑‑ insbesondere auf die Um­setzung in das nationale Recht ankommt und die Rechtsprechung des EuGH zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht ohne weiteres zu beachten ist.

c) Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich. Sofern die vom Senat vorge­legte Frage bejaht wird, wäre die Revision des HZA insoweit unbegründet.

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