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BFH: Zum Vertrauensschutz im Steuerrecht bei unecht rückwirkenden Gesetzen

  1. Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen ist Vertrauensschutz gegenüber unecht rückwirkenden Gesetzen nicht über mindestens zwei Veranlagungszeitraum­wechsel hinweg zu gewähren. Der BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuer­recht III vom 07.07.2010 ‑ 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 (BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 925 ‑‑Entscheidungsformel‑‑) ist nicht nur auf Arbeit­nehmerabfindungen zugeschnitten.
  2. Die BVerfG-Beschlüsse Rückwirkung im Steuerrecht I vom 07.07.2010 ‑ 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 ‑‑Entscheidungsformel‑‑) und Rückwirkung im Steuerrecht II vom 07.07.2010 ‑ 2 BvR 748/05 (BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86 ‑‑Entschei­dungsformel‑‑) sind wegen des Dualismus der Einkunftsarten auf Vermögens­zuwächse im Gewerbebetrieb nicht übertragbar.

EStG 1999/2000 § 16, § 34 und § 52 Abs. 47 Satz 1
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12, Art. 14, Art. 20 Abs. 3

BFH-Urteil vom 24.2.2022, III R 9/20; SIS 22 09 40 (veröffentlicht am 9.6.2022)

Vorinstanz: FG Münster vom 18.12.2019, 1 K 2665/17 E = SIS 19 20 87
Folgeinstanz: 2 BvR 1202/22 (BVerfG)

I. Streitig ist, ob die auf einen gewerblichen Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entfallende Einkommensteuer im Jahr 2000 aus verfassungsrechtlichen Gründen (zumindest teilweise) nur mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG in der bis 1998 geltenden Fassung vom 29.10.1997 (EStG 1998) zu bemessen ist oder mit dem allgemeinen Steuersatz unter Berücksichtigung der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/ 2002 vom 24.03.1999 (EStG 1999/2000, BGBl I 1999, 402).

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Erben und (in einem Fall) Erbeserben eines im Streitjahr 2000 zusammen mit seiner Frau zur Einkom­mensteuer veranlagten und 2011 verstorbenen Erblassers (E).

E hielt aufgrund Vertrags vom ...1992 eine atypisch stille Unterbeteiligung am Kommanditanteil einer KG eines seiner Kinder. Im Vertrag war eine or­dentliche Kündigung des Unterbeteiligungsverhältnisses erstmalig zum ...2000 unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren vorgesehen. Mit Schreiben vom ...05.1998 kündigte E das Unterbeteiligungsverhältnis zum ...2000. Das Auseinandersetzungsguthaben wurde in Raten in den Jahren 2001 bis 2012 ausgezahlt.

Zwischen der Kündigung am ...05.1998 und dem Eintritt der Kündigungsfol­gen am ...2000 wurde § 34 Abs. 1 EStG für E nachteilig geändert. Der Ge­setzentwurf wurde am 09.11.1998 in den Bundestag eingebracht und das Ge­setz vom 24.03.1999 am 31.03.1999 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es trat mit Wirkung vom 01.01.1999 in Kraft. Mit Gesetz zur Ergänzung des Steuersenkungsgesetzes (Steuersenkungsergänzungsgesetz) vom 19.12.2000 wurde § 34 EStG mit Wirkung vom 01.01.2001 erneut geändert (vgl. zur Rechtsentwicklung Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ Rückwirkung im Steuerrecht III vom 07.07.2010 ‑ 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 4 ff.).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) stellte mit Bescheid für 2000 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungs­grundlagen der KG vom 08.02.2005 (Grundlagenbescheid) u.a. einen Veräu­ßerungsgewinn des E in Höhe von ... DM (... €) fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Das FA wendete im streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 21.02.2005 (Folgebescheid) auf den Veräußerungsgewinn die Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 an und bemaß die Einkom­mensteuer mit dem allgemeinen Steuersatz gemäß § 32a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung vom 22.12.1999 (EStG 2000), d.h. mit dem Höchststeuersatz von (im Jahr 2000) 51 %, nicht ‑‑wie von E und seiner Frau beantragt‑‑ mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1998 (1/2 von 53 %, dem Höchststeuersatz im Jahr 1998). Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 31.07.2017) und Klage blieben erfolglos.

Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 273 ver­öffentlicht.

Mit der Revision machen die Kläger geltend, das Finanzgericht (FG) habe zu Unrecht entschieden, im Einkommensteuerbescheid 2000 des E und seiner Frau sei der streitgegenständliche Veräußerungsgewinn mit dem allgemeinen Steuersatz gemäß § 32a EStG 2000 und nicht mit dem halben durchschnittli­chen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1998 zu bemessen. Die Änderung des § 34 EStG im EStG 1999/2000 sei verfassungswidrig. Das Verfahren sei auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) sei die Entschei­dung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 das GG verletze.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung des Urteils des FG Münster vom 18.12.2019 ‑ 1 K 2665/17 E den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 21.02.2005 in Gestalt der Ein­spruchsentscheidung vom 31.07.2017 dahingehend zu ändern, dass die auf den streitgegenständlichen Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer nur mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG 1998 bemessen wird,
hilfsweise dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf den bis zum 31.03.1999 erwirtschafteten Unternehmenswert in dem Veräußerungserlös nur mit dem halben Steuersatz gemäß § 34 EStG 1998 bemessen wird,
und dazu
das Revisionsverfahren auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 in der Fassung, welche die Vorschrift durch den BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 erhalten hat, gegen Verfassungsrecht verstößt, soweit danach für Veräußerungsgewinne i.S. des § 16 EStG die sog. Fünftel-Regelung anstelle des zuvor geltenden halben durchschnittlichen Steu­ersatzes zur Anwendung kommt.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist in Haupt- und Hilfsantrag unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Einkommensteuer auf den Veräußerungsge­winn des E nicht mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1998 zu bemessen ist, sondern unter Berücksichtigung der Fünf­tel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 (hier und im Folgenden in der Fassung, welche die Vorschriften durch den BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 erhalten haben) mit dem allgemeinen Steuersatz gemäß § 32a EStG 2000. § 34 EStG und § 52 Abs. 47 Satz 1 EStG 1999/2000 sind formell verfas­sungsgemäß zustande gekommen (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuer­recht I vom 07.07.2010 ‑ 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 52 f.). Die Vorschriften sind auch unter keinem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt i.S. des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG materiell-rechtlich verfassungswidrig. Das Verfahren ist nicht auszusetzen, um eine Ent­scheidung des BVerfG einzuholen. Auch eine verfassungskonforme Auslegung oder eine teleologische Reduktion des Gesetzes sind im Streitfall nicht gebo­ten.

1. Der Senat kann entscheiden, obwohl die Kläger am 24.02.2022 nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Denn sie sind ausweislich der Akten ordnungsgemäß geladen und dabei darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO). Die Ladung vom 16.12.2021 ist dem Prozessbevollmächtigten am 17.12.2021 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden. Ein weiterer Antrag auf Terminsverlegung wurde nicht gestellt.

2. FA und FG haben die streitgegenständliche Einkommensteuer 2000 nach dem Wortlaut des im Streitjahr geltenden Gesetzes gemäß § 34 und § 52 Abs. 47 Satz 1 EStG 1999/2000 zutreffend bemessen; dies wird auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt. Die Regelung in § 34 Abs. 1 EStG 1998, wo­nach die Einkommensteuer unter bestimmten Voraussetzungen mit dem hal­ben durchschnittlichen Steuersatz zu bemessen war, ist gemäß § 52 Abs. 47 Satz 1 EStG 1999/2000 nur bis zum 31.12.1998 anwendbar. § 34 (Abs. 3) EStG n.F., wonach unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zur Bemessung der Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz wieder eingeführt wurde, ist erst ab dem Veran­lagungszeitraum 2001 anwendbar.

3. § 34 Abs. 1 und § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 sind nicht verfassungswid­rig; sie entfalten in Bezug auf die Fallkonstellation des Streitfalls keine unzu­lässige Rückwirkung und sind insoweit mit den Grundsätzen der Rechtssicher­heit und des Vertrauensschutzes vereinbar.

a) Außerhalb des Strafrechts ‑‑hier gilt Art. 103 Abs. 2 GG‑‑ beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Grundrech­ten und dem Rechtsstaatsprinzip, vor allem auf den Prinzipien der Rechtssi­cherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Recht­fertigung (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen vom 25.03.2021 ‑ 2 BvL 1/11, BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, m.w.N.).

aa) Eine echte Rückwirkung, bei der die Rechtsfolge einer Rechtsnorm mit be­lastender Wirkung für vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits abge­schlossene Tatbestände gelten soll, also die Rückbewirkung von Rechtsfolgen, ist grundsätzlich unzulässig (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 52, m.w.N.). Im Einkommensteuerrecht betrifft dies die Änderung von Normen mit Wirkung für einen vergangenen Veranla­gungszeitraum (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 55, m.w.N.; zu Ausnahmen vgl. BVerfG-Beschluss vom 12.11.2015 ‑ 1 BvR 2961/14, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirt­schafts- und Bankrecht 2016, 93, Rz 56).

bb) Eine unechte Rückwirkung bzw. eine tatbestandliche Rückanknüpfung be­lastender Rechtsfolgen kann im Bereich des Einkommensteuerrechts vorliegen, wenn Normen für den laufenden oder für einen künftigen Veranlagungszeit­raum geändert werden. Denn nach § 38 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranla­gungszeitraums, das heißt nach § 25 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Kalenderjah­res (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 55, m.w.N.).

Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung belastender Rechtsfolgen ‑‑die Änderung des EStG für den laufenden oder für einen künfti­gen Veranlagungszeitraum‑‑ ist grundsätzlich zulässig, wenn sie zur Errei­chung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 54 ff., m.w.N.; BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung vom 10.04.2018 ‑ 1 BvR 1236/11, BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 136). Denn einerseits muss der Gesetzgeber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, den verfassungsrechtlich gebotenen Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Rechnung tragen. Dies gilt in besonderem Maß dann, wenn Normen mit belastenden Rechtsfol­gen für den laufenden Veranlagungszeitraum geändert werden (vgl. BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138, und BVerfG-Beschluss Streubesitzbetei­ligung vom 10.10.2012 ‑ 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, Rz 45). Andererseits würde die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bestehenden Rechtslage den Gesetzgeber lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwen­digkeit ihrer Änderung in nicht vertretbarer Weise zulasten der Anpassungsfä­higkeit der Rechtsordnung lösen (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 53 und 65, m.w.N.). Deshalb kann ein Steu­erpflichtiger ‑‑auch dann, wenn eine Norm über längere Zeit nicht geändert wurde (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief vom 05.02.2002 ‑ 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, unter C.II.3.b cc)‑‑ grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass das geltende Recht zukünftig unverändert fortbestehen werde, solange keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverhalt, der zur Besteuerung führt, bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung ins Werk gesetzt worden ist (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 53 und 80 f., m.w.N.; BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark vom 30.06.2020 ‑ 1 BvR 1679/17, 1 BvR 2190/17, BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 125).

b) Nach diesen Maßstäben verstoßen § 34 Abs. 1 und § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 in keinem streitentscheidenden Punkt gegen die verfassungsrecht­lich geschützten Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.

aa) Im Streitfall liegt weder ein Fall der verfassungsrechtlich grundsätzlich un­zulässigen echten Rückwirkung bzw. der Rückbewirkung von Rechtsfolgen noch ein Fall der einer echten Rückwirkung nahestehenden, an besonders strengen Kriterien zu messenden rückwirkenden Änderung des Steuerrechts für den laufenden Veranlagungszeitraum vor. Denn die Gesetzesänderung er­folgte bereits im Jahr 1999 und die Einkommensteuerschuld entstand gemäß § 38 AO i.V.m. § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 EStG erst mit Ablauf des Jahres 2000.

bb) Es gelten somit die Maßstäbe, welche die Rechtsprechung für die Fälle ei­ner unechten Rückwirkung bzw. einer Rückanknüpfung belastender Rechtsfol­gen entwickelt hat, die erst in einem zukünftigen Veranlagungszeitraum ein­treten, tatbestandlich aber von einem bereits vorher ins Werk gesetzten Sach­verhalt ausgelöst werden. Denn die Beendigung der Unterbeteiligung des E und damit die Besteuerung des Veräußerungserlöses im Jahr 2000 waren durch in der Vergangenheit liegende Umstände ‑‑die Vereinbarung vom ...1992 und die mit Schreiben vom ...05.1998 ausgesprochene Kündi­gung‑‑, bereits ins Werk gesetzt worden, bevor der Gesetzesentwurf am 09.11.1998 in den Bundestag eingebracht und das Gesetz am 31.03.1999 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.

In einem derartigen Fall muss der Gesetzgeber Gesichtspunkte des Vertrau­ensschutzes und der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen. Diese sind verletzt, wenn die unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht ge­eignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Rz 131 ff.; BVerfG-Urteil Stichtagregelung im Vermögensgesetz, Rückübertra­gungsanspruch, Alteigentümer vom 23.11.1999 ‑ 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, BGBl I 1999, 2484 ‑‑Entscheidungsformel‑‑; Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15.09.2010 ‑ X R 55/03, BFH/NV 2011, 231, Rz 28).

cc) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sind § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 im Streitfall mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, weil sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich sind und bei einer Gesamtab­wägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt.

(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien zum EStG 1999/2000 diente die Ge­setzesänderung der Einnahmenerzielung (vgl. § 3 Abs. 1 AO) ‑‑die für sich genommen grundsätzlich noch kein den Vertrauensschutz betroffener Steuer­pflichtiger überwindendes Gemeinwohlinteresse darstellt (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 87, m.w.N.)‑‑ und der Beseitigung der über den Zweck der Progressionsglättung hinausgehenden Begünstigung der außerordentlichen Einkünfte und der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Besteuerung (BTDrucks 14/23, S. 183; BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 31). Zur Förderung dieser Gesetzeszwecke war die Ge­setzesänderung unter Berücksichtigung der legislativen Entscheidungspräroga­tive geeignet und erforderlich.

(2) Umstände, die im Streitfall besondere Momente überwiegender Schutz­würdigkeit des E begründen könnten, liegen nicht vor.

(a) Im Streitfall liegt keine Fallkonstellation vor, in der ein besonderer Disposi­tionsschutz greift, weil die Disposition zeitnah Wirkungen entfalten soll und getätigt wurde, bevor das Vertrauen der Steuerpflichtigen in den Fortbestand des Rechts zerstört wurde (vgl. BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuer­recht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 75 ff. und 87, und BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 145 ff. und 150 ff.).

(aa) Zeitnah bedeutet in diesem Zusammenhang innerhalb des bereits laufen­den Veranlagungszeitraums (vgl. BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 65 und 69) oder spätestens nach einem Ver­anlagungszeitraumwechsel (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 78 und 87).

(bb) Der Streitfall gehört nicht zur ersten Fallgruppe "zeitnah Wirkungen ent­faltende Dispositionen", denn weder die Vereinbarung vom ...1992 noch die mit Schreiben vom ...05.1998 ausgesprochene Kündigung sollten zeitnah ‑‑nach spätestens einem Veranlagungszeitraumwechsel‑‑ ihre Wirkungen ent­falten, sondern erst zum ...2000.

(cc) Der Auffassung der Kläger, der BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuer­recht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 (Rz 78) sei auf Arbeitnehmer­abfindungen zugeschnitten, bei bilanzierenden Steuerpflichtigen sei Vertrau­ensschutz über mindestens zwei Veranlagungszeitraumwechsel hinweg zu ge­währen, ist nicht zu folgen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach für die Er­mittlung stiller Reserven und das Aufstellen einer Bilanz ein längerer Vorlauf oder eine längere Kündigungsfrist als ein Jahr notwendig ist.

(b) Im Streitfall hatte der der Besteuerung zugrunde liegende Vorgang vor Inkrafttreten der Neuregelung oder vor einem anderen maßgeblichen Zeit­punkt (vgl. BVerfG-Beschluss Streubesitzbeteiligung in BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, Rz 67 ff.) auch keinen gesteigerten Grad an Abgeschlos­senheit erreicht.

(aa) Diesen sah das BVerfG in der bereits erwähnten zweiten Alternative in dem Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 (Rz 88 ff.) darin, dass die Abfindung dem Steuerpflichtigen nach Abzug der nach altem Recht berechneten Lohnsteuer noch vor dem Inkrafttre­ten der Neuregelung am 31.03.1999 zugeflossen war und er davon ausgehen konnte, über den zugeflossenen Netto-Betrag ohne Rücksicht auf weitere ein­kommensteuerliche Pflichten frei verfügen zu können (vgl. BVerfG-Beschlüsse Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 65 ff., und Streubesitzbeteiligung in BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, Rz 71; BFH-Beschluss vom 26.03.2021 ‑ IX B 45/20, BFH/NV 2021, 767, Rz 16). Die bloße Erwartung, etwaige Gewinne später zu einem ermäßigten Steuersatz versteuern zu können, begründet hingegen keinen gesteigerten Grad an Abge­schlossenheit (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 64).

(bb) Der Streitfall fällt nicht in die zweite in dem BVerfG-Beschluss als schutz­würdig anerkannte Fallgruppe. Am 31.03.1999 lag nach den genannten Grundsätzen noch kein gesteigerter Grad an Abgeschlossenheit des der Be­steuerung zugrunde liegenden Vorgangs vor. Die Gewinnfeststellung erfolgte erst nach dem bzw. zum ...2000, der Zufluss ab dem Jahr 2001. In den Jahren 1998 oder 1999 wusste E noch nicht sicher, ob und in welcher Höhe er im Jahr 2000 einen Gewinn erzielen würde. Er konnte auf den Gewinn vor der Gewinnfeststellung auch nicht zugreifen.

An einem gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit am Stichtag mangelt es im Streitfall erst recht, wenn man ‑‑was auch bei Gewinneinkünften in Betracht kommt (BVerfG-Beschluss Streubesitzbeteiligung in BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 71)‑‑ auf den Zufluss ab dem Jahr 2001 abstellen würde.

(cc) Der Streitfall ist hinsichtlich des Grads an Abgeschlossenheit des der Be­steuerung zugrunde liegenden Vorgangs auch nicht mit den Fällen vergleich­bar, die Gegenstand des BVerfG-Beschlusses Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 waren und in denen die Wertzuwächse mit dem Ablauf der Spekulationsfrist in das keiner weiteren einkommensteuerli­chen Belastung mehr ausgesetzte, frei verwertbare Privatvermögen hineinge­wachsen waren.

Denn bei den Gewinneinkunftsarten, insbesondere bei den im Streitfall vorlie­genden gewerblichen Einkünften sind Wertzuwächse grundsätzlich bis zuletzt steuerverhaftet. Die bloße Hoffnung oder Erwartung, dass Vermögensgegen­stände, auf denen stille Reserven ruhen, bis zur Betriebsaufgabe oder bis zur Veräußerung im Betriebsvermögen bleiben und die Einkommensteuer danach (nach altem Recht) zum halben durchschnittlichen Steuersatz bemessen wer­den wird, hat nichts mit einem besonderen Grad an Abgeschlossenheit des Vorgangs zu tun und ist auch im Übrigen nicht besonders schutzwürdig. Einen allgemeinen (Vertrauens‑)Schutz vor zukünftigen steuerrechtlichen Änderun­gen in Bezug auf noch nicht realisierte und nicht verfestigte Wertsteigerungen im Bereich der gewerblichen Einkünfte gibt es nicht (vgl. etwa BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138; BFH-Beschlüsse vom 10.07.2002 ‑ XI B 68/02, BFHE 201, 14, BStBl II 2003, 341, unter II.2.b; in BFH/NV 2021, 767, Rz 6 und 16). Somit sind die Ausführungen des BVerfG in dem Beschluss Rückwir­kung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 im Hinblick auf den Dualismus der Einkunftsarten, auf den das BVerfG auch in dem zitierten Beschluss ausdrücklich abgestellt hat (Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 69 ff.), nicht auf die Besteuerung ge­werblicher Einkünfte übertragbar.

(c) Im Streitfall ist das Vertrauen der Kläger auch nicht deshalb besonders schutzwürdig, weil sie am 09.11.1998 oder am 31.03.1999 bereits einen kon­kret vorhandenen Vermögensbestand im grundrechtlich geschützten Verfü­gungsbereich, eine verfestigte Vermögensposition oder eine verfestigte Erwar­tung auf Vermögenszuwächse erworben hatten oder sich in einer rechtlich konturierten Situation befanden, durch die sich ihre Position von der Situation bloß genereller Rechtsunterworfenheit abhob (zu diesen Momenten überwie­gender Schutzwürdigkeit vgl. BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Rz 139 ff.; BVerfG-Urteil Gewerbe­steuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 140; BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 66, und Rückwirkung im Steuerrecht II vom 07.07.2010 ‑ 2 BvR 748/05, BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86, Rz 54).

Selbst wenn man zugunsten der Kläger ihre Behauptung als richtig unterstel­len würde, dass die Beteiligung des E zwischen dem ...1992 und dem 31.03.1999 kontinuierlich an Wert gewonnen hätte ‑‑was das FG nicht festge­stellt hat‑‑, hatte E vor dem ...2000 jedoch noch keinen konkreten Ver­mögensbestand, sondern nur die Erwartung, dass Vermögensgegenstände, in denen (angeblich) stille Reserven ruhten, bis zur Aufgabe der Unterbeteiligung im Betriebsvermögen bleiben, dass eine Aufgabe oder Veräußerung der Unter­beteiligung mit Gewinn und dass die Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach altem Recht zum halben durchschnittlichen Steuersatz möglich sein wür­den. Eine derartige Erwartung ist nicht besonders schutzwürdig, solange keine besonderen weiteren Umstände hinzutreten (vgl. dazu unter (e)).

Die Fälle Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, und Rückwirkung im Steuerrecht II in BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86, auf die sich die Kläger berufen, unterscheiden sich in diesem Punkt entscheidend vom Streitfall. In dem einen Fall war die Wertsteigerung des Vermögenswerts nach Ablauf der Spekulationsfrist in das nicht mehr der Einkommensbesteue­rung unterliegende Privatvermögen hineingewachsen, in dem anderen Fall er­folgte der Wertzuwachs von Anfang an im Privatvermögen, das mangels we­sentlicher Beteiligung nicht der Einkommensbesteuerung unterlag. Die Überle­gungen des BVerfG sind wegen des Dualismus der Einkunftsarten auf grund­sätzlich steuerverhaftete Vermögenszuwächse im Gewerbebetrieb nicht über­tragbar.

(d) Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 auch nicht das Vertrauen in den Fortbestand einer befristeten (Übergangs‑)Vorschrift enttäuscht (zu diesem Vertrauensschutztatbestand vgl. etwa BVerfG-Beschluss Gesundheitsstrukturgesetz, Zugang zur Krankenversi­cherung der Rentner vom 15.03.2000 ‑ 1 BvL 16/96, 1 BvL 17/96, 1 BvL 18/96, 1 BvL 19/96, 1 BvL 20/96, 1 BvL 18/97, BVerfGE 102, 68, BGBl I 2000, 1300, unter B.II.1.; BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 33).

Zwar wurde im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Höchstbetrags der dem halben Steuersatz unterliegenden Einkünfte von 30 Mio. DM auf 15 Mio. DM durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) durch § 52 Abs. 24a EStG geregelt, welcher Höchstbetrag für 1998 bis 2000 (15 Mio. DM) und für den Veranlagungszeitraum 2001 und die folgenden Veranlagungszeiträume (10 Mio. DM) gelten sollte. Allerdings kann aus einer Regelung, durch welche lediglich die Höhe der begünstigten Einkünfte begrenzt wurde, nicht zwingend auf die Fortgeltung des ermäßigten Steuersatzes für außerordentliche Einkünf­te für einen bestimmten Übergangszeitraum geschlossen werden (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 76; BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 33).

(e) Auch im Übrigen sind im Streitfall keine Umstände ersichtlich, die durch eine allgemeine gesetzliche Regelung oder durch Aussetzung des Verfahrens bis zum Ergehen einer einzelfallbezogenen Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO (Grundlagenbescheid) abgemildert werden müssten (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 36, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 07.03.2003 ‑ IV B 163/02, BFH/NV 2003, 777, unter 2.b; BVerfG-Beschluss Gesundheits­strukturgesetz, Zugang zur Krankenversicherung der Rentner in BVerfGE 102, 68, unter B.II.3.).

(aa) Zwar ist es naheliegend, dass die seit Jahrzehnten geltende ermäßigte Besteuerung unter Umständen auch Bestandteil eines Konzepts der Altersver­sorgung von Unternehmern war, weshalb die Änderung im Einzelfall zu einer gravierenden Gefährdung der Altersversorgung führen könnte (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 36).

Im Fall des E wurde Derartiges vom FG jedoch nicht festgestellt und von den Klägern auch nicht vorgetragen. Die streitgegenständliche Beteiligung des E bestand bis zur Neuregelung nur gut sechs Jahre und jedenfalls nicht annä­hernd ein Arbeitsleben lang. Diese Beteiligung war auch nicht die einzige Be­teiligung des E, der über laufende Einkünfte verfügte, die zur Anwendung des Spitzensteuersatzes führten. Umstände, wonach die Steuerrechtsänderung ein Altersversorgungskonzept tangierte oder sonst mit gravierenden Folgen für E verbunden war, die über die allgemeinen Folgen einer jeden Besteuerung hin­ausgehen, sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich und wurden von den Klägern auch nicht geltend gemacht.

(bb) Der Vortrag, E habe 1998 keine Möglichkeit zur Risikovorsorge durch eine abweichende Vertragsgestaltung gehabt (vgl. BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 76, und BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 69, m.w.N.), da es sich bei der Kündigung um eine einseitige Gestaltungserklä­rung gehandelt habe, rechtfertigt keine für die Kläger günstige Entscheidung. Eine Vorsorge gegen steuerliche Risiken hätte z.B. bei Abschluss des Unterbe­teiligungsvertrags im Jahr 1992, eventuell auch noch ‑‑durch eine Vertragsän­derung‑‑ im Vorfeld der Kündigung getroffen werden können. Im Übrigen be­stimmt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Rechtsänderung nicht entscheidend danach, ob der Steuerpflichtige ihr ausweichen kann. Entschei­dend ist, ob sie sachlich gerechtfertigt ist (BFH-Urteil vom 09.03.2010 ‑ VIII R 109/03, BFH/NV 2010, 1266, Rz 30).

(3) Mangels Umständen, die in der Fallkonstellation des Streitfalls besondere Momente überwiegender Schutzwürdigkeit begründen, reichte insoweit das Änderungsinteresse des Gesetzgebers zur Rechtfertigung der Enttäuschung des allgemeinen, nicht in besonderen Maß schutzwürdigen Vertrauens in den Fortbestand der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG a.F. aus (ähnlich BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 35). Das GG schützt nicht vor jeder Ent­täuschung einer Erwartung in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage (BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138; BFH-Beschlüsse in BFHE 201, 14, BStBl II 2003, 341, unter II.2.b; in BFH/NV 2021, 767, Rz 6 und 16).

4. Art. 12 und Art. 14 GG sind im Streitfall gleichfalls nicht verletzt.

Diese Grundrechte schützen grundsätzlich nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten, insbesondere nicht gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer, es sei denn, sie würde den Betroffenen übermäßig be­lasten und ihn grundlegend in seinen Vermögensverhältnissen beeinträchtigen (BVerfG-Beschluss vom 29.11.1989 ‑ 1 BvR 1402/87, 1 BvR 1528/87, BVerfGE 81, 108, BStBl II 1990, 479) oder objektiv eine berufsregelnde Tendenz er­kennen lassen, die eine Berufstätigkeit unmittelbar unterbindet oder be­schränkt (BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Rz 95). Von einer erdrosselnden Wirkung der Ein­kommensteuer durch die Einführung der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 statt der Besteuerung mit dem halben durchschnittli­chen Steuersatz, einer berufsregelnden Tendenz oder einem Eingriff, welcher z.B. die Aufgabe von Beteiligungen an Personengesellschaften nahegelegt hät­te, kann in der streitgegenständlichen Fallkonstellation keine Rede sein (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 23 und 24).

Art. 12 und Art. 14 GG bieten grundsätzlich auch keine Wertgarantie für ver­mögenswerte Rechtspositionen und keinen Vertrauensschutz wegen frustrier­ter Investitionen (BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Leitsatz 2, Rz 88, 96 und 110; BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.I.1.). Das gesetzliche Angebot einer teilweisen Steuerverschonung (das durch die Gesetzesänderung einge­schränkt oder aufgehoben worden ist) ist gleichfalls nicht durch Art. 12 oder Art. 14 GG geschützt (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.I.3. zu Art. 14 GG).

5. Soweit die streitgegenständliche Gesetzesänderung ‑‑wie jede Aufhebung einer Steuerbefreiung‑‑ am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.II.1.a), ist die für die Zukunft wiederhergestellte Regelbelastung grundsätzlich mit Art. 2 Abs. 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Die Aufhebung einer Steuerbefreiung dient dazu, steuerliche Vorteile für einzelne Steuer­pflichtige zu beseitigen sowie die steuerliche Belastungsgleichheit wiederher­zustellen und wird somit regelmäßig durch einen hinreichenden Legitimations­grund getragen (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.II.1.b).

6. Die für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltende Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 GG.

a) Die unterschiedliche einkommensteuerliche Behandlung von Wertsteigerun­gen im Privat- und im Betriebsvermögen infolge des Dualismus der Einkunfts­arten ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht II in BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86, Rz 64).

b) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt auch nicht deshalb vor, weil bis zum Jahr 1998 eine Besteuerung mit dem halben durchschnittlichen Steuer­satz möglich war (BFH-Urteil vom 20.10.2010 ‑ IX R 56/09, BFHE 231, 173, BStBl II 2011, 409; BFH-Beschluss in BFH/NV 2021, 767, Rz 6) und ab dem Jahr 2001 ‑‑mit Einschränkungen‑‑ wieder möglich ist.

Im Hinblick auf den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung kann der Fall des E nicht unmittelbar mit der Besteuerung der Gewinne, die in einem anderen Veranlagungszeitraum zugeflossen sind, verglichen werden. Die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG ab dem Jahr 2001 war zudem keine Folge einer Ände­rung des Binnensystems des § 34 EStG, sondern eine Folge der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens. Bei einem derartigen Systemwechsel ist der Ge­setzgeber berechtigt, die Neuregelung erst mit dem Systemwechsel wirksam werden zu lassen, ohne einen gleitenden Übergang vorsehen zu müssen. Eine rückwirkende Besserstellung ist ‑‑wie das FG zutreffend ausgeführt hat‑‑ ver­fassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 201, 14, BStBl II 2003, 341, unter II.2.b; BFH-Urteile in BFHE 231, 173, BStBl II 2011, 409, Rz 27 ff.; in BFH/NV 2011, 231, und vom 21.01.2003 ‑ X B 106/02, BFH/NV 2003, 618).

7. Da gegen die Vorentscheidung keine weiteren revisionsrechtlich beachtli­chen Rügen erhoben wurden und die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2000 zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 1 FGO.

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