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BFH: Anschaffungsnahe Herstellungskosten - Entnahme einer Wohnung ist keine Anschaffung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG

Die Überführung eines Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen in das Privat­vermögen ist keine Anschaffung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG.

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1a, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 9 Abs. 5 Satz 2, § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5, § 21 Abs. 1
HGB § 255 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
FGO § 40 Abs. 2

BFH-Urteil vom 3.5.2022, IX R 7/21 (veröffentlicht am 20.10.2022)

Vorinstanz: FG Köln vom 25.2.2021, 11 K 2686/18 = SIS 21 09 64

I. Streitig ist, ob Aufwendungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) für Baumaßnahmen an einer im Jahr 2011 aus seinem landwirtschaftlichen Be­triebsvermögen entnommenen Wohnung als bei seinen Einkünften aus Ver­mietung und Verpachtung sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen oder als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkom­mensteuergesetzes in der maßgebenden Fassung der Streitjahre 2010 bis 2013 (EStG) im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen sind.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Inhaber einer Hofstelle, die er im Jahre 1999 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben hatte, land- und forstwirtschaftliche Einkünfte sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpach­tung. Er wird zusammen mit seiner Ehefrau (Klägerin und Revisionsklägerin ‑‑Klägerin‑‑) zur Einkommensteuer veranlagt. Nach der Entnahme der zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Wohnung zum unstreitigen Gebäudeteilwert in Höhe von 49.046 € wurde diese saniert und modernisiert. Für die Erneuerung der Fassade, sämtlicher Fenster und Fensterbänke, des Dachstuhls, der Dacheindeckung, aller Innentüren, der Haustüre, sämtlicher Elektro-, Sanitär- sowie Heizungsinstallationen, Fliesen- sowie Parkettfußbö­den in allen Räumen, des Badezimmers sowie der Ausführung von Putz- und Stuckarbeiten und Malerarbeiten sind in den Streitjahren folgende Aufwen­dungen angefallen:

2011 2012 2013
43.746,75 € 21.161,62 € 18.469,14 €.

Die Wohnung war in allen Streitjahren mit Ausnahme des Zeitraums von Juli 2011 bis März 2012 vermietet.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklag­te (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Auffassung, dass die bislang als Erhaltungsaufwen­dungen geltend gemachten Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungs­kosten zu beurteilen und gemäß § 7 Abs. 4 EStG bei der Ermittlung der Ein­künfte aus Vermietung und Verpachtung abzuschreiben sind. Das FA erteilte den Klägern unter dem 20.11.2017 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen es die Einkommensteu­er für das Streitjahr 2010 in Höhe von 92.860 €, für das Streitjahr 2011 in Hö­he von 11.465 €, für das Streitjahr 2012 in Höhe von 0 € und für das Streit­jahr 2013 in Höhe von 1.196 € festsetzte und den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob.

Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies das FA mit zusammengefasster Ein­spruchsentscheidung vom 01.10.2018 als unbegründet zurück.

Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem im Betriebs-Berater (BB) 2021, 1711 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen aus, das FA habe die in Rede stehenden Aufwendungen für die an der Wohnung in den Streitjahren 2011 bis 2013 durchgeführten Instandhaltungs- und Modernisie­rungsmaßnahmen zu Recht nicht als im Jahr ihrer Entstehung sofort abziehba­re Erhaltungsaufwendungen behandelt, sondern lediglich im Wege der linearen AfA mit 2 % jährlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG). Dabei sei das FA zutreffend davon ausgegangen, dass die geltend gemachten Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG anzusehen seien, die zusammen mit dem in Höhe von 49.046 € erfassten Teilwert der im Jahr 2011 aus dem landwirt­schaftlichen Betriebsvermögen des Klägers entnommenen Wohnung die Be­messungsgrundlage für die ab dem Jahr 2011 vorzunehmende AfA bildeten. Das in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG enthaltene Tatbestandsmerkmal der "An­schaffung" sei unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik sowie des Rege­lungszwecks dieser Vorschrift, Erwerber eines Neubaus oder einer nicht reno­vierungsbedürftigen Immobilie gegenüber Erwerbern eines instandsetzungsbe­dürftigen Altobjekts steuerlich nicht zu benachteiligen, normspezifisch dahin auszulegen, dass auch die Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungs­ähnlicher Vorgang erfasst werde. Die Gleichstellung einer steuerlich erfassten Entnahme mit einer Anschaffung beruhe auf einem Analogieschluss.

Während des Klageverfahrens hat das FA aus nicht streitgegenständlichen Gründen gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO geänderte Einkommensteuer­bescheide für die Streitjahre 2010 und 2011 jeweils vom 29.01.2021 und für die Streitjahre 2012 und 2013 jeweils vom 13.01.2021 erlassen. Hieraus re­sultiert für das Streitjahr 2010 eine Herabsetzung der Einkommensteuer auf 90.692 €, der ein Verlustrücktrag aus 2011 in Höhe von 2.673 € zu Grunde liegt, für das Streitjahr 2011 eine Minderung der Einkommensteuer auf 0 € und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2011 in Höhe von 0 €, für das Streitjahr 2012 eine Beibehaltung der Nullfestsetzung unter Ansatz der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers in Höhe von 12.518 € sowie des Gesamtbetrags der Einkünfte in Höhe von 23.589 € und für das Streitjahr 2013 eine Erhöhung der Einkom­mensteuer auf 1.208 €.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Sie tragen im Wesentlichen vor, die Vorschrift ziele auf die Fälle eines tatsächlichen Anschaffungsvorgangs ab, in denen das wirt­schaftliche Eigentum übergehe und es zu einem Rechtsträgerwechsel komme. Die Betrachtungsweise des FA habe eine von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht be­absichtigte Ungleichbehandlung zur Folge. Baumaßnahmen vor der Entnahme hätten sofort abziehbare Betriebsausgaben zur Folge, ohne dass sich die AfA-Bemessungsgrundlage erhöhe. Die Kosten solcher Maßnahmen würden somit nicht über die Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt, sondern wirkten sich steuerlich sofort gewinnmindernd aus. Folglich wären Steuerpflichtige, die vor der Entnahme der Immobilie Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnah­men vornähmen, gegenüber denjenigen Steuerpflichtigen, die diese Maßnah­men erst nach der Entnahme durchführen, bevorzugt, falls § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG angewendet würde.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 2010 bis 2013 vom 13.01.2021 bzw. 29.01.2021 mit der Maßgabe zu ändern, dass die geltend gemachten Kosten für Instandhaltungs- und Mo­dernisierungsmaßnahmen in Höhe von 43.746,75 € für 2011, in Höhe von 4.232,32 € (20 % x 21.161,62 €) für 2012 und in Höhe von 3.693,83 € (20 % x 18.469,14 €) für 2013 als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden sowie im Wege des Verlustrücktrags gemäß § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG die entsprechende Folgeberichtigung bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2010 vorzunehmen ist.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das FA hält die Ausführungen des FG für zutreffend.

II. Die Revision ist für die Streitjahre 2010 und 2013 begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des FG, soweit die Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2013 betroffen sind, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Vorentscheidung verletzt insoweit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Das FG hat unzutreffend die Entnahme der Wohnung aus dem Betriebsvermögen als Anschaffung angesehen. Im Übrigen ist die Revi­sion unbegründet (Streitjahre 2011 und 2012) und daher insoweit nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

1. Die Klage war hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2013 zulässig. Hingegen ist die Revision, soweit das angefochtene Urteil die Einkommensteuerbescheide für 2011 und 2012 betrifft, mit der Maßgabe un­begründet, dass die Klage schon nicht zulässig war.

a) Gemäß § 40 Abs. 2 FGO ist die Klage, soweit gesetzlich nichts anderes be­stimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwal­tungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies ist bei der Anfechtung eines Nullbescheids regelmäßig nicht der Fall (ständige Rechtspre­chung; vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 08.11.1989 ‑ I R 174/86, BFHE 158, 540, BStBl II 1990, 91, unter II.2.a; BFH-Beschluss vom 16.12.2014 ‑ X B 113/14, BFH/NV 2015, 510, Rz 9, m.w.N.). Nach stän­diger Rechtsprechung des BFH wird über Grund und Höhe des Verlustrücktrags ausschließlich im Rahmen der Veranlagung des Rücktragsjahres und nicht in dem Einkommensteuerbescheid oder dem Verlustfeststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahres entschieden (s. z.B. BFH-Urteile vom 27.09.1988 ‑ VIII R 432/83, BFHE 155, 83, BStBl II 1989, 225; vom 27.01.2010 ‑ IX R 59/08, BFHE 228, 301, BStBl II 2010, 1009; vom 10.03.2020 ‑ IX R 24/19, BFH/NV 2020, 873, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 20.12.2006 ‑ VIII B 111/05, BFH/NV 2007, 699; Heuermann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10d Rz A 343). Für eine Klage gegen einen auf 0 € lautenden Einkom­mensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres fehlt daher die Klagebefug­nis i.S. des § 40 Abs. 2 FGO, wenn das Begehren des Steuerpflichtigen nicht auf die Verlustfeststellung, sondern ausschließlich auf den Verlustrücktrag ge­richtet ist.

Ausnahmsweise kann die Klage gegen einen Nullbescheid jedoch zulässig sein, wenn der Bescheid sich für den Kläger deshalb nachteilig auswirkt, weil in ihm angesetzte Besteuerungsgrundlagen im Rahmen anderer Verfahren verbindli­che Entscheidungsvorgaben liefern (BFH-Urteile vom 20.12.1994 ‑ IX R 80/92, BFHE 177, 44, BStBl II 1995, 537; vom 08.06.2011 ‑ I R 79/10, BFHE 234, 101, BStBl II 2012, 421, Rz 10; BFH-Zwischenurteil vom 28.11.2018 ‑ I R 41/18, BFH/NV 2019, 1109, Rz 17; BFH-Urteil in BFH/NV 2020, 873, Rz 23). Nach der Neukonzeption des Verhältnisses zwischen Steuerfestsetzung und Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) kann eine Beschwer im Hinblick auf einen Nullbescheid gegeben sein, wenn der Festsetzung Besteuerungs­grundlagen zu Grunde gelegt worden sind, die zur Feststellung eines zu niedri­gen verbleibenden Verlustvortrags führen können (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2020 ‑ IX R 5/20, BFHE 271, 359, BStBl II 2021, 600, Rz 22).

Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt wor­den sind; § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 FGO gelten entsprechend. Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließ­lich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt (§ 10d Abs. 4 Satz 5 EStG).

Für die der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte wird mit der Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG eine inhaltliche Bindung des Verlust­feststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist (BFH-Urteile vom 13.01.2015 ‑ IX R 22/14, BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829, Rz 15; vom 12.07.2016 ‑ IX R 31/15, BFHE 255, 1, BStBl II 2018, 699, Rz 17, und vom 07.12.2016 ‑ I R 76/14, BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704, Rz 14 zum Kör­perschaftsteuerbescheid). Daraus folgt, dass im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln bzw. zu überprüfen sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829; in BFHE 255, 1, BStBl II 2018, 699, Rz 17, und vom 09.05.2017 ‑ VIII R 40/15, BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049, Rz 16). Die aus § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG folgende Bindungswirkung setzt allerdings voraus, dass eine Einkommensteuerveranlagung (ggf. mit einer festzusetzenden Steuer von 0 €) durchgeführt worden ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829, und in BFHE 255, 1, BStBl II 2018, 699, Rz 17).

Dementsprechend muss der Steuerpflichtige seine Einwendungen gegen aus seiner Sicht unzutreffende Besteuerungsgrundlagen im Rahmen eines Ein­spruchs- bzw. eines anschließenden Klage- und Revisionsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid geltend machen. Wegen der inhaltlichen Bin­dungswirkung in Bezug auf die Verlustfeststellung ist er durch einen entspre­chenden Einkommensteuerbescheid auch dann beschwert, wenn es sich um einen sog. Nullbescheid handelt (BFH-Urteil in BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049, Rz 17).

b) Nach diesen Maßstäben ist die Klage hinsichtlich der Streitjahre 2010 und 2013 zulässig. Denn über Grund und Höhe des Verlustrücktrags wird aus­schließlich im Rahmen der Veranlagung des Rücktragsjahres 2010 und nicht in dem Einkommensteuerbescheid oder dem Verlustfeststellungsbescheid des Verlustentstehungsjahres entschieden. Für das Streitjahr 2013 sind die Kläger bereits durch die festgesetzte Einkommensteuer im angefochtenen Einkom­mensteuerbescheid beschwert.

c) Den Klägern fehlt allerdings für die Streitjahre 2011 und 2012 die erforder­liche Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 FGO).

Für eine Klage gegen einen auf 0 € lautenden Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres 2011 fehlt die Klagebefugnis i.S. des § 40 Abs. 2 FGO, weil das Begehren der Kläger insoweit nicht auf die Verlustfeststellung, sondern ausschließlich auf den Verlustrücktrag gerichtet ist.

Hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzung von 0 € für das Streitjahr 2012 ergibt sich die Klagebefugnis nicht aus § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG. Denn die Kläger erstreben nicht die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Ver­lustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG auf den 31.12.2012 oder allgemein einen "Verlustabzug". Vielmehr haben sie für 2012 ausdrücklich beantragt, Aufwen­dungen für Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von 4.232,32 € als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid für 2012 23.589 € beträgt (Be­scheid vom 13.01.2021), minderten die begehrten sofort abziehbaren Erhal­tungsaufwendungen den Gesamtbetrag der Einkünfte im Streitjahr 2012 nicht bis auf 0 € mit der Folge, dass vortragsfähige negative Einkünfte danach nicht mehr verblieben. Unter Berücksichtigung ihres Begehrens entfaltet der Einkommensteuerbescheid für 2012 für die Kläger danach keine die Klagebe­fugnis begründende negative Bindungswirkung.

2. In der Sache hat das FG die Aufwendungen für die Baumaßnahmen zu Un­recht als anschaffungsnahe Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG beurteilt.

a) Aufwendungen, die ‑‑wie im Streitfall‑‑ durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG), wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG). Welche Aufwendungen zu den Anschaf­fungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendun­gen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Anschaffungsne­benkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Herstellungskosten sind Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnah­me von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Er­weiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Zu den Herstellungskosten eines Gebäu­des gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in­nerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaf­fungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskos­ten; s. BFH-Urteile vom 14.06.2016 ‑ IX R 25/14, BFHE 254, 236, BStBl II 2016, 992, Rz 15; IX R 15/15, BFHE 254, 246, BStBl II 2016, 996, Rz 8 ff.; IX R 22/15 ‑ BFHE 254, 251, BStBl II 2016, 999, Rz 12 ff.; vom 13.03.2018 ‑ IX R 41/17, BFHE 261, 268, BStBl II 2018, 533, Rz 11 ff.; jeweils m.w.N.; Schießl, Steuern und Bilanzen ‑‑StuB‑‑ 2016, 719). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG), sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar. Nicht zu diesen Aufwendun­gen gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG die Aufwendungen für Erwei­terungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhal­tungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

b) Eine Entnahme der Wohnung aus dem Betriebsvermögen ist keine Anschaf­fung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG.

aa) Der Begriff der "Anschaffung" ist im Einkommensteuerrecht gesetzlich nicht definiert. Sowohl in der Literatur als auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird der Begriff der "Anschaffung" unterschiedlich interpre­tiert und jeweils aus seinem Sinnzusammenhang heraus nach dem Zweck der Vorschrift ausgelegt. Eine Anschaffung ist danach jedenfalls dann anzuneh­men, wenn ein Wirtschaftsgut im Austausch mit einer Gegenleistung ‑‑also entgeltlich‑‑ erworben wird (BFH-Urteile vom 13.01.1993 ‑ X R 53/91, BFHE 170, 186, BStBl II 1993, 346, unter 2.b; vom 25.06.2002 ‑ IX R 47/98, BFHE 199, 361, BStBl II 2002, 756, unter II.2.b aa). Bei der Entnahme eines Wirt­schaftsguts aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen fehlt indes die Gegenleistung.

bb) Darüber hinaus würde der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG we­sentlich überdehnt, wenn man unter "Anschaffung" auch die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen verste­hen wollte. Nach dem Wortsinn setzt eine "Anschaffung" den Übergang von Vermögen zwischen verschiedenen Personen voraus (BFH-Urteil vom 23.04.1965 ‑ VI 34/62 U, BFHE 82, 637, BStBl III 1965, 477 zu § 23 Abs. 1 EStG). Auch am Rechtsträgerwechsel fehlt es bei der Überführung eines Wirt­schaftsguts aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen. Anders als in § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG wird in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermö­gen des Steuerpflichtigen durch Entnahme nicht durch Fiktion einer Anschaf­fung gleichgestellt.

cc) Diese am Wortlaut orientierte Gesetzesauslegung entspricht zudem dem von der Norm verfolgten Zweck. Nachdem der BFH seine Rechtsprechung zu den anschaffungsnahen Aufwendungen durch die Urteile vom 12.09.2001 ‑ IX R 39/97 (BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569), IX R 52/00 (BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574) geändert hat und danach anschaffungsnahe Aufwendun­gen nicht mehr alleine wegen ihrer Höhe oder ihrer zeitlichen Nähe zur An­schaffung eines Gebäudes als Herstellungskosten zu beurteilen waren, hat der Gesetzgeber § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG mit dem Steueränderungsgesetz 2003 vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) als Nichtanwendungsgesetz auf diese Rechtsprechung eingeführt. Diese Regelung soll die Gleichstellung von Inves­toren beim Erwerb von intakten Immobilien und Neubauten einerseits und von renovierungsbedürftigen Gebäuden andererseits bezwecken (s. die Entwick­lung der Rechtsprechung seit dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 09.12.1943 ‑ IV 21/43, RStBl 1944, 163; BFH-Urteil vom 25.10.1955 ‑ I 176/54 U, BFHE 61, 489, BStBl III 1955, 388; ausführlich BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BStBl II 2003, 569, unter II.3.b). Erstere Erwerber könnten die An­schaffungskosten nur im Wege der AfA steuermindernd geltend machen, wäh­rend die Käufer einer Immobilie mit erheblichem Renovierungsstau einen ge­ringeren Kaufpreis zahlten. Ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG würden die anschließenden Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich als sofort abziehbare Werbungskosten berücksichtigt, weshalb es aus rein steuerlicher Sicht vorteilhafter wäre, Objekte mit Renovierungsstau zu erwerben. Bereits die Anknüpfung am Erwerb spricht dafür, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG auf Fälle des tatsächlichen Anschaffungsvorgangs abzielt, in denen das wirtschaftliche Eigentum übergeht und es zu einem Rechtsträger­wechsel kommt (vgl. Wendt in Festschrift für Spindler, 2011, 879, 888; Schießl, StuB 2016, 719, 720). Die Anknüpfung an den tatsächlichen Anschaf­fungsvorgang sowie die historische Rechtsentwicklung des Instituts der an­schaffungsnahen Herstellungskosten zeigen auf, dass für den vom FG vertre­tenen Analogieschluss zu Lasten der Kläger weder eine planwidrige Regelungs­lücke in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gegeben ist noch eine vergleichbare In­teressenlage bei der Überführung einer Immobilie in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme besteht. Im Fall der Entnahme eines Wirt­schaftsguts aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen ist nicht ersichtlich, warum die dargestellte Gleichbehandlung Anwendung finden sollte.

dd) Schließlich fehlt es bei einer Entnahme des Gebäudes aus dem Betriebs­vermögen in das Privatvermögen an dem von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG festgelegten Maßstab in Gestalt der Grenze von "15 % der Anschaffungskos­ten" (§ 255 Abs. 1 Satz 1 HGB) des Gebäudes. Denn der bei der Entnahme anzusetzende Teilwert erfüllt offensichtlich nicht die Tatbestandsmerkmale des Anschaffungskostenbegriffs. Auch in der Legaldefinition der Anschaffungskos­ten in § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB kommt durch den Begriff des Erwerbs das Er­fordernis des Rechtsträgerwechsels zum Ausdruck.

ee) Eine Gleichstellung von Anschaffung und Entnahme erfolgt in der Recht­sprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile vom 22.02.2021 ‑ IX R 13/19, BFH/NV 2021, 1169; vom 08.11.1994 ‑ IX R 9/93, BFHE 175, 547, BStBl II 1995, 170; vom 03.05.1994 ‑ IX R 59/92, BFHE 174, 422, BStBl II 1994, 749; BFH-Beschluss vom 02.07.1992 ‑ IX B 169/91, BFHE 168, 298, BStBl II 1992, 909) nur für Zwecke der AfA-Bemessung. Diese Bemessungsgrundlage bezeichnet § 7 EStG für Fälle der Anschaffung als Anschaffungskosten. Dass der Gesetz­geber für den Fall der Entnahme keinen anderen Begriff verwendet, also die Höhe der (neuen) Bemessungsgrundlage mit den gleichen Worten beschreibt, ist entgegen der Auffassung des FG kein Anlass dafür, die Entnahme dem Grunde nach einer Anschaffung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gleich­zusetzen (gleicher Ansicht Kleinmanns, BB 2021, 1714).

c) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; das Urteil kann daher für die Streitjahre 2010 und 2013 keinen Bestand haben. Das FG hat die Entnahme der Wohnung aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen rechtsfehlerhaft einer Anschaffung gleichgesetzt. Der Kläger hat im Jahr 2011 die Wohnung nicht im Zuge eines Anschaffungsvorgangs i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG erworben.

3. Das Urteil des FG ist aufzuheben, soweit es die Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2013 betrifft. Die Sache ist insoweit nicht spruchreif. Das FG hat im zweiten Rechtsgang festzustellen, ob die Aufwendungen für die Baumaß­nahmen Herstellungskosten i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB darstellen, die im Wege der AfA zu berücksichtigen wären (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 EStG).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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