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BFH: Kein Zufluss von Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag bei nur buchmäßigem Ausweis der Zinsen auf einem Bonuskonto

Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag fließen dem Steuerpflichtigen nicht be­reits mit dem jährlichen Ausweis der Zinsen auf einem von der Bausparkasse geführten Bonuskonto zu, wenn ein Anspruch auf die Bonuszinsen nur nach ei­nem Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht, die Bonuszinsen erst bei Aus­zahlung des Bausparguthabens fällig werden und über sie nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügt werden kann.

EStG § 11 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

BFH-Urteil vom 15.11.2022, VIII R 18/20 (veröffentlicht am 2.3.2023)

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 3.6.2020, 4 K 242/18 = SIS 20 20 86

I. Die Beteiligten streiten über den Zufluss von Bonuszinsen aus einem Bauspar­vertrag.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) schloss am xx.xx.1995 einen Bau­sparvertrag "System A" bei der A Bausparkasse AG ab. Im Bau­sparantrag beantragte er die Ausgestaltung des Vertrags als "Renditesystem". Als Bausparsumme gab er einen Betrag in Höhe von 100.000 DM an.

In den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge System A (ABB) in der Fassung von Januar 1995, die nach den Feststellungen des Finanzge­richts (FG) dem Bausparvertrag zugrunde gelegt wurden, heißt es u.a.:

"Der besondere Vorteil (…) bei System A ist, dass Sie weit flexibler als bis­her bestimmen können, wie Sie Ihren Bausparvertrag nutzen. Sie können sich zum Beispiel entscheiden für

    • bequeme monatliche Tilgungsbeiträge ab 3 ‰ der Bauspar‑/Zutei­lungssumme,
    • niedrige, kostengünstige Darlehenszinsen ab 1,5 % (…),
    • ein höheres Bauspardarlehen bis zu 150 % Ihres Bausparguthabens,
    • eine schnelle Zuteilung,
    • eine attraktive Rendite mit Guthabenzinsen bis zu 4,75 %, wenn Sie das Bauspardarlehen nicht benötigen.

Mit System A können Sie die unterschiedlichen Ziele erreichen, auch wenn sich diese einmal ändern sollten. Denn alle Wahlmöglichkeiten stehen Ihnen bis zur Zuteilung offen und gelten rückwirkend, so dass eine Änderung Ihnen keine Nachteile bringt."

In § 6 ABB ("Verzinsung des Bausparguthabens") heißt es u.a.:

"(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,25 vom Hundert jährlich (…) verzinst.

(2) Die Zinsen werden dem Bausparkonto jeweils am Ende des Kalenderjah­res gutgeschrieben, bei Auszahlung des gesamten Bausparguthabens zu die­sem Zeitpunkt.

(3) Der Bausparer kann über die Zinsen nur in Verbindung mit dem Bau­sparguthaben verfügen.

(4) Sind die in § 11a im einzelnen festgelegten Voraussetzungen erfüllt, er­hält der Bausparer einen Bonus. Hierdurch erhöht sich die Gesamtverzin­sung des Bausparguthabens auf 4,75 vom Hundert jährlich."

In § 11a ABB ("Bonus bei Darlehensverzicht") heißt es hierzu:

"(1) Der Bausparer erhält einen Bonus, sofern er vor der ersten Auszahlung aus dem zugeteilten Bausparvertrag (…) auf das Bauspardarlehen verzichtet und der Bausparvertrag zwei Bewertungsstichtage (…) vor Zuteilung min­destens ein Guthaben von 50 vom Hundert der Bausparsumme und einen Sparverdienst (…) von dem Vierzigfachen des durch die Bausparsumme ge­teilten Bausparguthabens aufweist.

(2) Der Bonus besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhö­hung des Guthabenzinses (…) um 2,5 vom Hundert auf insgesamt 4,75 vom Hundert jährlich.

(3) Der Bonus ist bei der Auszahlung des gesamten Bausparguthabens fällig und wird dem Bausparkonto zu diesem Zeitpunkt gutgeschrieben. Der Bau­sparer kann über den Bonus nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügen."

Im Jahr 1995 und in den Folgejahren nahm der Kläger unregelmäßige Einzah­lungen auf den Bausparvertrag vor und erreichte damit zum 31.12.2000 ein Bausparguthaben von 86.779,94 DM.

Im Jahr 2001 fusionierte die A Bausparkasse AG mit der X‑Bausparkasse, die daraufhin in den Bausparvertrag mit dem Kläger eintrat.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2010 gab der Klä­ger an, neben Guthabenzinsen in Höhe von 2.397,25 € u.a. einen "Bonus" in Höhe von 2.663,60 € aus dem Bausparvertrag erzielt zu haben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) veranlagte den Kläger erklärungs­gemäß und setzte die Einkommensteuer auf 0 € fest.

Für die Jahre 2011 und 2012 erklärte der Kläger neben den von der X‑Bau­sparkasse bescheinigten Guthabenzinsen (1.260,10 € für 2011 und 1.523,74 € für 2012) jeweils einen "Bonus" in Höhe von 2.325 € (2011) und 2.503 € (2012). Das FA setzte die Einkommensteuer für 2011 und 2012 ebenfalls in Höhe von 0 € fest.

Mit Schreiben vom 28.06.2013 teilte die X‑Bausparkasse dem Kläger den Stand des zusätzlichen Zinsanspruchs im Falle der Auflösung des Bausparver­trags "unter Darlehensverzicht" mit und gab den Bonus zum 31.12.2012 mit 23.222,57 € an.

Am 31.07.2013 wurde dem Kläger von der X‑Bausparkasse ein Betrag in Höhe von 84.491,02 € ausgezahlt. Dabei handelte es sich u.a. um das Bau­sparguthaben in Höhe von 58.203,65 €, Zinsen für Sparguthaben in Höhe von 763,80 € und einen "Schlussbonus" in Höhe von 24.714,70 €. Darüber hinaus wurden dem Kläger weitere Guthabenzinsen in Höhe von 247,27 € gutge­schrieben.

In der Steuerbescheinigung 2013 wurden dem Kläger Kapitalerträge in Höhe von insgesamt 25.725,77 € bescheinigt. Aufgrund einer vom Kläger vorgeleg­ten Nichtveranlagungsbescheinigung behielt die X‑Bausparkasse keine Kapi­talertragsteuer auf diese Erträge ein.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2013 (Streitjahr) machte der Kläger im Rahmen der Anlage KAP keine Angaben zu Kapitalerträgen, die dem inlän­dischen Steuerabzug unterlegen haben, sondern gab unter der Rubrik "Erträge aus Beteiligungen" einen Betrag in Höhe von 2.914 € an. Er legte seiner Ein­kommensteuererklärung eine eigene Aufstellung u.a. über Zinsen aus dem Bausparkonto in Höhe von 1.011 € sowie über einen Bonus in Höhe von 1.219 € bei. Belege über diese Zinseinnahmen legte er nicht vor.

Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 18.12.2014 setzte das FA erklärungsgemäß keine Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Die Einkom­mensteuer setzte es in Höhe von 0 € fest.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung der Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersach­sen erhielt das FA unter dem 21.08.2017 Kenntnis davon, dass der Kläger im Streitjahr Kapitalerträge in Höhe von 25.725 € erhalten hatte, für die kein Ab­zug von Kapitalertragsteuern durchgeführt worden war.

Daraufhin änderte das FA mit Bescheid vom 29.01.2018 die Einkommensteu­erfestsetzung für das Streitjahr gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenord­nung (AO) ab und legte Kapitalerträge i.S. des § 32d Abs. 1 des Einkommen­steuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) in Höhe von 26.409€ zugrunde. Die Einkommensteuer für das Streitjahr setzte es in Höhe von 6.402 € fest.

Der Einspruch des Klägers, der sich gegen die Besteuerung der Bonuszinsen in Höhe von 24.714,70 € im Streitjahr richtete, wurde mit Einspruchsentschei­dung vom 19.11.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Am 08.01.2019 erließ das FA aus vorliegend nicht streitbefangenen Gründen einen Änderungsbe­scheid, mit dem die Einkommensteuer für das Streitjahr in Höhe von 5.524 € festgesetzt wurde.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Niedersächsische FG mit Urteil vom 03.06.2020 aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 941 mitgeteilten Gründen ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 03.06.2020 ‑ 4 K 242/18 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 29.01.2018 in Gestalt der Ein­spruchsentscheidung vom 19.11.2018 und des Änderungsbescheids vom 08.01.2019 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 23.222,57 € reduziert werden und die Einkommensteuer in Höhe von 0 € festgesetzt wird.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichts­ordnung (FGO) zurückzuweisen.

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das FA nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt war, den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid vom 18.12.2014 zu ändern und die Bonuszinsen im Streitjahr in voller Höhe der Besteuerung zu unterwerfen.

1. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu än­dern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen.

a) Tatsache im Sinne der Vorschrift ist, was Merkmal oder Teilstück eines ge­setzlichen Tatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Ei­genschaften materieller oder immaterieller Art (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 21.02.2017 ‑ VIII R 46/13, BFHE 257, 198, BStBl II 2017, 745, und vom 19.02.2013 ‑ IX R 24/12, BFHE 240, 265, BStBl II 2013, 484, m.w.N.). Wird nachträglich bekannt, dass der Steuerpflichtige nicht erklärte Einkünfte erzielt hat, so stellt die Höhe dieser Einkünfte die steuerlich relevante Tatsache dar, die zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 AO führt (BFH-Urteile vom 01.10.1993 ‑ III R 58/92, BFHE 172, 397, BStBl II 1994, 346, und vom 23.04.1991 ‑ VIII R 87/87, BFH/NV 1992, 75).

b) Eine Tatsache ist nachträglich bekannt geworden, wenn sie das Finanzamt bei Erlass des geänderten Steuerbescheids noch nicht kannte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13.01.2011 ‑ VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479). Inso­weit gilt der Inhalt der in der zuständigen Dienststelle geführten Steuerakten als bekannt, ohne dass es auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbei­ters ankommt (BFH-Beschluss vom 14.05.2013 ‑ X B 33/13, BFHE 241, 9, BStBl II 2013, 997; BFH-Urteil vom 03.05.1991 ‑ V R 36/90, BFH/NV 1992, 221, m.w.N.). Bei Tatsachen, die sich nicht aus den Akten ergeben, ist hinge­gen die positive Kenntnis des zuständigen Bearbeiters erforderlich; ein Kennenmüssen reicht nicht aus (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13.06.2012 ‑ VI R 85/10, BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5, und vom 13.01.2011 ‑ VI R 62/09, BFH/NV 2011, 751, m.w.N.).

c) Hiernach ist der Umstand, dass dem Kläger im Streitjahr Schlussbonuszin­sen in Höhe von 24.714,70 € von der X‑Bausparkasse ausgezahlt wurden, als Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO anzusehen. Auch der Umstand, dass diese Zinsen wegen der von dem Kläger vorgelegten Nichtveranlagungsbe­scheinigung keinem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen hatten, stellt eine Tatsache im Sinne der Vorschrift dar.

d) Diese Tatsachen sind dem FA nachträglich bekannt geworden. Denn der Kläger hatte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr entgegen § 32d Abs. 3 Satz 1 EStG keine Angaben zu Kapitalerträgen, die nicht dem in­ländischen Steuerabzug unterlegen haben, gemacht. Er hatte in der von ihm beigefügten Übersicht lediglich einen Bonus in Höhe von 1.219 € angegeben. Die tatsächliche Höhe der dem Kläger im Streitjahr von der X‑Bausparkasse gutgeschriebenen Schlussbonuszinsen war dem FA bei Erlass des ursprüngli­chen Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr vom 18.12.2014 mithin nicht bekannt. Auch von dem Umstand, dass die X‑Bausparkasse für diese Kapitalerträge keinen Kapitalertragsteuerabzug durchgeführt hatte, erhielt das FA erst durch die Kontrollmitteilung der OFD Niedersachsen vom 21.08.2017 Kenntnis.

e) Die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen waren für die höhere Steuer erheblich.

aa) Ein Steuerbescheid darf wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsa­chen oder Beweismittel nur aufgehoben oder geändert werden, wenn das Fi­nanzamt bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen und Beweismittel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders entschieden hätte, d.h. die neuen Tatsachen bzw. Beweismittel rechtserheblich sind. § 173 AO bietet keine Rechtsgrundlage für die Beseitigung von Rechtsfehlern (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 09.04.2014 ‑ X R 1/11, BFH/NV 2014, 1499; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.11.1987 ‑ GrS 1/86, BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180).

bb) Der Umstand, dass dem Kläger am 31.07.2013 Schlussbonuszinsen in Höhe von 24.714,70 € ausgezahlt wurden, war für die höhere Steuer erheb­lich. Denn diese Zinsen waren, wie das FG zu Recht entschieden hat, im Streit­jahr der Besteuerung zu unterwerfen.

aaa) Die Schlussbonuszinsen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalver­mögen auch Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.

Im Streitfall handelt es sich bei den von der X-Bausparkasse gutgeschriebenen Bonuszinsen um eine Erhöhung der dem Kläger für die Überlassung des Bau­sparguthabens gewährten Guthabenzinsen (vgl. § 11a Abs. 1 ABB). Die Bo­nuszinsen stellen deshalb ‑‑ebenso wie die Guthabenzinsen‑‑ ein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG dar. Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil bei einem Bausparver­trag das Sparen in der Regel lediglich Durchgangsstadium auf dem Weg zur Erlangung eines Bauspardarlehens ist. Denn dies schließt es nicht aus, dass im Einzelfall der Sparzweck für den Abschluss eines Bausparvertrags (mit‑)be­stimmend ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ die Erwartung einer Rendite aus dem Bausparguthaben im Vordergrund steht. Dabei genügt es, wenn die Absicht, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, nur als Ne­benzweck verfolgt wird (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.1992 ‑ VIII R 78/89, BFHE 169, 442, BStBl II 1993, 301).

bbb) Die Bonuszinsen sind, wie das FG zu Recht angenommen hat, dem Kläger in voller Höhe erst im Streitjahr zugeflossen.

(1) Dem Steuerpflichtigen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen, wenn er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehen­den Güter erlangt hat. Geldbeträge fließen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gut­geschrieben werden (BFH-Urteil vom 22.07.1997 ‑ VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767). Das Innehaben von (fälligen) Ansprüchen oder Rech­ten führt nach ständiger Rechtsprechung dagegen noch nicht zum Zufluss der Kapitaleinkünfte, da dieser grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben ist (BFH-Urteile vom 20.10.2015 ‑ VIII R 40/13, BFHE 252, 260, BStBl II 2016, 342, und vom 21.11.1989 ‑ IX R 170/85, BFHE 159, 72, BStBl II 1990, 310). Ob der Steuerpflichtige im Einzelfall tatsächlich die wirtschaftli­che Verfügungsmacht erlangt hat, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die dem FG obliegt (z.B. BFH-Urteil vom 16.03.2010 - VIII R 4/07, BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147).

(2) Nach diesen Grundsätzen sind die Bonuszinsen dem Kläger erst im Streit­jahr zugeflossen. Die Würdigung des FG in tatsächlicher Hinsicht, der Kläger habe vor dem Streitjahr noch keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Zinsen erlangt, ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens möglich und da­her für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend.

(a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG wurden die Bonuszinsen zu­sammen mit dem Bausparguthaben erst am 31.07. des Streitjahrs dem Bau­sparkonto gutgeschrieben und an den Kläger ausgezahlt.

(b) Entgegen der Auffassung des Klägers führte der jährliche Ausweis der Bo­nuszinsen auf dem Bonuskonto noch nicht zu einem Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG.

(aa) Ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kommt nur in Betracht, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht. Aus der Art und Weise der Verbuchung kann der Gläubiger keine Ansprüche herleiten; ein Anspruch muss vielmehr vorausgesetzt werden, wenn es darum geht, ob der Schuldner durch eine bestimmte Buchung auf diesen Anspruch leisten und die Zahlung bewirken wollte (BFH-Urteil vom 30.11.2010 ‑ VIII R 40/08, BFH/NV 2011, 592, Rz 24). Im Streitfall wurde ein solcher Anspruch nicht dadurch be­wirkt, dass die Bonuszinsen bei der Bausparkasse jährlich auf einem Bonus­konto "vermerkt" wurden. Denn nach den Feststellungen des FG entstand ein Anspruch auf die Bonuszinsen frühestens mit der Zuteilungsreife des Bauspar­vertrags und erforderte insbesondere einen Verzicht auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens (§ 11a Abs. 1 ABB). Der Kläger hat jedoch erst im Streitjahr auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens verzichtet. Insbe­sondere liegt nach den Feststellungen des FG auch kein Verzicht schon bei Ab­schluss des Bausparvertrags vor. Ein vom Kläger schon zu diesem Zeitpunkt ausgesprochener Verzicht auf die Inanspruchnahme des Darlehens kann ange­sichts der in den Vertragsbedingungen enthaltenen Regelung, wonach dem Bausparer alle Wahlmöglichkeiten einschließlich der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens bis zur Zuteilung offen stünden, nicht unterstellt werden. Das FG hat bei seiner Würdigung insoweit rechtsfehlerfrei auf das Schreiben der X-Bausparkasse vom 28.06.2013 an den Kläger abgestellt, wonach dem Klä­ger die Bonuszinsen in der angegebenen Höhe zustünden, wenn der Vertrag unter Verzicht auf das Bauspardarlehen aufgelöst werde, denn daraus ging hervor, dass der Kläger den Verzicht auf das Bauspardarlehen zu diesem Zeit­punkt noch nicht erklärt hatte.

(bb) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein jährlicher Zufluss der Bonuszinsen auch nicht aus der vereinbarten Verzinsung ableiten. Denn auch diese Verzinsung sollte erst im Falle eines Darlehensverzichts zum Tragen kommen (§ 11a Abs. 1 ABB). Die Ausgestaltung der Verzinsung als eine auf den Vertragsbeginn rückbezogene Erhöhung der Guthabenzinsen lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass dem Kläger die Bonuszinsen auch bereits seit Ver­tragsschluss zustanden. Vor diesem Hintergrund ist die Würdigung des FG, auch unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Bausparvertrags als Rendi­tevertrag könne nicht davon ausgegangen werden, dass bereits zu Beginn der Laufzeit des Bausparvertrags ein Verzicht auf das Bauspardarlehen vereinbart worden sei und der Kläger über die Bonuszinsen bereits mit dem jährlichen Ausweis der Zinsen auf dem Bonuskonto habe verfügen können, revisions­rechtlich nicht zu beanstanden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis des Klägers auf das BFH-Urteil vom 28.09.2011 ‑ VIII R 10/08 (BFHE 235, 361, BStBl II 2012, 315) zum Zufluss von Zinsen im Falle einer Gutschrift auf einem Sperrkonto. In dem der BFH-Entscheidung zugrunde liegenden Fall war die Klägerin Verfügungsberechtigte hinsichtlich des gutgeschriebenen Be­trags (BFH-Urteil in BFHE 235, 361, BStBl II 2012, 315, Rz 19). Im Streitfall hingegen bestand eine solche Verfügungsbefugnis des Klägers über die jährlich auf dem Bonuskonto vermerkten Beträge vor einem Verzicht auf die Inan­spruchnahme eines Bauspardarlehens und einer Auszahlung des Bauspargut­habens nicht.

(c) Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Bonuszinsen dem Kläger auch nicht aufgrund einer Novation schon vor dem Streitjahr zugeflossen sind.

(aa) Der Zufluss kann durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuld­ner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In einer solchen Schuldumwandlung (Nova­tion) kann, wenn sie im Interesse des Gläubigers liegt, eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrecht­lich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch Zahlung begli­chen und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag in Erfüllung des neu ge­schaffenen Verpflichtungsgrunds dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte. Eine solche Novation kann auch dann in Betracht kommen, wenn der Steuerpflichtige die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage bereits vor der Entstehung und Fälligkeit der Kapitalerträge getroffen hat. Eine entsprechende Vereinbarung wirkt als "Vorausverfügung" auf die Zeitpunkte der späteren Wiederanlage fort (vgl. BFH-Urteil vom 24.03.1993 ‑ X R 55/91, BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499).

(bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Es fehlt bereits an dem Vorliegen einer Novationsvereinbarung zwischen dem Kläger und der X‑Bausparkasse. Außerdem führte der bloße Ausweis der Zinsen auf dem Bo­nuskonto für den Fall des Verzichts des Klägers auf das Bauspardarlehen noch nicht zu einem Zinszahlungsanspruch, weshalb auch keine Veranlassung für eine Schuldumschaffung bestand. Der Kläger hat auch nicht bereits bei Ver­tragsabschluss im Wege einer "Vorausverfügung" eine Entscheidung über die Wiederanlage zukünftiger Zinsgutschriften getroffen. Denn dafür hätte er zu­mindest die Möglichkeit haben müssen, sich frei zwischen der jährlichen Aus­zahlung und der Wiederanlage der Bonuszinsen zu entscheiden (vgl. BFH-Ur­teil in BFH/NV 2011, 592). Das war vorliegend nicht der Fall. Nach den Fest­stellungen des FG bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Möglichkeit hatte, den Bausparvertrag mit einem anderen als dem von der A Bausparkasse AG angebotenen Inhalt abzuschließen. Der konkrete Vertragsinhalt war durch die vorformulierten allgemeinen Geschäftsbedingun­gen vorgegeben. Danach hatte der Kläger nicht die Wahl zwischen Sparverträ­gen mit oder ohne Auszahlung jährlich fällig werdender Bonuszinsen.

ccc) Die Bonuszinsen unterlagen danach in Höhe von 24.714,70 € im Streit­jahr der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (vgl. § 52a Abs. 8 Satz 1 EStG). Sie waren gemäß § 32d Abs. 3 EStG mangels Kapitalertragsteuerab­zugs zu erklären und im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Klä­gers zu berücksichtigen.

2. Der Einkommensteuerbescheid vom 18.12.2014 erging auch, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, rechtzeitig innerhalb der Festset­zungsfrist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Denn diese begann im Streitfall gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31.12.2014 und endete gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31.12.2018.

3. Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge einer unzureichenden Sachaufklä­rung durch das FG (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) hat der Senat geprüft. Er erachtet sie nicht für durchgreifend und sieht insoweit von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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