Skip to main content
  • SIS-Datenbank Steuerrecht

    Kann Ihre Steuerrechts-Datenbank,
    was unsere SIS-Datenbank kann?

    • » Online und/oder Offline mit monatlicher Update-DVD
    • » Über 130.000 Urteile und Erlasse, durchgehend mit Leitsätzen
    • » Vollelektronische Handbücher ESt/LSt, KSt, GewSt, USt, AO

    » Einen Monat kostenlos testen

BFH: „Finanzielle Eingliederung“ bei unterjähriger Verschmelzung auf eine Kapitalgesellschaft

Im Fall der Verschmelzung von zwei Kapitalgesellschaften tritt der überneh­mende Rechtsträger (Organträger) hinsichtlich des Merkmals der finanziellen Eingliederung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) auch dann nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 in die Rechtsstellung des übertragen­den Rechtsträgers ein, wenn der umwandlungssteuerliche Übertragungsstich­tag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zurück­bezogen wird (Bestätigung und Fortentwicklung der Senatsurteile vom 28.07.2010 ‑ I R 89/09, BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528 = SIS 10 33 13 und I R 111/09, BFH/NV 2011, 67 = SIS 10 39 95, sog. Fußstapfentheorie).

KStG § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
UmwStG 2006 § 12 Abs. 3, § 4 Abs. 2 Satz 3

BFH-Urteil vom 11.7.2023, I R 45/20 (veröffentlicht am 23.11.2023)

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 19.8.2020, 1 K 1585/15 = SIS 20 18 89

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob im Jahr 2011 (Streitjahr) die Vorausset­zungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft erfüllt sind.

Das Wirtschaftsjahr der im Jahr 2005 gegründeten Klägerin und Revisionsbe­klagten (Klägerin), einer GmbH, entsprach im Streitjahr dem Kalenderjahr. Ihre Alleingesellschafterin war die A‑GmbH alt, mit der sie am …11.2008 einen "Gewinnabführungs- und Verlustübernahme­vertrag" (EAV) geschlossen hatte.

Mit Verschmelzungsvertrag vom …08.2012 wurde die A‑GmbH alt auf die am …08.2012 gegründete B-GmbH verschmolzen, die noch am gleichen Tag in A‑GmbH neu umfirmierte. Steuerlicher Übertragungsstichtag der Verschmel­zung war der 30.12.2011. Die A‑GmbH neu hatte ein vom Kalenderjahr abwei­chendes Wirtschaftsjahr vom 01.12. bis zum 30.11. Für das Jahr 2012 bildete sie ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 30.12.2011 bis zum 30.11.2012.

Die Klägerin ging in ihren Steuererklärungen für das Streitjahr von einer kör­perschaftsteuerrechtlichen Organschaft zwischen ihr als Organgesellschaft und der A‑GmbH neu als Organträgerin aus und erklärte ein zu versteuerndes Ein­kommen von 0 €. Dagegen ging das Finanzamt X für das Streitjahr von einer "Organschaftslücke" aus, da die Klägerin vom 01.01.2011 bis zum 30.12.2011 in die A‑GmbH alt und erst anschließend in die A‑GmbH neu finan­ziell eingegliedert gewesen sei. In dem für das Streitjahr gegenüber der Kläge­rin erlassenen Bescheid wurde die Körperschaftsteuer auf … € festge­setzt. Ein Einspruch blieb erfolglos.

Während des Klageverfahrens kam es zu einem gesetzlichen Beteiligtenwech­sel vom Finanzamt X zum Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑). Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz gab der Klage gegen den aus anderen Gründen während des Klageverfahrens geänderten Körperschaftsteu­erbescheid mit Urteil vom 19.08.2020 ‑ 1 K 1585/15 (Entscheidungen der Fi­nanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2021, 149) statt und änderte das zu versteuernde Ein­kommen der Klägerin und die für das Streitjahr festzusetzende Körperschaft­steuer auf 0 €.

Die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) seien für das gesamte Streitjahr erfüllt. Insbesondere liege bereits ab dem 01.01.2011 eine finanzielle Eingliederung zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der A‑GmbH neu als Organ­trägerin vor. Auf Grundlage der vom Bundesfinanzhof (BFH) in den Urteilen vom 28.07.2010 ‑ I R 89/09 (BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528) und I R 111/09 (BFH/NV 2011, 67) angewendeten sogenannten Fußstapfentheorie trete die A‑GmbH neu nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 des Umwandlungs­steuergesetzes 2006 in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG) umfassend in die steuerliche Rechtsstellung der A‑GmbH alt ein. In der Folge sei der A‑GmbH neu die finanzielle Eingliederung im Verhältnis der Klägerin zur A‑GmbH alt ab dem 01.01.2011 zuzurechnen. Dass die A‑GmbH alt nicht auch mit steuerlicher Rückwirkung zum 01.01.2011, sondern nur mit steuer­licher Rückwirkung zum 30.12.2011 auf die A‑GmbH neu verschmolzen wor­den sei, stehe dem nicht entgegen.

Ergänzend weist das FG darauf hin, dass es der Argumentation des Hessischen FG im Urteil vom 14.05.2020 ‑ 4 K 412/19 (EFG 2020, 1344) folge und das Einkommen der Klägerin auf die A‑GmbH alt und die A‑GmbH neu aufzuteilen sei, um Gestaltungsmöglichkeiten zur Nutzung von steuerlichen Verlusten und Verlustvorträgen zu vermeiden. Im Streitfall komme es hierauf aber nicht an.

Das FA macht mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft im Streitjahr erfüllt waren und daher die Klage gegen den Körperschaftsteuerbe­scheid 2011 zulässig und begründet war.

  1. Verpflichtet sich eine Europäische Gesellschaft, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Or­gangesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes ge­werbliches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesell­schaft unter bestimmten Voraussetzungen dem Träger des Unternehmens (Or­ganträger) zuzurechnen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Zu diesen Voraussetzun­gen gehört unter anderem, dass der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen ist und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG). Darüber hinaus muss der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschafts­jahres an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG).

Sofern sich eine andere als die in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG bezeichnete Kapital­gesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (und damit auch eine in­ländische GmbH) wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen im Sinne des § 14 KStG abzuführen, gelten nach § 17 Satz 1 KStG die §§ 14 bis 16 KStG entsprechend. Darüber hinaus sind die zusätzli­chen Voraussetzungen des § 17 Satz 2 KStG zu berücksichtigen.

  1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen der A‑GmbH neu als Organträgerin und der Klägerin als Organgesellschaft für das Streitjahr ei­ne wirksame Organschaft im Sinne des § 14 KStG bestand. Insbesondere war die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) schon vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Klägerin (01.01.2011) an erfüllt.

a) Der Senat hat bereits in seinen Urteilen vom 28.07.2010 ‑ I R 89/09 (BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528) und I R 111/09 (BFH/NV 2011, 67) zu den Aus­wirkungen umwandlungssteuerrechtlicher Vorgänge auf das Tatbestandsmerk­mal der finanziellen Eingliederung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG erkannt und für den Fall der Einbringung einer Mehrheitsbeteiligung an der Or­gangesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995 entscheidend auf die Anwendung von § 12 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995 abgestellt. Aus diesen Vorschriften folge, dass die übernehmen­de Körperschaft umfassend und vorbehaltlos in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintrete (sogenannte Fußstapfentheorie). Dies gelte auch für die körperschaftsteuerrechtlichen Organschaftsvoraussetzun­gen. Deshalb sei es ausreichend, wenn ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft eine finanzielle Eingliederung zunächst zum übertragen­den Rechtsträger und anschließend zum übernehmenden Rechtsträger beste­he. Ob die finanzielle Eingliederung rechtlicher oder rein tatsächlicher Natur ist und ob dieses Merkmal von der umwandlungssteuerlichen Rückwirkung nach § 20 Abs. 7 und Abs. 8 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 erfasst wird, blieb in diesen Urteilen offen.

b) Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Sie ist auf den Streitfall übertragbar, obwohl hier ‑‑abweichend zu den Sachverhalten, die den Urteilen vom 28.07.2010 ‑ I R 89/09 (BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528) und I R 111/09 (BFH/NV 2011, 67) zugrunde lagen‑‑ der Beginn des Wirtschafts­jahres der Organgesellschaft (01.01.2011) nicht mit dem umwandlungssteuer­lichen Übertragungsstichtag (30.12.2011) zusammenfällt. Denn der überneh­mende Rechtsträger tritt hinsichtlich der finanziellen Eingliederung auch dann nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers ein, wenn der umwandlungssteuerliche Übertra­gungsstichtag nicht auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesell­schaft zurückbezogen wird.

aa) Der Umstand, dass die Fragen, ob die finanzielle Eingliederung rechtlicher oder rein tatsächlicher Natur ist und ob dieses Merkmal von der umwandlungs­steuerlichen Rückwirkung nach § 20 Abs. 7 und Abs. 8 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 erfasst wird, in den Senatsurteilen vom 28.07.2010 ‑ I R 89/09 (BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528) und I R 111/09 (BFH/NV 2011, 67) offen bleiben konnten, hat bereits deutlich gemacht, dass allein die um­wandlungssteuerliche Rechtsnachfolge nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG zur finanziellen Eingliederung in den übernehmenden Rechts­träger (Organträger) führen kann und nicht zusätzlich die Voraussetzungen einer umwandlungssteuerlichen Rückbeziehung auf den Beginn des Wirt­schaftsjahres der Organgesellschaft vorliegen müssen. Die Rechtsinstitute der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge und der umwandlungssteuerlichen Rückbeziehung stehen gleichberechtigt nebeneinander; sie können den glei­chen Zeitraum betreffen, müssen es aber nicht. Dies entspricht im Ergebnis auch der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur (Brink in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 206 f.; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, UmwStG Anhang 1 Rz 22a; Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz 949; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., Anhang 4 "Umwandlungen und Organschaft", Rz 44 f.; Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Rz 116; Brandis/Heuermann/Krumm, § 14 KStG Rz 294; Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 158a und 523; Rödder/Liekenbrock in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 14 Rz 224; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz/Umwandlungssteu­ergesetz, 9. Aufl., § 12 UmwStG Rz 84; Wisniewski in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl., § 12 Rz 90; Beinert/M. Marx in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz 12.65; Brühl, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2021, 313, 315; Hierstetter in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz 20.42; Klauck, Der Steuerbe­rater 2023, 161, 164 ff.; Prinz/Solowjeff, Der Betrieb 2023, 1433, 1438 f.; Pichler, Die ertragsteuerliche Organschaft im Umwandlungssteuerrecht, 2015, S. 195 ff.; Rödder, DStR 2011, 1053, 1054; Schneider/Ruoff/Sistermann, Finanz-Rundschau 2012, 1, 11; Walter, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2020, 1098, 1100; Walter, GmbHR 2021, 226, 228; wohl auch Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 468.0.1). Für die Ge­genauffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.02 Satz 2 und 02.03; vgl. auch van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 2 Rz 60) sind im Wortlaut des § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG und im Zweck dieser Regelungen keine Anhaltspunkte erkennbar.

Die Anwendung der Fußstapfentheorie ist dabei auch nicht auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen das Unternehmen der Organgesellschaft zuvor ein Teil­betrieb des übertragenden Rechtsträgers war. Mit seinen Ausführungen zur Teilbetriebseigenschaft als "stärkste Form der Eingliederung" hat der Senat in dem Urteil vom 28.07.2010 ‑ I R 89/09 (BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528) lediglich begründet, weshalb die Fußstapfentheorie auch auf eine Sachver­haltskonstellation ausgedehnt wurde, bei der die für die finanzielle Eingliede­rung maßgebliche Beteiligung an der Organgesellschaft erst durch eine rück­wirkende Ausgliederung entstanden war.

bb) Das FA kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die körperschaft­steuerrechtliche Organschaft als systematische Durchbrechung des steuer­rechtlichen Subjektprinzips eine restriktive Auslegung zur Folge haben müsse.

Zwar folgt aus dem Ausnahmecharakter der Organschaft eine grundsätzlich strenge Auslegung der gesetzlichen Regelungen über die Voraussetzungen der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft (vgl. Senatsurteile vom 02.11.2022 ‑ I R 29/19, BFHE 278, 469, BStBl II 2023, 405 und I R 37/19, BFHE 278, 480, BStBl II 2023, 409; jeweils m.w.N.). In Umwandlungsfällen werden diese Regelungen aber durch die umwandlungssteuerrechtlichen Vor­schriften ergänzt. Diese sehen in § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG eine umfassende umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge vor (zum Verhält­nis von § 12 Abs. 3 UmwStG zu § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG vgl. auch Kahle/Liedgens, Deutsche Steuer-Zeitung 2023, 533, 542 f., m.w.N.). Selbst eine grundsätzlich enge Auslegung der Organschaftsvoraussetzungen kann nicht dazu führen, diese umwandlungssteuerrechtlichen Sonderregelungen zu negieren, zumal das Merkmal der finanziellen Eingliederung nicht personenge­bunden ist, sondern der Mehrheitsbeteiligung an der Organgesellschaft anhaf­tet, die mit der Umwandlung auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Aus Sicht der Organgesellschaft ändert die Umwandlung auf der Ebene des Or­ganträgers nichts an der "Eingliederung" in ein anderes Unternehmen.

Dabei ist der Umstand, dass die A‑GmbH neu zum 01.01.2011 noch nicht rechtlich existierte, für das Konzept der umwandlungssteuerlichen Rechtsnach­folge nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG unerheblich (vgl. Brühl/Weiss, Die Unternehmensbesteuerung 2020, 715, 720). Maßgebend ist allein die Stellung des übertragenden Rechtsträgers, in die der übernehmende Rechtsträger zum Zeitpunkt der Rechtsnachfolge eintritt.

Im Übrigen führt ein umfassendes Verständnis der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge auch nicht dazu, dass die Regelungen zur umwandlungssteu­erlichen Rückbeziehung obsolet werden. Dies zeigt sich schon daran, dass die umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge nicht für sämtliche Umwandlungen des Umwandlungssteuergesetzes Anwendung findet (vgl. § 23 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Außerdem bleibt die umwandlungssteuerliche Rück­beziehung insbesondere dann von Bedeutung, wenn es um die Zurechnung des Einkommens geht, das die Organgesellschaft in einem bereits abgeschlos­senen Wirtschaftsjahr erzielt hat (vgl. hierzu Pichler, Die ertragsteuerliche Or­ganschaft im Umwandlungssteuerrecht, 2015, S. 201 ff.).

cc) Soweit das FA einwendet, dass ohne Berücksichtigung des umwandlungs­steuerlichen Übertragungszeitpunkts eine zeitgleiche Zuordnung der Beteili­gung an der Organgesellschaft zu zwei verschiedenen Konzernen möglich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass der Übergang der finanziellen Eingliederung im Wege der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge nicht mit einer Ver­doppelung des Zuordnungssubjekts gleichgesetzt werden kann. Insbesondere bedeutet dies nicht, dass es entgegen der gesetzlichen Systematik (Abführung des ganzen Gewinns an "ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen") auch zu einer Zurechnung desselben Gewinns der Organgesellschaft zu zwei verschiedenen Organträgern kommen kann.

Wird bei der Organgesellschaft zum umwandlungssteuerlichen Übertragungs­stichtag ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet, ist nur der ab diesem Zeitpunkt er­zielte Gewinn an den neuen Organträger abzuführen und diesem steuerlich zu­zurechnen. Wird dagegen ‑‑wie im Streitfall‑‑ kein Rumpfwirtschaftsjahr gebil­det, ist handelsrechtlich keine Zwischenbilanz aufzustellen. Der zivilrechtliche Anspruch auf Gewinnabführung richtet sich hier allein danach, wer am Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft nach dem Gewinnabführungsver­trag anspruchsberechtigter Organträger ist (vgl. auch Neumann in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 14 Rz 523; BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.19 Satz 2). Auch das Steuerrecht knüpft in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG an den gesamten Gewinn nach dem handelsrechtlichen Jahresabschluss zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an, so dass ‑‑entgegen der Auffassung des FG‑‑ keine Rechtsgrundlage für eine zeitanteilige unterjäh­rige Einkommenszurechnung besteht (Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, UmwStG Anhang 1 Rz 22b; Walter, GmbHR 2021, 226, 228; vgl. auch BFH-Urteil vom 28.02.2013 ‑ IV R 50/09, BFHE 240, 270, BStBl II 2013, 494 zum unterjährigen Gesellschafterwechsel bei einer Organ­träger-Personengesellschaft). Damit ist das Einkommen der Organgesellschaft in vollem Umfang ausschließlich dem neuen Organträger (A‑GmbH neu) zuzu­rechnen.

Die zivilrechtliche Notwendigkeit einer Zwischenbilanz bei unterjähriger Been­digung oder unterjährigem Beginn des EAV (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.12.1987 ‑ II ZR 170/87, BGHZ 103, 1; Koch, Aktiengesetz, 17. Aufl., § 302 Rz 11) sowie die steuerliche Rückwirkung der unterjährigen Beendigung eines EAV aus wichtigem Grund (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 und 3 KStG) führen zu keinem anderen Ergebnis. Bei der Verschmelzung auf Ebene des Organträgers kommt es gerade nicht zu einer unterjährigen Beendigung des EAV ‑ vielmehr geht der EAV aufgrund zivilrechtlicher Gesamtrechtsnach­folge (§ 20 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes) auf den neuen Organträger über (z.B. Winter in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz/Umwandlungs­steuergesetz, 9. Aufl., § 20 UmwG Rz 58).

dd) Soweit kritisiert wird, die alleinige Maßgeblichkeit der umwandlungssteuer­lichen Rechtsnachfolge führe zu Missbrauchs- und Gestaltungsmöglichkeiten (insbesondere zur Nutzung von Verlusten entgegen § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG und zur Übertragung von Verlusten der Organgesell­schaft im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 1 und 5 KStG), weist der Senat darauf hin, dass das Gesetz auch an anderen Stellen eine nachträgliche Rückbezie­hung körperschaftsteuerrechtlicher Organschaftsvoraussetzungen zulässt. Ins­besondere muss der Gewinnabführungsvertrag nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht vor Beginn des ersten Organschaftsjahres abgeschlossen werden, son­dern es reicht aus, dass er bis zum Ende des ersten Organschaftsjahres zivil­rechtlich wirksam wird. Regelungen dieses Inhalts verdeutlichen, dass den Rechtsfolgen einer Rückbeziehung nicht allgemein der Einwand etwaiger Miss­brauchs- oder Gestaltungsmöglichkeiten entgegengehalten werden kann.

c) Schließlich kann sich das FA auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich aus jüngeren Senatsentscheidungen eine abweichende Rechtsauffassung erge­be.

Dies betrifft zunächst das Senatsurteil vom 10.05.2017 ‑ I R 19/15 (BFHE 258, 344, BStBl II 2019, 81). Dort ging es darum, dass die Anteile an der Organge­sellschaft erst zeitlich nach dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesell­schaft, auf den es gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG ankommt, im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworben worden waren. Deshalb konnte eine nachfolgende umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge gemäß § 12 Abs. 3 UmwStG nicht dazu führen, dass die finanzielle Eingliederung schon ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft vorgelegen hat. Die finan­zielle Eingliederung lag auch beim übertragenden Rechtsträger zu diesem Zeit­punkt (noch) nicht vor. Der übernehmende Rechtsträger kann aber nur in eine solche Rechtsstellung eintreten, die der übertragende Rechtsträger bereits inne hatte.

Auch der Senatsbeschluss vom 05.11.2014 ‑ I B 34/14 (BFH/NV 2015, 356) führt zu keinen gegenteiligen Erkenntnissen. Die Anwendung der Fußstapfen­theorie nach § 12 Abs. 3 UmwStG auf das Tatbestandsmerkmal der finanziel­len Eingliederung scheiterte dort schon daran, dass es um eine Abspaltung zur Aufnahme auf Ebene der Organgesellschaft ging. Deshalb sah der Senat kei­nen Anhaltspunkt, dass § 12 Abs. 3 UmwStG auf Ebene des Organträgers dazu führen könnte, gegenüber der neuen Organgesellschaft die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen.

Aus dem Senatsurteil vom 16.04.2014 ‑ I R 44/13 (BFHE 245, 248, BStBl II 2015, 303) lassen sich schließlich ebenfalls keine abweichenden Schlüsse zie­hen. Zwar hat der Senat zum gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 2009 (GewStG 2009) entschie­den, dass für das dortige stichtagsbezogene Beteiligungserfordernis (Beteili­gung von mindestens 15 % zu Beginn des Erhebungszeitraums) weder § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG noch § 12 Abs. 3 UmwStG anwendbar seien. Maßge­bend war hierfür aber die Abgrenzung zwischen rein stichtagsbezogenen Betei­ligungserfordernissen und solchen, für die es auf einen Zeitraum ankommt. Die finanzielle Eingliederung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG muss aber ununterbrochen vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an vorliegen und ist deshalb ‑‑abweichend zum Beteiligungserfordernis nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2009‑‑ gerade nicht stichtags‑, sondern zeitraum­bezogen. Soweit im Senatsurteil vom 10.05.2017 ‑ I R 51/15 (BFHE 258, 351, BStBl II 2018, 30) auch bei der finanziellen Eingliederung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG von einer zeitpunktbezogenen Regelung gesprochen wird, diente dies lediglich der Abgrenzung zu Merkmalen, die nicht nur bezo­gen auf den Zeitraum des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, sondern bezogen auf die Laufzeit des Gewinnabführungsvertrags vorliegen müssen.

  1. Zu den übrigen Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Or­ganschaft sieht der Senat von näheren Ausführungen ab. Zwischen den Betei­ligten besteht hierüber zu Recht kein Streit. Insbesondere ist der EAV durch die Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die A‑GmbH neu als neue Organträgerin übergegangen. Für die erforderliche Mindestvertrags­laufzeit ist auch die bisherige Laufzeit des EAV bei der A‑GmbH alt einzubezie­hen (so auch BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz Org.01 und 11).

4. Die Vorentscheidung ist frei von Verfahrensfehlern.

a) Das FG hat zu Recht durch Sachurteil entschieden. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011 ist auch unter Berücksichtigung des § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung zulässig. Der angefochtene Kör­perschaftsteuerbescheid ist in Bezug auf die streitige Anerkennung der Organ­schaft kein Folgebescheid. Auf das Verhältnis eines Körperschaftsteuerbe­scheids zu dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfa­chung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285, BStBl I 2013, 188) kommt es insoweit nicht an. Diese Regelung ist für das Streitjahr noch nicht anwendbar.
b) Darüber hinaus hat das FG zutreffend eine notwendige Beiladung der Or­ganträgerin nach § 60 Abs. 3 FGO abgelehnt (s. dazu allgemein Brandis in Tipke/Kruse, § 60 FGO Rz 74, m.w.N.). Nach der Rechtslage des Streitjahres ist die A‑GmbH neu an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

  • „Vielen Dank für die stets freundliche und konstruktive Betreuung durch Ihr Haus“

    Horst Flick, Groß- und Konzernbetriebsprüfer in Hessen

  • „Irgendwann innerhalb dieser 20 Jahre habe ich es einmal mit einem anderen Anbieter versucht. Das war aber gleich wieder vorbei. Nachher wusste ich SIS erst richtig zu schätzen.“

    Brigitte Scheibenzuber, Steuerberaterin, 84137 Vilsbiburg

  • „Ihre Datenbank ist eigentlich schier unerschöpflich und ich arbeite sehr gern damit. Ein großes Lob für die leichte Handhabung, die vielfachen Suchmöglichkeiten und überhaupt.“

    Ingrid Nigmann, Kanzlei Dipl.-Kfm. Georg-Rainer Rätze, 39112 Magdeburg

  • „Wir benutzen mit größter Zufriedenheit Ihre Datenbank, sie stellt wirklich eine enorme Erleichterung im täglichen Arbeitsleben dar.“

    Schneider, Siebert & Kulle, Partnerschaftsgesellschaft, 60486 Frankfurt

  • „Ich möchte nicht versäumen, Sie für die ‘SteuerMail’ zu loben. Die Aktualität und die Auswahl der Themen ist wirklich sehr gut.“

    Frank Zoller, Rechtsanwalt und Steuerberater, 75179 Pforzheim

  • „Sie haben offensichtlich die Bedürfnisse des steuerberatenden Berufs bei seiner Arbeit richtig eingeschätzt. Die Zuordnung der verschiedenen Dokumente zur jeweiligen Rechts-Vorschrift ist schlichtweg genial. Auch der Hinweis auf weitere Kommentare und Aufsätze ist außerordentlich wertvoll.“

    Willi Besenhart, Steuerberater, 81739 München

  • "Es macht wirklich Spaß mit Ihrer Datenbank zu arbeiten."

    Robert Kochs, Steuerberater, 52074 Aachen

  • "Ich bin sehr zufrieden. Die Datenbank ist äußerst hilfreich, Preis-Leistungsverhältnis stimmt."

    Erika Dersch, Steuerberaterin, 82431 Kochel am See

  • "Bin von Anfang an begeisterter Anwender und möchte SIS nicht mehr missen."

    Harald Dörr, Steuerberater, 63571 Gelnhausen

  • "Die SIS-Datenbank ist hervorragend; m.E. besser als die von den Finanzbehörden in BW verwendete Steuerrechtsdatenbank."

    Wolfgang Friedinger, 89077 Ulm

  • "Sehr gut ist die SteuerMail mit den Anlagen und die Internetseite mit den aktuellen Themen!"

    Karin Pede, IHR-ZIEL.DE GmbH, 91320 Ebermannstadt

  • "Mit Ihrer SIS-Datenbank bin ich seit Jahren sehr glücklich, hat mir schon sehr viel geholfen und der Preis ist nach wie vor sehr zivil für diese feine Geschichte."

    G. Grisebach, Steuerberaterin

  • "Auf vieles kann man verzichten - auf SIS niemals! Herzlichen Glückwunsch zur aktuellen SIS-Datenbank, vielen Dank für Ihren äußerst aktuellen Informations-Service"

    Friedrich Heidenberger, Steuerberater, 90530 Wendelstein

  • "Ihre Datenbank ist konkurrenzlos benutzerfreundlich."

    Godehard Wedemeyer, 47807 Krefeld

  • "Ich bin sehr zufrieden - rundum ein Lob von meiner Seite. Ich nutze die SIS-Datenbank schon seit vielen Jahren und finde sie sehr, sehr gut."

    Reinhard Geiges, Finanzbeamter, 70173 Stuttgart

  • "Herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Das funktioniert, wie alles bei Ihnen, wunderbar. An dieser Stelle mal ein großes Lob an das gesamte Team. Ich bin wirklich froh, dass es Sie gibt."

    Uwe Lewin, Geschäftsführer Exacta Steuerberatungs GmbH, 07546 Gera

  • Konditionen
  • Online-Datenbank schon ab 32,00 € inkl. USt

    » MEHR

  • Notiz-Funktion
  • Wow!
    Notiz-Funktion in der SIS-Datenbank!

    » MEHR

  • Bedienkomfort
  • Handbuecher
  • Google für Steuerprofis
  • Kanzleialltag
  • SIS & Agenda
  • So übersichtlich kann eine Datenbank sein.

    » MEHR

  • Jetzt das Geld für teuere Handbücher sparen!

    In der SIS-Datenbank sind sie bereits drin!

    » MEHR

  • Kennen Sie das "Google" für Steuerprofis?

    » MEHR

  • Alles, was den Kanzleialltag leichter macht.

    » MEHR

  • Zusatz-Vorteile mit Agenda-Software

    » MEHR