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BFH zum Vorsteuerabzug bei einem kraft Gesetzes erfolgenden Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung

  1. Bezieht eine GbR, deren landwirtschaftliche Tätigkeit bei Leistungsbezug der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegt, für diese landwirtschaftliche Tätigkeit eine Eingangsleistung, ist der Vorsteuerabzug auch dann nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG, Art. 302 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ausgeschlossen, wenn die Eingangsleis­tung für Umsätze im Folgejahr verwendet wird, in dem diese Tätigkeit kraft Gesetzes der Regelbesteuerung unterliegt.
  2. Wechselt der Steuerpflichtige zwischen Leistungsbezug und Verwendungs­umsatz freiwillig oder kraft Gesetzes von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, ist der Vorsteuerabzug unter den Voraussetzungen der § 15a Abs. 7 UStG, Art. 192 MwStSystRL zu berichtigen.

UStG § 24, § 27 Abs. 32, § 15a Abs. 7, § 19
MwStSystRL Art. 302, Art. 192, Art. 295, Art. 184

BFH-Urteil vom 12.7.2023, XI R 14/22 (veröffentlicht am 7.12.2023)

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 5.5.2022, 11 K 196/21 = SIS 22 09 89

I. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die bis einschließlich 2021 (Streitjahr) ihre Umsätze aus ihrem landwirtschaftlichen Unternehmen nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) versteuerte, Vorsteuer aus Rechnungen abzie­hen kann, deren Aufwendungen zwar im Streitjahr entstanden sind, jedoch für Umsätze im Jahr 2022 verwendet werden sollten, einem Jahr, in dem sie we­gen des Überschreitens der Grenze von 600.000 € zur Regelbesteuerung über­gehen musste.

Die Klägerin ist eine GbR. Ihr Gesellschaftszweck ist der Betrieb eines land­wirtschaftlichen Unternehmens zur Haltung von Milchkühen. Im Rahmen die­ses Betriebs zieht die Klägerin weibliche Nachzucht selbst auf. Mit ihren Um­sätzen unterlag sie auch im Streitjahr der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 UStG. Für die Jahre 2019 und 2020 erklärte die Klägerin Umsätze in Höhe von etwa 1,2 Mio. €; die erklärte Umsatzsteuer be­trug für diese Jahre nach Anwendung der Regelungen in § 24 Abs. 1 UStG je­weils 0 €.

Am 21.10.2021 gab die Klägerin eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Quartal 2021 ab, in der sie abzugsfähige Vorsteuerbeträge in Höhe von 1.436,39 € und keine zu besteuernden Umsätze anmeldete. In einem Begleit­schreiben zur Voranmeldung führte die Klägerin ergänzend aus, es handele sich bei der übermittelten Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht um einen Antrag im Sinne des § 24 Abs. 4 UStG, die Regelungen des § 24 Abs. 1 UStG sollten für 2021 weiterhin Anwendung finden. Ab dem 01.01.2022 unterliege die Klä­gerin jedoch der Regelbesteuerung. Durch das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096, BStBl I 2021, 6) sei in § 24 Abs. 1 UStG eine Umsatzgrenze von 600.000 € bezogen auf das jeweilige Vorjahr ein­gefügt worden. Die Änderung gelte nach § 27 Abs. 32 UStG erstmals für Um­sätze, die nach dem 31.12.2021 bewirkt werden. Die in der Voranmeldung geltend gemachten Vorsteuerbeträge stünden nur mit Umsätzen in Zusam­menhang, die erst im Jahr 2022 erzielt würden, da es sich um die anteiligen Kosten für die Aufzucht von Tieren handele, die erst im Jahr 2022 abkalben und daher erst ab diesem Zeitpunkt Milch erzeugen. Daher sei ihr entgegen Abschn. 15.1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) der Vorsteuerabzug zu gewähren.

Am 10.11.2021 setzte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 2021 auf 0 € fest und ver­sagte dabei den begehrten Vorsteuerabzug.

Den Einspruch der Klägerin, mit dem sie zur Begründung auf das Begleit­schreiben zur Voranmeldung verwies, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 26.11.2021). Nach Ansicht des FA sei bei Anwendung der Durchschnitts­satzbesteuerung im Jahr 2021 nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ein weitergehen­der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Ein Verzicht gemäß § 24 Abs. 4 UStG sei nicht erfolgt.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Fi­nanzgerichte (EFG) 2022, 1649 veröffentlichten Urteil statt und setzte die Um­satzsteuer auf ./. 1.436,59 € fest. Soweit sich Vorsteuerbeträge auf die Auf­zucht von Tieren im Streitzeitraum (1. Quartal 2021) bezögen, die erst im Jahr 2022 abkalben, stehe § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG dem Vorsteuerabzug nicht ent­gegen. Maßgeblich sei, dass bei Leistungsbezug die durch objektive Anhalts­punkte belegte Absicht bestanden habe, die Eingangsleistungen nur für Um­sätze im Jahr 2022 zu verwenden, die wegen der bereits 2021 zu erkennenden neuen Gesetzeslage der Regelbesteuerung unterliegen. Dies entspreche der zugrundeliegenden unionsrechtlichen Regelung des Art. 302 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteu­ersystem (MwStSystRL). Danach sei die Frage des Ausschlusses des Vorsteu­erabzugs von der Qualität der mit den Aufwendungen im Zusammenhang ste­henden Tätigkeiten beziehungsweise Umsätzen abhängig und nicht vom Vor­liegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als solches. § 15a Abs. 7 UStG stehe dem nicht entgegen, da eine Berichtigung des versagten Vorsteu­erabzugs wegen § 44 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) im Streitfall nicht in Betracht komme, weil die entsprechenden An­schaffungs- und Herstellungskosten für die aufzuziehenden Milchkühe die dort genannte Grenze nicht überschritten.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG). Das FG habe bei sei­ner Entscheidung außerdem Art. 302 MwStSystRL falsch angewendet.

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil der Vorinstanz. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) würden die Vorschriften der Durchschnittssatzbesteu­erung eng ausgelegt, für jede einzelne Lieferung oder sonstige Leistung ge­prüft und im Sinne der MwStSystRL ausgelegt. Der Wortlaut des Art. 302 MwStSystRL sei eindeutig. Die Entscheidung des FG stehe auch im Einklang mit der Literatur. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen entspreche die Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 15.1 Abs. 5 UStAE nicht Art. 302 MwStSystRL.

Des Weiteren habe der BFH bereits im Leitsatz seines Urteils vom 22.03.2001 ‑ V R 46/00 (BFHE 194, 533, BStBl II 2003, 433) entschieden, dass ein Vorsteuerabzug unter den sonstigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG zu gewähren sei, wenn der Unternehmer die durch objektive An­haltspunkte belegte Absicht habe, die Eingangsumsätze für solche Ausgangs­umsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausschließen. Die Klägerin habe aus der Höhe ihrer Umsätze der Vorjahre (circa 1,2 Mio. €) entnehmen können, dass mit der Neuregelung ab dem Jahr 2022 ihre Umsätze der Regelbesteuerung unterliegen. Damit habe die Klägerin bei Leistungsbezug die Absicht gehabt, die Eingangsumsätze für besteuerte Ausgangsumsätze zu verwenden. Auf die Anwendung des § 15a UStG komme es daher nicht mehr an. Die Bagatellgrenze des § 44 UStDV stelle zudem die gesamtwirtschaftliche Neutralität in Frage.

Letztlich komme im BFH-Urteil vom 13.11.2013 ‑ XI R 2/11 (BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543) zum Ausdruck, dass die Tätigkeiten des land- und forst­wirtschaftlichen Betriebs umsatz- und tätigkeitsbezogen betrachtet werden müssten. Dies gelte auch für den Streitfall.

II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage ab­zuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die geltend gemachte Vorsteuer im Streitjahr abgezogen werden kann. Im Streitjahr kann Vorsteuer nur im Um­fang der Umsatzsteuer auf die erzielten Umsätze berücksichtigt werden.

1. Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführ­ten Umsätze werden im Streitjahr die Steuer ‑‑mit Ausnahme der im Streitfall nicht einschlägigen Lieferungen und sonstigen Leistungen im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG‑‑ gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG und die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG auf jeweils 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Da­durch gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergeb­nis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.

2. Nach diesen gesetzlichen Grundlagen hat das FA im Bescheid über die Fest­setzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 2021 vom 10.11.2021 die Umsatzsteuer zutreffend auf 0 € festgesetzt.

a) Der Vorsteuerabzug aufgrund tatsächlicher Leistungsbezüge für den land­wirtschaftlichen Betrieb war bei Leistungsbezug nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen; denn das Verbot eines weiteren Vorsteuerabzugs gemäß § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG bezieht sich auf den Zurechnungsbereich des Leistungsbe­zugs zu den land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1993 ‑ V R 79/91, BFHE 173, 265, BStBl II 1994, 339, unter II.1.c aa). Der Vorsteuerabzug erfolgt pauschal. In der zunächst sinngemäß enthaltenen und später ausdrücklich ausgesprochenen gesetzlichen Anordnung in § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG des Inhalts, dass ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt, ist eine Regelung zu sehen, mit der ausgeschlossen wird, dass neben der Vor­steuerpauschalierung (§ 24 Abs. 1 UStG) zusätzlich aufgrund von einzelnen Leistungsbezügen für den unter § 24 UStG fallenden Unternehmensteil nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 UStG Vorsteuern abgezogen werden dürfen (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1987 ‑ V R 71/77, BFHE 150, 165, BStBl II 1987, 685, unter II.1.c). Besteht ‑‑wie im Streitfall‑‑ im Jahr des Leistungsbezugs nur ein der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegendes landwirtschaftliches Unter­nehmen, so kommt von vornherein nur eine Zuordnung der Eingangsleistung zu diesem Unternehmen in Betracht mit der Folge, dass statt des Abzugs der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer als Vorsteuer gemäß § 15 UStG nur eine Vorsteuerentlastung nach § 24 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG, bemessen nach Ausgangsumsätzen, eintritt (vgl. BFH-Urteil vom 10.11.1994 ‑ V R 87/93, BFHE 176, 477, BStBl II 1995, 218, unter II.B.I.3.).

b) Die bereits im Streitjahr mögliche Option zur Regelbesteuerung (§ 24 Abs. 4 UStG), die dazu geführt hätte, dass statt pauschaler Leistungsbezüge die tatsächlichen Leistungsbezüge (§ 15 UStG) berücksichtigt werden, hat die Klägerin nicht ausgeübt.

3. Die gesetzliche Einführung der Gesamtumsatzgrenze von 600.000 €, die auf Umsätze anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2021 bewirkt werden (§ 24 Abs. 1 Satz 1 UStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 6 Buchst. a JStG 2020, § 27 Abs. 32 UStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 7 JStG 2020), führt im Streitjahr nicht zu einer an­deren Beurteilung.

a) Kommt es zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz zu einem Übergang von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, ge­langt mit § 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG eine gesetzliche Vorschrift zur Anwen­dung, die eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ermöglicht und damit Inkon­gruenzen ausgleicht. Im Fall des Wechsels verbleibt es bei dem unter 3.b ge­nannten Grundsatz; zunächst ist der (weitere) Vorsteuerabzug nach § 15 UStG aufgrund der Regelung des § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ausgeschlossen und nach dem Wechsel zur allgemeinen Besteuerung gegeben (vgl. BFH-Urteil vom 12.06.2008 ‑ V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165, unter II.1.c).

aa) Zu § 19 UStG hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer, der als Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG) eine Leistung bezieht, im nachfolgenden Besteuerungszeitraum zur Regelbesteuerung wechselt und in diesem für die bezogene Leistung eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erhält, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, weil es in Bezug auf die erhaltene Leistung an der persönlichen Berechtigung zum Vorsteuerabzug fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 17.09.1981 ‑ V R 76/75, BFHE 134, 461, BStBl II 1982, 198).

bb) Für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin (§ 24 UStG) gilt aus den unter 3.b genannten Gründen auch im Falle des Wechsels nichts anderes. Wechselt ein Unternehmer, der seine Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG pau­schal versteuert und im Zeitraum dieser Besteuerungsform Lieferungen und sonstige Leistungen bezogen hat, später zur Regelbesteuerung, sind die mit diesen Vorbezügen verbundenen Vorsteuern auch dann durch die Vorsteuer­pauschalierung nach § 24 UStG abgegolten, wenn der Unternehmer die Rech­nungen für diese Vorbezüge erst nach dem Wechsel der Besteuerungsform er­hält (vgl. BFH-Urteil vom 06.12.1979 ‑ V R 87/72, BFHE 129, 425, BStBl II 1980, 167). Für den pauschalen Vorsteuerabzug ist die Regelung bestimmend, die im Rahmen der für den Land- und Forstwirt zu diesem Zeitpunkt maßgebli­chen Besteuerungsform gilt. Bei der Besteuerung nach § 24 Abs. 1 UStG wird die reale Vorsteuerbelastung durch einen fiktiven Betrag abgegolten. Selbst durch eine ausschließliche Zuordnung des Leistungsbezugs eines gemischt ein­gesetzten Gegenstandes zum landwirtschaftlichen Betrieb (§ 24 UStG) käme es zur Verhinderung der Entlastung (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1993 ‑ V R 79/91, BFHE 173, 265, BStBl II 1994, 339, Rz 18).

cc) Der Unternehmer wird dadurch nicht schutzlos gelassen. Vielmehr liegt ei­ne Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Ver­hältnisse auch dann vor, wenn ein Land- und Forstwirt von der Regelbesteue­rung zur Durchschnittssatzbesteuerung oder umgekehrt wechselt (§ 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG, s.a. schon vor dessen Inkrafttreten BFH-Urteile vom 06.12.2001 ‑ V R 6/01, BFHE 197, 338, BStBl II 2002, 555, unter II.2.; vom 17.06.2004 ‑ V R 31/02, BFHE 205, 549, BStBl II 2004, 858, unter II.3.; vom 24.11.2005 ‑ V R 37/04, BFHE 211, 411, BStBl II 2006, 466; vom 12.06.2008 ‑ V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165; vom 14.07.2010 ‑ XI R 9/09, BFHE 231, 253, BStBl II 2010, 1086, Rz 15; BFH-Beschluss vom 13.06.2018 ‑ XI R 5/17, BFHE 262, 233, Rz 66).

dd) Die unter aa) bis cc) genannten Grundsätze gelten im Übrigen auch im umgekehrten Fall: Wechselt der Steuerpflichtige von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung, verbleibt es beim Vorsteuerabzug bei Leis­tungsbezug gemäß § 15 UStG; es erfolgt auch dann nur eine Vorsteuerberich­tigung gemäß § 15a Abs. 7 UStG (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 17.05.2022 ‑ 4 K 55/21, EFG 2022, 1334).

b) Die unter a) in Bezug genommene Rechtsprechung betrifft Konstellationen, in denen der Steuerpflichtige freiwillig die Besteuerungsform wechselt. Für den Fall, dass der Wechsel kraft Gesetzes eintritt, gilt indes nichts anderes (vgl. Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 24 Rz 343 f.; Busch in Offerhaus/Söhn/Lange, § 24 UStG Rz 570 ff.; BeckOK UStG/S. Müller, § 24 Rz 800). Auch Gesetzesänderungen können nach der Rechtsprechung des Ge­richtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu Vorsteuerberichtigungen führen (vgl. BFH-Beschluss vom 05.06.2014 ‑ XI R 31/09, BFHE 245, 447, Rz 69 f. und nachfolgend EuGH-Urteil Wolfgang und Wilfried Rey Grundstücksgemein­schaft GbR vom 09.06.2016 ‑ C‑332/14, EU:C:2016:417, Rz 37 ff.). Es ver­bleibt die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG zu dem Zeitpunkt, zu dem die Pauschalbesteuerung nicht mehr zulässig ist.

4. Das Unionsrecht steht dem nicht entgegen.

a) Nach Art. 302 MwStSystRL hat ein Pauschallandwirt, der einen Pauschalaus­gleich in Anspruch nimmt, in Bezug auf die dieser Pauschalregelung unterlie­genden Tätigkeiten kein Recht auf Vorsteuerabzug. Geht der Steuerpflichtige von der normalen Mehrwertsteuerregelung auf eine Sonderregelung über oder umgekehrt, können nach Art. 192 MwStSystRL die Mitgliedstaaten die erfor­derlichen Vorkehrungen treffen, um zu vermeiden, dass dem Steuerpflichtigen dadurch ungerechtfertigte Vorteile oder Nachteile entstehen. Ebenso wie § 15a Abs. 7 UStG sieht Art. 192 MwStSystRL den Übergang von der normalen Mehr­wertsteuerregelung auf eine Sonderregelung oder umgekehrt als Fall der Be­richtigung des Vorsteuerabzugs an.

b) Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 13.11.2013 ‑ XI R 2/11 (BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543) von einer umsatzbezogenen Betrachtung ausgeht, geht das Unionsrecht in Art. 302 MwStSystRL von Tätig­keiten und nicht von Umsätzen aus. Die Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2021 war eine landwirtschaftliche Tätigkeit (Tierzucht beziehungsweise Tierhaltung, Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL i.V.m. Anh. VII Nr. 2) einer landwirtschaftli­chen Erzeugerin (Art. 295 Abs. 1 Nr. 3 MwStSystRL). In Bezug auf diese Tätig­keit hat die Klägerin somit nach Art. 302 MwStSystRL im Jahr 2021 kein Recht auf Vorsteuerabzug. Entstehen daraus ungerechtfertigte Vor- oder Nachteile, so sind diese nach Art. 192 MwStSystRL auszugleichen. Die Umsetzung dieser Bestimmung steht nicht im Ermessen des Mitgliedstaats (vgl. BFH-Urteile vom 17.06.2004 ‑ V R 31/02, BFHE 205, 549, BStBl II 2004, 858, Rz 42 ff.; vom 12.06.2008 ‑ V R 22/06, BFHE 222, 106, BStBl II 2009, 165, unter II.1.d); sie hat der deutsche Gesetzgeber mit § 15a Abs. 7 Halbsatz 2 UStG vorgenom­men (vgl. BFH-Urteil vom 12.02.2009 ‑ V R 85/07, BFHE 224, 473, BStBl II 2010, 76, Rz 14 und zu Umlaufvermögen s. Rz 15).

c) Das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 13.11.2013 ‑ XI R 2/11 (BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 37) bezieht sich außerdem auf die Zu­ordnungsfrage, ob Vorsteuern aus verschiedenen Tätigkeiten des Steuerpflich­tigen dem Bereich der Durchschnittssatzbesteuerung oder dem Bereich der Regelbesteuerung zuzuordnen sind (vgl. dazu auch BFH-Urteile vom 23.01.2013 ‑ XI R 27/11, BFHE 240, 422, BStBl II 2013, 458; vom 24.01.2013 ‑ V R 34/11, BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460). Im Streitfall geht es hingegen um die Frage, welche Konsequenzen sich aus dem Wechsel des Besteuerungssystems einer einzigen (landwirtschaftlichen) Tätigkeit, die von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung wechselt, erge­ben. Hier bedarf es insoweit einer tätigkeitsbezogenen Sicht, die sich unions­rechtlich aus Art. 192 MwStSystRL i.V.m. § 15a Abs. 7 UStG ergibt.

d) Aus dem zwischen den Beteiligten streitig erörterten BFH-Urteil vom 22.03.2001 ‑ V R 39/00 (BFH/NV 2001, 1153) ergibt sich ebenfalls nichts an­deres; denn im dortigen Fall wurde im Zeitpunkt des Leistungsbezugs keine der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegende Tätigkeit ausgeübt. Außer­dem wurde erklärt, dass zur Regelbesteuerung optiert wird.

5. Diese Auslegung des § 24 UStG entspricht auch den formellen Anforderun­gen, die mit dem Wechsel zur Regelbesteuerung einhergehen. So setzt zum Beispiel erst mit dem Übergang zur Regelbesteuerung die Aufzeichnungspflicht des § 22 Abs. 2 Nr. 5 und 6 UStG für den Land- und Forstwirt ein. Davor ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb (auch) von ihr befreit (§ 67 Satz 1 UStDV). Die gegenteilige Ansicht der Klägerin und der Vorinstanz würde zu er­heblichen Nachweisproblemen führen.

6. Ob die in § 15a Abs. 7 UStG, Art. 192 MwStSystRL vorgesehene Vorsteuer­berichtigung im Jahr 2022 aufgrund von § 44 UStDV ausgeschlossen ist, ist im Streitfall, der das Jahr 2021 betrifft, nicht zu entscheiden.

7. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

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