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BFH: Hemmung der Verjährung durch Abgabe einer Feststellungserklärung nach Ergehen eines Schätzbescheids unter Vorbehalt der Nachprüfung

  1. Gibt der Steuerpflichtige nach Ergehen eines unter dem Vorbehalt der Nach­prüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheids erstmals eine inhaltlich ab­weichende Feststellungserklärung ab, so liegt darin zugleich ein Änderungsan­trag gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Dieser führt, wird er vor Ablauf der Feststellungsfrist gestellt, gemäß § 171 Abs. 3, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO zu einer Ablaufhemmung.
  2. Eine auf den erstmaligen Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes gerichtete Klage ist in der Regel mangels Beschwer unzulässig.

AO § 119 Abs. 1, § 124 Abs. 3, § 125 Abs. 1, § 149, § 164, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 171 Abs. 3, Abs. 3a, § 181 Abs. 1 Satz 1
EStG § 2 Abs. 3, § 15b Abs. 1, Abs. 4
FGO § 40 Abs. 2, § 48 Abs. 1 Nr. 1, § 101, § 120 Abs. 3 Nr. 1
BGB § 133, § 157

BFH-Urteil vom 7.8.2024, IV R 9/22 (veröffentlicht am 14.11.2024)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 23.2.2021, 10 K 3480/18 F = SIS 21 05 15

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Dachfonds in der Rechts­form einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG. An ihr waren im Jahr 2009 (Streitjahr) als Komplementärin die H‑GmbH sowie als Kommanditisten die A‑GmbH (nachfolgend auch Treuhänderin) sowie 15 weitere Direktanleger beteiligt. Mittelbar über die A‑GmbH als Treuhänderin waren 245 Anleger (Treugeber) beteiligt. Diese wurden aufgrund eines Treuhandvertrags im Innenverhältnis so behandelt, als seien sie direkt an der Klägerin beteiligt. Zu einem geringen Anteil hielt die Treuhänderin die Beteiligung auf eigene Rechnung.

Im Streitjahr erzielte die Klägerin ausschließlich Einkünfte aus Beteiligungen an vier Personengesellschaften. In den für diese Personengesellschaften er­gangenen Gewinnfeststellungsbescheiden wurden für die Klägerin jeweils Ein­künfte aus Gewerbebetrieb nach Anwendung des § 15b des Einkommensteu­ergesetzes (EStG) in Höhe von 0 € festgestellt. Vor Anwendung des § 15b EStG ergaben sich dort jeweils negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Da die Klägerin zunächst keine Steuererklärungen für das Streitjahr abgab, schätzte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Besteue­rungsgrundlagen. Im Bescheid vom 18.01.2012 über die gesonderte und ein­heitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellung) für 2009 und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG auf den 31.12.2009 wies das FA Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 0 € aus und stellte einen verrechenbaren Verlust nach § 15a EStG in Höhe von 0 € fest. Der Bescheid war an die H‑GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die Klägerin gerichtet. Er erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wies die Steuernummer …/0651 aus. Als Feststellungsbeteiligte wurden die Kom­plementärin H‑GmbH, die A‑GmbH als Kommanditistin unter ihrer vormaligen Firma für den Zeitraum vom 08.06.2009 (Eintritt) bis zum 16.11.2009 (Austritt) und unter ihrer aktuellen Fima ab dem 17.11.2009 (Eintritt) erfasst. Einen verrechenbaren Verlust nach § 15b EStG auf den 31.12.2009 stellte das FA nicht fest.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 17.02.2012 Ein­spruch ein, nahm diesen aber nach Aufforderung zur Abgabe der Steuererklä­rungen durch das FA mit Schreiben vom 03.04.2012 zurück. Sie bat zugleich, ihr eine stillschweigende Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärungen bis zum 30.04.2012 zu gewähren.

Am 04.08.2014 reichte die Klägerin unter der Steuernummer …/0651 für das Streitjahr eine Erklärung zur Gewinnfeststellung ein. Auf dem Mantelbogen war in Zeile 13 die Angabe "Bei der Gesellschaft (…) handelt es sich um eine Gesellschaft/ eine Gemeinschaft/ ein ähnliches Modell i.S.d. §§ 2b/ 15b EStG" angekreuzt. Aus der Erklärung ergaben sich laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin in Höhe von ./. 1.262.513,15 € sowie ein verrechenbarer Verlust nach § 15b Abs. 4 EStG in derselben Höhe. Der Erklärung waren mehrere von der Klägerin erstellte Anlagen beigefügt, in denen 266 Anleger angegeben sowie die Verteilung des steuerlichen Ergebnisses vor und nach Anwendung des § 15b EStG berechnet und auf die einzelnen Beteiligten verteilt wurden. Eine Unterscheidung in Direktanleger und mittelbar beteiligte Anleger ergab sich nicht. Ein Begleitschreiben war der Erklärung nicht beigefügt.

Das FA wies die Klägerin im Nachgang zu einem Telefonat mit Schreiben vom 25.03.2015 darauf hin, dass bei ihr ein verdecktes Treuhandverhältnis vorlie­ge, in den eingereichten Listen zum steuerlichen Ergebnis aber nicht zu erken­nen sei, bei welchen Anteilseignern es sich um Treugeber oder um Direktbetei­ligte handele. Es wurden deshalb die Treuhandverträge sowie eine Aufstellung angefordert, aus der diese Unterscheidung ersichtlich sei.

Das FA erließ am 01.12.2016 unter der Steuernummer …/0720 einen Gewinn­feststellungsbescheid für die Klägerin, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 0 € auswies. In den Erläuterungen wies es darauf hin, dass die Besteuerungs­grundlagen geschätzt worden seien, da die Klägerin keine Steuererklärung ein­gereicht habe. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er war an die Komplementärin H‑GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die Klä­gerin gerichtet. Als Beteiligte wurden die Komplementärin H‑GmbH (Eintritt: 01.06.2009), die Kommanditisten S (Eintritt: 01.06.2009) sowie die A‑GmbH (Eintritt: 01.06.2009) erfasst. Einen verrechenbaren Verlust nach § 15b EStG stellte das FA nicht fest.

Am 21.11.2017 reichte die Klägerin bei dem FA weitere Feststellungserklärun­gen für das Streitjahr zu den Steuernummern …/0651 und …/0720 ein. Die Erklärungen unterschieden sich insbesondere in der Bezeichnung der Klägerin, indem der Zusatz "Treugeber" oder "Treuhänder" aufgenommen war.

Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 07.12.2017 lehnte das FA unter dem Betreff "Ihre Steuererklärungen vom 04.08.2014 und 21.11.2017 über die gesonderten und einheitlichen Feststellungen von Einkünften und § 15b EStG und Gewerbesteuer für das Jahr 2009 zu den Steuernummern …/0720 und …/0651" die "beiden Änderungen der Feststellungsbescheide für 2009" ab. Zur Begründung verwies es darauf, dass eine Änderung wegen Ablaufs der Feststellungsfrist ausgeschlossen sei.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 15.12.2017. Die am 04.08.2014 abgegebene Feststellungserklärung stelle einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) dar. Dieser Änderungsantrag löse die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO aus.

Das FA erläuterte der Klägerin in einem Schreiben vom 26.07.2018, dass die neue Steuernummer …/0720 für die Feststellung auf Ebene der Direktbeteilig­ten sowie der Treuhänderin vergeben worden sei. Unter der Steuernummer …/0651 sei die Feststellung von den Treuhändern auf die Treugeber fortge­führt worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16.11.2018 zur Steuernummer …/0720 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Es wies unter anderem darauf hin, dass die Klägerin aufgefordert worden sei, für die Feststellung im zweistu­figen Verfahren, einmal für die Ebene der Direktbeteiligten sowie für die zweite Ebene zur Verteilung des Ergebnisses der Treuhänderin auf die Treugeber, entsprechende Feststellungserklärungen einzureichen. Es sei die neue Steuer­nummer …/0720 vergeben worden, unter der fortan die Feststellung der ers­ten Stufe erfolgen sollte. Unter der Steuernummer …/0651 habe zukünftig die Verteilung des Ergebnisses der Treuhänderin auf die Treugeber erfolgen sollen.

Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit Ur­teil vom 23.02.2021 ‑ 10 K 3480/18 F statt. Das FA sei zu Unrecht davon aus­gegangen, dass einer von der Klägerin begehrten Änderung des Gewinnfest­stellungsbescheids für das Streitjahr der Eintritt der Feststellungsverjährung entgegenstehe. Zwar werde nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO bewirkt, wenn der Steuer­pflichtige bei der Finanzbehörde lediglich Erklärungen vorlege, zu deren Einrei­chung er ohnehin verpflichtet sei. Der vorliegende Fall unterscheide sich davon aber. Vorliegend sei die Einreichung der Feststellungserklärung vom 04.08.2014 nicht nur als Erfüllung der Pflicht zur Abgabe der Erklärungen zu verstehen, sondern zugleich als Antrag auf Vornahme einer Änderung des un­ter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheids vom 18.01.2012. Über den Änderungsantrag der Klägerin habe das FA noch nicht entschieden, insbesondere nicht durch den Feststellungsbescheid vom 01.12.2016. Dieser sei nichtig und aus diesem Grund aufzuheben. Dement­sprechend sei das FA verpflichtet, den Änderungsantrag der Klägerin unter Be­achtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Der erstmaligen Feststellung eines Verlustes gemäß § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2009 stehe demgegenüber zwar der Eintritt der Feststellungsverjährung entgegen. Nach § 181 Abs. 5 AO habe die Feststellung allerdings gleichwohl zu erfolgen. Auch über den auf den erstmaligen Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG gerichteten Antrag müsse das FA entscheiden.

Mit seiner Revision macht das FA die Verletzung materiellen Bundesrechts gel­tend. Das FG gehe ‑‑entgegen der Rechtsprechung des BFH und des FG München (Urteile vom 20.10.2015 ‑ 12 K 1733/11 und vom 06.05.2020 ‑ 12 K 225/19)‑‑ davon aus, dass die Einreichung einer Steuererklärung, zu de­ren Abgabe der Steuerpflichtige gesetzlich verpflichtet sei, die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO bewirke. Wie das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 09.02.2017 ‑ 7 K 7110/16) nehme das FG eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO an, wenn für diesen Veranlagungszeitraum ein noch unter dem Vor­behalt der Nachprüfung stehender Schätzbescheid vorhanden sei. Damit be­achte es aber nicht, dass der Steuerpflichtige mit Einreichung der Erklärung nur seiner Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung nachkomme. Die Erklä­rungsabgabe könne nur eine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO und nicht zugleich eine Ablaufhemmung bewirken. Eine Besserstellung ge­genüber pflichtgemäß handelnden Steuerpflichtigen, bei denen es keiner Steu­erfestsetzung aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen bedurft hätte, sei nicht gerechtfertigt.

Zudem enthalte eine Steuererklärung keine für einen Antrag auf Änderung er­forderliche Willensbekundung eines Steuerpflichtigen.

Selbst wenn man in der am 04.08.2014 eingereichten Feststellungserklärung einen Antrag auf Änderung erblicken wollte, wäre die Feststellungsverjährung bereits zum Ende des Jahres 2016 eingetreten; denn der Antrag sei durch den bestandskräftigen Änderungsbescheid vom 01.12.2016 bereits beschieden worden. Dieser Bescheid sei entgegen der Auffassung des FG nicht nichtig. Denn ein besonders schwerer Mangel liege nicht schon dann vor, wenn ein Än­derungsbescheid nicht als solcher bezeichnet werde und keine Rechtsgrundla­ge für die Änderung angebe. Für die Klägerin als Empfängerin sei eindeutig zu erkennen gewesen, dass der Bescheid den ursprünglichen Bescheid vom 18.01.2012 habe ändern sollen. Der Klägerin sei bewusst gewesen, dass die Feststellung in einem zweistufigen Verfahren für Treuhänderin und Treugeber zu erfolgen habe. Deshalb sei die weitere Steuernummer vergeben worden; im Übrigen handele es sich bei einer Steuernummer nur um ein Ordnungsmerk­mal. Das FA habe mit dem Bescheid vom 01.12.2016 eine Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheids vorgenommen und ‑‑be­wusst‑‑ eine Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG unterlassen.

Das FA beantragt,
das Urteil des FG vom 23.02.2021 ‑ 10 K 3480/18 F aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Revision schon für unzulässig, da das FA neben der Aufhebung des FG-Urteils die Abweisung einer Klage vom 01.04.2021 beantragt habe, obwohl dem Verfahren keine solche zugrunde liege.

Die Revision sei auch unbegründet. Das FG habe zutreffend entschieden, dass im Streitfall keine Ablaufhemmung eingetreten sei.

II. Die Revision ist zulässig (dazu unter 1.). Sie ist begründet, soweit das FG das FA verpflichtet hat, den Antrag auf Erlass einer Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG zu bescheiden, da die darauf gerichtete Klage mangels Beschwer bereits unzulässig ist (dazu unter 2.). Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Das FG hat zu Recht erkannt, dass der begehrten Änderung des Gewinnfeststel­lungsbescheids vom 18.01.2012 der Eintritt der Feststellungsverjährung nicht entgegensteht und das FA zur Bescheidung des Änderungsantrags der Klägerin vom 04.08.2014 verpflichtet ist (dazu unter 3.).

1. Die Revision ist zulässig.

a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verpflichtung des FA zur Be­scheidung der von der Klägerin mit Einreichung der Feststellungserklärung am 04.08.2014 gestellten Anträge auf Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids vom 18.01.2012 und auf erstmalige Feststellung der verrechenbaren Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nach § 15b EStG. Bei der Gewinnfeststellung sowie der Feststellung nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG han­delt es sich um eigenständige Verwaltungsakte mit selbständigem Regelungs­gehalt, die jedoch miteinander verbunden werden können (BFH-Urteil vom 06.06.2019 ‑ IV R 7/16, BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 15).

b) Die Revision ist ‑‑entgegen der Ansicht der Klägerin‑‑ nicht deshalb unzu­lässig, weil das FA in seinem Revisionsantrag zunächst ein unzutreffendes Da­tum der Klageerhebung genannt hat.

Nach § 120 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muss die Revisions­begründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge). Ergibt sich aus der Re­visionsbegründung das Begehren des Revisionsklägers unzweifelhaft, dann kann auf einen förmlichen Revisionsantrag verzichtet werden (BFH-Urteile vom 22.10.2015 ‑ IV R 7/13, BFHE 251, 335, BStBl II 2016, 219, Rz 17; vom 26.08.2020 ‑ II R 6/19, BFHE 269, 399, BStBl II 2021, 592, Rz 11).

Auch wenn das FA in seinem ursprünglichen Revisionsantrag ein unzutreffen­des Datum der Erhebung der Klage genannt hat, erfüllt die Revisionsbegrün­dung die Voraussetzungen des § 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO. Denn es ist gleichwohl hinreichend erkennbar, inwieweit sich das FA durch das angefochtene Urteil beschwert fühlt und es dessen Aufhebung begehrt. Ebenso ist ohne weiteres ersichtlich, auf welche Klage sich der Abweisungsantrag des FA bezieht, denn die Angabe des unzutreffenden Datums der Klageerhebung erfolgte offensicht­lich versehentlich.

2. Die Revision ist begründet, soweit das FG das FA verpflichtet hat, den An­trag der Klägerin auf Erlass einer Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG zu be­scheiden. Das Urteil des FG ist insoweit aufzuheben, denn die Klage ist man­gels Beschwer unzulässig.

a) Die Klägerin war zwar gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO a.F. bzw. § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FGO i.d.F. des Art. 27 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes vom 22.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411) befugt, im Zusammenhang mit der begehrten Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids vom 18.01.2012 zu­gleich eine auf den erstmaligen Erlass einer Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG gerichtete Klage zu erheben (z.B. BFH-Urteil vom 06.06.2019 ‑ IV R 7/16, BFHE 265, 147, BStBl II 2019, 513, Rz 17, zur Anfechtungsklage).

b) Allerdings fehlt es in Bezug auf diese Klage an einer Beschwer.

aa) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ab­lehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO). Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 FGO sind bereits erfüllt, wenn das Klagevorbringen es als zumin­dest möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Entscheidung eigene Rechte des Klägers verletzt. Keine Rechtsverletzung macht ein Kläger indes regelmäßig dann geltend, wenn er sich dagegen wendet, dass eine gegen ihn festgesetzte Steuer oder für ihn festgestellte Einkünfte zu niedrig seien. Eine Rechtsverletzung kann aber dann vorliegen, wenn ein Zusammenhang zwi­schen der angegriffenen ‑‑unmittelbar‑‑ begünstigenden Steuerfestsetzung oder Einkünftefeststellung und einem den Kläger ‑‑mittelbar‑‑ benachteiligen­den anderen Verwaltungsakt besteht (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2021 ‑ IV R 7/19, BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rz 35 f.).

bb) Einen solchen Zusammenhang hat die Klägerin jedoch nicht dargetan.

Rechtsfolge der Feststellung von Verlusten im Zusammenhang mit Steuerstun­dungsmodellen nach § 15b Abs. 4 EStG ist gemäß § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG das Verbot, diese Verluste mit anderen Einkünften auszugleichen und nach § 10d EStG abzuziehen. Lediglich eine Minderung der in den folgenden Wirt­schaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielten Einkünfte ist zulässig (§ 15b Abs. 1 Satz 2 EStG). Damit werden Einschränkungen bei der Berück­sichtigung von (steuermindernden) Verlusten bei der Bestimmung der Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) wie auch bei dem Verlustabzug nach § 10d EStG bewirkt.

Führte die Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG jedoch zu einer Beschränkung der Verlustverrechnungs- beziehungsweise Verlustabzugsmöglichkeiten, so ist eine Rechtsverletzung durch eine (bisher) unterlassene Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG nicht erkennbar.

c) Da das FG dies bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat, war seine Entscheidung insoweit aufzuheben und die Klage, soweit diese auf die Beschei­dung des Antrags auf Erlass einer Verlustfeststellung nach § 15b Abs. 4 EStG gerichtet war, als unzulässig abzuweisen.

3. Im Übrigen ist die Revision unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist zu Recht von einem Verpflichtungsbegehren der Klägerin ausgegangen (dazu un­ter a). Auch hat es zutreffend entschieden, dass der begehrten Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids vom 18.01.2012 der Eintritt der Feststellungs­verjährung nicht entgegensteht und das FA somit zur Bescheidung des Ände­rungsantrags der Klägerin vom 04.08.2014 betreffend die Gewinnfeststellung 2009 verpflichtet ist (dazu unter b), da das FA über diesen Antrag auch nicht durch Erlass des Gewinnfeststellungsbescheids 2009 vom 01.12.2016 ent­schieden hat (dazu unter c).

a) Das FG ist zutreffend von einem Verpflichtungsbegehren der Klägerin aus­gegangen. Es hat antragsgemäß ein Bescheidungsurteil (§ 101 Satz 2 FGO) erlassen.

aa) Nach § 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO kann durch eine Klage die Verurteilung des FA zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

Die Verpflichtungsklage ist die statthafte Klageart für das Begehren, die vom FA abgelehnte Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen­den Verwaltungsakts zu erreichen (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.1992 ‑ V R 66/85, BFHE 167, 221, unter II.5. [Rz 51]; vom 11.11.2014 ‑ I R 46/13; vom 14.09.2017 ‑ IV R 28/14, Rz 14; vom 27.10.2020 ‑ VIII R 30/17, BFHE 271, 295, BStBl II 2021, 927, Rz 33).

Neben einer Vornahmeklage, die auf den Erlass des beantragten und abge­lehnten Bescheids gerichtet ist (Verpflichtungsklage im engeren Sinne), kann auch eine Bescheidungsklage zulässig sein (vgl. § 101 Satz 2 FGO). Diese zielt darauf, das FA zu verpflichten, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (Rauda in Hübschmann/Hepp/Spitaler ‑‑HHSp‑‑, § 101 FGO Rz 46).

bb) Das FG hat für den Streitfall in nicht zu beanstandender Weise angenom­men, dass die Klägerin mit der vorliegenden Klage den Erlass eines Beschei­dungsurteils erstrebte. Denn Gegenstand des Klageverfahrens war allein die Frage, ob das FA wegen Eintritts der Feststellungsverjährung bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert ist, eine Änderung der Gewinn­feststellung für das Streitjahr vorzunehmen.

b) Das FG hat zutreffend entschieden, dass der begehrten Änderung des Ge­winnfeststellungsbescheids 2009 vom 18.01.2012 der Eintritt der Feststel­lungsverjährung nicht entgegensteht. Die Klägerin hat mit der Abgabe der Feststellungserklärung 2009 am 04.08.2014 zugleich eine Änderung des Ge­winnfeststellungsbescheids vom 18.01.2012 gemäß § 164 Abs. 2 AO begehrt. Dieser Antrag hat gemäß § 171 Abs. 3 AO zu einer Ablaufhemmung geführt.

aa) Ob der begehrten Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids 2009 der Eintritt der Feststellungsverjährung entgegensteht, hängt maßgeblich davon ab, ob die Klägerin einen ‑‑zur Ablaufhemmung führenden‑‑ Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gestellt hat. Denn wäre dies nicht der Fall, so wäre im Streitfall die reguläre Feststellungsfrist bereits am 31.12.2016 abgelaufen und der bestehende Vorbehalt der Nachprüfung weg­gefallen (§ 181 Abs. 1 Satz 1, § 164 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 AO).

Die Frist zur Vornahme, Aufhebung oder Änderung einer Feststellung betref­fend die Einkommensteuer beträgt nach § 181 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Der Beginn der Frist wird nach § 170 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bis zum Ablauf des Jahres, in dem die Feststellungserklärung abgegeben wird, gehemmt; sie beginnt jedoch spätestens mit Ablauf des drit­ten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstan­den ist.

Danach beginnt die Verjährungsfrist im Streitfall mit Ablauf des 31.12.2012. Die erst am 04.08.2014 eingereichte Feststellungserklärung hat keinen Ein­fluss auf den Fristbeginn. Die Feststellungsfrist wäre daher mit Ablauf des 31.12.2016 abgelaufen, wenn keine Ablaufhemmung nach § 171 AO bewirkt worden wäre.

bb) Die von der Klägerin am 04.08.2014 bei dem FA eingereichte Feststel­lungserklärung stellt zugleich einen Antrag auf Änderung der Gewinnfeststel­lung dar. Sie hat damit eine Hemmung des Ablaufs der Feststellungsfrist be­wirkt.

(1) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihre Berichtigung nach § 129 AO ge­stellt, so läuft nach § 171 Abs. 3 AO die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

Die Regelung dient zum einen dem Schutz des Steuerpflichtigen. Der Erfolg eines einmal gestellten Antrags soll nicht von der Arbeitsweise und Geschwin­digkeit der Finanzbehörde bei der Bearbeitung des Antrags abhängen. Eine antragsgemäße Entscheidung soll nicht allein daran scheitern, dass die Behör­de die Prüfung des Antrags nicht innerhalb der nach anderen Vorschriften zu bestimmenden Festsetzungsfrist abschließt. Zum anderen soll die Vorschrift auch sicherstellen, dass entsprechende Anträge nicht durch Ablauf der regulä­ren Festsetzungsfrist gegenstandslos werden, sondern unabhängig von der Dauer der Bearbeitungszeit einer Sachentscheidung durch die Verwaltung zu­gänglich bleiben (BFH-Urteil vom 23.09.2020 ‑ XI R 1/19, BFHE 271, 1, BStBl II 2021, 341, Rz 29 f., m.w.N.).

Die Regelung über die Ablaufhemmung ist nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO auch für das Feststellungsverfahren entsprechend anwendbar (BFH-Urteil vom 22.02.2006 ‑ I R 125/04, BFHE 211, 424, BStBl II 2006, 400, unter II.3.f).

(2) Ein ‑‑vor Ablauf der Feststellungsfrist gestellter‑‑ Antrag des Steuerpflich­tigen auf Änderung einer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellung löst die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3 AO aus (Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz 44; Heuermann in HHSp, § 164 AO Rz 69; Oellerich in Gosch, AO § 164 Rz 107; Klein/Rüsken, AO, 17. Aufl., § 164 Rz 36). Dies ist bereits deshalb geboten, um dem FA die in § 164 Abs. 2 Satz 3 AO einge­räumte Möglichkeit zu geben, die Entscheidung über den Antrag bis zu einer abschließenden Prüfung des Steuerfalls hinauszuschieben, ohne den Anspruch des Steuerpflichtigen auf Entscheidung über seinen Antrag in der Sache zu vereiteln.

Für einen wirksamen Antrag des Steuerpflichtigen auf Änderung der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellung bedarf es keiner bestimm­ten Form (Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz 44; Oellerich in Gosch, AO § 164 Rz 105); die Vorschrift erfasst alle ‑‑ausdrücklich oder konkludent vorgetrage­nen‑‑ Begehren oder Bitten an die Finanzbehörde auf ein entsprechendes Ver­waltungshandeln (BFH-Urteil vom 15.05.2013 ‑ IX R 5/11, BFHE 241, 310, BStBl II 2014, 143, Rz 21), und zwar auch dann, wenn der Antrag auf Maß­nahmen abzielt, welche die Behörde ‑‑wie die Steuerfestsetzung‑‑ von Amts wegen vornehmen muss (BFH-Urteil vom 22.01.2013 ‑ IX R 1/12, BFHE 239, 385, BStBl II 2013, 663, Rz 19).

Ob und mit welcher Reichweite ein Antrag nach § 171 Abs. 3 AO vorliegt, hat das FG im Wege der Auslegung zu ermitteln. Der BFH ist an dessen tatsächli­che Würdigung nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, wenn sie verfahrensrecht­lich einwandfrei zustande gekommen und aufgrund der festgestellten Tatsa­chen möglich ist, die Grundsätze der Auslegung von Willenserklärungen beach­tet sowie weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze verstößt (BFH-Urteil vom 23.09.2020 ‑ XI R 1/19, BFHE 271, 1, BStBl II 2021, 341, Rz 36, 41).

(3) Nach der Rechtsprechung des BFH stellt eine Steuererklärung oder Fest­stellungserklärung, zu deren Abgabe der Steuerpflichtige nach § 149 AO im Rahmen seiner allgemeinen Mitwirkungspflichten verpflichtet ist, allerdings keinen Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO dar. Die Abgabe entsprechender Erklärungen führt damit nicht zur Ablaufhemmung. Mit der Erklärungsabgabe kommt der Steuerpflichtige lediglich seiner gesetzlichen Verpflichtung nach. Insoweit sind die Auswirkungen des Einreichungszeitpunkts von Steuererklä­rungen auf die Festsetzungsfrist abschließend in § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO (Anlaufhemmung) geregelt. Wäre die Steuererklärung als Antrag im Sinne des § 171 Abs. 3 AO anzusehen, führte dies zu einer Bevorzugung des pflichtwid­rig handelnden gegenüber dem gesetzestreuen Bürger (vgl. BFH-Urteile vom 15.05.2013 ‑ IX R 5/11, BFHE 241, 310, BStBl II 2014, 143, Rz 21; vom 28.08.2014 ‑ V R 8/14, BFHE 247, 21, BStBl II 2015, 3, Rz 10; vom 12.08.2015 ‑ I R 63/14, Rz 24; vom 23.09.2020 ‑ XI R 1/19, BFHE 271, 1, BStBl II 2021, 341, Rz 33; vom 28.07.2021 ‑ X R 35/20, Rz 21). Anderes gilt jedoch dort, wo eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung nicht besteht und ihr daher ein doppelter Zweck zukommt (BFH-Urteile vom 20.01.2016 ‑ VI R 14/15, BFHE 252, 396, BStBl II 2016, 380, Rz 15; vom 23.09.2020 ‑ XI R 1/19, BFHE 271, 1, BStBl II 2021, 341, Rz 33).

(4) Macht der Steuerpflichtige mit der Abgabe der Steuer- beziehungsweise Feststellungserklärung jedoch zugleich von seinem Recht Gebrauch, auf Grundlage eines bestehenden Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO eine geänderte Festsetzung beziehungsweise Feststellung durch das FA zu beantragen, liegt hierin ein Antrag gemäß § 171 Abs. 3 AO (zustimmend Paetsch in Gosch, AO § 171 Rz 26.1).

(a) Da ein Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO nicht an eine be­stimmte Form gebunden ist, kann er auch durch schlüssiges Handeln, also konkludent gestellt werden. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass der Steuerpflichtige nach den Umständen des Einzelfalls mit der (erstmaligen) Ein­reichung einer Steuererklärung zugleich einen Antrag auf Änderung eines un­ter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheids gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO stellt (so auch FG Nürnberg, Urteil vom 11.09.2003 ‑ VI 322/2002; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.02.2017 ‑ 7 K 7110/16), und zwar auch dann, wenn der Steuererklärung kein Begleitschreiben beigefügt ist, das einen ausdrücklichen Änderungsantrag enthält.

Die gesetzlichen Regelungen in § 171 Abs. 3, § 164 Abs. 2 Satz 2 AO sehen keine Einschränkungen vor, die einer solchen Auslegung des Handelns des Steuerpflichtigen entgegenstünden. Steht ein Verwaltungsakt unter dem Vor­behalt der Nachprüfung, so steht es der Behörde frei, den Bescheid umfassend zugunsten oder zulasten des Steuerpflichtigen zu ändern (§ 164 Abs. 2 Satz 1 AO). In vergleichbarer Weise hat auch der Steuerpflichtige ein korrespondie­rendes Recht, die Vornahme einer Änderung ohne weitere Voraussetzungen zu beantragen (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO).

Es besteht auch kein Grund dafür, einen für den Empfänger erkennbaren, kon­kludenten Antrag des Steuerpflichtigen auf Änderung nur deshalb nicht als sol­chen anzuerkennen, weil er damit zugleich seiner Pflicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung nachkommt (so im Ergebnis auch FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.02.2017 ‑ 7 K 7110/16, Rz 22; anderer Ansicht FG München, Urteile vom 20.10.2015 ‑ 12 K 1733/11, Rz 24; vom 06.05.2020 ‑ 12 K 225/19, Rz 18). Für eine solche Differenzierung findet sich auch im Wortlaut des § 164 Abs. 2 AO kein Anhalt.

Es wäre reine Förmelei ohne ‑‑wie das FG zutreffend ausführt‑‑ rechtlichen Mehrwert, einen Änderungsantrag nur anzuerkennen, wenn zusätzlich ein solcher ausdrücklich ‑‑etwa in einem Begleitschreiben oder Vermerk‑‑ gestellt wird.

Dieses Verständnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zur Ein­legung eines Einspruchs durch (kommentarlose) Abgabe einer Steuererklä­rung. Danach ist im Zweifel vom Vorliegen eines Einspruchs auszugehen, wenn nach Ergehen eines Bescheids auf Grundlage einer Schätzung der Besteue­rungsgrundlagen der Steuerpflichtige (ohne weitere Begründung, innerhalb der Einspruchsfrist) eine Steuererklärung einreicht (z.B. BFH-Urteile vom 27.02.2003 ‑ V R 87/01, BFHE 201, 416, BStBl II 2003, 505, unter II.3.a [Rz 23]; vom 24.08.2004 ‑ VIII R 7/04, BFH/NV 2005, 11, unter II.2.c [Rz 33]).

(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Feststellung des FG, wonach die Klägerin mit der Abgabe der Feststellungserklärung vom 04.08.2014 zugleich einen Änderungsantrag gemäß § 164 Abs. 2 AO gestellt hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG konnte ohne Rechtsfehler annehmen, die Kläge­rin habe mit der Abgabe der Feststellungserklärung zum Ausdruck gebracht, dass die bislang geschätzten Einkünfte die von ihr ermittelten Einkünfte deut­lich verfehlten und daher der Feststellungsbescheid vom 18.01.2012 entspre­chend anzupassen sei. Bereits angesichts der erheblichen Differenz zwischen den bisher festgestellten Einkünften von 0 € und dem mit der Feststellungser­klärung angegebenen Verlust von 1.262.513,15 € ist dies naheliegend.

(c) Entgegen der Ansicht des FA ist bei dem aufgezeigten Normverständnis nicht von einer ungerechtfertigten Benachteiligung eines Steuerpflichtigen, der seine Steuererklärungen rechtzeitig abgegeben hat, gegenüber demjenigen, der dies zunächst unterlassen und deshalb bereits eine Schätzung von Besteu­erungsgrundlagen verursacht hat, auszugehen. Denn die verfahrensrechtliche Position des Steuerpflichtigen, gegen den bereits eine Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, ist nicht mit der Situation desjenigen vergleichbar, für den noch keine (regelmäßig belastende) steuerliche Festset­zung erfolgt ist. Im ersten Fall kann das FA jederzeit seine schon bestehende Festsetzung zugunsten oder zulasten des Steuerpflichtigen ändern, ohne dass der Steuerpflichtige dies ‑‑etwa durch Rücknahme eines Rechtsbehelfs in ei­nem Einspruchsverfahren‑‑ verhindern könnte. Im anderen Fall besteht noch keine Belastung des Steuerpflichtigen mit Ausnahme der allgemeinen Ver­pflichtung zur Abgabe einer Steuer- beziehungsweise Feststellungserklärung.

c) Das FG hat schließlich zutreffend erkannt, dass der Antrag der Klägerin vom 04.08.2014 auf Änderung der Gewinnfeststellung nicht bereits bestandskräftig durch den Gewinnfeststellungsbescheid 2009 vom 01.12.2016 beschieden und damit erledigt ist (vgl. BFH-Urteil vom 07.11.2006 ‑ VI R 14/05, BFHE 215, 61, BStBl II 2007, 236, unter II.1.b bb [Rz 19]). Denn dieser Bescheid ist nichtig und damit unwirksam (dazu unter aa, bb); der gestellte Änderungsan­trag ist unverändert wirksam (dazu unter cc).

aa) Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Mangel leidet und dies bei verständiger Würdi­gung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam (§ 124 Abs. 3 AO). Während ein nur rechtswid­riger Verwaltungsakt noch im Einspruchsverfahren geheilt werden kann, ist dies bei einem nichtigen Verwaltungsakt ausgeschlossen (BFH-Urteile vom 26.03.1991 ‑ VIII R 210/85, BFH/NV 1992, 73, unter II.2. [Rz 23]; vom 12.05.2016 ‑ II R 17/14, BFHE 253, 505, BStBl II 2016, 822, Rz 23).

(1) Nach § 119 Abs. 1 AO muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend be­stimmt sein. Einem Verwaltungsakt muss der Regelungsinhalt eindeutig zu entnehmen sein. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist im Wege der Aus­legung unter Berücksichtigung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bür­gerlichen Gesetzbuchs zu ermitteln. Entscheidend sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Rege­lung, wie ihn der Empfänger nach den ihm bekannten Umständen unter Be­rücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Zur Auslegung ist das Revisionsgericht befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG insoweit ausreichend sind (BFH-Urteil vom 21.06.2017 ‑ V R 3/17, BFHE 259, 140, BStBl II 2018, 372, Rz 18, m.w.N.).

(2) Ein Steuerbescheid ist mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein wirksamer Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteile vom 23.08.2000 ‑ X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662, unter II.2. [Rz 25 ff.]; vom 20.03.2013 ‑ X R 38/11, Rz 21; vom 18.04.2023 ‑ VII R 59/20, BFHE 280, 373, BStBl II 2023, 950, Rz 31). Der Empfänger muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Um­fang eine bisherige Festsetzung geändert wurde. Hierzu genügt es, wenn aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der durch die Behörde gegebenen Begründung oder aus den dem Empfänger bekannten, näheren Umständen des Erlasses des Bescheids im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann. Nicht allein entscheidend ist insoweit jedenfalls, dass das Datum des geänderten Bescheids nicht genannt wird (BFH-Urteil vom 12.05.2011 ‑ V R 25/10, Rz 30, m.w.N.).

bb) Im Streitfall hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Wei­se auf Grundlage der getroffenen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen und auf Grundlage des ‑‑auch für das Revisions­gericht selbst auslegbaren‑‑ Verwaltungsakts entschieden, dass der Bescheid vom 01.12.2016 nichtig ist.

Es war danach für die Klägerin als Empfängerin nicht erkennbar, in welchem Verhältnis der Gewinnfeststellungsbescheid 2009 vom 01.12.2016 zu dem be­reits bestandskräftigen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Ge­winnfeststellungsbescheid 2009 vom 18.01.2012 stand. So unterblieb nicht nur ein Hinweis in den Erläuterungen auf den vorhergehenden Gewinnfeststel­lungsbescheid 2009, aus dem sich hätte ergeben können, dass der ältere Be­scheid durch den zeitlich nachfolgenden Bescheid ersetzt werden sollte. Auch die Bezugnahme auf § 164 Abs. 1 AO legt nahe, dass ein Erstbescheid ergehen sollte und keine Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheids vom 18.01.2012 nach § 164 Abs. 2 AO beabsichtigt war. Schließlich erschließt sich weder aus dem Bescheid vom 01.12.2016 noch aus den eingereichten Unterlagen, weshalb S erstmals als Feststellungsbeteiligter aufgenommen wurde und welchen Hintergrund die Verwendung einer anderen Steuernummer als im Bescheid vom 18.01.2012 beziehungsweise in der Feststellungserklärung hatte.

Dem Bescheid vom 01.12.2016 ist weiterhin nicht zu entnehmen, ob dem FA überhaupt bewusst war, dass am 18.01.2012 bereits ein Gewinnfeststellungs­bescheid für den nämlichen Veranlagungszeitraum mit zum Teil abweichenden Feststellungsbeteiligten ergangen war. Weder dem Bescheid vom 01.12.2016 selbst noch den Begleitumständen ist zu entnehmen, dass das FA durch den Bescheid vom 01.12.2016 den Bescheid vom 18.01.2012 aufheben oder ändern wollte.

Entgegen der Auffassung des FA musste die Klägerin nicht etwa deshalb vom Vorliegen eines Änderungsbescheids ausgehen, weil es erst nach dem Erlass des Schätzbescheids vom 18.01.2012 und vor dem Erlass des Bescheids vom 01.12.2016 zur Aufdeckung des Treuhandverhältnisses gekommen ist. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass nicht verständlich ist, warum mit ei­nem Feststellungsbescheid, in dem die Steuernummer für die zweite Stufe ei­nes mehrstufigen Feststellungsverfahrens genannt ist, ein Feststellungsbe­scheid der ersten Stufe geändert werden sollte.

Einer in solchem Maß unklaren Regelung kann keine Rechtsverbindlichkeit zu­gemessen werden; sie ist nichtig.

cc) Danach ist die von der Klägerin begehrte Änderung des Gewinnfeststel­lungsbescheids vom 18.01.2012 verfahrensrechtlich möglich, denn der in dem Bescheid enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung ist ‑‑mangels Eintritts der Feststellungsverjährung‑‑ nicht gemäß § 164 Abs. 4 AO entfallen.

Das FG hat deshalb zu Recht das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbe­scheids vom 07.12.2017, soweit dieser die Gewinnfeststellung 2009 betrifft, und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16.11.2018 nach § 101 Satz 2 FGO zur Bescheidung des Antrags auf Änderung des Gewinnfest­stellungsbescheids vom 18.01.2012 verpflichtet. Aus Gründen der Rechtsklar­heit durfte es zudem den nichtigen Gewinnfeststellungsbescheid vom 01.12.2016 aufheben.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 FGO.

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