BFH: Auftragsprüfung bei einem Steuerberater
- Die Anordnung einer Auftragsprüfung bei einem Steuerberater kann grundsätzlich mit der Vermeidung von typischerweise zu erwartenden Spannungen begründet werden (Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).
- Macht der Steuerberater im Einspruchsverfahren Umstände geltend, die auf eine Zweckverfehlung im konkreten Einzelfall hindeuten, etwa weil er seine berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig im Bezirk des beauftragten Finanzamts entfalte, muss das Finanzamt dem nachgehen und in der Einspruchsentscheidung eine individuelle Ermessensentscheidung treffen; das Finanzamt muss derartige Umstände des Einzelfalls aber nicht von Amts wegen aufklären und berücksichtigen.
- Umstände, die der Kläger erstmals im Klageverfahren geltend macht, können bei der rechtlichen Überprüfung einer Ermessensentscheidung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.
AO § 195 Satz 2, § 121, § 5, § 367 Abs. 2 Satz 1
FGO § 102
BFH-Urteil vom 20.10.2024, VIII R 18/21 (veröffentlicht am 19.12.2024)
Vorinstanz: FG Münster vom 28.6.2021, 1 K 3391/20 AO = SIS 21 12 52
I. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Steuerberater und erzielt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Am 20.01.2020 leitete das Finanzamt N ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärungen 2017 und 2018 sowie Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung 2018 ein.
Mit innerdienstlichem Schreiben vom 23.07.2020 beauftragte das für die Besteuerung des Klägers zuständige Finanzamt B (FA B) den Beklagten und Revisionskläger (FA C) mit einer Außenprüfung beim Kläger wegen Einkommensteuer und Umsatzsteuer für 2015 bis 2018. Mit Bescheid vom 20.08.2020 ordnete das FA C auftragsgemäß beim Kläger eine Außenprüfung an und verwies auf seine Beauftragung durch das FA B. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, die Anordnung einer Auftragsprüfung sei ermessensfehlerhaft. Zwar könne bei Steuerberatern grundsätzlich eine Auftragsprüfung zulässig sein. Bei der Ausübung des Ermessens müssten aber stets alle Umstände des Einzelfalls betrachtet werden. Bei ihm hätten in der Vergangenheit bereits zwei Außenprüfungen stattgefunden, die das FA B durchgeführt habe. Dabei sei es nicht zu Spannungen gekommen, obwohl er gleichzeitig durch existenzbedrohende steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren belastet gewesen sei. Es sei nicht verständlich, weshalb dies nun anders beurteilt werde. Außerdem seien bei ihm noch Vorgänge seit 2009 offen, für die das FA B zuständig sei. Insofern seien auch Wechselwirkungen zu beachten, die sich bereits aus einzelnen Prüferanfragen ergäben. Schließlich sei sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht beachtet worden.
Das FA C wies den Einspruch des Klägers nach Einholung der vom FA B angestellten Ermessenserwägungen mit Einspruchsentscheidung vom 16.11.2020 zurück. Die Beauftragung eines benachbarten Finanzamts mit der Durchführung der Außenprüfung sei ermessensgerecht. Es sei generell davon auszugehen, dass sie der Vermeidung von Spannungen diene und keiner weiteren Begründung bedürfe. Aber selbst wenn man eine Einzelfallprüfung für erforderlich hielte, wäre die Beauftragung eines anderen Finanzamts im vorliegenden Fall gerechtfertigt, denn die Prüfung des Klägers durch das FA B berge angesichts des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für Spannungen. Dem könne der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass das FA B noch mit Rechtsbehelfen gegen frühere Prüfungsfeststellungen befasst sei. Auch verstoße die Beauftragung eines benachbarten Finanzamts nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Die dagegen gerichtete Klage des Klägers hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Prüfungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1434 veröffentlichtem Urteil aufgehoben. Das FA B habe sein Auswahlermessen nicht ausgeübt und nicht begründet, warum es gerade das FA C mit der Außenprüfung beauftragt habe. Dazu wäre es aber verpflichtet gewesen. Werde die Beauftragung eines anderen Finanzamts mit zu erwartenden Spannungen begründet, müsse das beauftragende Finanzamt erwägen, ob solche Spannungen durch die Beauftragung vermieden oder reduziert werden könnten. Insofern sei bei der Prüfung eines Steuerberaters auch einzubeziehen, welche Mandate er im Bezirk des beauftragenden Finanzamts, des beauftragten Finanzamts und gegebenenfalls weiterer benachbarter Finanzämter betreue. Dies könne im Einzelfall tatsächliche Vorermittlungen erforderlich machen, zum Beispiel eine Vorabsichtung des Mandantenstamms des Steuerberaters.
Mit seiner Revision rügt das FA C die Verletzung von Bundesrecht (§§ 195, 121 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑).
Das FA C beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Revisionsverfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Es unterstützt die Auffassung des FA C. Das angefochtene Urteil weiche von der bisherigen Rechtsprechung ab. Es stelle übersteigerte Anforderungen an den Umfang der Ermessensprüfung und ihre Begründung bei der Anordnung einer Auftragsprüfung.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage als unbegründet. Das FG hat die Prüfungsanordnung zu Unrecht aufgehoben. Die Prüfungsanordnung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO).
a) Der Auftrag kann innerdienstlich erteilt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 10.12.1987 ‑ IV R 77/86, BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322; vom 15.05.2013 ‑ IX R 27/12, BFHE 241, 21, BStBl II 2013, 570; vom 06.08.2013 ‑ VIII R 15/12, BFHE 242, 297, BStBl II 2014, 232). Eine innerdienstliche Beauftragung entfaltet zunächst keine Außenwirkung und ist daher auch nicht gemäß § 121 Abs. 1 AO zu begründen. Gegenüber dem Steuerpflichtigen tritt die Absicht der Finanzbehörde, eine Außenprüfung durchführen zu wollen, erst mit dem Erlass der Prüfungsanordnung hervor (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.1987 ‑ IV R 77/86, BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322, unter 2.). In der Beauftragung müssen der zu prüfende Steuerpflichtige und der zeitliche und sachliche Umfang der Prüfung festgelegt werden. Daran ist das beauftragte Finanzamt gebunden (vgl. BFH-Beschluss vom 10.12.2012 ‑ II B 108/11, BFH/NV 2013, 344, Rz 7, m.w.N.). Wird die Prüfungsanordnung angefochten, ist inzident auch die Rechtmäßigkeit der innerdienstlichen Beauftragung zu prüfen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.05.2013 ‑ IX R 27/12, BFHE 241, 21, BStBl II 2013, 570).
b) Die beauftragte Finanzbehörde darf kraft des Auftrags anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen. Sie ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt. Der Einspruch gegen die Anordnung ist gegen die beauftragte Behörde zu richten, die auch über den Einspruch zu entscheiden hat (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 06.08.2013 ‑ VIII R 15/12, BFHE 242, 297, BStBl II 2014, 232, Rz 11, m.w.N.).
c) Ist die Finanzbehörde ‑‑wie hier gemäß § 195 Satz 2 AO‑‑ ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO). Bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung ist die Finanzbehörde an ihre Ermessensentscheidung nicht gebunden. Auch eine Ermessensentscheidung ist im Einspruchsverfahren voll zu überprüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO). Gegebenenfalls ist eine neue Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.2015 ‑ V R 2/15, BFH/NV 2015, 1665, Rz 15). Dabei ist die Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen, wie sie sich im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung darstellt (BFH-Urteil vom 26.08.2010 ‑ III R 16/08, BFHE 232, 12, BStBl II 2013, 617, Rz 16).
d) Als ‑‑im Streitfall‑‑ schriftlich ergangener Verwaltungsakt ist die Prüfungsanordnung mit einer Begründung zu versehen, soweit dies zu ihrem Verständnis erforderlich ist (§ 121 Abs. 1 AO). Die Begründung muss die Ermessenserwägungen der Behörde erkennen lassen (vgl. BFH-Urteil vom 06.08.2013 ‑ VIII R 15/12, BFHE 242, 297, BStBl II 2014, 232, Rz 13). Um eine solche Ermessensentscheidung handelt es sich bei der Anordnung einer Auftragsprüfung. Da hiervon auch die Belange des Steuerpflichtigen berührt werden, müssen in der Prüfungsanordnung die Gründe für die Übertragung der Prüfung genannt werden (vgl. BFH-Urteile vom 10.12.1987 ‑ IV R 77/86, BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322, unter 2.; vom 06.08.2013 ‑ VIII R 15/12, BFHE 242, 297, BStBl II 2014, 232, Rz 12 f.). Hiervon darf nur abgesehen werden, wenn die Gründe dem Steuerpflichtigen bekannt oder ohne weiteres erkennbar sind (§ 121 Abs. 2 Nr. 2 AO; BFH-Urteile vom 19.05.2022 ‑ III R 16/20, BFH/NV 2022, 1160, Rz 18; vom 06.08.2013 ‑ VIII R 15/12, BFHE 242, 297, BStBl II 2014, 232, Rz 13). Eine unterbliebene Begründung kann in der Einspruchsentscheidung durch das beauftragte Finanzamt nachgeholt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 10.12.2012 ‑ II B 108/11, BFH/NV 2013, 344, Rz 12, m.w.N.; vgl. auch § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO i.V.m. § 102 Satz 2 FGO).
e) Das FG kann die behördliche Ermessensentscheidung nach § 102 FGO nur darauf überprüfen, ob die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten sind (BFH-Urteile vom 19.05.2022 ‑ III R 16/20, BFH/NV 2022, 1160, Rz 14, m.w.N.; vom 17.05.2022 ‑ VIII R 26/20, BFHE 277, 218, BStBl II 2022, 829, Rz 17). Ein eigenes Urteil, ob eine andere Entscheidung (sach‑)gerechter oder zweckmäßiger gewesen wäre, steht dem FG nicht zu (BFH-Beschluss vom 11.10.1995 ‑ II S 13/95, BFH/NV 1996, 254, Rz 19; vgl. auch BFH-Urteil vom 17.05.2022 ‑ VIII R 26/20, BFHE 277, 218, BStBl II 2022, 829, Rz 17). Maßgeblich ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Später eingetretene oder bekannt gewordene Umstände sind in die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung nicht einzubeziehen. Das gilt jedenfalls für den hier vorliegenden Fall einer Anfechtungsklage (vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2017 ‑ IX R 2/17, BFH/NV 2018, 322, Rz 19 f.). Diese Grundsätze sind nach § 121 Satz 1 FGO auch im Revisionsverfahren zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 17.05.2022 ‑ VIII R 26/20, BFHE 277, 218, BStBl II 2022, 829, Rz 17).
f) Der BFH hat in der Vergangenheit die mit der Vermeidung von "Reibungen" begründete Auftragsprüfung bei einer Steuerberatersozietät oder einem selbständigen Steuerberater durch ein benachbartes Finanzamt als sachlich vertretbar und damit ermessensgerecht erachtet (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.1987 ‑ IV R 77/86, BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322, unter 4.; BFH-Beschluss vom 29.02.2012 ‑ III B 235/11, BFH/NV 2012, 981, Rz 12).
g) Die Beauftragung eines anderen Finanzamts nach § 195 Satz 2 AO verstößt weder gegen das Recht des Steuerpflichtigen auf informationelle Selbstbestimmung, noch wird sie durch das Datenschutzrecht eingeschränkt (vgl. BFH-Beschluss vom 17.02.2011 ‑ VIII B 51/10, BFH/NV 2011, 761, Rz 6).
2. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen (unter 2.b). Sein Urteil kann deshalb keinen Bestand haben.
a) Ein Ermessensfehler (Zweckverfehlung) kann vorliegen, wenn bei einem Steuerberater die Anordnung einer Auftragsprüfung ihm gegenüber zunächst (nur) mit der Vermeidung von typischerweise zu erwartenden Spannungen begründet wird und sich dann herausstellt, dass die Beauftragung daran (voraussichtlich) nichts ändert, weil bei Durchführung der Prüfung durch das beauftragte Finanzamt typischerweise mit ebensolchen Spannungen gerechnet werden muss. Eine solche Konstellation kann etwa vorliegen, wenn der Steuerberater seine beratende Tätigkeit in gleichem Umfang (oder sogar noch intensiver) im Bezirk des beauftragten Finanzamts entfaltet. Die typisierende Vermutung von Spannungen bei der Prüfung eines Steuerberaters durch das zuständige Finanzamt beruht auf der Annahme, dass der Steuerberater typischerweise seine beratende Tätigkeit schwerpunktmäßig im Bezirk des für ihn zuständigen Finanzamts ausübt. Ist das nicht der Fall, sondern übt er ‑‑wie im Streitfall behauptet‑‑ seine Tätigkeit sogar schwerpunktmäßig im Bezirk des beauftragten Finanzamts aus, kann die Auftragsprüfung den ihr zugedachten Zweck nicht erfüllen. Soweit das FG ähnliche Erwägungen angestellt hat, ist dagegen in der Sache nichts einzuwenden.
Werden derartige Umstände im Einspruchsverfahren geltend gemacht, muss ihnen das Finanzamt nachgehen, den Sachverhalt gegebenenfalls aufklären und seine Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung des neu bekannt gewordenen Sachverhalts vollumfänglich überprüfen. In einem solchen Fall kann sich das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung nicht mit Erfolg darauf zurückziehen, es habe sein Ermessen mit der typisierenden Annahme von Spannungen bereits ausgeübt. Das wird der im Einspruchsverfahren gebotenen Vollüberprüfung der Ermessenentscheidung nicht gerecht. Nicht ausreichend wäre es auch, in einem solchen Fall allein darauf abzustellen, dass die beim beauftragenden Finanzamt zu erwartenden Spannungen vermieden werden, wenn ein anderes Finanzamt prüft. Die Auftragsprüfung dient nicht dazu, dem beauftragenden Finanzamt die zu erwartenden Spannungen zu ersparen.
An der Grundannahme, dass Steuerberater ihre Beratungstätigkeit typischerweise vor allem im Bezirk des für sie zuständigen Finanzamts entfalten, hält der Senat fest. Soweit sie der Kläger für nicht gerechtfertigt hält, handelt es sich um eine nicht mit Tatsachen unterlegte Behauptung.
b) Nicht gefolgt werden kann dem FG darin, dass die Umstände des Einzelfalls, zu denen auch die Mandatsstruktur des Steuerberaters gehören kann, stets von Amts wegen zu ermitteln und zu berücksichtigen seien. Dies überspannt die Anforderungen an die Ermessensentscheidung bei der Anordnung einer Auftragsprüfung und wird dem Zweck des § 195 Satz 2 AO nicht gerecht.
aa) Wie der BFH bereits mehrfach entschieden hat, genügt zur sachgemäßen Ausübung und Begründung des Ermessens bei der Anordnung einer Auftragsprüfung grundsätzlich eine typisierende Beurteilung. Macht der Steuerpflichtige im Einspruchsverfahren keine besonderen Umstände geltend, die im Einzelfall gegen die Grundannahme sprechen und deshalb Veranlassung zu einer Änderung der Ermessensentscheidung geben könnten, hat es dabei sein Bewenden. Deshalb kann es genügen, wenn mit der Außenprüfung bei einem Steuerberater wegen typischerweise zu erwartenden Spannungen ein benachbartes Finanzamt beauftragt wird (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.1987 ‑ IV R 77/86, BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322, unter 4.; BFH-Beschluss vom 29.02.2012 ‑ III B 235/11, BFH/NV 2012, 981, Rz 12). Dem schließt sich der erkennende Senat an. In diesem Fall bedarf es auch hinsichtlich der Ausübung des Auswahlermessens keiner weiteren Erwägungen oder Begründungen. Auf der Grundlage der Annahme, dass der Steuerberater seine beratende Tätigkeit typischerweise überwiegend im Bezirk des für seine Besteuerung zuständigen Finanzamts entfaltet, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Beauftragung eines anderen Finanzamts dazu führen wird, die zu erwartenden Spannungen zu verringern.
bb) Sind dem beauftragenden Finanzamt tatsächliche Umstände bekannt, die diese Annahme erschüttern können, muss es sie bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen. Die objektive Feststellungslast für die positive Kenntnis des Finanzamts von solchen Umständen trägt im finanzgerichtlichen Verfahren nach allgemeinen Grundsätzen der Kläger.
cc) Macht der Steuerpflichtige im Einspruchsverfahren Umstände geltend, die geeignet sind, die Grundannahme zu erschüttern, dass er seine Tätigkeit schwerpunktmäßig im Bezirk des für ihn zuständigen Finanzamts entfaltet, hat das Finanzamt dem nachzugehen und seine Entscheidung auch im Hinblick darauf zu überprüfen. Die Ermessensentscheidung ist im Kern eine Einzelfallprüfung. Das gilt nach Maßgabe der dargelegten prozeduralen Besonderheiten auch bei der Anordnung einer Auftragsprüfung bei einem Steuerberater. Eine Verpflichtung, derartige Umstände bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens von Amts wegen aufzuklären und zu berücksichtigen, besteht aber nicht.
3. Die Sache ist spruchreif. Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze ist die angefochtene Prüfungsanordnung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage ist deshalb abzuweisen.
a) Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht kein Streit, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Auftragsprüfung beim Kläger im Grundsatz vorliegen. Aus dem (internen) Prüfungsauftrag ergeben sich der Steuerpflichtige (der Kläger) und der Prüfungsumfang (Einkommensteuer und Umsatzsteuer für 2015 bis 2018). Die Prüfungsanordnung des FA C stimmt mit dem in der innerdienstlichen Beauftragung durch das FA B festgelegten Prüfungsumfang überein.
b) Die Einspruchsentscheidung vom 16.11.2020 enthält zudem nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze die tragenden Ermessenserwägungen für die Anordnung einer Auftragsprüfung durch ein benachbartes Finanzamt.
aa) Soweit der Kläger meint, das FA B habe bereits sein Entschließungsermessen fehlerhaft ausgeübt, ist das FG dem im angefochtenen Urteil nicht gefolgt, sondern hat ausdrücklich festgestellt, die insofern angestellten Erwägungen seien nachvollziehbar und plausibel. Rechtsfehler sind insoweit weder dargelegt noch ersichtlich. Daran ändert nichts, dass der Kläger die Beurteilung durch das FG nicht teilt.
bb) Nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze hat das FA B im Streitfall auch sein Auswahlermessen in ausreichendem Umfang ausgeübt und begründet, indem es ein benachbartes Finanzamt mit der Prüfung beauftragt hat. Mit den im Einspruchsverfahren vorgebrachten Einwendungen hat sich das FA C in der Einspruchsentscheidung auseinandergesetzt und sie für nicht durchgreifend erachtet. Ein Ermessensfehler ist insoweit weder dargelegt noch ersichtlich.
Der vom FG im angefochtenen Urteil angenommene Ermessensausfall im Hinblick auf das Auswahlermessen liegt nicht vor. Nach Aktenlage hat der Kläger erstmals im Klageverfahren geltend gemacht, die Beauftragung des FA C durch das FA B verfehle ihren Zweck, weil er schwerpunktmäßig im Bezirk des beauftragten Finanzamts tätig sei. Dieser Vortrag kann der finanzgerichtlichen Überprüfung der Ermessensentscheidung schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil er im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung dem FA nicht bekannt war. Der Kläger hat zwar im finanzgerichtlichen Verfahren behauptet, dem FA B sei positiv bekannt gewesen, dass er seine beratende Tätigkeit vor allem im Bezirk des FA C ausübe. Allerdings kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dem beauftragenden Finanzamt bekannt ist, welche Mandate ein Steuerberater im Bezirk des beauftragten Finanzamts betreut. Dahingehende tatsächliche Feststellungen hat das FG nicht getroffen. Das Fehlen entsprechender Feststellungen ist im Streitfall auch nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden, weshalb der BFH insoweit an den vom FG (nicht) festgestellten Sachverhalt gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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