Skip to main content
  • SIS-Datenbank Steuerrecht

    Kann Ihre Steuerrechts-Datenbank,
    was unsere SIS-Datenbank kann?

    • » Online und/oder Offline mit monatlicher Update-DVD
    • » Über 130.000 Urteile und Erlasse, durchgehend mit Leitsätzen
    • » Vollelektronische Handbücher ESt/LSt, KSt, GewSt, USt, AO

    » Einen Monat kostenlos testen

BFH: Kein dual-use bei Ausnutzung der Transporteigenschaft von Rauchgas aus der Verbrennung von Erdgas

Die Verbrennung von Erdgas hat neben dem Verheizen keinen zweiten Ver­wendungszweck im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuer­gesetzes, wenn das durch das Verheizen von Erdgas entstehende Rauchgas zwar passgenau in den weiteren Produktionsprozess eingebunden ist, dafür aber allein die dem Rauchgas immanente Transporteigenschaft ausgenutzt wird.

EnergieStG § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d

BFH-Urteil vom 12.11.2024, VII R 38/22 (veröffentlicht am 9.1.2024)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 2.11.2022, 4 K 2416/20 VE = SIS 23 04 28

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erzeugte und bearbeitete Metal­le, insbesondere Edelstahl- und Nebenerzeugnisse …

Ein Teil der Betriebserlaubnis … umfasste die Säureregenerationsanlage. In dieser wurde die beim Beizen von Stahl verbrauchte und mit Metalloxiden verunreinigte flüssige Mischung aus Fluss- und Salpetersäure als wiedereinsetzbare Mischsäure zurückgewonnen. Zugleich wurden die beim Beizvorgang abgelösten Metallanteile als Metalloxide abgeschieden. Kernele­ment dieses Prozesses war der Sprühreaktor, der aus zwei übereinander an­geordneten und somit räumlich getrennten Temperaturbereichen bestand, die jeweils mit Erdgas beheizt wurden.

Im Sprühreaktor fanden einerseits als Reaktion eine Verdampfung

H2O (flüssig) -> H2O (gasförmig)
HNO3 (in wässriger Lösung) -> HNO3 (gasförmig)
HF (in wässriger Lösung) -> HF (gasförmig)

und andererseits Zersetzungsreaktionen statt.

(beispielhaft für Eisenoxid und Salpetersäure)
2 FeF3 + 3 H2O -> Fe2O3 + 6 HF
2 HNO3 -> NO2 + NO + O2 + H2O

Als Zersetzungsprodukte entstanden im Sprühreaktor Metalloxide und Fluor­wasserstoff. Die Salpetersäure reagierte zu Stickoxiden, Sauerstoff und Was­ser … Die gewünschte Zersetzung der an Metalloxide gebundenen Fluoride und deren Abtrennung und Ausschleusung fand in der unteren Reaktorsektion statt …

In der oberen Sektion bildeten die bei der Verbrennung des Erdgases entste­henden Rauchgase eine beabsichtigte Turbulenz, die folgenden Zielen diente:

1. Die aus den Sprühdüsen kommenden "Tröpfchen" der Mischsäure wurden getrocknet.
2. Die Wände des Reaktors kamen nicht mit der Säure in Kontakt und wurden so vor Säureangriffen geschützt.
3. Die enthaltenen Metallfluoride wurden teilweise zersetzt.

Das bei der Verbrennung des Erdgases entstehende Rauchgas wurde im Reak­tor demnach zur Trocknung der Mischsäure wie auch zu ihrer Trennung vom Metalloxid genutzt. Die nach der Zersetzungsreaktion in der unteren Reaktor­sektion entstandenen Metalloxidanteile waren schwerer als das Rauchgas und fielen im Rauchgasstrom nach unten, während die "Mischsäuretröpfchen" von der Strömung des Rauchgases mitgenommen und damit separiert vom Me­talloxid dem nächsten Prozessschritt zugeführt wurden.

Für die streitgegenständlichen Entlastungszeiträume Dezember 2012 und 2013 gelangte der Beklagte und Revisionskläger (Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) im An­schluss an eine Außenprüfung zu der Auffassung, dass das in der Säurerege­nerationsanlage eingesetzte Erdgas nur dem Verheizen und nicht auch einem weiteren, nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes in der im Streitfall geltenden Fassung (EnergieStG) begünstigten Verwendungszweck diente und lehnte eine Steuerentlastung insofern ab.

Auf den dagegen eingelegten Einspruch hin erließ das HZA den Steuerände­rungsbescheid vom 21.01.2016, in dem es bei der Ablehnung der Entlastung von der Energiesteuer für den Erdgaseinsatz in der Säureregenerationsanlage in Höhe von … € für 2012 und … € für 2013 blieb.

Für den Entlastungszeitraum 2016 gewährte das HZA auf Entlastungsanträge der Klägerin hin nicht die volle beantragte Entlastung, da es unter anderem den hier streitgegenständlichen Erdgaseinsatz in der Säureregenerationsanla­ge nicht für entlastungsfähig hielt. Auch dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.

Nach erfolglosen Einspruchsverfahren hatten die Klagen hinsichtlich des Erdgasverbrauchs in der Säureregenerationsanlage Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verband beide Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung und urteilte, der Einsatz des Erdgases in der Säureregenerationsanlage sei nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG begünstigt. Die Klägerin setze das Erdgas in der Säureregenerationsanlage nicht nur zum Verheizen ein, also zum Erreichen der in der Anlage erforderlichen Temperaturen, mit denen erst die chemischen Reaktionen, die Verdampfung und die anschließende Zersetzung der Metallfluoride in Metalloxide einerseits und Flusssäure andererseits hätten erreicht werden können, sondern auch zu weiteren Zwecken. Das bei der Verbrennung des Erdgases entstehende Rauchgas sei im Reaktor sowohl zur Trocknung der Mischsäure als auch zu ihrer Trennung vom Metalloxid genutzt worden. Die Trennung der Mischsäure von den Metalloxiden sei ohne das Rauchgas nicht möglich gewesen. Vielmehr sei das Rauchgas dafür unverzichtbar. Es habe in der Säureregenerationsanlage nicht durch ein anderes Gas ersetzt werden können und auch nicht nur einen Rückstand dargestellt, der lediglich verwertet worden sei.

Das HZA wendet sich hiergegen mit der Revision. Nach seiner Auffassung liegt bei der Verwendung des Erdgases keine dual-use-Verwendung vor. Die Trock­nung der Mischsäure sei eine unmittelbare Folge des Verheizens des Energie­erzeugnisses. Der Umstand, dass die Mischsäure vom Metalloxid durch das bei der Verbrennung von Erdgas entstehende Rauchgas getrennt werde, sei ent­gegen den Ausführungen des FG kein weiterer Verwendungszweck. Denn an­ders als in den bisherigen Rechtsprechungsfällen liege dem Streitfall kein che­mischer oder physikalischer Prozess zugrunde, in dem durch die Verbrennung eines Energieerzeugnisses ein konkret bezeichneter, im Verbrennungsgas ent­haltener Stoff (Kohlendioxid) erzeugt werde, der im weiteren Prozess eine ganz bestimmte Funktion erfülle und deshalb für den Prozess jeweils zwingend benötigt würde. Hier werde hinsichtlich der Trennung der Mischsäure vom Metalloxid nämlich lediglich eine dem beim Verbrennen von Erdgas entstehen­den Rauchgas immanente Eigenschaft, nämlich dessen Transportwirkung, aus­genutzt.

Zudem rügt das HZA, dass partiell Urteilsgründe fehlten, denn das FG habe nicht deutlich gemacht, worauf es seine Erkenntnis stütze, dass das Rauchgas tatsächlich für die Trennung der Mischsäure von den Metalloxiden unverzicht­bar gewesen sei.

Das HZA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben, soweit der Klage hinsichtlich der Säureregenerationsanlage stattgegeben wurde, und die Klage auch inso­weit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die Klägerin führt aus, das in der Säureregenerationsanlage mit dem einge­setzten Erdgas hergestellte Rauchgas diene einem chemischen Prozess, um Stoffe zu trennen, dem Transport der regenerativen Säure und ihrer Trennung von den unerwünschten Bestandteilen (Metallfluoriden). Eine Bereitstellung des erforderlichen Rauchgases durch die Substitution des Erdgaseinsatzes durch den Einsatz von beispielsweise Strom oder Abwärme sei technisch nicht möglich. Denn eine reine Wärmenutzung ‑‑wie dies beim Einsatz von Strom zur Erzeugung der für das Verdampfen der flüssigen Altsäure notwendigen Temperatur der Fall wäre‑‑ würde die chemischen Prozesse nicht in der benö­tigten Güte im Reaktor auslösen. Das Erdgas werde neben der Erzeugung der im chemischen Prozess benötigten Wärme auch gebraucht, um mit dem ent­stehenden Rauchgas den im Reaktor erforderlichen Gasstrom zu erzeugen, in dem die zu trennenden Stoffe chemisch reagierten und das Zielprodukt Misch­säure anschließend separiert werden könne.

Die Transportwirkung basiere auf der Strömungsausrichtung und Strömungs­geschwindigkeit des Rauchgases und sei damit ein physikalischer, konkret ki­netischer, Vorgang basierend auf dem Zustand des Rauchgases. Auch werde hier nicht lediglich die Transportwirkung in eine Richtung "ausgenutzt", son­dern die "beabsichtigte Turbulenz" unter sorgfältiger Einplanung und Beein­flussung von Strömungsrichtung/‑geschwindigkeit, Temperatur, der Reaktor­geometrie, eingesprühter Menge Mischsäure und weiteren Faktoren herbeige­führt, die im Gesamtsystem der wirkenden Kräfte zu den im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils beschriebenen Effekten in der Säureregenerations­anlage führe.

Die spezielle Anordnung der Einblasdüsen für die Altsäure und der Erdgas­brenner am Reaktor sorge für ein bei der Konstruktion zuvor genau berech­netes Strömungsmuster innerhalb der Anlage. Die Erdgasbrenner seien so ein­gestellt, dass das bei der Verbrennung entstehende Rauchgas zunächst in einem definierten Winkel auf die Innenwände des Reaktors auftreffe, damit dadurch eine definierte Strömung innerhalb des Reaktors entstehe. Die Ein­blasdüsen für die Altsäure seien ihrerseits so ausgerichtet, dass die Altsäure beim Einblasen durch die vorhandene Strömung im mittleren Bereich des Reaktors gehalten werde. Damit werde sichergestellt, dass die korrosiven Be­standteile der verdampften Altsäure die Innenwände des Reaktors nicht be­rührten, so dass diese damit vor Korrosion geschützt seien. Nur wenn die an­lagenspezifischen Vorgaben für die Anlage hinsichtlich Temperatur, Erdgas­menge und eingedüster Altsäuremenge eingehalten seien, funktionierten die kontinuierliche Abscheidung des Metalloxids und die Rückgewinnung von Flusssäure beziehungsweise Salpetersäure der ursprünglichen Mengen als reaktionsfähiger Mischsäure.

Das HZA verkenne, dass es für die Trennung des Metalloxids und zur Abschei­dung der Mischsäure zwingend erforderlich sei, zunächst ein Gasgemisch zu erzeugen, in dem alle Bestandteile enthalten seien, damit zum einen die ge­wollten chemischen Prozesse ablaufen könnten und zum anderen anschließend die Möglichkeit eröffnet werde, die Zielprodukte des Gesamtprozesses ‑‑zum einen Metalloxid, zum anderen Mischsäure‑‑ im speziellen Verfahren der Säu­reregenerationsanlage herauszulösen und zu separieren. Es handele sich um eine für den Gesamtprozess unverzichtbare Komponente, um die für die Ab­scheidung des Metalloxids, den Korrosionsschutz der Anlage und die zur Ge­winnung der Mischsäure erforderlichen chemischen und physikalischen Rah­menbedingungen im Reaktor zu generieren. Das Rauchgas in seiner konkreten Verwendung sei wesentlicher Baustein zur Erzeugung des für den Ablauf und den Abschluss des Produktionsprozesses erforderlichen Gasgemisches als Aus­gangsprodukt für die sich anschließenden Separationsvorgänge.

II. Die Revision ist begründet und die Vorentscheidung daher im beantragten Um­fang aufzuheben. Die Vorentscheidung verletzt insoweit Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Klage ist, auch soweit ihr in der ersten Instanz stattgegeben wurde, abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass für das in der Säureregenerationsanlage verwendete Erdgas die Voraussetzungen für die Entlastung von der Energiesteuer nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG erfüllt sind.

1. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG wird auf Antrag eine Steu­erentlastung gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 und 10, Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4a EnergieStG versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet worden sind.

a) Mit § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG hat der nationale Gesetzgeber seinen Spielraum im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b zweiter Anstrich der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeug­nissen und elektrischem Strom ‑‑Energiesteuerrichtlinie‑‑ (Amtsblatt der Eu­ropäischen Union 2003, Nr. L 283, 51) ‑‑EnergieStRL‑‑ genutzt, wonach die Energiesteuerrichtlinie nicht für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwen­dungszweck gilt. Ein Energieerzeugnis hat dann zweierlei Verwendungsweck, wenn es sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird (Senatsurteil vom 01.06.2022 ‑ VII R 37/20, BFHE 279, 330, Rz 23; Senatsbeschluss vom 31.01.2019 ‑ VII B 115/18, Rz 7).

b) Nach § 1a Satz 1 Nr. 12 EnergieStG ist Verheizen im Sinne des Energie­steuergesetzes das Verbrennen von Energieerzeugnissen zur Erzeugung von Wärme. Eine Verwendung zum Verheizen liegt immer dann vor, wenn Energie­erzeugnisse verbrannt werden und die so erzeugte thermische Energie zum Heizen genutzt wird, und zwar unabhängig vom Zweck des Heizens, der auch die Umwandlung oder Vernichtung des Stoffes umfassen kann, auf den die thermische Energie bei einem chemischen und industriellen Prozess übertra­gen wird (Senatsurteil vom 01.06.2022 ‑ VII R 37/20, BFHE 279, 330, Rz 24, m.w.N.).

2. Die Frage, wann ein Energieerzeugnis gleichzeitig auch zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird, war gerade auch in den letzten Jahren bereits mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und insbesondere des erkennenden Senats.

a) In seinem Urteil X vom 02.10.2014 ‑ C‑426/12, EU:C:2014:2247, Rz 24 ff. hat der EuGH entschieden, dass die Verwendung eines Energieerzeugnisses nur dann nicht in den Anwendungsbereich der Energiesteuerrichtlinie fällt, wenn dieses Erzeugnis ‑‑in seiner Funktion als Energiequelle‑‑ selbst anders als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird. Ein Energieerzeugnis, das im Rah­men eines Herstellungsprozesses verbrannt wird, kann daher zweierlei Ver­wendungszweck haben, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz eines Stoffes durchgeführt werden kann, von dem feststeht, dass er nur durch die Verbren­nung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden kann. Ist dagegen ein bei der Verbrennung entstehendes Gas nicht das zur Durchführung des Produktionsprozesses erforderliche Erzeugnis, sondern ein Rückstand dieses Prozesses, der lediglich verwertet wird, hat das Energieerzeugnis selbst nicht zweierlei Verwendungszweck.

Dies hat der EuGH in seinem Beschluss YARA Brunsbüttel vom 17.12.2015 ‑ C‑529/14, EU:C:2015:836, Rz 24 ff. bestätigt. Hier hat der EuGH ‑‑unter Ver­weis auf sein Urteil X vom 02.10.2014 ‑ C‑426/12, EU:C:2014:2247‑‑ weiter ausgeführt, dass, wenn die bloße Verwertung eines Rückstands aus der Ver­brennung eines Energieerzeugnisses bereits für das Vorliegen von "zweierlei Verwendungszweck" im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b EnergieStRL ausreichen würde, dies bedeuten würde, dass die Frage, ob ein solches Energieerzeugnis in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, davon abhinge, ob ein bestimmter Hersteller Verfahren zur Verwertung des Rückstands aus der Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses einsetzte. Nach dieser EuGH-Entscheidung stellt die Verwendung von Erdgas zum einen zum Überhitzen und Trocknen von Dampf und zum anderen zur thermischen Zersetzung und Ableitung der aus dem Herstellungsprozess stammenden Restgase keinen Fall von "zweierlei Verwendungszweck" dieses Gases im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b EnergieStRL dar (EuGH-Beschluss YARA Brunsbüttel vom 17.12.2015 ‑ C‑529/14, EU:C:2015:836, Rz 28 ff.).

b) Der erkennende Senat hat den EuGH in seinem Urteil X vom 02.10.2014 ‑ C‑426/12, EU:C:2014:2247, Rz 24 ff. so verstanden, dass es ausreicht, wenn in einem Herstellungsverfahren allein das eingesetzte Energieerzeugnis in der Lage ist, einen zur Fertigstellung des Produkts erforderlichen Stoff (zum Bei­spiel Kohlendioxid) zur Verfügung zu stellen (Senatsurteil vom 13.01.2015 ‑ VII R 35/12, BFHE 248, 287, Rz 24). Weiterhin geht der erkennende Senat unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils X vom 02.10.2014 ‑ C‑426/12, EU:C:2014:2247 davon aus, dass es allein darauf ankommt, ob das Energieer­zeugnis selbst oder dessen Verbrennungsprodukte für den Abschluss des Pro­duktionsprozesses erforderlich sind. Eine stoffliche Verbindung zwischen dem Energieerzeugnis und dem hergestellten Produkt ist nicht erforderlich (Senats­urteile vom 13.01.2015 ‑ VII R 35/12, BFHE 248, 287, Rz 26 und 28 und vom 10.11.2015 ‑ VII R 40/14, Rz 11; Senatsbeschlüsse vom 31.01.2019 ‑ VII B 115/18, Rz 10 und vom 31.01.2019 ‑ VII B 147/18, Rz 14). In dem Se­natsurteil vom 10.11.2015 ‑ VII R 40/14 hat der Senat die Förderung der Kris­tallisation und eine stabilisierende Wirkung, die durch die Verbrennung von Erdgas bei Natriumpercarbonat erreicht wurde, als einen neben dem Verheizen bestehenden zweiten Verwendungszweck anerkannt. Der Senat kam daher zu dem Ergebnis, dass der Produktionsprozess, das heißt, der Prozess, der im Streitfall zu dem nachgefragten und marktfähigen Endprodukt führte, nicht ohne den Einsatz des Verbrennungsprodukts Kohlendioxid zu Ende geführt werden konnte (Senatsurteil vom 10.11.2015 ‑ VII R 40/14, Rz 15). Auch in dem Senatsbeschluss vom 31.01.2019 ‑ VII B 147/18 hat der Senat die oben genannte Rechtsprechung des EuGH aufgegriffen und dahingehend zusam­mengefasst, dass gerade durch die Verbrennung des Energieerzeugnisses ein Stoff entstehen muss, der für den Abschluss des Produktionsprozesses erfor­derlich ist (Senatsbeschluss vom 31.01.2019 ‑ VII B 147/18, Rz 14). In sei­nem Urteil vom 01.06.2022 ‑ VII R 37/20 (BFHE 279, 330) hielt es der erken­nende Senat für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG für maßgeblich, ob gerade durch die Verwendung des Erdgases die im dortigen Fall ebenfalls benötigte inerte Wirkung und damit die für den Produktionsprozess erforderliche Schutzgasatmosphäre erzeugt wird (Senatsurteil vom 01.06.2022 ‑ VII R 37/20, BFHE 279, 330, Rz 44 ff.; vgl. im Grundsatz dazu bereits Senatsurteil vom 05.07.1988 ‑ VII R 119/84, BFHE 154, 286, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1988, 308).

Diese Rechtsprechung konkretisierte der erkennende Senat zuletzt erneut im Urteil vom 12.03.2024 ‑ VII R 1/21. Danach kann ein zweiter Verwendungs­zweck des Verbrennens von Erdgas eine chemische Reaktion sein, die aus­schließlich stattfinden kann, wenn ein Verbrennungsprodukt des Erdgases vor­liegt. Im dortigen Fall sollten schwer flüchtige Schadstoffe aus dem Porensys­tem gebrauchter Aktivkohle entfernt werden. Dies geschah durch Oxidation von Kohlenstoff zu gasförmigem Kohlenmonoxid. Der für diese chemische Re­aktion benötigte Sauerstoff stammte sowohl aus dem durch die Verbrennung des Erdgases erzeugten Kohlendioxid als auch aus zugeführtem Wasserdampf. Das Kohlendioxid reagierte mit dem Kohlenstoff, sodass Kohlenmonoxid ent­stand und die Schadstoffe auf diesem Wege in einen gasförmigen Zustand überführt wurden. Dass das für diese chemische Reaktion benötigte Kohlen­dioxid nicht nur aus der Verbrennung des Erdgases, sondern auch aus zuge­führtem Wasserdampf stammte, änderte nach den Ausführungen des erken­nenden Senats nichts daran, dass ein Verbrennungsprodukt des Erdgases ‑‑Kohlendioxid‑‑ an der chemischen Reaktion teilnahm und für die Reinigung der Aktivkohle zwingend erforderlich war. Gerade ein aus der Verbrennung von Erdgas entstehender chemischer Stoff kann folglich für die Durchführung eines Prozesses unerlässlich sein (Senatsurteil vom 12.03.2024 ‑ VII R 1/21, Rz 46 ff.).

3. Nach diesen rechtlichen Maßgaben hat das FG der Klägerin zu Unrecht die Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG zugesprochen.

a) Die Klägerin hat das gesamte Erdgas im Sinne von § 1a Satz 1 Nr. 12 EnergieStG verheizt, weil sie es verbrannt hat, um thermische Energie zu er­zeugen und so die prozessbedingt erforderliche Temperatur zu erreichen. Wie das FG festgestellt hat, trocknete die Wärme des bei der Verbrennung des Erdgases entstehenden Rauchgases die "Mischsäuretröpfchen". Außerdem waren die Temperaturen in der Anlage nach den weiteren Feststellungen des FG für die Zersetzung der in der Säure enthaltenen Metallfluoride in Metalloxide und Flusssäure erforderlich.

b) Im Streitfall ist zum Verheizen kein zweiter Verwendungszweck hinzuge­kommen; vielmehr erschöpft sich der Verwendungszweck in dem Verheizen.

Ausgehend von den für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Fest­stellungen des FG entstehen zwar durch die Verbrennung des Erdgases Rauchgase, die neben den Trocknungs- und Zersetzungsprozessen einerseits dafür sorgten, dass die Wände des Reaktors nicht mit der Säure in Kontakt kamen und so geschützt wurden, und andererseits, dass die "Mischsäuretröpf­chen" von der Strömung des Rauchgases mitgenommen und, vom Metalloxid separiert, dem nächsten Prozessschritt zugeführt wurden. Ein zweiter Verwen­dungszweck, der dem Erdgas oder seinen Verbrennungsprodukten zugeschrie­ben werden könnte, liegt jedoch nicht vor.

Die unter I. genannten chemischen Formeln zeigen, dass an den Zersetzungs­reaktionen weder Bestandteile des Erdgases (CH4) noch dessen Verbren­nungsprodukte (zum Beispiel CO2) beteiligt sind, sondern nur Eisentrifluorid, Wasser und Salpetersäure; eine stoffliche Verbindung, die nach der oben dar­gestellten Rechtsprechung einen steuerlich begünstigten weiteren Verwen­dungszweck begründen könnte, scheidet mithin aus.

Auch die Absonderung der Metalloxide stellt keinen weiteren Verwendungs­zweck des Erdgases dar, weil diese schwerer als das Rauchgas sind und somit aufgrund der Schwerkraft in der Anlage nach unten sinken. Auch hierfür ist ‑‑wie bei der Trocknung und Zersetzung‑‑ jedoch kein bestimmtes Erzeugnis beziehungsweise kein bestimmter Stoff aus dem verbrannten Erdgas verwen­det worden.

Schließlich ist auch in der Erzeugung des Rauchgasstroms beziehungsweise der beabsichtigten Turbulenz kein zweiter Verwendungszweck zu erblicken. Auch wenn ‑‑wie die Klägerin erklärt hat‑‑ mit dem entstehenden Rauchgas im Reaktor der erforderliche Gasstrom erzeugt werde, ist damit lediglich eine Transportfunktion angesprochen. Die Ableitung von Gasen zum Beispiel über einen Kamin gilt nach der oben (unter II.2.a) angeführten EuGH-Rechtspre­chung aber gerade nicht als weiterer Zweck neben dem Verheizen. Das gilt auch dann, wenn es sich nicht um einen reinen Kamineffekt handeln sollte, also das Rauchgas mit dem Mischgas nicht aufgrund der Wärme nach oben steigt und so aus dem Reaktor befördert wird, sondern weil sich aufgrund der Wärme das Volumen des Rauchgases erhöht beziehungsweise das Rauchgas ein größeres Volumen als das Erdgas hat und das Rauchgas dadurch zum Transport der verdampften und daher gasförmigen Fluss- und Salpetersäure geeignet ist. Auch wenn durch eine bestimmte, berechnete Bewegung dieser Abgasstrom aus dem Reaktor entweicht, handelt es sich hierbei letztlich um einen Effekt, der direkt auf das Verheizen des Erdgases zurückzuführen ist. Eine Ausnutzung vorhandenen Rauchgases reicht aber ‑‑wie dargelegt‑‑ nicht zur Bejahung eines zweiten Verwendungszwecks aus.

Zu keiner Änderung führt der Umstand, dass die Säureregenerationsanlage dieses Rauchgas in sehr passgenauer Weise einsetzt und der Gasstrom ganz besonders ausgerichtet ist, damit die Säure nicht an die Reaktorwände ge­langt. Denn physikalisch wird noch immer dieselbe Eigenschaft des Gases ver­wendet; es handelt sich um dasselbe physikalische Prinzip. Die Klägerin hat mithin zwar ein Verfahren zur Verwertung dieses Rauchgases aus der Ver­brennung des Erdgases eingesetzt. Eine dual-use-Verwendung hat sie damit aber nicht erreicht, sondern lediglich den durch die Verbrennung des Erdgases erzeugten Rückstand, das Rauchgas, in sinnvoller Weise verwertet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

  • „Vielen Dank für die stets freundliche und konstruktive Betreuung durch Ihr Haus“

    Horst Flick, Groß- und Konzernbetriebsprüfer in Hessen

  • „Irgendwann innerhalb dieser 20 Jahre habe ich es einmal mit einem anderen Anbieter versucht. Das war aber gleich wieder vorbei. Nachher wusste ich SIS erst richtig zu schätzen.“

    Brigitte Scheibenzuber, Steuerberaterin, 84137 Vilsbiburg

  • „Ihre Datenbank ist eigentlich schier unerschöpflich und ich arbeite sehr gern damit. Ein großes Lob für die leichte Handhabung, die vielfachen Suchmöglichkeiten und überhaupt.“

    Ingrid Nigmann, Kanzlei Dipl.-Kfm. Georg-Rainer Rätze, 39112 Magdeburg

  • „Wir benutzen mit größter Zufriedenheit Ihre Datenbank, sie stellt wirklich eine enorme Erleichterung im täglichen Arbeitsleben dar.“

    Schneider, Siebert & Kulle, Partnerschaftsgesellschaft, 60486 Frankfurt

  • „Ich möchte nicht versäumen, Sie für die ‘SteuerMail’ zu loben. Die Aktualität und die Auswahl der Themen ist wirklich sehr gut.“

    Frank Zoller, Rechtsanwalt und Steuerberater, 75179 Pforzheim

  • „Sie haben offensichtlich die Bedürfnisse des steuerberatenden Berufs bei seiner Arbeit richtig eingeschätzt. Die Zuordnung der verschiedenen Dokumente zur jeweiligen Rechts-Vorschrift ist schlichtweg genial. Auch der Hinweis auf weitere Kommentare und Aufsätze ist außerordentlich wertvoll.“

    Willi Besenhart, Steuerberater, 81739 München

  • "Es macht wirklich Spaß mit Ihrer Datenbank zu arbeiten."

    Robert Kochs, Steuerberater, 52074 Aachen

  • "Ich bin sehr zufrieden. Die Datenbank ist äußerst hilfreich, Preis-Leistungsverhältnis stimmt."

    Erika Dersch, Steuerberaterin, 82431 Kochel am See

  • "Bin von Anfang an begeisterter Anwender und möchte SIS nicht mehr missen."

    Harald Dörr, Steuerberater, 63571 Gelnhausen

  • "Die SIS-Datenbank ist hervorragend; m.E. besser als die von den Finanzbehörden in BW verwendete Steuerrechtsdatenbank."

    Wolfgang Friedinger, 89077 Ulm

  • "Sehr gut ist die SteuerMail mit den Anlagen und die Internetseite mit den aktuellen Themen!"

    Karin Pede, IHR-ZIEL.DE GmbH, 91320 Ebermannstadt

  • "Mit Ihrer SIS-Datenbank bin ich seit Jahren sehr glücklich, hat mir schon sehr viel geholfen und der Preis ist nach wie vor sehr zivil für diese feine Geschichte."

    G. Grisebach, Steuerberaterin

  • "Auf vieles kann man verzichten - auf SIS niemals! Herzlichen Glückwunsch zur aktuellen SIS-Datenbank, vielen Dank für Ihren äußerst aktuellen Informations-Service"

    Friedrich Heidenberger, Steuerberater, 90530 Wendelstein

  • "Ihre Datenbank ist konkurrenzlos benutzerfreundlich."

    Godehard Wedemeyer, 47807 Krefeld

  • "Ich bin sehr zufrieden - rundum ein Lob von meiner Seite. Ich nutze die SIS-Datenbank schon seit vielen Jahren und finde sie sehr, sehr gut."

    Reinhard Geiges, Finanzbeamter, 70173 Stuttgart

  • "Herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Das funktioniert, wie alles bei Ihnen, wunderbar. An dieser Stelle mal ein großes Lob an das gesamte Team. Ich bin wirklich froh, dass es Sie gibt."

    Uwe Lewin, Geschäftsführer Exacta Steuerberatungs GmbH, 07546 Gera

  • Bedienkomfort
  • Handbuecher
  • Google für Steuerprofis
  • Kanzleialltag
  • SIS & Agenda
  • So übersichtlich kann eine Datenbank sein.

    » MEHR

  • Jetzt das Geld für teuere Handbücher sparen!

    In der SIS-Datenbank sind sie bereits drin!

    » MEHR

  • Kennen Sie das "Google" für Steuerprofis?

    » MEHR

  • Alles, was den Kanzleialltag leichter macht.

    » MEHR

  • Zusatz-Vorteile mit Agenda-Software

    » MEHR