BFH: Anfechtbarkeit der Bestellung von Dienstbarkeiten am eigenen Grundstück
- Die Anfechtbarkeit der Bestellung dinglicher Rechte am eigenen Grundstück folgt aus einer unmittelbaren Anwendung des § 3 Abs. 1 AnfG (Fortentwicklung der Senatsrechtsprechung).
- Die Gläubigerbenachteiligung liegt schon in der Bestellung dinglicher Rechte, unabhängig von einer sich daran anschließenden Übertragung des Grundeigentums. Die Teilrechte verschlechtern im Fall einer Zwangsvollstreckung die Zugriffslage.
- Der Anspruchsinhalt des § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG ist nicht auf Fälle der Vermögensminderung durch Veräußerung, Weggabe oder Aufgabe von Vermögensbestandteilen an einen Dritten beschränkt. Als bloße Rechtsfolgenbestimmung ergänzt diese Vorschrift nicht die Anfechtungsnormen um eine abschließende Regelung der anfechtbaren Rechtshandlungen auf solche der Veräußerung, Weggabe und Aufgabe, sondern beschränkt das, was dem Gläubiger wieder "zur Verfügung gestellt" werden soll, nach Art und Umfang auf das, was "veräußert, weggegeben oder aufgegeben" worden ist.
- Hat ein Vollstreckungsschuldner ein Nießbrauchsrecht oder ein dingliches Wohnrecht am eigenen Grundstück anfechtbar begründet, hat das FA einen schuldrechtlichen Anspruch auf Duldung des Vorrangs seiner Rechte in der Zwangsvollstreckung.
BFH-Urteil vom 30.3.2010, VII R 22/09
AO § 191
AnfG § 3, § 11, § 15
BGB § 880, § 1030, § 1059, § 1092
ZPO § 857
Vorinstanz: FG München vom 27.5.2009, 4 K 4193/05 (EFG 2010, 20 = SIS 09 34 73)
I. Nachdem im Jahre 2000 die Wohnung der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) durch die Steuerfahndung wegen des Verdachts auf Schenkungsteuerhinterziehung durchsucht worden war, setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) im Oktober 2004 Schenkungsteuer fest. Zuvor hatte die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 29.2.2000 (UrNr. S 631/2000) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen mit ihrem Sohn und ihrer Tochter gegründet, an der sie mit 2 % und Sohn und Tochter mit jeweils 49 % beteiligt waren. Im selben Vertrag brachte die Klägerin in ihrem Eigentum stehende Grundstücke in diese GbR ein, behielt sich aber jeweils das unentgeltliche Nießbrauchsrecht an diesen Grundstücken vor, das in der Folgezeit auch ins Grundbuch eingetragen wurde. Weiter wurde der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen ein Rücktrittsrecht eingeräumt; die GbR übernahm eine Buchgrundschuld, während die zugrunde liegende Schuldverpflichtung bei der Klägerin verblieb; für eine von der Klägerin gleichzeitig bestellte - von der GbR ebenfalls übernommene - Eigentümergrundschuld wurde der Klägerin das Recht zur Valutierung eingeräumt.
Mit notariellem Vertrag vom 14.12.2004 behielt sich die Klägerin auf Lebensdauer das unentgeltliche Wohnrecht an sämtlichen Räumen eines weiteren, von ihr selbst genutzten Anwesens mit der Maßgabe vor, dass der Eigentümer das Gebäude instand zu halten und die Kosten für Schönheitsreparaturen, Strom, Wasser und Heizung zu tragen habe. Die Rechte wurden zusammen als Leibgedinge in das Grundbuch eingetragen. Dieses Grundstück übertrug die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 5.1.2005 auf den Sohn, für den zugleich die Eintragung einer Wohnungsreallast für die Nutzung eines Wohnraums samt Küche und Bad/WC während der Dauer des der Klägerin bestellten Leibgedinges bewilligt und beantragt wurde. Für die Klägerin wurde ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag eingeräumt und dazu eine Rückauflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.
Nachdem Vollstreckungsversuche bei der Klägerin nicht zur Tilgung der Steuerschuld führten, erließ das FA gegen die Klägerin am 31.3.2005 einen Duldungsbescheid, mit dem es die Bestellung der Nießbrauchsrechte im Vertrag vom 29.2.2000 (Nrn. 1 und 2 des Bescheids), die Vereinbarung des Rücktrittsrechts in § 11 des Vertrags (Nr. 3), die Einräumung eines Rechts zur Valutierung einer zu bestellenden Eigentümergrundschuld in § 13 des Vertrags (Nr. 4), die Bestellung eines Wohnrechts im Vertrag vom 14.12.2004 (Nr. 5) und die Einräumung eines Rücktrittsrechts sowie die Bestellung der Rückauflassungsvormerkung im Vertrag vom 5.1.2005 (Nr. 6) gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) anfocht. Das FA werde über Anfechtungen der Grundstücksübertragungen an die GbR und den Sohn die Duldung der Eintragung von Zwangshypotheken, der Pfändung der auf den Grundstücken lastenden Eigentümergrundschulden und der damit zusammenhängenden Rückübertragungsansprüche erwirken und dann die Zwangsversteigerung der Grundstücke betreiben. Die Klägerin habe den Vorrang dieser zu begründenden Rechte bzw. Pfändungen vor den in den Nrn. 1 bis 6 bezeichneten, von ihr als sonstiger Rechtsnachfolgerin anfechtbar erlangten Rechte nach §§ 11, 15 AnfG zu dulden.
Mit einem weiteren Duldungsbescheid focht das FA die mit Vertrag vom 5.1.2005 vereinbarte Grundstücksüberlassung gegenüber dem Sohn der Klägerin an.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage der Klägerin blieb hinsichtlich der Anfechtung der Rückauflassungsvormerkung (Vertrag vom 5.1.2005) erfolglos, im Übrigen hob das Finanzgericht (FG) den Duldungsbescheid auf. Die Nießbrauchsbestellungen zu Gunsten der Klägerin seien nicht anfechtbar, weil die Klägerin, die das jeweilige Grundstück bereits mit dem Nießbrauchsrecht belastet auf die GbR übertragen habe, zum einen nicht i.S. der § 3 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 2 Nr. 1 AnfG Sonderrechtsnachfolgerin der GbR als der bezüglich der Eigentumsübertragung an den Grundstücken eigentlichen Anfechtungsschuldnerin sei, zum anderen durch die Bestellung des Nießbrauchs gerade keinen Gegenstand aus ihrem Vermögen weggegeben, sondern sich den weitgehenden wirtschaftlichen Wert der Immobilie bis an ihr Lebensende gesichert habe. Da die Klägerin durch die bloß schuldrechtlichen, nicht durch Vormerkungen im Grundbuch gesicherten Vereinbarungen eines Rechts zum Rücktritt vom Vertrag und zur Valutierung einer zu bestellenden Eigentümergrundschuld nicht Sonderrechtsnachfolgerin der GbR geworden sei, scheitere die Anfechtung auch insoweit. Gleiches gelte bezüglich der Bestellung des Wohnrechts an dem von ihr bewohnten Hausgrundstück. Auch diese scheitere mangels Sonderrechtsnachfolge der Klägerin nach ihrem Sohn, da nicht dieser, sondern die Klägerin selbst vor Übertragung des Grundstücks das Wohnrecht bestellt habe und weil sie, wie im Falle der Nießbrauchsbestellung, keinen Gegenstand aus ihrem Vermögen weggegeben habe. Demgegenüber sei die Bestellung und Eintragung der Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten der Klägerin gemäß § 3 Abs. 2, § 15 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 AnfG zu Recht angefochten und der Duldungsbescheid insoweit rechtmäßig, weil die Klägerin durch die Vormerkung Sonderrechtsnachfolgerin ihres Sohns als dem eigentlichen Anfechtungsgegner geworden sei und die Durchsetzung der berechtigten Anfechtung der Grundstücksübertragung gegenüber dem Sohn durch die Rückauflassungsvormerkung vereitelt würde. Gläubigerbenachteiligung liege vor, da das Grundstück bei Vornahme der Rechtshandlung wertausschöpfend belastet gewesen sei und die Klägerin keine gleichwertige Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks erlangt habe. Die gesetzliche Vermutung der Gläubigerbenachteiligungsabsicht in § 3 Abs. 2 AnfG und die diesbezügliche Kenntnis des Sohns habe nicht widerlegt werden können.
Gegen die teilweise Aufhebung des Duldungsbescheids richtet sich die Revision des FA. Es hält die Auffassung des FG für falsch, dass die Bestellung eines Nießbrauchsrechts bzw. eines Wohnrechts durch den Eigentümer für sich selbst nicht gemäß § 3 Abs. 1 AnfG angefochten werden könne, weil es nicht sein könne, dass ein vorsätzliches "In-sich-Geschäft" des Schuldners zum Nachteil des Gläubigers nicht anfechtbar sei, nur weil § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG bei Fremdgeschäften die zusätzliche Voraussetzung aufstelle, dass "der andere Teil" den Vorsatz des Schuldners gekannt habe. Auch aus § 1 Abs. 1 AnfG ergebe sich, dass es entscheidend auf eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne einer Erschwerung der Vollstreckungsmöglichkeiten in den konkreten Gegenstand ankomme.
Durch die Bestellung des Nießbrauchs habe die Klägerin das unbelastete Volleigentum i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG "aufgegeben". Aus dieser Vorschrift werde deutlich, dass die Anfechtung keine Rechtshandlung zu Gunsten eines Dritten voraussetze, sondern dass auch Rechtsgeschäfte, die der Schuldner mit sich selbst abschließe, angefochten werden könnten. Dass die Belastung zu Gunsten der Klägerin eingetragen worden sei, könne keine Rolle spielen, da sich die Zusammensetzung ihres Vermögens und der in der Verwertung zu erzielende Erlös geändert hätten, und zwar ausschließlich in der Absicht, das FA zu benachteiligen. Durch diese Rechtshandlung sei eine Vollstreckung nur noch über den Weg der Zwangsversteigerung eines nießbrauchsbelasteten Grundstücks und der Vollstreckung in den Nießbrauch möglich. Dieser Weg verspreche neben einer umständlicheren Vollstreckung einen angesichts der Ungewissheit von Dauer und Höhe des Nießbrauchs deutlich geringeren Erlös als eine Zwangsversteigerung des unbelasteten Grundstücks. Durch den Nießbrauch sinke der Verkehrswert des Grundstücks erheblich. In den Nießbrauch könne lediglich durch Pfändung der Mieteinnahmen vollstreckt werden. Wenn aber, wie vorliegend, die Mieterträge vorrangig abgetreten seien, sei eine Vollstreckung nicht möglich.
Auch die Bestellung des Wohnrechts an dem auf den Sohn übertragenen Hausgrundstück habe das FG zu Unrecht für zulässig gehalten, da sie nicht in erster Linie wegen der beabsichtigten Veräußerung, sondern allein deshalb vorgenommen worden sei, die Vollstreckung in das Grundstück deutlich zu erschweren. Auch insoweit sei deshalb die Anfechtung gerechtfertigt.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es die Regelungen des Duldungsbescheids in Nrn. 1, 2 und 5 aufgegeben hat, und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin schließt sich den Ausführungen des FG an und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils, soweit darin der Duldungsbescheid hinsichtlich der Positionen 1, 2 und 5 aufgehoben worden ist und insoweit zur Abweisung der Klage. Die Entscheidung des FG verletzt in dem angefochtenen Umfang Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann das FA nach § 191 der Abgabenordnung denjenigen durch Duldungsbescheid in Anspruch nehmen, der nach dem AnfG verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden (BFH-Urteil vom 15.10.1996 VII R 35/96, BFHE 181, 268, BStBl II 1997, 17, m.w.N.). Im Streitfall steht dem FA der mit dem angefochtenen Duldungsbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung gegen die Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Duldung des Vorrangs seiner Rechte (noch zu erwirkende Zwangshypotheken, Pfändung der auf den Grundstücken lastenden Eigentümergrundschulden und der damit zusammenhängenden Rückübertragungsansprüche) gegenüber den in den Nrn. 1, 2 und 5 des Duldungsbescheids bezeichneten Rechten zu.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG muss dem Gläubiger, soweit es zu seiner Befriedigung erforderlich ist, das zur Verfügung gestellt werden, was durch eine anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist.
2. Der in § 11 AnfG vorausgesetzte Anfechtungstatbestand ergibt sich in der Konstellation des Streitfalls aus einer entsprechenden Anwendung des § 3 Abs. 1 AnfG. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
a) Nach ihrem Wortlaut setzt die Norm voraus, dass eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung zu Gunsten eines Dritten vorliegt. Dementsprechend hat der Senat im Urteil vom 14.7.1981 VII R 49/80 (BFHE 133, 501, BStBl II 1981, 751), worauf das FG zutreffend hingewiesen hat, ausgeführt, das Anfechtungsgesetz enthalte "nach seinem Wortlaut keinen Anfechtungstatbestand, der es ermöglichte, gegenüber dem Schuldner selbst die zu seinen Gunsten erfolgte Bestellung von beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten anzufechten". Dem lag die Überlegung zugrunde, dass grundsätzlich Voraussetzung einer Anfechtung das Ausscheiden eines Gegenstands aus dem Vermögen des Schuldners ist und etwas, was im Vermögen des Schuldners ist, schwerlich in dieses zurückgewährt werden kann.
b) Der Senat hat in jener Entscheidung allerdings ausdrücklich dahinstehen lassen, ob sich diese Anfechtungsnorm erweiternd auf Fälle anwenden lasse, in denen ein Recht an dem bisher dem Schuldner gehörenden Grundstück zu seinen eigenen Gunsten bestellt werde. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem Fall, in dem der Empfänger eines anfechtbar übertragenen Grundstücks dem Übertragenden, dem Schuldner, daran ein Wohnrecht bestellt hatte, nicht abschließend festgelegt (BGH-Urteil vom 13.7.1995 IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314). Die Frage, ob es anfechtbar gewesen wäre, wenn sich der Übertragende, der Schuldner, von Anfang an selbst das Wohnrecht bestellt hätte, konnte dort offenbleiben. Denn der Schuldner war in jenem Fall hinsichtlich des Wohnrechts Sonderrechtsnachfolger des Grundstückserwerbers i.S. des § 15 Abs. 2 AnfG (dort § 11 Abs. 2 AnfG a.F.) und als solcher der Anfechtung ausgesetzt.
c) Im Streitfall ist die Frage, ob § 3 Abs. 1 AnfG nur auf Rechtshandlungen des Schuldners zu Gunsten eines Dritten anwendbar ist, entscheidungserheblich. Denn anders als in den vom BGH entschiedenen Fällen sind hier die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AnfG nicht gegeben.
aa) Nach § 15 Abs. 2 AnfG kann die Anfechtbarkeit gegen einen sonstigen Rechtsnachfolger, der nicht Gesamtrechtsnachfolger ist, geltend gemacht werden, wenn dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs die Umstände bekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen, oder wenn der Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs zu den Personen gehörte, die dem Schuldner nahestehen, es sei denn, dass ihm zu dieser Zeit die Umstände unbekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen oder wenn dem Rechtsnachfolger das Erlangte unentgeltlich zugewendet worden ist.
Die Vorschrift dehnt die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen gegenüber Ersterwerbern auf deren "Sonderrechtsnachfolger" aus, um einen umfassenden Gläubigerschutz zu gewährleisten.
bb) Die Klägerin ist nicht Rechtsnachfolgerin im Sinne dieser Norm.
(1) Zwar setzt die Sonderrechtsnachfolge i.S. des § 15 Abs. 2 AnfG nach der Rechtsprechung des BGH nicht die Vollübertragung des anfechtbar Erlangten voraus, sondern kann schon vorliegen, wenn aus dem anfechtbar Erworbenen ein neues, beschränktes Recht geschaffen oder eine besondere Befugnis abgezweigt wird.
(2) Auch muss der Rechtsnachfolger nach § 15 Abs. 2 AnfG nicht ein Dritter sein. Vielmehr kann auch der Schuldner des Anfechtungsgläubigers selbst Rechtsnachfolger im anfechtbaren Erwerb werden, wenn er sich an dem von ihm übertragenen Grundeigentum ein Teilrecht von dem Erwerber hat zurückübertragen lassen (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 130, 314).
(3) Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall sind aber weder die Nießbrauchsrechte noch das Wohnrecht zu Gunsten der Klägerin von den Erwerbern der Grundstücke - der GbR bzw. dem Sohn - bestellt worden. Nach den Feststellungen des FG hat sich die Klägerin diese Teilrechte an ihren eigenen Grundstücken vor der Eigentumsübertragung selbst bestellt.
(4) Ob in einer solchen Konstellation eine entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 2 AnfG in Betracht käme, weil die Interessenlage, der § 15 Abs. 2 AnfG Rechnung trägt, sich nur unwesentlich von derjenigen unterscheidet, die entsteht, wenn das neue, beschränkte Recht nicht erst nach der anfechtbaren Übertragung des Grundstücks durch den Erwerber, sondern schon vor dieser Übertragung durch den bisherigen Eigentümer im Hinblick auf die beabsichtigte Übertragung des Grundstücks geschaffen wird, muss hier nicht geprüft werden, denn:
d) Die Anfechtbarkeit der Bestellung dinglicher Rechte am eigenen Grundstück ergibt sich nach Auffassung des Senats unmittelbar aus § 3 Abs. 1 AnfG.
aa) Der Wortlaut der Norm, wonach eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung anfechtbar ist, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte, beschränkt ihre Anwendbarkeit nicht auf den Fall der Fremdbegünstigung. Vielmehr erschöpft sich die Bedeutung des "Wenn"-Satzes darin, den gutgläubigen Erwerber in Fällen der Fremdbegünstigung vor einer Anfechtung zu schützen. Im Fall der Selbstbestellung eines Teilrechts am eigenen Grundstück geht der Konditionalsatz ins Leere.
bb) Die Gläubigerbenachteiligung besteht darin, dass sich schon allein durch die Bestellung einer Grundstücksbelastung am eigenen Grundstück die Zugriffslage für die Gläubiger - unabhängig von einer sich daran anschließenden Übertragung des Grundeigentums - verschlechtern kann. Denn im Fall einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück bleibt dieses im Rang vor dem Anfechtungsgläubiger stehende Teilrecht bestehen (vgl. Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 19. Aufl., § 15 Rz 26, § 44 Rz 4). Im Streitfall liegen solche Verschlechterungen der Zugriffslage für die Gläubiger vor.
(1) Die Zwangsvollstreckung und damit die Befriedigungsmöglichkeit für Gläubiger in das von der Klägerin im Vertrag vom 14.12.2004 für sich selbst bestellte Wohnrecht ist ausgeschlossen, weil die Beteiligten die Überlassung des Wohnrechts an Dritte nicht gestattet haben (§ 857 Abs. 3 der Zivilprozessordnung - ZPO -, § 1092 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -; vgl. BGH-Urteil in BGHZ 130, 314).
(2) Der an den Grundstücken bestellte Nießbrauch kann zwar grundsätzlich Gegenstand der Pfändung sein; allerdings, wie sich aus § 857 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 1059 BGB ergibt, ist er der Pfändung nur insoweit unterworfen, als die Ausübung einem anderen überlassen werden kann. Wegen seiner Unveräußerlichkeit, die auch in der Zwangsvollstreckung Bestand hat, darf der Pfändungspfandgläubiger den Nießbrauch nicht zu seiner Befriedigung verwerten, sondern ihn nur zu diesem Zweck ausüben. Dies schließt eine Überweisung des Stammrechts selbst zur Einziehung oder an Zahlungs statt nach § 857 Abs. 1, § 835 Abs. 1 ZPO ebenso aus wie eine anderweitige Verwertung durch Versteigerung oder freien Verkauf (so BGH-Urteil vom 12.1.2006 IX ZR 131/04, BGHZ 166, 1).
cc) Auch an der nach § 3 Abs. 1 AnfG erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Klägerin bestehen nach den Feststellungen des FG keine Zweifel.
(1) Bezüglich der im Grundstücksübertragungsvertrag vom 5.1.2005 vereinbarten Rückauflassungsvormerkung, deren Anfechtung das FG für berechtigt erachtet hat, hat das FG die Gläubigerbenachteiligung und die entsprechende Absicht der Klägerin festgestellt. Da das Wohnrecht in demselben Vertrag bestellt wurde, erfassen die Feststellungen des FG zur Gläubigerbenachteiligung auch diese Rechtshandlung. Mangels entsprechender Verfahrensrügen ist der Senat daran gebunden.
(2) In Bezug auf die Nießbrauchsbestellungen war das FG einer Würdigung der die Gläubigerbenachteiligung betreffenden Umstände enthoben, da es deren Anfechtung aus anderen Gründen für nicht berechtigt hielt. Anhand der vom FG insoweit gleichwohl getroffenen Feststellungen kann der Senat hierzu aber selbst entscheiden. Die Gläubigerbenachteiligung muss nicht das Ziel des Schuldnerhandelns sein. Es genügt, wenn der Schuldner die Benachteiligung als mögliche Folge seines Handelns erkennt und billigend in Kauf nimmt (BGH-Urteil in BGHZ 130, 314, m.w.N.).
Hiernach steht die Gläubigerbenachteiligungsabsicht außer Zweifel. Sowohl der zeitliche Zusammenhang der Grundstücksübertragung auf die neu gegründete GbR mit der Wohnungsdurchsuchung durch die Steuerfahndung wegen Verdachts der Schenkungsteuerhinterziehung als auch die Gesamtschau der Verfügungen der Klägerin lassen keinen anderen Schluss zu als den, dass die Klägerin ihr Grundvermögen vor dem Zugriff des Fiskus schützen wollte.
So stellt sich die Eigentumsübertragung auf die GbR als eine nach § 4 Abs. 1 AnfG anfechtbare Schenkung dar, da die Klägerin für die Hingabe keine Gegenleistung erhalten hat (vgl. BGH-Urteil vom 15.12.1994 IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184, m.w.N.). Die Grundstücke waren werthaltig. Eine wertausschöpfende Belastung der auf die GbR übertragenen Grundstücke scheidet angesichts eines von der Klägerin im FG-Verfahren selbst eingeräumten Verkehrswerts von 400.000 € und einer Grundschuldbelastung von 300.000 € (davon eine noch nicht zur Sicherung eingesetzte Eigentümergrundschuld über 100.000 €) aus, so dass die Übertragung an die GbR, an der sie selbst neben ihren beiden Kindern nur mit 2 % beteiligt war, wie eine Schenkung zu beurteilen ist. Die vorbehaltenen Nießbrauchsrechte sind keine "Gegenleistung"; Gegenstand der Schenkung ist vielmehr das damit jeweils belastete Grundstück (vgl. BGH-Urteil vom 7.4.1989 V ZR 252/87, BGHZ 107, 156).
Auch die vorbehaltenen Nießbrauchsrechte selbst bieten den Gläubigern - wie oben dargestellt - keine dem Volleigentum vergleichbare Befriedigungsmöglichkeit. Sie beeinträchtigen vielmehr zusätzlich die Verwertbarkeit der Grundstücke in der - nach Anfechtung der Schenkung vorgesehenen - Zwangsvollstreckung.
Bei diesem Gesamtbefund greift zu Gunsten des FA bezüglich der Nießbrauchsbestellungen die Vermutung der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des § 3 Abs. 2 Satz 2 AnfG, die den gesamten Vertragsinhalt erfasst.
3. Der Anspruch aus § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG ist bei gegebener Anfechtbarkeit darauf gerichtet, dem Gläubiger das zur Verfügung zu stellen, was aus dem Vermögen des Schuldners "veräußert, weggegeben oder aufgegeben" ist.
a) Im Streitfall steht dem Duldungsanspruch des FA nicht entgegen, dass sich die Klägerin die in Nrn. 1, 2 und 5 des Duldungsbescheids bezeichneten Rechte, also die Bestellung der Nießbrauchsrechte und des Wohnrechts, bei der Einbringung der Grundstücke in die GbR bzw. der Übertragung auf den Sohn vorbehalten hat. Zwar bewirkt die Bestellung dinglicher Rechte zu Gunsten des Grundeigentümers keine Schmälerung seines Vermögens, wie sie bei einer Veräußerung, Weggabe oder Aufgabe von Vermögensbestandteilen an einen Dritten typisch ist. Der Anspruchsinhalt des § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG deckt aber nicht nur diese Fälle der Vermögensminderung ab. Die Regelung muss im Zusammenhang mit den Anfechtungstatbeständen gelesen werden. § 11 AnfG regelt (nur) die Rechtsfolgen der wirksamen Anfechtung einer Rechtshandlung; er ergänzt nicht die Anfechtungsnormen um eine abschließende Bestimmung der anfechtbaren Rechtshandlungen auf solche der Veräußerung, Weggabe und Aufgabe. Ziel des § 11 AnfG ist - wie schon der mit Wirkung vom 1.1.1999 aufgehobenen Vorgängervorschrift des § 7 AnfG a.F. (vgl. Art. 1 § 20 Abs. 2 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5.10.1994, BGBl I 1994, 2911) - die Wiederherstellung der durch die Vermögensverschiebung vereitelten Zugriffslage für die Gläubiger. Der gegenüber der früheren Formulierung, das Erhaltene müsse vom Empfänger "zurückgewährt" werden, geänderte Wortlaut, dass das durch die anfechtbare Handlung Weggegebene bzw. Aufgegebene dem Gläubiger zu dessen Befriedigung "zur Verfügung gestellt" werden muss, macht dieses Ziel besonders deutlich (vgl. Huber, Anfechtungsgesetz, 10. Aufl., § 11 Rz 4; BGH-Urteil vom 29.6.2004 IX ZR 258/02, BGHZ 159, 397). Der Gläubiger soll so - aber auch nur so - gestellt werden, als könne er auf das Vermögen des Schuldners noch so zugreifen, wie es ihm ohne die anfechtbare Disposition des Schuldners möglich gewesen wäre (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 130, 314; Kilger/Huber, Anfechtungsgesetz, 8. Aufl., § 7 Anm. I, 2). § 11 AnfG umschreibt mit den Begriffen "veräußert, weggegeben oder aufgegeben" eine Beschränkung des Anspruchs nach Art und Umfang darauf, was zur Befriedigung des anfechtenden Gläubigers nötig ist (vgl. dazu BGH-Urteil vom 9.5.1996 IX ZR 50/95, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1996, 2231). So besteht z.B. infolge der Anfechtung kein Anspruch auf Einräumung eines dinglichen Rechts (so schon Urteil des Reichsgerichts vom 3.3.1931 VII 218/30, RGZ 131, 340). Im Kern dieser Regelung geht es "nur" darum, den "Erfolg" der wirksam angefochtenen Rechtshandlung insoweit zu verhindern, wie sie eine Gläubigerbenachteiligung konkret verursacht.
b) Mit Bestellung der Nießbrauchsrechte und des Wohnrechts hat die Klägerin keine Rechte auf- oder weggegeben, sie hat dadurch aber - wie gesehen - den Zugriff auf ihre Vermögenswerte schon vor Übergang des Grundeigentums - und erst recht vor dem Hintergrund dieser Verfügung - beeinträchtigt. Diese Vermögenslage muss sie zu Gunsten des Fiskus nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG wieder herstellen.
4. Das FA hat die Klägerin mit dem Duldungsbescheid zu Recht verpflichtet, seinen in der Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu begründenden Rechten den Vorrang vor dem jeweils eingetragenen Nießbrauch und dem Wohnrecht einzuräumen.
a) Das FA kann mit diesem Vorrang von der Klägerin in der Zwangsvollstreckung das Nichtgebrauchmachen von dem zu ihren Gunsten eingetragenen Wohnrecht, ihre Einwilligung in die Auszahlung des auf das Wohnrecht entfallenden Versteigerungserlöses sowie - bei Bestehenbleiben des Wohnrechts im Rahmen der Zwangsversteigerung - Wertersatz verlangen (vgl. z.B. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 26.6.2000 5 U 89/99, juris, Rz 70). Mit dem Vorrang gegenüber dem Nießbrauch kann das FA entweder erreichen, dass der Nießbrauch mit dem Zuschlag erlischt, § 52 Abs. 1 Satz 2, § 91 Abs. 1 i.V.m. § 44 Abs. 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung oder es kann mit dem Duldungstitel die Anordnung der Zwangsverwaltung beantragen.
b) Ein Anspruchsinhalt des § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG auf Einräumung des Vorrangs wird in der zivilrechtlichen Judikatur durchgehend bejaht. Da der Anfechtungsgegner - wie oben ausgeführt - bei anfechtbaren Grundpfandrechten die Zugriffslage nicht genauso wiederherzustellen hat, wie sie ohne die anfechtbare Rechtslage bestände, sondern nur insoweit, wie dies zur Befriedigung gerade des anfechtenden Gläubigers nötig ist, genügt es, dass der Anfechtungsgegner von dem anfechtbar erworbenen Recht keinen Gebrauch machen kann. "Geht einem Grundpfandrecht des Anfechtungsgläubigers ... ein anfechtbar erlangtes dingliches Recht eines anderen an dem Grundstück vor, so begründet der Anfechtungsanspruch ... in der Regel die schuldrechtliche Verpflichtung des Anfechtungsgegners, dem Recht des Anfechtungsgläubigers in entsprechender Anwendung des § 880 BGB den Vorrang einzuräumen" (BGH-Urteil in NJW 1996, 2231).
c) Da das FA selbst nicht den Anspruch auf Beseitigung der Dienstbarkeiten erhoben hat, bedarf es keiner Erwägungen dazu, ob der Umstand, dass die Dienstbarkeiten nicht für einen Dritten, sondern für den Eigentümer, der zugleich Vollstreckungsschuldner ist, bestellt worden sind, einen weitergehenden Anspruch als die Einräumung des Vorrangs rechtfertigen könnte.
5. Die Kosten des gesamten Verfahrens trägt die Klägerin gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Das FA ist nur hinsichtlich der Anfechtung des dinglich nicht abgesicherten Rücktrittsrechts und des Rechts zur Valutierung der Eigentümergrundschuld im Vertrag vom 29.2.2000 unterlegen. Beide Positionen fallen im Verhältnis zum Anfechtungsrecht des FA im Übrigen wirtschaftlich nicht ins Gewicht.
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