BFH: Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines PKW bei der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags und einer Sonderabschreibung nach § 7g EStG
Ein Steuerpflichtiger kann die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines PKW, für den er einen Investitionsabzugsbetrag und eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG in Anspruch genommen hat, nicht nur durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Beweismittel nachweisen (Anschluss an BFH-Urteil vom 15.07.2020 ‑ III R 62/19, BFHE 271, 71).
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 7g
BFH-Urteil vom 16.3.2022, VIII R 24/19 (veröffentlicht am 2.6.2022)
Vorinstanz: FG Münster vom 10.07.2019 ‑ 7 K 2862/17 E = SIS 19 14 46
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Ehegatten in den Streitjahren (2009 und 2013) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.Der Kläger erzielte als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG).
In den Streitjahren bildete der Kläger für die künftige Anschaffung eines PKW jeweils einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 20.000 € (2009) sowie in Höhe von 8.000 € (2013).
Am 06.09.2011 schaffte der Kläger ein gebrauchtes Fahrzeug vom Typ A zu einem Kaufpreis von 47.479 € netto an. Für das Fahrzeug nahm er im Jahr 2013 eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG in Höhe von 9.496 € in Anspruch. Er nutzte das Fahrzeug, bis er am 08.11.2016 ein weiteres gebrauchtes Fahrzeug vom Typ A zu einem Kaufpreis von 42.436,97 € netto anschaffte. Beide Fahrzeuge ordnete der Kläger seinem Betriebsvermögen zu.
Im Betriebsvermögen des Klägers wurde darüber hinaus ein PKW vom Typ B geführt, der von der Klägerin, die als Angestellte in der Rechtsanwaltskanzlei des Klägers tätig war, auch für private Fahrten genutzt wurde. Für Privatfahrten standen den Klägern außerdem bis Januar 2014 ein PKW vom Typ C, von Februar 2014 bis November 2016 ein PKW vom Typ D und von Dezember 2016 bis Dezember 2017 ein Fahrzeug vom Typ E zur Verfügung.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) veranlagte die Kläger hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers zunächst erklärungsgemäß.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die in den Streitjahren angeschafften PKW seien auch für private Zwecke genutzt worden. Die von dem Kläger geführten Aufzeichnungen über die betrieblichen Fahrten seien nicht als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anzuerkennen. Der private Nutzungsanteil sei daher nach der sog. 1 %‑Methode zu berechnen. Dementsprechend könne nicht davon ausgegangen werden, dass die beiden Fahrzeuge ausschließlich bzw. fast ausschließlich betrieblich genutzt worden seien. Die in den Streitjahren gebildeten Investitionsabzugsbeträge und die in Anspruch genommene Sonderabschreibung machte der Prüfer daher rückgängig.
Das FA folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ am 08.06.2017 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Kläger blieben ohne Erfolg. Die daraufhin erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) Münster mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1535 veröffentlichtem Urteil vom 10.07.2019 ab. Das FG war der Auffassung, es sei von den Klägern nicht der Nachweis erbracht worden, dass die beiden Fahrzeuge im maßgebenden Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt worden seien.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von materiellem Recht. Darüber hinaus machen sie Verfahrensmängel geltend.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG Münster vom 10.07.2019 ‑ 7 K 2862/17 E aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2009 und 2013, jeweils vom 08.06.2017 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2017, dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer für das Streitjahr 2009 unter Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags von 20.000 € und die Einkommensteuer für das Streitjahr 2013 unter Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags in Höhe von 8.000 € und einer Sonderabschreibung in Höhe von 9.496 €, jeweils bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit, festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die in beiden Streitjahren nach § 7g Abs. 1 EStG gebildeten Investitionsabzugsbeträge und die im Streitjahr 2013 nach § 7g Abs. 5 EStG in Anspruch genommene Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 4, Abs. 6 Nr. 2 EStG rückgängig zu machen sind.
1. Gemäß § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung ist der Investitionsabzugsbetrag gewinnerhöhend hinzuzurechnen (§ 7g Abs. 2 Satz 1 EStG). Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach Absatz 2 hinzugerechnet wird, ist der Abzug rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 EStG). Erfolgt eine Anschaffung oder Herstellung innerhalb der Dreijahresfrist, ist der Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen, wenn das Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 4 Satz 1 EStG). Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden vier Jahren können neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden (§ 7g Abs. 5 EStG). Dies setzt ebenfalls voraus, dass das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG). Sowohl bei der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags gemäß § 7g Abs. 1 bis Abs. 4 EStG als auch bei der Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG ist eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 % erforderlich (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 19.03.2014 ‑ X R 46/11, BFHE 245, 36, BStBl II 2017, 291, Rz 16, und vom 06.04.2016 ‑ X R 28/14, BFHE 254, 218, BStBl II 2017, 302, Rz 29; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20.11.2013 ‑ IV C 6‑S 2139‑b/07/10002, BStBl I 2013, 1493, Rz 39).
2. Nach diesem Maßstab hat das FG im Ausgangspunkt zu Recht entschieden, dass der Kläger die von ihm behauptete fast ausschließliche betriebliche Nutzung der beiden PKW nicht durch Vorlage von ordnungsgemäß geführten Fahrtenbüchern nachgewiesen hat.
a) Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Der BFH hat jedoch aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung geschlossen, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Dazu gehört, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt (BFH-Urteile vom 09.11.2005 ‑ VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408, und vom 16.03.2006 ‑ VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625).
b) Das FG ist von den vorstehend genannten Rechtsprechungsgrundsätzen ausgegangen und aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass die von dem Kläger vorgelegten Aufzeichnungen nicht als ordnungsgemäße Fahrtenbücher anzuerkennen sind. Insbesondere hat das FG festgestellt, dass die Aufstellungen nicht zeitnah geführt wurden und auch keine Kilometerstände oder Privatfahrten enthielten. Die vom FG aufgrund der Gesamtwürdigung der Aufzeichnungen vorgenommene Schlussfolgerung ist verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst. Sie ist daher für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 03.07.2014 ‑ III R 30/11, BFHE 246, 477, BStBl II 2015, 157, Rz 33).
3. Soweit das FG seine Entscheidung unter Bezugnahme auf die von ihm zitierte finanzgerichtliche Rechtsprechung (vgl. u.a. FG München, Urteil vom 15.12.2014 ‑ 7 K 2748/13, juris, Rz 27; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.06.2013 ‑ 2 K 1191/12, juris, Rz 18) tragend auch damit begründet hat, dass bei Vorliegen nicht ordnungsgemäßer Fahrtenbücher ein Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung im Rahmen von § 7g EStG ausscheidet, ist es allerdings von einem teilweise unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen.
a) Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in den Fällen, in denen es aufgrund Fehlens ordnungsgemäßer Fahrtenbücher zur Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zur Ermittlung der Privatanteile kommt, der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines PKW nicht anhand der 1 %‑Regelung geführt werden kann, da ein Durchschnittswert in Höhe von monatlich 1 % des abgerundeten Bruttolistenpreises in etwa einem Anteil der Privatnutzung von 20 bis 25 % entspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 03.01.2006 ‑ XI B 106/05, BFH/NV 2006, 1264).
b) Nach der neueren Rechtsprechung des III. Senats des BFH (vgl. Urteil vom 15.07.2020 ‑ III R 62/19, BFHE 271, 71), der sich der erkennende Senat anschließt, ist der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung jedoch nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Er kann ‑‑entsprechend der für die Aufklärung des Sachverhalts geltenden allgemeinen Grundsätze‑‑ auch durch andere Beweismittel geführt werden. Insbesondere verlangt der Sinn und Zweck der Regelungen nicht, den in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG vorgegebenen Weg zum Nachweis der privaten Nutzung von Kfz auf die in § 7g EStG geregelten Sachverhalte zu übertragen. Die Sätze 2 und 3 des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG stellen Ausnahmen von den allgemeinen Bewertungsregeln dar (BFH-Urteil vom 19.03.2009 ‑ IV R 59/06, BFH/NV 2009, 1617). Es handelt sich jedoch nicht um Regelungen, die umfassend sämtliche Fälle der Bewertung der privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge erfassen, denn sie betreffen lediglich die zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz. Dementsprechend kann auch bei der Abgrenzung von Privatvermögen und gewillkürtem Betriebsvermögen die erforderliche mindestens 10%ige betriebliche Nutzung nicht allein durch ein Fahrtenbuch, sondern auch durch andere Aufzeichnungen belegt werden (BFH-Urteil vom 21.08.2012 ‑ VIII R 12/11, juris, Rz 21). Die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG geregelte Fahrtenbuchmethode, welche an die 1 %‑Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anknüpft, stellt damit keine zu verallgemeinernde Vorschrift zum Nachweis der Anteile der privaten und der betrieblichen Nutzung von Kfz dar, so dass deren Anwendung ohne ausdrückliche gesetzliche Verweisung im Rahmen des § 7g EStG nicht in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 271, 71, Rz 29 ff. und 34).
4. Das FG hat seine Entscheidung zwar hilfsweise auch damit begründet, dass die vorgelegten Aufzeichnungen selbst dann nicht geeignet wären, den erforderlichen Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung der PKW in den maßgebenden Zeiträumen zu erbringen, wenn man ‑‑der Auffassung der Kläger folgend‑‑ andere Unterlagen als ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zuließe. Im Rahmen dieser hilfsweisen Begründung hat das FG jedoch den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und damit gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, indem es dem Beweisantritt der Kläger nicht gefolgt ist und die Zeugin Z nicht vernommen hat. Das angefochtene FG-Urteil stellt sich damit auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO).
a) Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 29.06.2011 ‑ X B 242/10, BFH/NV 2011, 1715, m.w.N.).
b) Keiner der vorgenannten Gründe für ein Absehen von der beantragten Beweisaufnahme liegt im Streitfall vor.
aa) Der Klägervertreter hat den Antrag auf Vernehmung der Zeugin Z laut Sitzungsprotokoll in der mündlichen Verhandlung unmittelbar vor Stellung der Sachanträge wiederholt und dabei auch die unter Beweis gestellten Tatsachen hinreichend genau bezeichnet. Aus der Bezugnahme auf den in der mündlichen Verhandlung dem FG übergebenen schriftlichen Beweisantrag vom 10.07.2019 ergab sich, dass die Zeugin zum Beweis der Tatsache benannt war, dass der Kläger an den aus den vorgelegten Auflistungen ersichtlichen Terminen betriebliche Fahrten mit dem jeweiligen PKW A durchgeführt hatte. Auch aus der eingereichten schriftlichen Erklärung der Zeugin Z vom 08.07.2019 ging hervor, dass in den Auflistungen diejenigen betrieblichen Termine angegeben worden waren, die der Kläger "mit seinem Dienstwagen [A] wahrgenommen hat".
bb) Das Beweismittel war nach der insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14.01.2011 ‑ III B 96/09, BFH/NV 2011, 788) nicht unerheblich. Nach dem vom FG hilfsweise eingenommenen Rechtsstandpunkt war zu prüfen, ob der Nachweis der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung des Fahrzeugs auch auf andere Weise als durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden konnte. Hierbei kam es aus Sicht des FG entscheidungserheblich darauf an, ob tatsächlich für alle Termine, die sich aus den Auflistungen ergaben, der jeweilige PKW A genutzt worden war. Der den Klägern obliegende Nachweis der betrieblichen Nutzung konnte mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln, mithin auch durch Zeugenbeweis, erbracht werden.
cc) Das FG durfte die von den Klägern beantragte Zeugenvernehmung auch nicht mit der Begründung ablehnen, der dargelegte Sachverhalt könne als wahr unterstellt werden, ohne dass hieraus ein Anerkenntnis des erforderlichen Nachweises folge.
aaa) Im vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten finanzgerichtlichen Verfahren (§ 76 Abs. 1 FGO) ist der Verzicht auf eine Beweiserhebung zum entscheidungserheblichen Sachverhalt, insbesondere zu einer von einem Beteiligten behaupteten Tatsache, unter dem Gesichtspunkt der Wahrunterstellung nur gerechtfertigt, wenn das Gericht zugunsten des Beteiligten den von diesem behaupteten Sachverhalt ohne jede inhaltliche Einschränkung als richtig annimmt, die behauptete Tatsache also in ihrem mit dem Parteivorbringen gemeinten Sinn so behandelt, als wäre sie nachgewiesen. Das Gericht ist daher gehalten, die Beweisbehauptung ohne jede Einengung, dem Beteiligten nachteilige Umdeutungen oder sonstige Änderungen als wahr zu behandeln. Es darf insbesondere nicht von einem anderen als dem unter Beweis gestellten Sachverhalt ausgehen oder einen Sachverhalt zugrunde legen, durch den das Beweisvorbringen in seiner Bedeutung abgeschwächt oder irrelevant wird (BFH-Urteil vom 17.03.1994 ‑ V R 92/91, BFH/NV 1995, 314; BFH-Beschlüsse vom 03.01.2006 ‑ IX B 56/05, BFH/NV 2006, 954, und vom 27.10.2004 ‑ XI B 182/02, BFH/NV 2005, 564; vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.1980 ‑ 4 C 34/79, Neue Juristische Wochenschrift 1981, 241).
bbb) Die Voraussetzungen für eine zulässige Wahrunterstellung liegen im Streitfall nicht vor. Insbesondere durfte das FG auf die Beweisaufnahme nicht mit der Begründung verzichten, es könne als wahr unterstellt werden, dass die Auflistungen über die betrieblichen Fahrten von der Zeugin anhand des Terminkalenders erstellt worden seien. Diese Wahrunterstellung entsprach nicht dem erkennbaren Sinn und dem vollen Inhalt des klägerischen Beweisbegehrens. Die Kläger hatten der Sache nach geltend gemacht, dass der Kläger für alle Termine, die sich aus den Auflistungen ergaben, den jeweiligen PKW A genutzt hatte. Soweit das FG ausgeführt hat, diese Beweistatsache könne durch die Vernehmung der Zeugin nicht nachgewiesen werden, weil die Zeugin bei den einzelnen Fahrten nicht zugegen gewesen sei und daher die Möglichkeit bestehe, dass der Kläger für einzelne Fahrten auch ein anderes Verkehrsmittel genutzt habe, liegt eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung vor. Denn das FG verstößt insbesondere dann gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung, wenn es ‑‑wie hier‑‑ erhebliche Beweisantritte eines Beteiligten mit der Begründung übergeht, von der Erhebung des Beweises sei kein zweckdienliches Ergebnis zu erwarten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 02.10.2013 ‑ III B 56/13, BFH/NV 2014, 62, und in BFH/NV 2011, 1715, m.w.N.).
c) Die Kläger haben ihr Rügerecht nicht verloren. Zwar handelt es sich bei dem Verfahrensmangel der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung um einen solchen, auf dessen Rüge verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Im Streitfall kann indes nicht von einem Rügeverzicht ausgegangen werden. Zum einen haben die Kläger den Beweisantrag vor Stellung der Sachanträge ausdrücklich wiederholt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie auf der beantragten Beweiserhebung bestehen. Zum anderen haben sie ausweislich des Sitzungsprotokolls unmittelbar vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung das Übergehen der Beweisanträge und die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG gerügt.
d) Die Vorentscheidung kann auf dem Verfahrensmangel beruhen, da nicht auszuschließen ist, dass das FG nach Durchführung der Beweiserhebung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Dem FG wird daher Gelegenheit gegeben, die unterbliebene Beweiserhebung im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
e) Der Verfahrensmangel der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung wurde von den Klägern schließlich auch hinreichend dargelegt. Soweit das FG ‑‑wie im Streitfall‑‑ selbst begründet hat, weshalb es von der Erhebung einzelner Beweise abgesehen hat, ergeben sich die den Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen aus dem Urteil selbst. Es genügt daher insoweit bereits die ‑‑hier von den Klägern erhobene‑‑ schlichte Rüge der Nichtvernehmung der Zeugin den Anforderungen des § 120 Abs. 3 FGO (BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 62, Rz 8, m.w.N.).
5. Da die Vorentscheidung bereits aus den unter II.3. und II.4. dargelegten Gründen aufzuheben ist, braucht der Senat nicht darauf einzugehen, ob auch die weiteren von den Klägern gerügten Rechtsverstöße vorliegen.
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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