AO § 163, § 227
EStG § 4 Abs. 1 und 3, § 6 Abs. 3, § 6b Abs. 1, Abs. 2a Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 6c Abs. 1 Satz 1, § 16 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 3b
BauGB §§ 45 ff., § 59 Abs. 2 und 4
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 22.10.2019, 3 K 2398/17 = SIS 19 21 64
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GbR. Gesellschafter zu gleichen Teilen sind … (A), … (B) und … (C) - drei von vier Söhnen ihrer Eltern [Vater] (V) und [Mutter] (M). Sie verpachtet landwirtschaftliche Flächen (Ackerflächen und Weinberge).
Im Zuge eines Flurbereinigungsverfahrens im Jahr 1964 hatte V Alleineigentum an den Grundstücken Flur 1, Flurstück …1 (6 923 qm) und Flurstück …2 (2 670 qm) der Gemarkung … erlangt. V und M hatten zudem Miteigentum zu jeweils 1/2 an dem Grundstück Flur 1, Flurstücknummer …3 (3 155 qm) der Gemarkung … erworben.
Die vorgenannten Grundstücke bewirtschafteten V und M ‑‑neben anderen Ackerflächen sowie mehreren Weinbergen‑‑ zunächst selbst und verpachteten sie mit weiteren Ackerflächen sodann ab 01.09.1978 auf zwölf Jahre an einen ortsansässigen Landwirt (L). Am 23.06.1990 verlängerten V und M den Pachtvertrag mit L um weitere zwölf Jahre.
Ab März 1981 verpachtete V zwei Weinberge an einen ortsansässigen Winzer. Der Vertrag wurde später mit der Klägerin einvernehmlich zum 10.11.2007 beendet. Einen der beiden Weinberge hatte V bereits mit Vertrag vom 01.02.2000 auf 25 Jahre neu verpachtet.
Mit Verträgen vom 13.12.1983 und 05.01.1984 verpachtete V zwei weitere Weinberge rückwirkend ab März 1983 an ortsansässige Winzer. Letzteres Pachtverhältnis wurde zunächst verlängert. Ab ca. dem Jahr 2000 wurde die Fläche nach Entfernung der Reben pachtfrei an L überlassen.
Einen weiteren Weinberg verpachteten die Eheleute V und M mit Vertrag vom 03.11.1994 auf 20 Jahre. Die Klägerin und der Pächter schlossen hierüber für die verbleibende Zeit am 15.11.2007 einen neuen Pachtvertrag.
V und M erklärten in den Jahren 1982 bis 1991 stets Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus dem weinbaulichen Restbetrieb. In den Folgejahren unterblieb eine einkommensteuerliche Veranlagung.
Im Januar 1993 bat der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) V und M wegen der Veräußerung von unbebautem Grundbesitz im Wirtschaftsjahr 1991/1992 um Mitteilung des Bodengewinns. V teilte dem FA daraufhin mit Schreiben vom 16.01.1993 mit, dass "die betreffenden Grundstücke" im Zuge einer Baulandumlegung aus dem Flurstück …4 hervorgegangen seien. "Diese Parzelle" sei ab 01.08.1978 [richtig wohl 01.09.1978] verpachtet gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe noch ein Weinbaubetrieb existiert, dessen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt worden sei. Durch die Verpachtung der ehemals selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflächen sei eine Nutzungsänderung eingetreten, sodass "die Parzellen" nicht mehr zum notwendigen Betriebsvermögen gehört hätten. Weil nach damaliger Rechtsprechung keine Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen möglich gewesen sei, sei durch die Nutzungsänderung eine Entnahme erfolgt. Diese führe nach der damaligen Erlasslage der Finanzverwaltung jedoch nicht zu einem Entnahmegewinn. Die im Jahr 1992 veräußerten Grundstücke hätten bereits seit 1978 Privatvermögen dargestellt.
V und M schlossen mit ihren Söhnen A, B und C am 11.02.2000 einen notariell beurkundeten Übertragungsvertrag, in dem sie diesen die Ackerflächen mit den Flurstücken …3 und …2 unentgeltlich zu gleichen Teilen übertrugen.
Am 19.10.2001 schlossen V und M mit A, B und C einen weiteren notariellen Übergabevertrag, in dem sie A, B und C als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwei weitere, zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörende und im Alleineigentum des V stehende Weinberg-Grundstücke mit sofortiger Wirkung unentgeltlich übertrugen, welche sodann verpachtet wurden. Zudem vereinbarten die Vertragsparteien einen Übergabevertrag auf den Ablebensfall, in dem sich V und M verpflichteten, die weiteren in ihrem Gemeinschafts- bzw. Alleineigentum stehenden Grundstücke, bei denen es sich um Acker- und sonstige landwirtschaftlichen Flächen handelte (u.a. das Flurstück …1), mit Wirkung zum Todestag des (letzten) Übergebers unentgeltlich an A, B und C als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu übertragen.
Nach dem Tod des V in 2004 vereinbarten M und A, B sowie C mit notariellem Vertrag vom 04.11.2011, dass die im Übergabevertrag vom 19.10.2001 genannten Acker- und sonstigen landwirtschaftlichen Flächen mit sofortiger Wirkung auf A, B und C als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts übergehen sollten.
Die Ackerland-Flurstücke …3 und …2 sowie …1 wurden mit insgesamt 12 748 qm in das baurechtliche Umlegungsverfahren "UL …" eingeworfen. Der Wert der Einwurfsfläche wurde einheitlich mit 50 € pro qm angesetzt.
A, B und C erhielten im Zuge der Umlegung hierfür im Jahr 2012 eine Landabfindung im Umfang von 13 Bauplätzen (u.a. die Flurstücke …5, …6, …7 und …8, …9, …10 und …11) mit einer Gesamtfläche von 7 125 qm, die jeweils mit einem Grundstückswert von 68,50 € pro qm angesetzt waren, zum Gesamtwert von 488.062,50 € sowie eine zusätzliche Barabfindung in Höhe von 149.337,50 €, die am 15.10.2012 ausgezahlt wurde.
Mit Überweisungen vom 22.01.2013 über 23.970,10 €, vom 31.01.2013 über 83.227,13 € und vom 30.06.2014 über 97.406,94 € zahlte die Klägerin für die durch die Umlegung erhaltenen Baugrundstücke Kosten für deren erstmalige Erschließung.
In den Streitjahren (2012 bis 2014) veräußerten A, B und C die zum Veräußerungszeitpunkt teilweise erschlossenen Flurstücke …5, …6, …7 und …8, …9, …10 und …11 und erhielten die entsprechenden Veräußerungserlöse. Insgesamt tätigten sie folgende Veräußerungen:
Wirtschafts- |
Flurstück |
Kaufpreis |
Erschließungs- |
Gesamt |
2012/2013 |
…10 |
69.120,00 € |
Keine |
69.120,00 € |
|
…7+…8 |
106.855,00 € |
Keine |
106.855,00 € |
2013/2014 |
…6 |
73.066,00 € |
9.238,47 € |
82.304,47 € |
|
…11 |
62.713,00 € |
7.929,63 € |
70.642,63 € |
2014/2015 |
…5 |
59.160,00 € |
19.719,72 € |
78.879,72 € |
|
…9 |
66.430,00 € |
7.688,35 € |
74.118,35 € |
Im Einspruchsverfahren stellte das FA die Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft mit geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheide) für 2012 in Höhe von 152.309 €, für 2013 in Höhe von 219.011 € und für 2014 in Höhe von insgesamt 128.454 € fest. Der weitergehende Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 636 veröffentlichten Gründen teilweise statt. Es war im Wesentlichen der Ansicht, die Veräußerungsgewinne seien lediglich teilweise nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt,
das FG-Urteil vom 22.10.2019 ‑ 3 K 2398/17 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise die Bildung einer Rücklage nach § 6c EStG in Höhe der Veräußerungsgewinne.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass auch das Flurstück …1 mit der unentgeltlichen Übertragung von M auf A, B und C als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen ausgeschieden ist.
1. Die Flurstücke …3, …2 und …1 gehörten nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ursprünglich zum (notwendigen) Betriebsvermögen des von V und M zunächst selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Eigentumsbetriebs. Deren Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen blieb ‑‑wie das FG zutreffend ausgeführt hat‑‑ durch die Einführung der Bodengewinnbesteuerung ab 01.07.1970 unberührt; insbesondere bedurfte es insoweit keines ausdrücklichen Widmungsakts (s. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 14.05.2009 ‑ IV R 44/06, BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Der Senat sieht deshalb insoweit von weiteren Ausführungen ab.
2. V und M haben diesen Betrieb zu ihren Lebzeiten nicht aufgegeben.
a) Eine (Teil‑)Betriebsaufgabe ist weder durch die (parzellenweise) Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen ab dem 01.09.1978 noch durch die im März 1981 beginnende sukzessive Verpachtung der Weinberge erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BFH hat der Steuerpflichtige im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder (ob und wie lange er) das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will (grundlegend Urteil des Großen Senats des BFH vom 13.11.1963 ‑ GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124). Das gilt auch für die (parzellenweise) Verpachtung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 17.05.2018 ‑ VI R 73/15, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 26, und vom 31.03.2021 ‑ VI R 30/18, BFHE 273, 6, Rz 22, jeweils m.w.N.). Schließlich schließt auch eine sukzessive Verpachtung mit unterschiedlichen Laufzeiten eine später wieder erfolgende Eigenbewirtschaftung nicht per se aus (s. BFH-Urteil vom 28.11.1991 ‑ IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, unter 3.).
Die mit der Gesetzeslage nicht in Einklang stehenden, norminterpretierenden Erlasse der Finanzverwaltung (koordinierter Erlass der Finanzminister der Länder vom 28.12.1964, BStBl II 1965, 5; koordinierter Ländererlass vom 17.12.1965, BStBl II 1966, 34) vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern; sie sind insbesondere nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu begründen (BFH-Urteil vom 08.03.2007 ‑ IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640, unter II.5., und Senatsurteil vom 12.03.2020 ‑ VI R 35/17, Rz 14 und 15, m.w.N.). Soweit die Finanzverwaltung aus Gründen des Vertrauensschutzes in den Fällen, in denen die parzellenweise Verpachtung vor der Veröffentlichung der BFH-Urteile vom 15.10.1987 ‑ IV R 91/85 (BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257) und IV R 66/86 (BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260) im Bundessteuerblatt Teil II (am 15.04.1988) erfolgte, unter bestimmten Voraussetzungen vom Vorliegen einer Betriebsaufgabe ausgeht bzw. ausgegangen ist (s. z.B. Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 07.01.1991 ‑ S 2239 ‑70 ‑ St 12‑21, Der Betrieb 1991, 523), handelt es sich um eine Billigkeitsmaßnahme, über die nicht im Festsetzungsverfahren, sondern ggf. in einem gesonderten Billigkeitsverfahren nach Maßgabe der §§ 163, 227 der Abgabenordnung (AO) zu entscheiden ist (s. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1640, unter II.1.c, und Senatsurteil vom 12.03.2020 ‑ VI R 35/17, Rz 16 ff.).
b) Eine Betriebsaufgabeerklärung haben V und M nicht abgegeben.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung wird ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht durch die Einstellung der Eigenbewirtschaftung aufgegeben. Wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen erhalten bleiben, sodass die Möglichkeit besteht, den Betrieb selbst oder durch die Erben wiederaufzunehmen (Senatsurteil in BFHE 273, 6, Rz 25, m.w.N.), hängt die Annahme einer Betriebsaufgabe, insbesondere ‑‑wie im Streitfall‑‑ in Verpachtungsfällen, letztlich von den Absichten des Steuerpflichtigen ab (BFH-Urteil vom 02.03.1995 ‑ IV R 52/94, BFH/NV 1996, 110).
Aus Beweisgründen konnte die Absicht der Betriebseinstellung auch schon vor Einführung des § 16 Abs. 3b EStG grundsätzlich nur bei einer entsprechenden unmissverständlichen Erklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden (Senatsurteil in BFHE 273, 6, Rz 26, m.w.N.). Soweit ausnahmsweise mangels ausdrücklicher Aufgabeerklärung aus anderen Umständen, Handlungen oder Äußerungen auf eine Betriebsaufgabe geschlossen wird, muss das als Aufgabeerklärung gewertete Verhalten erkennbar von dem Bewusstsein getragen sein, dass es als Folge dieser Erklärung zur Versteuerung der stillen Reserven kommt (BFH-Urteil vom 22.09.2004 ‑ III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160, unter II.1.d). Dabei trifft den Steuerpflichtigen die (objektive) Feststellungslast für seine Behauptung, der Betrieb sei durch die Verpachtung der bisher selbstbewirtschafteten Flächen oder schon vorher aufgegeben worden (BFH-Beschluss vom 02.06.2006 ‑ IV B 3/05, BFH/NV 2006, 1652, m.w.N.).
bb) Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht das Vorliegen einer Aufgabeerklärung verneint.
(1) Die Veräußerung von unbebautem Grundbesitz im Wirtschaftsjahr 1991/ 1992 hat lediglich zu einer Verkleinerung des Betriebs geführt (s. BFH-Urteil vom 12.11.1992 ‑ IV R 41/91, BFHE 170, 311, BStBl II 1993, 430, unter I.1.b).
(2) Auch aus dem Schreiben des V vom 16.01.1993 ergibt sich ‑‑wie das FG zutreffend ausgeführt hat‑‑ keine eindeutige Aufgabeerklärung, sondern lediglich die Äußerung einer Rechtsmeinung in Bezug auf den Veräußerungsvorgang im Wirtschaftsjahr 1991/1992. Eine bloße Rechtsmeinung zu einem in der Vergangenheit liegenden Vorgang bringt aber nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Absicht endgültig aufgegeben wurde, die unterbrochene betriebliche Tätigkeit (Eigenbewirtschaftung) wiederaufzunehmen (s.a. BFH-Urteil vom 15.04.2010 ‑ IV R 58/07, BFH/NV 2010, 1785, unter II.3.b).
c) Die unentgeltlichen Übertragungen der Flurstücke …3 und …2 mit Vertrag vom 11.02.2000 an A, B und C sowie zweier Weinberge mit Vertrag vom 19.10.2001 an diese als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haben zwar zu Entnahmen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen geführt, nicht aber zur Aufgabe des verkleinerten Verpachtungsbetriebs. Dahinstehen kann im Streitfall, ob die Grundstücksübertragungen (Weinberge) vom 19.10.2001 ‑‑anders als die Übertragung der Flurstücke …3 und …2 (dazu unter 4.)‑‑ an die Klägerin oder eine daneben bestehende personenidentische GbR erfolgt sind.
d) Schließlich hat auch der Erwerb des ruhenden Verpachtungsbetriebs von Todes wegen durch M in 2004 nicht zu einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 1 und 3 EStG geführt. Der Betrieb wurde vielmehr von M als Erbin gemäß § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten fortgeführt (vgl. BFH-Urteil vom 19.02.1998 ‑ IV R 38/97, BFHE 186, 42, BStBl II 1998, 509).
3. Mit der unentgeltlichen Übertragung der im Eigentum der M verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen einschließlich des Flurstücks …1 auf A, B und C als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund des Vertrags vom 04.11.2011 hat M ihren ruhenden Verpachtungsbetrieb gemäß § 6 Abs. 3 EStG im Ganzen auf die A, B, C GbR ‑‑die Klägerin‑‑ übertragen. Die landwirtschaftlichen Grundstücke einschließlich des Flurstücks …1 haben mit der Übertragung ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen damit nicht verloren. Hinsichtlich des Flurstücks …1 ist das FG somit zu Unrecht von einer Entnahme ausgegangen.
4. Die unentgeltliche Übertragung des ruhenden Verpachtungsbetriebs auf die Klägerin mit Vertrag vom 04.11.2011 führte entgegen der Ansicht des FA nicht dazu, dass die zuvor entnommenen und von A, B und C im Privatvermögen gehaltenen Flurstücke …3 und …2 (Sonder‑)Betriebsvermögen der Klägerin wurden. Insbesondere war die Übertragung der Flurstücke …3 und …2 seinerzeit nicht auf A, B und C als Gesellschafter der Klägerin erfolgt. A, B und C bildeten mit ihren diesbezüglichen Anteilen vielmehr eine neben der Klägerin bestehende Eigentümergemeinschaft.
Mithin hätte es einer entsprechenden (unmissverständlichen) Einlage durch A, B und C in das (Sonder‑)Betriebsvermögen der Klägerin bedurft. Dass dies erfolgt wäre, hat das FG weder festgestellt noch ergeben sich hierzu Hinweise aus den Akten.
Soweit das FA der Ansicht ist, der übertragene land- und forstwirtschaftliche Restbetrieb sei um die vorab übertragenen Flächen (automatisch) erweitert worden, da seit der Übertragung des landwirtschaftlichen Restbetriebs eine Verpachtung sämtlicher Ackerflächen an einen Pächter erfolgt sei (Pächteridentität), vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Das FA kann sich insoweit insbesondere nicht auf die BFH-Urteile vom 16.12.1988 ‑ III R 113/85 (BFHE 155, 380, BStBl II 1989, 763), vom 24.08.1989 ‑ IV R 135/86 (BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014), vom 26.03.1991 ‑ VIII R 104/87 (BFH/NV 1991, 671) und in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521 stützen.
Das BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 671 betrifft lediglich den umgekehrten Fall, nämlich dass ein Wirtschaftsgut, das der Verpächter für seinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb neu anschafft und dem Pächter zur Nutzung im Rahmen des Pachtverhältnisses überlässt, zum notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs gehört (s.a. Senatsurteil vom 19.12.2019 ‑ VI R 53/16, BFHE 267, 260, BStBl II 2021, 427, Rz 21). Um den Fall des Hinzuerwerbs eines Grundstücks im Rahmen eines verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs geht es auch im BFH-Urteil in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521. Insoweit geht es um das Wahlrecht einer Erbengemeinschaft, einen verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb fortzuführen.
Das BFH-Urteil in BFHE 155, 380, BStBl II 1989, 763 betrifft die Frage, ob der Eigentümer eines Betriebsgrundstücks im Falle dessen Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt das Nießbrauchsrecht mit dem Teilwert in sein Betriebsvermögen einlegen muss, wenn er das nießbrauchsbelastete Grundstück wie bisher betrieblich nutzt.
Im BFH-Urteil in BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014 geht es schließlich um Fragen in Zusammenhang mit einer Betriebsaufspaltung.
5. Mit dem Einwurf des nach den vorstehenden Ausführungen zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörenden Flurstücks …1 sowie der zum Privatvermögen von A, B und C rechnenden Flurstücke …3 und …2 in das Umlegungsverfahren "UL …" auch gegen Geldausgleich wurden diese Grundstücke anteilig veräußert. Die Veräußerung der seit Februar 2000 im Privatvermögen von A, B und C befindlichen Flurstücke war jedoch im Jahr 2012 nicht mehr gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar. Im Übrigen wäre ein etwaiger Gewinn aus der Veräußerung der dem Privatvermögen zuzuordnenden Grundstücke ohnehin nicht in den Gewinnfeststellungsbescheiden der Klägerin zu erfassen gewesen.
a) Das Umlegungsverfahren (§§ 45 ff. des Baugesetzbuchs ‑‑BauGB‑‑) ist ein gesetzlich geregelter Grundstückstausch, der von dem Grundsatz der wertgleichen Abfindung und Erhaltung des Eigentums beherrscht wird. Im Rahmen der Verteilung kann es zwecks Ausgleichs von Wertunterschieden notwendig werden, dass die Eigentümer zu Geldleistungen verpflichtet werden. Ungeachtet eines solchen etwaigen Wertausgleichs sind der in das Umlegungsverfahren eingebrachte Grundbesitz und der daraus im Zuteilungswege erlangte Grundbesitz als wirtschaftlich identisch zu werten. Die zugeteilten Grundstücke sind "Surrogat" der eingebrachten Grundstücke (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.09.1974 ‑ III ZR 12/73, BGHZ 63, 81). Dies hat die einkommensteuerrechtliche Folge, dass zum einen keine Gewinnrealisierung nach Tauschgrundsätzen eintritt und zum anderen sich die etwaige Betriebsvermögenseigenschaft des eingebrachten Grundbesitzes an den erlangten Grundstücken unverändert fortsetzt (BFH-Urteil vom 23.09.2009 ‑ IV R 70/06, BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 26, m.w.N.).
b) Neben der an den vorgenannten Tauschgrundsätzen orientierten Grundstücksverteilung eröffnet das Umlegungsverfahren aber auch die Möglichkeit, Grundstücke gegen Geldleistung ohne gleichwertige Einbringung von Grundstücken zu erhalten. Für eine solche überobligatorische Zuteilung oder eine den Sollanspruch unterschreitende Zuteilung sehen § 59 Abs. 2 und Abs. 4 BauGB einen Ausgleich in Geld vor. Durch derartige einvernehmliche Regelungen wird das dem Umlegungsverfahren innewohnende Tauschelement durch ein Element des Kaufs bzw. des Hinzuerwerbs erweitert, was zugleich zur Konsequenz hat, dass die wirtschaftliche Identität von eingebrachtem und zugeteiltem Grundstück in dem Umfang nicht besteht, in dem die Umlegungsbeteiligten bei der Verteilung der Umlegungsmasse den Sollanspruch übersteigende Mehrzuteilungen erhalten und durch den Geldausgleich nicht lediglich Umlegungsvorteile ausgeglichen werden (s. BFH-Urteil in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 28).
c) Bei Heranziehung dieser Grundsätze liegt vorliegend nicht lediglich ein Grundstückstausch ohne Gewinnrealisierung vor, sondern eine teilweise Veräußerung der eingebrachten Flurstücke. Entsprechend ist die Grundstückszuteilung in ein Tausch- und ein Verkaufsgeschäft zu zerlegen.
aa) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG wurden die Flurstücke …3, …2 und …1 mit einem Sollanspruch in Höhe von insgesamt 637.400 € in das Umlegungsverfahren eingeworfen. Zugeteilt wurden A, B und C 13 Bauplätze mit einem Wert in Höhe von 488.062,50 €. Für die Minderzuteilung erhielten diese im Wirtschaftsjahr 2012/2013 (am 15.10.2012) einen Geldausgleich in Höhe von 149.337,50 €. Entsprechend beträgt die Veräußerungsquote 23,43 %.
bb) Da die in das Umlegungsverfahren eingebrachten Flurstücke …3, …2 und …1 nach den vorstehenden Ausführungen sowohl zum Privatvermögen von A, B und C (Flurstücke …3 und …2) als auch zum Betriebsvermögen (Flurstück …1) der Klägerin gehörten, ist für die weitere Behandlung sowohl des anteilig veräußerten Flurstücks …1 als auch der im Umlegungsverfahren erhaltenen Surrogationsgrundstücke das insoweit bestehende Flächen- bzw. Wertverhältnis von 45,69 % (Flurstücke …3 und …2: 3 155 qm und 2 670 qm, 157.750 € und 133.500 €) zu 54,31 % (Flurstück …1: 6 923 qm, 346.150 €) relevant.
cc) Der anteilige auf das zum Betriebsvermögen gehörende Flurstück …1 entfallende Veräußerungserlös beträgt demzufolge:
Geldausgleich 149.337,50 € x 54,31 % = 81.105,19 €.
Hiervon abzuziehen ist der Buchwert nach § 55 EStG entsprechend der Veräußerungsquote in Höhe von 23,43 %, den das FG ‑‑von seinem Standpunkt aus zu Recht‑‑ nicht festgestellt hat.
dd) Die im Tauschwege erhaltenen Bauplätze sind jeweils anteilig zu 54,31 % als Surrogate des in das Umlegungsverfahren eingebrachten Flurstücks …1 an dessen Stelle im Betriebsvermögen der Klägerin zu erfassen.
Deren Zuordnung zu unterschiedlichen Vermögensbereichen steht die Rechtsprechung des BFH nicht entgegen. Grundsätzlich muss die Zuordnung eines unbebauten Grundstücks zum Betriebs- oder Privatvermögen, so es einheitlich genutzt wird, zwar auch einheitlich erfolgen. Insoweit entspricht es dem vom Großen Senat des BFH in seinem Beschluss vom 26.11.1973 ‑ GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) dargelegten sog. Einheitlichkeitsgrundsatz, dass ein fremdbetrieblich genutztes Grundstück nicht von vornherein teilweise dem Betriebs- und teilweise dem Privatvermögen zugeordnet werden kann. Dieser Einheitlichkeitsgrundsatz setzt indes nicht die Regelungen über Entnahmen und Einlagen (s. BFH-Urteil in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 35) oder ‑‑wie hier‑‑ über die Surrogation von sowohl aus dem Betriebs- als auch aus dem Privatvermögen eingebrachten Tauschgrundstücken außer Kraft.
6. Die Veräußerung der Bauplätze …10 am 21.11.2012, …7 und …8 am 15.12.2012, …6 am 15.11.2013, …11 am 13.12.2013, …9 am 17.01.2014 und …5 am 10.04.2015 hat im Umfang ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der Klägerin in Höhe von 54,31 % zu weiteren Veräußerungsgewinnen geführt. Mangels Feststellung des Buchwerts nach § 55 EStG des ursprünglichen Flurstücks …1 kann der Senat die insoweit in den Streitjahren erzielten Gewinne aber ebenfalls nicht selbst berechnen.
7. Im zweiten Rechtsgang wird das FG zunächst den Buchwert des Flurstücks …1 und anschließend die anteiligen Veräußerungsgewinne aus dem Umlegungsverfahren sowie aus den Veräußerungen der Bauplätze unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zu ermitteln haben. Die Ermittlung erfolgt grundsätzlich im Wege der Schätzung nach § 4 Abs. 1 EStG, es sei denn, die Klägerin optiert durch Vorlage entsprechender Einnahmen-Überschussrechnungen noch zu einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG.
8. Über den von der Klägerin bereits im Klageverfahren hilfsweise gestellten Antrag, die Gewinne aus der Veräußerung von drei Grundstücken im Wirtschaftsjahr 2013/2014 mit einem Rücklagenbetrag von 199.000 € in eine Rücklage gemäß § 6c EStG einzustellen, ist hier nicht zu entscheiden.
Ein Hilfsantrag, über den das FG nicht entscheiden musste, weil es dem Hauptantrag entsprochen hat, fällt durch das Rechtsmittel des FA gegen seine Verurteilung zwar ebenfalls und automatisch in der Rechtsmittelinstanz an (Senatsurteil vom 22.11.2018 ‑ VI R 50/16, BFHE 263, 44, BStBl II 2019, 313, Rz 34; BFH-Urteile vom 07.06.2016 ‑ VIII R 32/13, BFHE 253, 565, BStBl II 2016, 769, Rz 50, und vom 25.04.2012 ‑ I R 2/11, Rz 17). Mit der Aufhebung des angegriffenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das FG wird das gesamte Verfahren aber erneut beim FG anhängig. Damit werden bei diesem neben dem Haupt- auch die Hilfsanträge wieder rechtshängig (BFH-Urteil vom 13.10.2016 ‑ IV R 21/13, BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, Rz 68).
Für den zweiten Rechtsgang weist der erkennende Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das auf Gewinnübertragung gerichtete Wahlrecht nach § 6c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6b Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 EStG nicht befristet ist. § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG ist, anders als das FG ausgeführt hat, hier nicht einschlägig. Das Wahlrecht kann daher bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden. Dies kann sowohl im anhängigen Klageverfahren im Rahmen eines Hilfsantrags (s. BFH-Beschluss vom 11.02.2005 ‑ VIII B 32/03, BFH/NV 2005, 1261) als auch noch nach Ergehen eines Urteils in der Tatsacheninstanz bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgen (s. BFH-Urteil vom 30.08.2001 ‑ IV R 30/99, BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49). Die für die Rücklage nach § 6c EStG oder § 6b EStG erforderliche Dokumentation kann dabei auch noch im zweiten Rechtsgang geschaffen oder dargelegt werden (BFH-Urteil vom 30.01.2013 ‑ III R 72/11, BFHE 240, 541, BStBl II 2013, 684).
9. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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