BFH: Steuerfreier Sanierungsertrag nach § 3a EStG und § 7b GewStG
Antragstellung nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG i.d.F. des UStAusfVerm/StRÄndG und § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG i.d.F. des UStAusfVerm/StRÄndG als rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
- Die gesonderte Feststellung gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Höhe des Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgt in einem eigenständigen Verwaltungsakt und wird bei einer Mitunternehmerschaft einheitlich vorgenommen (§ 179 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑). Dieser Feststellungsbescheid ist als Grundlagenbescheid für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO bindend (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO).
- Die Stellung eines Antrags nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (UStAusfVerm/StRÄndG) oder nach § 36 Abs. 2c Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes i.d.F. des UStAusfVerm/StRÄndG ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1 Satz 1
EStG § 3a Abs. 1, Abs. 4, § 3c Abs. 4, § 52 Abs. 4a Satz 3
GewStG § 7b, § 36 Abs. 2c Satz 3
BFH-Urteil vom 10.10.2024, IV R 1/22 (veröffentlicht am 6.2.2025)
Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 16.11.2021, 8 K 1362/20
I. Streitig ist, ob die auf Steuerfreistellung eines Sanierungsertrags gerichteten Anträge nach § 52 Abs. 4a Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beziehungsweise (bzw.) § 36 Abs. 2c Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), beide Vorschriften in der Fassung des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338), als rückwirkende Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu beurteilen sind.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Ihre Gesellschafter sind die A GmbH als Komplementärin ohne Beteiligung am Vermögen und Frau S als alleinige Kommanditistin mit einem Anteil am Vermögen von 100 %. Alleiniger Gesellschafter der A GmbH und ihr Geschäftsführer ist Herr A, der Ehemann der S. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Erwerb, das Halten und das Verwalten eigener Grundstücke.
Am 04.04.2011 traf die Klägerin als Schuldnerin mit ihrer Gläubigerin, der V‑Bank (V), eine Vereinbarung über den Verzicht auf eine Darlehensforderung zum 31.12.2010 in Höhe von 300.000 € gegen Besserungsschein.
Die Klägerin erklärte sowohl in ihrer Erklärung für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 als auch in ihrer Erklärung für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2010 einen bilanziellen Ertrag aus dem Verzicht auf die Darlehensforderung als Sanierungsgewinn im Sinne des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27.03.2003 (BStBl I 2003, 240) ‑‑Sanierungserlass‑‑. Zu den beiden eingereichten Erklärungen wurden zunächst keine Bescheide erlassen.
Im April 2011 begann das Finanzamt C‑Stadt bei der Klägerin für den Zeitraum 2007 bis 2009 eine steuerliche Außenprüfung, die im August 2015 mit der Mitteilung endete, dass die Außenprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt habe.
Der zwischenzeitlich für die Klägerin zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ am 27.11.2015 einen erstmaligen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 (Gewinnfeststellungsbescheid 2010). Das FA stellte einen laufenden Gesamthandsgewinn unter Einbeziehung des von der Klägerin bilanziell erfassten Ertrags aus dem Darlehensverzicht der V fest. Ferner teilte das FA im Gewinnfeststellungsbescheid nachrichtlich mit, dass in dem festgestellten Gesamthandsgewinn ein Sanierungsgewinn in Höhe von 0 € enthalten sei. Ebenfalls am 27.11.2015 setzte das FA erstmalig den Gewerbesteuermessbetrag 2010 fest, wiederum unter Ansatz des Ertrags aus dem Darlehensverzicht der V.
Die Klägerin legte gegen beide Bescheide jeweils Einspruch ein, die das FA mit Einspruchsentscheidungen vom 13.04.2016 als unbegründet zurückwies. Die hiergegen erhobenen Klagen vor dem Finanzgericht (FG) nahm die Klägerin im März 2017 hinsichtlich des Gewerbesteuermessbescheids 2010 und im Juni 2018 hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheids 2010 zurück.
S und A stellten im Mai 2018 beim FA einen Antrag auf Stundung und Erlass der gegen sie im Rahmen einer Zusammenveranlagung festgesetzten Einkommensteuer 2010, soweit diese auf den Ertrag von 300.000 € aus dem Forderungsverzicht der V entfalle, da es sich dabei um einen nach dem Sanierungserlass begünstigten Sanierungsgewinn handele. Das FA lehnte diesen Antrag ab. Den daraufhin von S und A eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung im März 2019 als unbegründet zurück. Die hiergegen beim FG erhobene Klage erklärten S und A im September 2020 in der Hauptsache für erledigt, da sich mit Einführung des § 3a EStG und der Antragsmöglichkeit nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Steuerfreistellung von Sanierungserträgen zwischenzeitlich geändert hätten. Das FA erklärte den Rechtsstreit ebenfalls in der Hauptsache für erledigt.
Aufgrund des am 27.11.2015 vom FA für 2010 festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags setzte die Stadt D‑Stadt gegen die Klägerin im Dezember 2015 die Gewerbesteuer 2010 fest. Daraufhin beantragte die Klägerin zunächst die Stundung und im Februar 2016 auch den Erlass des auf den Ertrag aus dem Forderungsverzicht beruhenden Teils der festgesetzten Gewerbesteuer. Über den Antrag ist bislang nicht entschieden.
Schließlich beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 14.11.2019 beim FA die Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsertrags für 2010 in Höhe von 300.000 € gemäß § 3a EStG bzw. § 7b GewStG. Das FA lehnte beide Anträge am 28.01.2020 ab.
Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 06.05.2020) und Klage blieben erfolglos. Zur Begründung seines klageabweisenden Urteils vom 16.11.2021 ‑ 8 K 1362/20 führte das FG aus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Feststellungs- bzw. Festsetzungsfristen für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010, den Gewerbesteuermessbetrag 2010 und die Einkommensteuer 2010 der Eheleute A und S abgelaufen gewesen seien und daher die Berücksichtigung des von der Klägerin beantragten Sanierungsertrags nach § 3a EStG bzw. § 7b GewStG bereits aus diesem Grund ausscheide. Bei der Antragstellung nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und § 36c Abs. 2c Satz 3 GewStG handele es sich auch um kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, das zu einem Neubeginn der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist führe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe zu Unrecht die beantragte Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsertrags mit dem Hinweis auf den Ablauf der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist abgelehnt. Bei ihren Anträgen gemäß § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG auf Anwendung der Vorschriften zum Sanierungsertrag nach § 3a EStG bzw. § 7b GewStG handele es sich jeweils um ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, sodass der Lauf der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist mit ihrer Antragstellung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO neu begonnen habe.
Sie sei erst mit Einführung von § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG in die Lage versetzt worden, die Behandlung des bilanziellen Ertrags aus dem Darlehensverzicht der V als steuerfreien Sanierungsertrag nach § 3a EStG bzw. § 7b GewStG für 2010 geltend zu machen. Daher entfalteten ihre Anträge eine steuerliche Wirkung für die Vergangenheit.
Der Gesetzgeber habe zudem mit der Einführung der vorbezeichneten Antragsmöglichkeiten bezweckt, für Steuerpflichtige, bei denen der Darlehensverzicht bereits vor dem 09.02.2017 erfolgt sei, Rechtssicherheit für die Berücksichtigung eines Sanierungsertrags nach § 3a EStG bzw. § 7b GewStG zu gewährleisten und für den Fall einer ablehnenden Entscheidung der Finanzverwaltung den Rechtsweg zu den Finanzgerichten zu eröffnen.
Demgegenüber führe die Klageabweisung durch das FG unter Hinweis auf den Ablauf der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist dazu, dass die Frage, ob es sich bei dem Ertrag aus dem Darlehensverzicht der V um einen begünstigten Sanierungsertrag im Sinne des § 3a EStG bzw. § 7b GewStG handele, weiterhin einer gerichtlichen Überprüfung entzogen werde. Dabei sei zu beachten, dass die Klägerin sich in der Vergangenheit bereits mehrfach darum bemüht habe, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen, aufgrund der Entwicklungen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung zur Frage der Behandlung von Sanierungserträgen aus verfahrensrechtlichen Gründen jedoch keinen Erfolg gehabt habe. Vor diesem Hintergrund führe die Behandlung ihrer Anträge nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG als rückwirkende Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch nicht zu einer Besserstellung der Klägerin gegenüber Steuerpflichtigen, bei denen die Regelungen des § 3a EStG bzw. § 7b GewStG zur Steuerfreiheit von Sanierungserträgen ohne einen gesonderten Antrag Anwendung fänden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 16.11.2021 ‑ 8 K 1362/20 aufzuheben und das FA zu verpflichten,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 28.01.2020 sowie der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2020 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung eines Sanierungsertrags gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG in Höhe von 300.000 € für das Jahr 2010 zu erlassen, hilfsweise den Gewinnfeststellungsbescheid 2010 vom 27.11.2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2016 dahingehend zu ändern, dass ein Sanierungsertrag gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG in Höhe von 300.000 € für das Jahr 2010 festgestellt wird, und
den Gewerbesteuermessbescheid 2010 vom 27.11.2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13.04.2016 dahingehend zu ändern, dass ein Sanierungsertrag in Höhe von 300.000 € gemäß § 7b GewStG mindernd berücksichtigt wird.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das FA schließt sich den Ausführungen des FG an und trägt ergänzend vor, dass die Revision der Klägerin bereits unzulässig sei. Die Klägerin habe in ihrer Revisionsbegründung nur die gleichen Einwendungen wie im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht und zu der Frage, ob es sich bei ihren Anträgen nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und nach § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG um rückwirkende Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handele, nicht hinreichend Stellung genommen.
II. Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Die Revision ist zulässig, insbesondere hat die Klägerin die Revision hinreichend begründet.
a) Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO muss die Begründung der Revision die Angabe der Revisionsgründe durch eine bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (zu diesen Begründungsanforderungen im Einzelnen z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15.06.2023 ‑ IV R 30/19, BFHE 281, 90, BStBl II 2023, 1050, Rz 31).
b) Entgegen der Auffassung des FA entspricht die Begründung der Klägerin diesen gesetzlichen Anforderungen. Die Klägerin hat die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angegeben, die nach ihrer Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. So begründet die Klägerin ihre Revision dahingehend, dass entgegen der Auffassung des FG im Streitfall die von ihr nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und nach § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG gestellten Anträge rückwirkende Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellten. Danach sei gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 2 AO der Erlass der vom FA abgelehnten Bescheide möglich. In diesen Bescheiden sei dann der nach § 3a EStG bzw. § 7b GewStG steuerfrei zu belassende Sanierungsertrag zu berücksichtigen.
2. Die Revision ist auch begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil das FG rechtsfehlerhaft angenommen hat, die Klage sei bereits wegen des Ablaufs der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfristen abzuweisen.
Die von der Klägerin erhobene Klage betrifft ebenso wie die von ihr eingelegte Revision zum einen die gesonderte und einheitliche Feststellung der Höhe des Sanierungsertrags für 2010 nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG gemäß § 3a Abs. 4 EStG und zum anderen den Gewerbesteuermessbetrag 2010 (dazu unter a). Diese Klage, mit welcher die Klägerin zwei Verpflichtungsbegehren verfolgt (dazu unter b), ist zulässig (dazu unter c) und ‑‑entgegen der Auffassung des FG‑‑ auch begründet (dazu unter d).
a) Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens ist zum einen die gesonderte und einheitliche Feststellung der Höhe des Sanierungsertrags für 2010 nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG und zum anderen der Gewerbesteuermessbetrag 2010.
aa) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 2 EStG (Sanierungsertrag) steuerfrei. Gemäß § 7b Abs. 1 GewStG ist § 3a EStG vorbehaltlich der Regelungen in § 7b Abs. 2 und Abs. 3 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden. Danach ist ein nach § 3a EStG von der Einkommensteuer befreiter Sanierungsertrag auch für Zwecke der Gewerbesteuer als steuerfrei zu behandeln (z.B. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 11. Aufl., § 7b Rz 2).
bb) Zwar zielte die Klage der Klägerin (auch) hinsichtlich der Gewinnfeststellung 2010 darauf ab, dass der Ertrag aus dem Forderungsverzicht der V bei der Ermittlung des steuerpflichtigen laufenden Gesamthandsgewinns als steuerfreier Sanierungsertrag nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG außer Ansatz bleibt. Über die Steuerfreiheit des Sanierungsertrags im Gesamthandsbereich ist jedoch in den Fällen des § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG im Verfahren über die gesonderte (und einheitliche) Feststellung seiner Höhe zu entscheiden.
(1) Sind ‑‑wie im Fall der Klägerin‑‑ Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert festzustellen, ist gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG auch die Höhe des Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sowie die Höhe der nach § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6 und 13 EStG mindernden Beträge gesondert festzustellen. Zuständig für diese gesonderte Feststellung ist nach § 3a Abs. 4 Satz 2 EStG das Finanzamt, das für die gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zuständig ist.
Die danach gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen werden, wie sich aus § 3a Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG ergibt, auch wenn es um den Sanierungsertrag im Gesamthandsgewinn einer Mitunternehmerschaft geht, in einem eigenständigen Verwaltungsakt (Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 EStG) und nicht im Gewinnfeststellungsbescheid im Sinne des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO festgestellt.
(2) Dieser Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG ist, soweit darin die Höhe des Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG festgestellt ist, der im Gesamthandsbereich einer Mitunternehmerschaft angefallen ist, Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) für den Gewinnfeststellungsbescheid der Mitunternehmerschaft als dessen Folgebescheid. Denn diese Feststellung besitzt in mehrfacher Hinsicht im Sinne des § 182 Abs. 1 Satz 1 AO Bedeutung für die Ermittlung des im Gewinnfeststellungsbescheid festzustellenden laufenden Gesamthandsgewinns und ist daher insoweit für diesen bindend (anderer Ansicht Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Aufl., § 3a Rz 54; Kobor in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3a Rz E 7). So ist der im Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 EStG dem Grunde und der Höhe nach festgestellte Sanierungsertrag als grundsätzlich steuerpflichtige Betriebseinnahme bei der Feststellung des laufenden Gesamthandsgewinns nun als steuerfrei zu berücksichtigen und außerbilanziell abzuziehen. Zum anderen bedingt die Feststellung eines steuerfreien Sanierungsertrags für die Gewinnermittlung ein ‑‑in der Höhe noch zu bestimmendes‑‑ Abzugsverbot für die damit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben (§ 3c Abs. 4 EStG). Schließlich folgt aus der Feststellung eines nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG steuerfrei zu stellenden Sanierungsertrags, dass nach § 3a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG steuerliche Wahlrechte in dem Jahr, in dem ein Sanierungsertrag erzielt wird (Sanierungsjahr), und im Folgejahr im zu sanierenden Unternehmen gewinnmindernd auszuüben sind. Daraus ergeben sich wiederum Folgewirkungen für die Ermittlung des im Gewinnfeststellungsbescheid festzustellenden steuerpflichtigen laufenden Gesamthandsgewinns.
(3) Wird der Sanierungsertrag im Gesamthandsbereich erzielt, muss die gesonderte Feststellung der Höhe des steuerfreien Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 4 EStG einheitlich erfolgen. Denn in diesem Fall ist der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO).
(4) Liegen nach Ansicht des Feststellungsfinanzamts die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit des Sanierungsertrags nicht vor, ist kein Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 EStG zu erlassen. Vielmehr sind die laufenden Gesamthandseinkünfte im Gewinnfeststellungbescheid "brutto" festzustellen, das heißt unter Berücksichtigung des Sanierungsertrags, unter Beachtung steuerlicher Wahlrechte und ohne Anwendung des Abzugsverbots für Sanierungsaufwendungen. Macht die Mitunternehmerschaft die Steuerfreiheit des Sanierungsertrags geltend, muss sie den Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 3a Abs. 4 EStG beantragen. Denn über die Steuerfreiheit des Sanierungsertrags wird dem Grunde und der Höhe nach in dem eigenständigen Feststellungsverfahren nach § 3a Abs. 4 EStG entschieden. Ergeht danach der begehrte Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 EStG, ist der Gewinnfeststellungsbescheid als Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entsprechend zu ändern.
Geht das Feststellungsfinanzamt hingegen davon aus, dass ein steuerfreier Sanierungsertrag vorliegt, muss es zunächst den Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG (Grundlagenbescheid) erlassen (vgl. BFH-Urteil vom 08.10.1986 ‑ I R 155/84, BFH/NV 1987, 564, unter 3.a [Rz 22]; Klein/Rüsken, AO, 18. Aufl., § 155 Rz 55). Aufgrund der Bindungswirkung dieses Bescheids ist die Feststellung des laufenden Gesamthandsgewinns im Gewinnfeststellungsbescheid (Folgebescheid) dann zwingend "netto" vorzunehmen (das heißt unter Berücksichtigung der Steuerfreiheit des Sanierungsertrags sowie unter Anwendung der §§ 3a Abs. 1 Satz 2 und 3, 3c Abs. 4 EStG). Dabei ist zu beachten, dass auf der Einnahmenseite der Mitunternehmerschaft die Höhe des steuerfreien Sanierungsertrags mit Bindungswirkung feststeht. Auf der Ausgabenseite der Mitunternehmerschaft beschränkt sich die Bindungswirkung hingegen darauf, dass erstmalig die Restriktionen der §§ 3a Abs. 1 Satz 2 und 3, 3c Abs. 4 EStG dem Grunde nach zur Anwendung kommen. Eine Bindungswirkung der Höhe nach besteht hingegen nicht.
cc) Hinsichtlich der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags besteht hingegen kein Grundlagen-Folgebescheid-Verhältnis zum Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 EStG. Die Frage, ob ein Sanierungsertrag nach § 3a EStG steuerfrei ist, ist vielmehr eigenständig im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Satz 1, § 7b GewStG zu prüfen.
b) Die Klägerin hat sowohl hinsichtlich der Feststellung der Höhe eines Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2010 gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG als auch hinsichtlich des Gewerbesteuermessbescheids 2010 zutreffend eine Verpflichtungsklage erhoben.
aa) Die Klageart richtet sich gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 FGO nach dem Klagebegehren. Eine Verpflichtungsklage liegt danach vor, wenn durch die Klage die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt wird (§ 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO). Dabei wird das Aufhebungsbegehren hinsichtlich des Ablehnungsbescheids von der Verpflichtungsklage umfasst und begründet keine eigenständige Anfechtungsklage.
bb) Danach begehrt die Klägerin zum einen die gerichtliche Verpflichtung des FA zum Erlass eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG eines Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2010 in Höhe von 300.000 €.
cc) Aber auch hinsichtlich der begehrten Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 2010 unter Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsertrags in Höhe von 300.000 € gemäß § 7b Abs. 1 GewStG ist die Verpflichtungsklage die statthafte Klageart.
(1) Die Abgrenzung einer Anfechtungsklage in Gestalt einer Abänderungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alternative 1, § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO von einer Verpflichtungsklage im Sinne des § 40 Abs. 1 Alternative 2, § 101 FGO erfolgt danach, ob die begehrte Änderung durch die Finanzbehörde aus formellen (verfahrensrechtlichen) Gründen oder aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt worden ist. Im ersten Fall entspricht das Begehren der Erhebung einer Verpflichtungsklage (BFH-Urteil vom 20.12.2000 ‑ III R 17/97, BFH/NV 2001, 914, unter II.2. [Rz 31]; Krumm in Tipke/Kruse, § 40 FGO Rz 11; Gräber/Teller, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 40 Rz 17).
(2) Das FA hat die Ablehnung der Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 2010 im Ablehnungsbescheid vom 28.01.2020 und in der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2020 auf formelle (verfahrensrechtliche) Gründe gestützt, indem es die Ablehnung allein damit begründete, dass der begehrten Änderung der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegenstehe.
c) Die Klägerin ist zur Erhebung der Verpflichtungsklage hinsichtlich der versagten gesonderten und einheitlichen Feststellung eines Sanierungsertrags für 2010 nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FGO i.d.F. des Art. 27 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes vom 22.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411; zur Anwendung der Neufassung für im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits anhängige Klageverfahren siehe BFH-Urteil vom 08.08.2024 ‑ IV R 1/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 25) sowie hinsichtlich des bisher festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags 2010 unmittelbar nach § 40 Abs. 2 FGO klagebefugt.
d) Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erlass der begehrten Bescheide. Im Streitfall ist ‑‑entgegen der Auffassung des FG und des FA‑‑ sowohl der Erlass eines Bescheids gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG über die gesonderte und einheitliche Feststellung eines steuerfreien Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2010 als auch der Erlass eines geänderten Gewerbesteuermessbescheids 2010 unter Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsertrags gemäß § 7b GewStG verfahrensrechtlich noch möglich. Denn bei den von der Klägerin mit Schreiben vom 14.11.2019 gestellten Anträgen (dazu unter aa) handelt es sich jeweils um ein rückwirkendes Ereignis (dazu unter bb) mit der Folge, dass für die von der Klägerin begehrten Bescheide die Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (dazu unter cc).
aa) Die Klägerin hat mit Schreiben vom 14.11.2019 von der nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. nach § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Anwendung des § 3a EStG bzw. des § 7b GewStG zur Steuerfreistellung eines Sanierungsertrags zu beantragen.
Nach § 52 Abs. 4a Satz 1 EStG ist § 3a EStG nur in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08.02.2017 erlassen wurden. Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist gemäß § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG die Vorschrift des § 3a EStG jedoch auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ‑‑wie im Streitfall‑‑ vor dem 09.02.2017 erlassen wurden. Ebenso ist § 7b GewStG nach § 36 Abs. 2c Satz 1 GewStG grundsätzlich nur in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08.02.2017 erlassen wurden. Auch hier ist jedoch nach § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG auf Antrag des Steuerpflichtigen § 7b GewStG auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ‑‑wie im Streitfall‑‑ vor dem 09.02.2017 erlassen wurden. § 36 Abs. 2c GewStG als Anwendungsregelung für § 7b GewStG gilt nach allgemeinen Grundsätzen fort, auch wenn § 36 GewStG durch Art. 8 Nr. 6 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) neu gefasst und Abs. 2c aufgehoben wurde (vgl. BFH-Urteil vom 25.07.1991 ‑ XI R 36/89, BFHE 165, 372, BStBl II 1992, 26, zu § 52 EStG; Rüsch in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 36 Rz 6; Stephani in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 36 Rz 3 am Ende).
bb) Ein Antrag nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. nach § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG stellt ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar (ebenso zu § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG FG Münster, Urteil vom 04.09.2023 ‑ 9 K 3511/20 F, Rz 30; Eilers/Tiemann, Die Unternehmensbesteuerung ‑‑Ubg‑‑ 2020, 190, 194 f.; Hasbach, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2019, 871, 874 f.; Reddig, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2021, 438; Uhländer, DB 2022, 1923, 1927; BeckOK EStG/Bleschick, 19. Ed. 01.07.2024, EStG § 3a Rz 39; Brandis/Heuermann/Krumm, § 3a EStG Rz 4; Schmidt/Levedag, EStG, 43. Aufl., § 3a Rz 3; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Aufl., § 3a Rz 6a; anderer Ansicht Förster/Hechtner, DB 2019, 10, 12; Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3a EStG Rz 9; anderer Ansicht zu § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 11. Aufl., § 7b Rz 1b).
(1) Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Diese Regelung findet sowohl im Feststellungsverfahren (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO) als auch sinngemäß bei der Festsetzung von Steuermessbeträgen (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO) Anwendung. Sie findet zudem auch dann Anwendung, wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid, in dem der Vorgang zu berücksichtigen ist, überhaupt noch nicht ergangen und das rückwirkende Ereignis beim erstmaligen Erlass des Steuer- oder Feststellungsbescheids zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 16.06.2015 ‑ IX R 30/14, BFHE 250, 305, BStBl II 2017, 94, Rz 23, m.w.N.).
(2) Was unter einem rückwirkenden Ereignis zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Ob ein Ereignis ausnahmsweise steuerlich in die Vergangenheit zurückwirkt, richtet sich allein nach den Normen des jeweils einschlägigen materiellen Steuerrechts (BFH-Urteil vom 20.08.2014 ‑ X R 33/12, BFHE 247, 105, BStBl II 2015, 138, Rz 13; Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 ‑ GrS 1/92, BFHE 172, 80, BStBl II 1993, 894, unter C.II.1.; vom 19.07.1993 ‑ GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.c).
Aus Sinn und Zweck des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ergibt sich, dass das Ereignis den Sachverhalt verändern und dabei derart in die Vergangenheit zurückwirken muss, dass ein Bedürfnis besteht, eine schon endgültige (bestandskräftig getroffene) Regelung im Sinne der §§ 118, 157 AO an die Sachverhaltsänderung anzupassen (BFH-Urteil vom 09.08.1990 ‑ X R 5/88, BFHE 162, 355, BStBl II 1991, 55, unter 2.a [Rz 23]; BFH-Beschluss vom 04.11.1998 ‑ IV B 146/97, BFH/NV 1999, 589 [Rz 5]; ferner BFH-Urteile vom 20.08.2014 ‑ X R 33/12, BFHE 247, 105, BStBl II 2015, 138, Rz 13; vom 10.11.2004 ‑ II R 24/03, BFHE 207, 364, BStBl II 2005, 182, unter 2. [Rz 15], jeweils m.w.N.).
Eine rückwirkende Änderung steuerrechtlicher Vorschriften (BFH-Urteil vom 09.08.1990 ‑ X R 5/88, BFHE 162, 355, BStBl II 1991, 55, unter 2.b [Rz 24], m.w.N.) oder der in steuerrechtlichen Verwaltungsanweisungen vertretenen Rechtsauffassung (BFH-Beschluss vom 04.11.1998 ‑ IV B 146/97, BFH/NV 1999, 589, unter 1. [Rz 6]) erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Die Stellung eines Antrags kann hingegen ein rückwirkendes Ereignis sein, wenn er nicht nur Verfahrenshandlung oder rein formelle Voraussetzung für die Berücksichtigung eines steuerlich relevanten Sachverhalts, sondern selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestands ist (z.B. BFH-Urteile vom 12.07.1989 ‑ X R 8/84, BFHE 157, 484, BStBl II 1989, 957, unter 1.b [Rz 14 ff.]; vom 28.06.2006 ‑ XI R 32/05, BFHE 214, 314, BStBl II 2007, 5, unter II.2.a [Rz 14]; beide zum Realsplitting).
(3) Danach stellt ein Antrag nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Denn er ist nicht nur Verfahrenshandlung oder rein formelle Voraussetzung für die Berücksichtigung eines steuerlich relevanten Sachverhalts, sondern selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestands (dazu unter (a)). Zudem besteht in den von § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG erfassten Fällen ein Bedürfnis, eine schon bestandskräftig getroffene Regelung an die nachträgliche Sachverhaltsänderung anzupassen (dazu unter (b)).
(a) § 3a EStG und § 7b GewStG sind mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.06.2017 (BGBl I 2017, 2074) eingeführt worden und finden gemäß § 52 Abs. 4a Satz 1 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 1 GewStG erstmals in den Fällen Anwendung, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08.02.2017 erlassen wurden (sogenannte Neufälle).
Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften wurden § 52 Abs. 4a EStG und § 36 Abs. 2c GewStG jeweils um einen Satz 3 ergänzt. Danach sind, wie bereits ausgeführt, auf Antrag des Steuerpflichtigen § 3a EStG bzw. § 7b GewStG zur Steuerfreistellung von Sanierungserträgen auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 09.02.2017 erlassen wurden (sogenannte Altfälle). Der Antrag des Steuerpflichtigen bewirkt damit, dass nach § 3a EStG bzw. § 7b GewStG ein Sanierungsertrag auch in sogenannten Altfällen steuerfrei ist. Der Antrag nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG ist daher nicht nur Verfahrenshandlung oder rein formelle Voraussetzung für die Berücksichtigung eines steuerlich relevanten Sachverhalts, sondern selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestands. Die Anwendung des § 3a EStG bzw. des § 7b GewStG auf Altfälle setzt ‑‑anders als in den Fällen, in denen nach dem 08.02.2017 Schulden erlassen worden sind‑‑ einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Die Regelungen der §§ 3a und 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. §§ 7b und 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG bilden damit einen einheitlichen Gesamttatbestand, bei dessen Erfüllung ein vom Steuerpflichtigen erzielter Sanierungsertrag (zwingend) steuerfrei zu stellen ist. Der Antrag wirkt unmittelbar rechtsgestaltend und nachträglich auf die Steuerschuld ein ‑ rechtsgestaltend, weil er die einkommensteuerrechtliche bzw. gewerbesteuerrechtliche Qualifikation des Sanierungsertrags verändert; nachträglich, weil er der Entstehung des Sanierungsertrags notwendigerweise zeitlich nachfolgt. Ohne Antrag liegen steuerpflichtige Betriebseinnahmen vor, mit Antrag können diese Betriebseinnahmen ein steuerfreier Sanierungsgewinn sein. Danach liegen unterschiedliche steuerlich relevante Sachverhalte vor, je nachdem, ob ein Antrag gestellt wird oder nicht (vgl. FG Münster, Urteil vom 04.09.2023 ‑ 9 K 3511/20 F, Rz 30; FG Münster, Beschluss vom 07.02.2022 ‑ 9 V 2784/21 F, Rz 39; Eilers/Tiemann, Ubg 2020, 190, 194 f.; Hasbach, DB 2019, 871, 874 f.; Reddig, HFR 2021, 438; BeckOK EStG/Bleschick, 19. Ed. 01.07.2024, EStG § 3a Rz 39).
(b) In den von § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. von § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG erfassten Fällen besteht auch ein Bedürfnis, eine schon bestandskräftig getroffene Regelung an die nachträgliche Sachverhaltsänderung anzupassen. Denn anderenfalls drohte die vom Gesetzgeber eingeräumte und mit der Antragstellung des Steuerpflichtigen bewirkte Anwendung der Vorschriften zur Steuerfreistellung von Sanierungserträgen für Altfälle weitgehend ins Leere zu laufen (dazu unter (aa)). Die rückwirkende Anpassung einer schon endgültigen (bestandskräftig getroffenen) Regelung an die infolge des Antrags anzuwendenden Vorschriften des § 3a EStG und des § 7b GewStG gewährleistet zudem die vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichbehandlung von Alt- und Neufällen, ohne dass es bei Altfällen zu einer Besserstellung des Steuerpflichtigen kommt (dazu unter (bb)). Schließlich dient die rückwirkende Anwendung von § 3a EStG und § 7b GewStG dem gesetzgeberischen Ziel, den in Altfällen betroffenen Steuerpflichtigen ausreichende Rechtssicherheit und die Eröffnung des Rechtswegs zu gewährleisten (dazu unter (cc)).
(aa) Die in § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG vorgesehene Anwendung von § 3a EStG bzw. § 7b GewStG in Altfällen, also bei Erlass der Schulden vor dem 09.02.2017, liefe weitgehend ins Leere, wenn diese Vorschriften bei Steuerpflichtigen keine Anwendung fänden, deren Einkommensteuer- oder Gewerbesteuermessbetragsfestsetzungen bereits bestandskräftig geworden sind oder bei denen ‑‑wie im Fall der Klägerin‑‑ die für die nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG zu treffende Feststellung der Höhe des Sanierungsertrags maßgebliche Feststellungsfrist grundsätzlich bereits abgelaufen ist. Denn bis zur Einführung des § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und des § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften bestand für diese Steuerpflichtigen ‑‑wiederum wie im Streitfall für die Klägerin‑‑ keine Möglichkeit und damit auch kein Anlass, gegen diese Steuerfestsetzungen Rechtsbehelfe einzulegen bzw. einen Antrag nach § 3a Abs. 4 EStG zu stellen, um den Eintritt der Bestandskraft oder den Ablauf der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist zu verhindern.
Vor Einführung von § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG konnten Steuerpflichtige lediglich nach Maßgabe des Sanierungserlasses in einem üblicherweise der Steuerfestsetzung zeitlich nachfolgenden Billigkeitsverfahren über einen (Teil‑)Erlass der zuvor festgesetzten Steuer eine steuerliche Verschonung von Sanierungserträgen erreichen. Dabei hatte der BFH jedoch bereits mit dem am 08.02.2017 veröffentlichten Beschluss des Großen Senats vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15 (BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393) entschieden, dass die auf dem Sanierungserlass beruhende Verwaltungspraxis gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt (so ausdrücklich auch für Altfälle BFH-Urteile vom 23.08.2017 ‑ I R 52/14, BFHE 259, 20, BStBl II 2018, 232; vom 23.08.2017 ‑ X R 38/15, BFHE 259, 28, BStBl II 2018, 236).
Würde man das Stellen eines Antrags nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ansehen, führte dies weitgehend zu einer faktischen Nichtanwendung von § 3a EStG bzw. § 7b GewStG in sogenannten Altfällen. Dies stünde auch im Widerspruch zu den Zielen des Gesetzgebers. Denn dieser beabsichtigte mit der Einführung dieser beiden Vorschriften, die Freistellung von Sanierungserträgen von der Einkommen- und Gewerbesteuer weiterhin zu gewährleisten sowie gesetzlich zu regeln (BTDrucks 18/12128, S. 30 und 35).
(bb) Die rückwirkende Anpassung einer schon endgültigen (bestandskräftig getroffenen) Regelung an die infolge des Antrags anzuwendenden Vorschriften des § 3a EStG bzw. des § 7b GewStG gewährleistet zudem die vom Gesetzgeber beabsichtigte (vgl. BTDrucks 19/5595, S. 73) Gleichbehandlung von Alt- und Neufällen im Hinblick auf die Steuerfreistellung von Sanierungserträgen, ohne dass es bei Altfällen zu einer Besserstellung des Steuerpflichtigen kommt. Denn der Wegfall des Sanierungserlasses als Grundlage zur Steuerfreistellung von Sanierungserträgen durch die BFH-Rechtsprechung betraf grundsätzlich nur Altfälle. Für Neufälle bestand hingegen mit Einführung des § 3a EStG und des § 7b GewStG durch das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen bereits eine gesetzliche Grundlage zur Steuerfreistellung von Sanierungserträgen.
Durch die Behandlung eines Antrags nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO kommt es auch nicht zu einer Besserstellung von Steuerpflichtigen in Altfällen im Vergleich zu Steuerpflichtigen, deren Schulden erst nach dem 08.02.2017 erlassen worden sind. Es kommt insbesondere nicht zur Durchbrechung der Bestandskraft von Entscheidungen, die im Billigkeitsverfahren nach der bisherigen (rechtswidrigen) Verwaltungspraxis getroffen wurden; denn derartige Entscheidungen bleiben von einer auf Antrag nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG ergehenden Entscheidung unberührt.
(cc) Die Beurteilung eines Antrags nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. nach § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dient ferner dem Ziel des Gesetzgebers, den in Altfällen betroffenen Steuerpflichtigen den Rechtsweg gegen die Ablehnung der begehrten Begünstigung eines Sanierungsgewinns zu eröffnen (vgl. BTDrucks 19/5595, S. 73 und 79).
Zwar konnte der Steuerpflichtige, dessen auf den Sanierungserlass gestützter Antrag auf Erlass der auf einen Sanierungsertrag entfallenden Steuer abgelehnt worden war, diese Entscheidung bis zur Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15 (BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393) gerichtlich ‑‑im Rahmen der Grenzen des § 102 FGO‑‑ überprüfen lassen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14.07.2010 ‑ X R 34/08, BFHE 229, 502, BStBl II 2010, 916; Niedersächsisches FG, Urteil vom 31.01.2012 ‑ 8 K 34/09).
Diese Rechtsschutzmöglichkeit war dem Steuerpflichtigen jedoch nach der Veröffentlichung dieses BFH-Beschlusses am 08.02.2017 genommen, da danach der Antrag auf Erlass der Steuer bereits mangels gesetzlicher Grundlage keine Aussicht auf Erfolg hatte. Auf die Frage, ob im konkreten Fall ein nach Maßgabe des Sanierungserlasses steuerfrei zu stellender Sanierungsertrag vorlag, kam es danach nicht weiter an. Dies hat der BFH mit seinen Entscheidungen gegen die Anwendung der bisherigen Verwaltungspraxis auf Altfälle, wie noch im BMF-Schreiben vom 27.04.2017 (BStBl I 2017, 741, unter 1.) vorgesehen, auch noch einmal klargestellt (BFH-Urteile vom 23.08.2017 ‑ I R 52/14, BFHE 259, 20, BStBl II 2018, 232; vom 23.08.2017 ‑ X R 38/15, BFHE 259, 28, BStBl II 2018, 236).
Der Gesetzgeber hat gerade als Reaktion auf diese Rechtslage für die in Altfällen betroffenen Steuerpflichtigen die Antragsmöglichkeiten nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften eingeführt, um die fehlende Rechtsschutzmöglichkeit in Altfällen zu beseitigen. Erst ab diesem Zeitpunkt bestand für diese Steuerpflichtigen ‑‑wie die Klägerin‑‑ (nach Wegfall des § 3 Nr. 66 EStG a.F. wieder) die Möglichkeit, im Wege der Antragstellung nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG eine justiziable Entscheidung der Finanzbehörden herbeizuführen und die Steuerbefreiung für einen erzielten Sanierungsertrag unter den bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen nach § 3a EStG bzw. § 7b GewStG gegenüber einer Finanzbehörde mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend zu machen.
cc) Die Feststellungsfrist für den Erlass des von der Klägerin begehrten Bescheids gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Höhe des Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2010 sowie die Festsetzungsfrist für den Erlass eines geänderten Gewerbesteuermessbescheids 2010, jeweils nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, waren im Streitfall bei Stellung der Anträge gemäß § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG mit Schreiben vom 14.11.2019 noch nicht abgelaufen. Denn der Lauf der beiden Fristen begann nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO jedenfalls nicht vor Ablauf des 31.12.2018.
(1) In den Fällen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beginnt die Festsetzungsfrist im Sinne des § 169 AO gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt. Insoweit beginnt die Festsetzungsfrist mithin neu zu laufen (BFH-Urteil vom 30.06.2005 ‑ IV R 11/04, BFHE 210, 196, BStBl II 2005, 809, unter 1.c [Rz 31]). Diese neue Frist gilt auch dann, wenn aufgrund des rückwirkenden Ereignisses der Besteuerungstatbestand erst verwirklicht wird und deshalb ein Erstbescheid erlassen werden soll (ebenso Klein/Rüsken, AO, 18. Aufl., § 175 Rz 154).
Folglich hätte die jeweils vierjährige Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO) im Streitfall mit Ablauf des 31.12.2019 begonnen.
(2) Danach stünde dem Steuerpflichtigen jedoch für Altfälle ein zeitlich unbefristetes Antragsrecht auf Anwendung des § 3a EStG und des § 7b GewStG zu, was in Rechtsprechung und Literatur kritisch gesehen wird (z.B. FG Münster, Urteil vom 04.09.2023 ‑ 9 K 3511/20 F, Rz 31; Brandis/Heuermann/Krumm, § 3a EStG Rz 4; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Aufl., § 3a Rz 6a). Zur Vermeidung eines unbefristeten Wahlrechts wird daher ein von der Ausübung des Antrags nach § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG bzw. § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG im Einzelfall unabhängiger Beginn der vierjährigen Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist mit Ablauf des 31.12.2018 als erforderlich angesehen und damit begründet, dass die Vorschriften für das Antragsrecht im Jahr 2018 in Kraft getreten sind (z.B. FG Münster, Urteil vom 04.09.2023 ‑ 9 K 3511/20 F, Rz 31; Brandis/Heuermann/Krumm, § 3a EStG Rz 4; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Aufl., § 3a Rz 6a).
(3) Für den Streitfall ist die Frage nach dem Beginn der Feststellungs- bzw. Festsetzungsfrist nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO jedoch ohne Bedeutung und bedarf daher keiner Entscheidung. Denn auch bei Beginn der Fristen bereits mit Ablauf des 31.12.2018 wären diese für den Erlass der von der Klägerin begehrten Steuerbescheide offenkundig noch nicht abgelaufen, da zunächst durch die Antragstellung mit Schreiben vom 14.11.2019 gemäß § 171 Abs. 3 AO und sodann durch die Einlegung des Einspruchs und die nachfolgende Klageerhebung nach § 171 Abs. 3a AO der Ablauf der nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO (mit Ablauf des 31.12.2018 oder des 31.12.2019) neu begonnenen Frist gehemmt wurde.
(4) Soweit die Korrektur der Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung 2010 betroffen ist, liegt auch keine Divergenz zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 05.03.2021 ‑ 9 B 8/20 vor. Es mag zwar sein, dass das BVerwG davon ausgeht, § 36 Abs. 2c Satz 3 GewStG greife nur bei noch offenen (nicht bestandskräftigen) Altfällen ein (a.a.O., Rz 9 f.). Das BVerwG hat aber selbst ausgeführt, dass die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war (a.a.O., Rz 14).
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG kann der Senat nicht selbst entscheiden, ob die weiteren Voraussetzungen für die Feststellung gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG eines steuerfreien Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2010 in Höhe von 300.000 € bzw. für die Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsertrags gemäß § 7b Abs. 1 GewStG bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2010 vorliegen. Das FG hat hierzu keine Feststellungen getroffen, da aus seiner Sicht das FA die beiden Antragsbegehren der Klägerin bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zutreffend abgelehnt habe. Das FG wird daher die entsprechenden Feststellungen nachzuholen und darüber zu entscheiden haben, ob und inwieweit die Voraussetzungen für die Feststellung gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG eines steuerfreien Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2010 bzw. für die Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsertrags gemäß § 7b GewStG vorliegen.
4. Über den das Gewinnfeststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO für 2010 betreffenden Hilfsantrag der Klägerin ist nicht zu entscheiden, da sie insoweit bereits mit ihrem Hauptantrag Erfolg hat. Der Hilfsantrag geht auch nicht über den Hauptantrag hinaus, sondern betraf ebenfalls das Begehren auf Feststellung gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG eines Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG.
5. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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