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BFH zur Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 EStG

Eine Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 des Einkommensteuergeset­zes scheidet nicht nur aus, soweit auf Grund einer Entnahme eine Außenhaf­tung des Kommanditisten entsteht ("Wiederaufleben der Haftung"), sondern auch, soweit ‑‑unabhängig von der Entnahme‑‑ auf Grund der im Handelsre­gister eingetragenen Haftsumme eine Außenhaftung des Kommanditisten be­steht ("Bestehen der Haftung").

EStG § 15a Abs. 3, Abs. 4
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 139 Abs. 4
AO § 179 Abs. 1, Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a

BFH-Urteil vom 16.1.2025, IV R 11/22 (veröffentlicht am 20.2.2025)

Vorinstanz: FG Köln vom 16.2.2022, 12 K 509/19 = SIS 22 10 17

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Jahr 2016 (Streitjahr).

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die ein Solarkraftwerk betreibt. Alleinige Kommanditistin war im Streitjahr die A‑GmbH & Co. KG (Beigeladene). Sie war zum 31.12.2009 Kommanditistin der Klägerin geworden. Die im Handelsregister eingetragene Haftsumme betrug zu diesem Zeitpunkt 1.000 €. Die Erhöhung der Haftsumme der Beigeladenen auf 630.000 € wurde am 22.04.2010 im Handelsregister eingetragen. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) leistete die Beigeladene eine ent­sprechende Einlage. Im gleichen Jahr wurde eine weitere Erhöhung der Haft­summe der Beigeladenen auf 1.064.000 € im Handelsregister eingetragen, allerdings leistete diese bis zum Streitjahr keine weiteren Einlagen. Im Streit­jahr war die Haftsumme unverändert.

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteue­rungsgrundlagen für das Streitjahr hat die Klägerin Entnahmen der Beigelade­nen in Höhe von 600.026,48 € ausgewiesen.

Mit Bescheid vom 26.01.2018 für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) stell­te der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) einen laufenden Ge­samthandsgewinn in Höhe von 86.326,11 €, Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen in Höhe von ./. 20.557 €, einen Sonderbetriebsgewinn in Höhe von 8.477,74 € und für die Beigeladene einen Hinzurechnungsbetrag nach § 15a Abs. 3 EStG in Höhe von 259.068,69 € fest. In dem mit diesem Gewinnfeststellungsbe­scheid verbundenen Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Ver­lustes nach § 15a Abs. 4 EStG (Verlustfeststellungsbescheid) vom gleichen Tag stellte das FA für die Beigeladene ‑‑unter Berücksichtigung des Hinzurech­nungsbetrags‑‑ einen verrechenbaren Verlust in Höhe von 193.299,58 € fest.

Den hiergegen gerichteten Einspruch begründete die Klägerin damit, dass bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags nach § 15a Abs. 3 EStG der im Wirtschaftsjahr zum Ausgleich verwendbare Betrag der Außenhaftung nicht berücksichtigt worden sei.

Das FA half dem Einspruch teilweise ab. Es stellte ‑‑unter Übernahme der von der Klägerin erklärten sowie Fortführung der bestandskräftig festgestellten Werte der Vorjahre‑‑ in der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2019 einen Hinzurechnungsbetrag nach § 15a Abs. 3 EStG in Höhe von 213.560,10 € und einen verrechenbaren Verlust im Sinne des § 15a EStG in Höhe von 147.790,99 € fest. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG sei ‑‑so das FG‑‑ teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass die Gewinnhinzurech­nung nicht nur ausgeschlossen sei, soweit auf Grund der Entnahmen eine nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigende Haftung bestehe oder entste­he, sondern auch, soweit eine Haftung nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) generell bestehe.

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt das FA die Verletzung von Bundes­recht.

Es beantragt,
das Urteil des FG Köln vom 16.02.2022 ‑ 12 K 509/19 aufzuheben und die Kla­ge als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin und die Beigeladene beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat der zulässigen Klage (dazu unter 1.) zu Recht stattgegeben und die vom FA festgestellte Gewinnhinzu­rechnung nach § 15a Abs. 3 EStG für die Beigeladene aufgehoben (dazu unter 2.).

1. Die Klage der Klägerin ist zulässig.

a) Gegenstand des Klageverfahrens ‑‑und auch des Revisionsverfahrens‑‑ ist die im Gewinnfeststellungsbescheid vom 26.01.2018 in Gestalt der Ein­spruchsentscheidung vom 25.01.2019 als selbständige Besteuerungsgrundlage festgestellte Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) handelt es sich bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung im Sinne von § 179 Abs. 1 und Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) und der Feststellung des verrechenbaren Verlustes im Sinne des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG um zwei Verwaltungsakte, die auch gesondert und unabhängig voneinan­der angefochten werden können und selbständig der Bestandskraft fähig sind. Dies gilt auch dann, wenn die Bescheide ‑‑wie vorliegend‑‑ gemäß § 15a Abs. 4 Satz 5 EStG formell miteinander verbunden werden (z.B. BFH-Urteil vom 20.11.2014 ‑ IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 20, m.w.N.). Dementsprechend sind die in den beiden Bescheiden zu treffenden Feststellungen voneinander abzugrenzen. Bei der Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG handelt es sich um eine mit den Einkünften nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO in Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlage. Als solche ist sie daher im Gewinnfeststellungsbe­scheid und nicht im Verlustfeststellungsbescheid gesondert festzustellen. Inso­weit ist der Gewinnfeststellungsbescheid ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO für die Feststellung des verrechenbaren Verlustes ge­mäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG (BFH-Urteil vom 20.11.2014 ‑ IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 22).

bb) Vor diesem Hintergrund ist das Klagebegehren (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) der Klägerin dahin auszulegen, dass sie sich nur gegen die im Gewinnfeststel­lungsbescheid vom 26.01.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2019 festgestellte Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG, nicht (zusätzlich) auch gegen die Feststellung des verrechenbaren Verlustes wendet.

Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellte An­trag bezieht sich zwar ausdrücklich sowohl auf den Bescheid für das Streitjahr über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen als auch auf den Bescheid über den verrechenbaren Verlust nach § 15a Abs. 4 EStG vom 26.01.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.01.2019. Gleichwohl richtet sich ihr Klagebegehren allein gegen die für die Beigeladene festgestellte Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG in Höhe von zu­letzt 213.560,10 €. Inhaltliche Einwendungen gegen die daraus folgende Fest­stellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG hat die Klägerin nicht erhoben, wie auch das FG ausgeführt hat (s. unter IV. des FG-Urteils). Eine Anfechtung des Verlustfeststellungsbescheides wegen der streitigen Ge­winnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 EStG war aus Sicht der Klägerin nicht geboten. Denn mit der angestrebten Aufhebung der festgestellten Gewinnhin­zurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG entfällt eine mit Grundlagenfunktion für den Verlustfeststellungsbescheid (Folgebescheid) versehene Feststellung. Dies ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bei dem Verlustfeststellungsbescheid zu berücksichtigen (vgl. § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Feststellung des verre­chenbaren Verlustes ist dementsprechend ‑‑nach Aufhebung der Gewinnhinzu­rechnung‑‑ von Amts wegen anzupassen.

b) Die Klägerin war befugt, die so verstandene Klage zu erheben.

Solange die Personengesellschaft zivilrechtlich nicht vollbeendet ist, ist sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FGO i.d.F. des Art. 27 des Kreditzweitmarkt­förderungsgesetzes vom 22.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411) ‑‑FGO n.F.‑‑ selbst dann klagebefugt (zur Anwendung von § 48 FGO n.F.: BFH-Urteil vom 08.08.2024 ‑ IV R 1/20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt), wenn der Rechtsstreit ‑‑so wie hier‑‑ eine Feststellung betrifft, die einen Gesellschafter persönlich angeht (vgl. BFH-Urteil vom 10.09.2020 ‑ IV R 14/18, BFHE 270, 363, BStBl II 2021, 367, Rz 12, für einen ausgeschiedenen Gesellschafter).

2. Das FG hat zutreffend erkannt, dass ‑‑entgegen der Auffassung des FA‑‑ für die Beigeladene im Streitjahr keine Gewinnhinzurechnung nach § 15a Abs. 3 EStG festzustellen ist. Die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG lie­gen nicht vor.

a) § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG regelt eine Gewinnhinzurechnung für den Kom­manditisten bei einer Einlageminderung. Soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminde­rung) und soweit nicht auf Grund der Entnahmen eine nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigende Haftung besteht oder entsteht, ist dem Kommanditisten ‑‑im Fall einer vorangegangenen Verlustnutzung (§ 15a Abs. 3 Satz 2 EStG)‑‑ der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurech­nen (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG). Der auf Grund einer Einlageminderung zuzu­rechnende Betrag darf den Betrag der Anteile am Verlust der KG nicht über­steigen, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn voran­gegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist (§ 15a Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 letzter Halbsatz EStG).

b) Danach setzt eine Gewinnhinzurechnung ‑‑neben der vorangegangenen Verlustnutzung‑‑ nicht nur (positiv) voraus, dass eine Einlageminderung vor­liegt. Weiteres (negatives) Erfordernis ist, dass auf Grund der Entnahme keine nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigende Haftung besteht oder ent­steht.

c) Im Streitfall liegt zwar eine Einlageminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG vor (hierzu unter aa). Eine Gewinnhinzurechnung kommt gleichwohl nicht in Betracht, denn das Gesetz verzichtet auf eine sol­che nicht nur, soweit auf Grund der Entnahme eine entsprechende Haftung entsteht ("Wiederaufleben der Haftung" ‑ hierzu unter bb), sondern auch, so­weit ‑‑unabhängig von der Entnahme‑‑ eine Außenhaftung des Kommanditis­ten besteht ("Bestehen einer Haftung" ‑ hierzu unter cc).

aa) Die im Streitjahr getätigten Entnahmen haben das negative Kapitalkonto der Beigeladenen erhöht und somit zu einer Einlageminderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG geführt.

aaa) Das Gesetz definiert den Begriff des Kapitalkontos im Sinne des § 15a EStG nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH ist das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthands­bilanz der Gesellschaft zuzüglich gegebenenfalls bestehender Ergänzungsbilan­zen des Kommanditisten gemeint, das durch Einlagen in das Gesellschaftsver­mögen beziehungsweise durch Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen bestimmt wird (z.B. BFH-Urteile vom 07.10.2004 ‑ IV R 50/02, BFH/NV 2005, 533, unter 1.a; vom 24.04.2014 ‑ IV R 18/10, Rz 21; vom 10.11.2022 ‑ IV R 8/19, BFHE 278, 487, BStBl II 2023, 332, Rz 27).

bbb) Das Kapitalkonto der Beigeladenen belief sich zu Beginn des Streitjahres auf ./. 315.755,78 € (./. 601.833,78 € zuzüglich Ergänzungsbilanz 286.078 €). Die von der Beigeladenen im Streitjahr getätigten Entnahmen in Höhe von 600.026,48 € führten zu einer Erhöhung des negativen Kapitalkontos um 534.257,37 € (Entnahme 600.026,48 € abzüglich laufender Gewinn 86.326,11 €, zuzüglich Ergänzungsbilanz 20.557 €). Damit ist eine Einlage­minderung im Sinne des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG gegeben. Gleichwohl kommt eine Gewinnhinzurechnung nicht in Betracht.

bb) Soweit die Entnahmen im Streitjahr in einer Gesamthöhe von 600.026,48 € zum "Wiederaufleben der Haftung" der Beigeladenen geführt ha­ben, ist eine Gewinnhinzurechnung (unstreitig) ausgeschlossen.

aaa) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine nach § 15a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigende Haftung des Komman­ditisten wieder auflebt, bestimmt sich wegen des in § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG enthaltenen Verweises auf § 171 Abs. 1 HGB allein nach handelsrechtlichen, nicht nach steuerrechtlichen Maßstäben (z.B. BFH-Urteil vom 06.03.2008 ‑ IV R 35/07, BFHE 220, 472, BStBl II 2008, 676, unter II.2.b aa).

Nach § 171 Abs. 1 HGB haftet ein Kommanditist den Gläubigern der Gesell­schaft bis zur Höhe seiner Haftsumme unmittelbar. Die Haftung ist ausge­schlossen, soweit die vereinbarte Einlage geleistet ist. Ergänzend hierzu be­stimmt § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB, dass die Einlage eines Kommanditisten den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet gilt, soweit sie zurückbezahlt wird. Mit der "Einlage" im Sinne des § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB ist die im Handelsre­gister eingetragene Haftsumme gemeint (BFH-Urteil vom 06.03.2008 ‑ IV R 35/07, BFHE 220, 472, BStBl II 2008, 676, unter II.2.b cc). Unter "Zu­rückzahlung" einer Einlage im Sinne des § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB ist der actus contrarius zur Einlage im Sinne des § 171 Abs. 1 HGB zu verstehen, nämlich die Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen, die dazu führt, dass das Gut­haben auf dem Kapitalkonto den Betrag der Hafteinlage nicht mehr deckt (BFH-Urteil vom 06.03.2008 ‑ IV R 35/07, BFHE 220, 472, BStBl II 2008, 676, unter II.2.b ee).

bbb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Gewinnhinzurechnung aus­geschlossen, soweit es infolge der im Streitjahr getätigten Entnahmen zu ei­nem "Wiederaufleben der Haftung" der Beigeladenen gekommen ist. Dies ist nach Auffassung des FA in Höhe von 158.499,52 € (Differenz der Außenhaf­tung zum 31.12.2015 in Höhe von 905.500,48 € und der Außenhaftung zum 31.12.2016 in Höhe von 1.064.000 €) der Fall. Das FA hat insoweit zutreffend von einer Gewinnhinzurechnung abgesehen.

cc) Entgegen der Auffassung des FA haben aber auch die darüber hinausge­henden Entnahmen der Beigeladenen im Streitjahr keine Gewinnhinzurech­nung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ausgelöst. Dass die Entnahmen in Höhe von 441.526,96 € nicht zu einem Wiederaufleben der Haftung der Beigelade­nen geführt haben, steht dem nicht entgegen. Denn § 15a Abs. 3 Satz 1 Halb­satz 2 EStG schließt die Gewinnhinzurechnung auch im Fall des "Bestehens ei­ner Außenhaftung" des Kommanditisten aus (im Ergebnis ebenso Bolk, Bilan­zierung und Besteuerung der Personengesellschaft und ihrer Gesellschafter, 5. Aufl., S. 884, Rz 17.138; Schmidt/Wacker, EStG, 43. Aufl., § 15a Rz 95; v. Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff ‑‑KSM‑‑, EStG, § 15a Rz F 66, F 71; Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15a EStG Rz 150; Korn in Korn, § 15a EStG Rz 69). Dies folgt aus einer am Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG.

aaa) Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Aus­druck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hinein­gestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich ge­genseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor ei­ner anderen. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetz­gebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich das Gericht nicht entgegenstellen darf. Seine Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall ‑‑auch unter gewandelten Bedingungen‑‑ möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen. In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.11.2023 ‑ 2 BvL 8/13, BVerfGE 168, 1, Rz 118, m.w.N.).

bbb) Aus dem Wortlaut des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ergibt sich nicht zwin­gend, dass eine Gewinnhinzurechnung nur dann unterbleibt, wenn die Haftung des Kommanditisten wieder auflebt.

Der Wortlaut der Regelung ist unklar. Ihm ist zwar zweifelsfrei zu entnehmen, dass eine Gewinnhinzurechnung im Fall des "Entstehens und Bestehens der Haftung" ausscheidet ("besteht oder entsteht"). Unklar ist allerdings, ob das Gesetz auch im Fall des "Bestehens" der Haftung verlangt, dass die Entnah­men des Kommanditisten Ursache für das Bestehen der Haftung sind. Die ge­setzliche Formulierung "auf Grund" ‑‑die sich auf beide Alternativen ("besteht" und "entsteht") bezieht‑‑ spricht zwar für ein solches Verständnis. Eindeutig ist sie gleichwohl nicht, denn es ist nicht ersichtlich, welche Fälle mit der For­mulierung "auf Grund der Entnahmen eine Haftung … besteht" gemeint sein könnten (so auch v. Beckerath in KSM, EStG, § 15a Rz F 71).

ccc) Die teleologische Auslegung der Regelung, deren Maßstab der die Vor­schrift prägende Regelungszweck ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.05.2003 ‑ IX R 23/01, BFH/NV 2003, 1551, unter II.1.a), spricht dafür, dass eine Ge­winnhinzurechnung auch dann ausgeschlossen ist, wenn ‑‑unabhängig von der Entnahme‑‑ eine Außenhaftung des Kommanditisten besteht.

(1) § 15a Abs. 3 EStG bezweckt, eine Umgehung der aus § 15a Abs. 1 EStG folgenden Begrenzung des Verlustausgleichs durch vorübergehende höhere Einlagen in das Gesellschaftsvermögen zu verhindern. Anderenfalls könnten durch kurzfristige Einlagen Verlustverrechnungsmöglichkeiten geschaffen wer­den (BTDrucks 8/3648, S. 17). Rechtstechnisch geschieht dies nicht durch ei­ne rückwirkende Änderung der Feststellung nach § 15a Abs. 4 EStG für das Jahr der Verlustentstehung, sondern durch die Zurechnung eines Betrags in Höhe der Einlageminderung als fiktiver (laufender) Gewinn. In gleicher Höhe wird der früher ausgleichsfähige Verlustanteil in einen verrechenbaren Verlust­anteil "umgepolt" (§ 15a Abs. 3 Satz 4 EStG). § 15a Abs. 3 EStG hat demnach zum Ziel, das gleiche Ergebnis herbeizuführen, als wenn von vornherein eine geringere Einlage geleistet worden und der Verlustanteil bereits im Entste­hungsjahr nicht ausgleichsfähig, sondern lediglich verrechenbar gewesen wäre (z.B. BFH-Urteile vom 20.11.2014 ‑ IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532, Rz 28; vom 20.06.2024 ‑ IV R 17/21, BStBl II 2024, 898, Rz 23, jeweils m.w.N.).

(2) Die Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 EStG knüpft inhaltlich und terminologisch an § 15a Abs. 1 EStG an (v. Beckerath in KSM, EStG, § 15a Rz F 4). Auch der Verzicht auf eine Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG steht folglich in einem unmittelbaren Bezug zu den Re­geln des Verlustausgleichs in § 15a Abs. 1 EStG. Dessen Grundregel in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG sieht einen Verlustausgleich auf Grund geleisteter Einlagen vor, der komplementäre Ergänzungstatbestand in § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG gewährt einen Verlustausgleich auf Grund nicht durch Einlagen gedeckter "überschießender" Haftsummen (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.2007 ‑ IV R 28/06, BFHE 218, 285, BStBl II 2007, 934, unter II.2.b aa). Dabei ist der erweiterte Verlustausgleich nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG daran gebunden, dass der Kommanditist mit einer gegenüber der geleisteten Einlage höheren Haftsum­me im Handelsregister eingetragen ist und somit im Verhältnis zu den Gläubi­gern der KG einer sogenannten überschießenden Außenhaftung unterliegt (§ 171 Abs. 1, § 172 Abs. 1 HGB, vgl. auch BFH-Urteil vom 14.10.2003 ‑ VIII R 32/01, BFHE 203, 462, BStBl II 2004, 359, unter II.2.).

Dementsprechend soll auch § 15a Abs. 3 EStG sicherstellen, dass dem Kom­manditisten ein steuerlicher Verlustausgleich oder ‑abzug nur insoweit gewährt wird, als er wirtschaftlich durch den Verlust belastet wird (zum Sinn und Zweck des § 15a EStG: BFH-Urteil vom 01.03.2018 ‑ IV R 16/15, BFHE 261, 101, BStBl II 2018, 527, Rz 21, m.w.N.). Der Grund für die in § 15a Abs. 3 EStG vorgesehene Rückgängigmachung des Verlustausgleichs im Fall einer Einlageminderung ist dementsprechend, dass die wirtschaftliche Belastung, die für den die Einlage erbringenden Gesellschafter zunächst bestanden und die den Verlustabzug zunächst gerechtfertigt hat, nachträglich entfällt (z.B. Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Aufl., § 15a Rz 55).

(3) In Anbetracht dieses Zwecks des § 15a Abs. 3 EStG scheidet eine Gewinn­hinzurechnung auch dann aus, wenn die Haftung des Kommanditisten ‑‑unab­hängig von der Entnahme‑‑ auf Grund der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme besteht, denn auch in diesem Fall haftet der Kommanditist den Gläubigern nach Maßgabe des Handelsrechts, so dass er wirtschaftlich durch den Verlust belastet ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Haftung wieder auflebt, weil der Kommanditist eine zunächst erbrachte Einlage wieder entnimmt, oder ob er noch gar keine Einlage geleistet und seine Haftung da­her (durchgehend) gemäß § 171 Abs. 1 HGB bestanden hat. Einer Gewinnhin­zurechnung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG bedarf es nicht, wenn zwar die Rechtfertigung des bisherigen Verlustausgleichs nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG entfällt, der Verlustausgleich jedoch nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG (wei­terhin) gerechtfertigt ist. Dementsprechend ist dem Kommanditisten der Ver­lustausgleich auch dann zu belassen, wenn zwar die im Verlustentstehungsjahr zunächst gegebenen Voraussetzungen eines Verlustausgleichs gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG infolge einer Entnahme weggefallen sind, stattdessen aber die Voraussetzungen für einen Verlustausgleich nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG vorliegen. In diesem Fall ist zwar die wirtschaftliche Belastung, die für den die Einlage erbringenden Gesellschafter zunächst bestanden und den Verlustabzug gerechtfertigt hat, nachträglich weggefallen. An deren Stelle ist jedoch die wirtschaftliche Belastung durch die wieder auflebende oder aber bestehende Haftung gemäß § 171 Abs. 1 HGB getreten, so dass es ‑‑gemessen am Geset­zeszweck‑‑ keiner Gewinnhinzurechnung bedarf.

Dies gilt sowohl in dem Fall, dass die Haftung des Kommanditisten gemäß § 171 Abs. 1 HGB bereits im Verlustentstehungsjahr bestanden hat und im Zeitpunkt der Einlageminderung noch besteht (durchgehende Außenhaftung), als auch in dem Fall, dass erst im Jahr der Einlageminderung eine Außenhaf­tung durch die Erhöhung der Haftsumme im Handelsregister entsteht (nicht durchgehende Außenhaftung). Denn mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 15a Abs. 3 EStG ist maßgebend, ob die Einlageminderung dazu führt, dass der gewährte Verlustabzug wegen des Wegfalls der wirtschaftlichen Belastung nicht mehr gerechtfertigt ist. Der gewährte Verlustabzug ist aber weiterhin ge­rechtfertigt, wenn im Jahr der Einlageminderung eine Haftung gemäß § 171 Abs. 1 HGB besteht. Somit kann grundsätzlich auch durch eine Erhöhung der Haftsumme im Jahr der Einlageminderung eine Gewinnhinzurechnung vermie­den werden. Dass die Gewinnhinzurechnung ‑‑worauf das FA zu Recht hinge­wiesen hat‑‑ das gleiche Ergebnis herbeiführen soll, als wenn von vornherein eine geringere Einlage geleistet worden und der Verlustanteil im Entstehungs­jahr nicht ausgleichsfähig, sondern lediglich verrechenbar gewesen wäre, steht dem nicht entgegen. Denn in Anbetracht des Grundes der Gewinnhinzurech­nung kann die wirtschaftliche Belastung des Kommanditisten im Jahr der Ein­lageminderung, die aus dessen Haftung gemäß § 171 Abs. 1 HGB resultiert, nicht außer Acht bleiben. Dementsprechend sieht § 15a Abs. 3 EStG ausdrück­lich vor, dass in den Fällen des Wiederauflebens der Außenhaftung trotz Einla­geminderung keine Gewinnhinzurechnung erfolgt. Das Gesetz akzeptiert dem­nach, dass die wirtschaftliche Belastung des Kommanditisten nach der Entnah­me auf einem anderen Grund ‑‑der nunmehr bestehenden Außenhaftung des Kommanditisten‑‑ beruht. Dabei macht es aus Sicht des Senats keinen Unter­schied, ob die Außenhaftung wieder auflebt, durchgehend bestanden hat oder aber infolge der Erhöhung der Haftsumme im Handelsregister erst im Jahr der Einlageminderung entsteht.

dd) Die hiergegen gerichteten Einwendungen des FA greifen nicht durch.

Ist dem Wortlaut des § 15a Abs. 3 EStG ‑‑wie dargelegt‑‑ nicht eindeutig zu entnehmen, dass der Verzicht auf eine Gewinnhinzurechnung einen Kausalzu­sammenhang zwischen der Entnahme und einer Außenhaftung des Kommandi­tisten voraussetzt, zwingt dies nicht zu einer restriktiven Auslegung und zur Gewinnhinzurechnung. Der insoweit verunglückte Gesetzeswortlaut rechtfer­tigt kein solches Verständnis.

Soweit das FA darauf verweist, dass es nicht als allgemeingültiges Element des gesetzgeberischen Plans angesehen werden könne, in allen denkbaren Fällen eine Kongruenz von Haftungsumfang und Verlustausgleichsmöglichkeit zu ge­währleisten, trifft dies zwar zu. So hat der Gesetzgeber insbesondere bewusst darauf verzichtet, Haftungsrisiken, die sich ‑‑anders als im Streitfall‑‑ nicht aus einer namentlichen Eintragung des Kommanditisten in das Handelsregister ergeben, sondern aus Bürgschaften, die noch nicht zu einer Inanspruchnahme des Gesellschafters geführt haben, ausgleichserhöhend zu berücksichtigen. Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Gesetzgeber grundsätzlich Haf­tungsumfang und Verlustausgleichsmöglichkeit in Übereinstimmung bringen wollte (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.1995 ‑ IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, unter III.6.b [Rz 31]) und dieser Umstand für die vom Senat für zutreffend erachtete Auslegung des § 15a Abs. 3 EStG spricht.

Entgegen der Auffassung des FA eröffnet das vom Senat für zutreffend erach­tete Normverständnis auch in den Fällen einer nicht durchgehenden Außenhaf­tung keine unerwünschten, dem Zweck des § 15a Abs. 3 EStG widersprechen­den Gestaltungsmöglichkeiten, und zwar auch dann nicht, wenn erst im Jahr der Einlageminderung infolge der Erhöhung der im Handelsregister eingetra­genen Haftsumme eine Haftung gemäß § 171 Abs. 1 HGB begründet wird. Vielmehr entspricht es ‑‑wie dargelegt‑‑ dem Prinzip des § 15a Abs. 3 EStG, dass der Rechtsgrund für die wirtschaftliche Belastung, die den Verlustaus­gleich gerechtfertigt hat, ausgetauscht werden kann. Ausschlaggebend ist, dass im Jahr der Einlageminderung eine (wenn auch andere, vom Gesetz an­erkannte) wirtschaftliche Belastung des Kommanditisten entsteht oder fortbe­steht. In diesem Fall ist eine Gewinnhinzurechnung nicht geboten. Zu beden­ken ist ferner, dass die Erhöhung der Haftsumme im Handelsregister nicht nur mit einer wirtschaftlichen Belastung des Kommanditisten verbunden ist, son­dern eine (etwaige erneute) Herabsetzung der Haftsumme wiederum mit einer möglichen Gewinnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 3 EStG einherge­hen würde.

d) Danach kommt ‑‑wie das FG im Ergebnis zutreffend erkannt hat‑‑ eine Ge­winnhinzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG im Streitfall nicht in Be­tracht.

Dass das Verlustausgleichsvolumen ‑‑das auf den Betrag der Außenhaftung begrenzt ist‑‑ nur einmal in Anspruch genommen werden kann (vgl. auch Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2023, R 15a Abs. 3 Satz 7), steht dem ebenfalls nicht entgegen, denn nach den Feststellungen des FG war im Streit­fall noch ein entsprechendes Verlustausgleichspotential vorhanden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Etwaige außergerichtli­che Kosten der Beigeladenen sind nicht aus Billigkeitsgründen zu erstatten (§ 139 Abs. 4 FGO). Die Beigeladene hat keine Sachanträge gestellt oder das Verfahren anderweitig wesentlich gefördert. Als Sachantrag kommen nur sol­che Anträge in Betracht, die die Beigeladene einem Kostenrisiko ausgesetzt hätten. Hierzu gehört nicht der Antrag der Beigeladenen, die Revision zurück­zuweisen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 24.10.2007 ‑ X R 33/06 [Rz 1], zum Revisionsverfahren; vom 25.02.2010 ‑ III S 7/10, Rz 7, zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, m.w.N.).

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