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BFH: Ausgleichsfähiger Verlust aufgrund vorgezogener Einlage nur bei Leistung in das Gesamthandsvermögen

Als Einlage i.S. der bis zum Inkrafttreten des § 15a Abs. 1a EStG geltenden Rechtsprechungsgrundsätze zur "vorgezogenen Einlage" kommen nur Leistungen des Kommanditisten in das Gesamthandsvermögen in Betracht.

BFH-Urteil vom 2.2.2017, IV R 47/13 (veröffentlicht am 22.3.2017)

EStG 2009 § 15a Abs. 1 und Abs. 1a, § 52 Abs. 33 Satz 6

Vorinstanz: FG Köln vom 14.11.2013, 6 K 3723/09 = SIS 14 09 30

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG. Sie ermittelt ihren Gewinn für ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni. Komplementärin der Klägerin ist ohne Beteiligung an dem Kapital die X-Verwaltungs GmbH. Kommanditisten sind A mit einem Anteil von 50 % sowie B (Beigeladener) und zunächst C zu einem Anteil von jeweils 25 %. Die Einlagen von insgesamt 1 Mio. € sind vollständig eingezahlt.

Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 27.5.2004 erwarb der Beigeladene mit Wirkung zum 30.6.2004 von C deren Kommanditanteil sowie deren Forderungen gegenüber der KG aus variablen Konten. Er zahlte C hierfür einen Kaufpreis von 55.000 €.

Die Klägerin erfasste diesen Vorgang in einer Ergänzungsbilanz für den Beigeladenen, in der sie einen Aktivposten in Gestalt eines Geschäfts- oder Firmenwerts von 251.965,51 € bilanzierte. Dieser Wert war aus dem Kaufpreis von 55.000 € und einem negativen Buchwert des erworbenen Anteils zum 30.6.2004 von 196.965,51 € zusammengesetzt. In den Folgejahren wurde diese Position mit jährlich 16.806,10 € abgeschrieben.

Für das Streitjahr 2006 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 19. März 2008 gesondert und einheitlich die Besteuerungsgrundlagen für die Klägerin (Gewinnfeststellung) sowie den verrechenbaren Verlust nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr einschlägigen Fassung (EStG) fest. Hierbei erfasste das FA für den Beigeladenen die folgenden Grundlagen:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb 20.390,50 €
zusammengesetzt aus:
Anteil aus Gesamthandsbilanz: Sonderbetriebseinnahmen: Sonderbetriebsausgaben:
Einkünfte aus Ergänzungsbilanzen:
 
./. 4.803,40 €
60.000 €
18.000 €
./. 16.806,10 €
     
Verrechenbarer Verlust i.S. des § 15a EStG 21.609,50 €
Nach Anwendung des § 15a EStG sind im Folgebescheid anzusetzen:
- laufende Einkünfte
 
42.000 €
 
Berechnung
Kapitalkontenentwicklung
  Gesamthands-
bilanz
Ergänzungs-
bilanz
Gesamtkapital
Kapital zu Beginn des Wirtschaftsjahres 554.082,63 € ./. 605.450,15 € ./. 51.367,52 €
steuerpflichtiger Gewinn/ Verlust (lfd.) ./. 4.803,40 € ./. 16.806,10 €  
Kapital am Ende des Wirtschaftsjahres 549.279,23 € ./. 622.256,25 € ./. 72.977,02 €
Kapitalveränderung i.S. des § 15a EStG     ./. 21.609,50 €

Die Zahlung des Kaufpreises von 55.000 € durch den Beigeladenen an C berücksichtigte das FA bei der Feststellung des verrechenbaren Verlustes nicht, weil damit keine Einlage in das Vermögen der KG geleistet worden sei. Das hiergegen durchgeführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht (FG) begehrte die Klägerin, den auf den Beigeladenen entfallenden Verlust von 21.609,50 € vollständig als ausgleichsfähig, hilfsweise in Höhe von 19.207,80 € als ausgleichsfähig und nur in Höhe von 2.401,70 € als verrechenbar festzustellen. Das FG hat die Klage mit Urteil vom 14.11.2013, 6 K 3723/09 als unbegründet abgewiesen.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Es entspreche gefestigter Rechtsprechung, dass das Kapitalkonto i.S. von § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG als die Summe der in der Gesamthandsbilanz und in etwaigen Ergänzungsbilanzen auszuweisenden Eigenkapitalkonten zu verstehen sei. Das FG habe den Begriff der Einlage nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG rechtsfehlerhaft auf die Regelung in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG übertragen.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Bescheides für 2006 über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 19.3.2008 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3.11.2009 den auf den Beigeladenen entfallenden Verlust in Höhe von 21.609,50 € in vollem Umfang als ausgleichsfähig, hilfsweise diesen in Höhe von 19.207,80 € als ausgleichsfähig und in Höhe von 2.401,70 € als verrechenbar festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückzuweisen.

1. Gegenstand der Revision ist nur die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) handelt es sich bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung i.S. von § 179 Abs. 1 und Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung und der Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG um zwei Verwaltungsakte, die auch gesondert und unabhängig voneinander angefochten werden können und selbständig der Bestandskraft fähig sind. Dies gilt auch dann, wenn - wie vorliegend - die Bescheide gemäß § 15a Abs. 4 Satz 5 EStG formell miteinander verbunden werden (vgl. BFH-Urteile vom 3.2.2010 IV R 61/07, BFHE 229, 94, BStBl II 2010, 942, und vom 20.11.2014 IV R 47/11, BFHE 248, 144, BStBl II 2015, 532).

Die Klägerin hat sich auch im Revisionsverfahren nur gegen die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG gewandt. Der Gewinnfeststellungsbescheid ist bestandskräftig und vorliegend keiner Überprüfung mehr zugänglich.

2. Die Feststellung des verrechenbaren Verlustes für den Beigeladenen beruht zutreffend auf einer Berücksichtigung des gesamten Verlustanteils des Beigeladenen aus der Gesamthands- und Ergänzungsbilanz des Streitjahres; es war kein Teilbetrag davon als ausgleichsfähig zu behandeln.

a) Gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach Abs. 1 der Vorschrift nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach Abs. 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Abs. 3 hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), jährlich gesondert festzustellen. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Der Betrag, in Höhe dessen ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, erhöht danach den zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres festzustellenden verrechenbaren Verlust.

Im Streitfall hat das FG festgestellt und ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass das negative Kapitalkonto des Beigeladenen sich in dem festgestellten Umfang erhöht hat. Die insoweit fehlende Ausgleichs- und Abzugsfähigkeit ergibt sich damit aus dem Wortlaut der Regelung des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG.

b) Ein Teilbetrag des zur Erhöhung des negativen Kapitalkontos führenden Verlustanteils ist nicht infolge einer Verrechnung mit einer früheren Einlage als ausgleichsfähig zu behandeln.

aa) Allerdings führen nach der Rechtsprechung des BFH Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos geleistet und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht werden, zum Ansatz eines Korrekturpostens mit der weiteren Folge, dass - abweichend vom Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG - Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht (vgl. BFH-Urteile vom 14.10.2003 VIII R 32/01, BFHE 203, 462, BStBl II 2004, 359; vom 26.6.2007 IV R 28/06, BFHE 218, 285, BStBl II 2007, 934, und vom 20.9.2007 IV R 10/07, BFHE 219, 92, BStBl II 2008, 118).

Die Grundsätze dieser Rechtsprechung gelten für Einlagen, die vor dem 25.12.2008 getätigt worden sind. Später getätigte Einlagen führen nach dem mit dem Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) eingefügten § 15a Abs. 1a i.V.m. § 52 Abs. 33 Satz 6 EStG nicht mehr zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit des dem Kommanditisten zuzurechnenden Anteils am Verlust eines zukünftigen Wirtschaftsjahres. Die Rechtsprechungsgrundsätze gelten danach noch für die hier streitige Zahlung des Kaufpreises im Jahr 2004.

bb) Der Beigeladene hat indes keine Einlage i.S. der genannten Rechtsprechungsgrundsätze geleistet.

(1) Als Einlage kommen insoweit nur Leistungen des Kommanditisten in das Gesamthandsvermögen in Betracht. Dies ergibt sich daraus, dass Grund für die Rechtsprechung zu vorgezogenen Einlagen die Gleichbehandlung des Gesellschafters, dessen Vermögen durch die Leistung einer Einlage bereits wirtschaftlich belastet ist, mit demjenigen Gesellschafter ist, der nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG infolge einer allein aufgrund der Eintragung einer höheren Haftsumme eintretenden erweiterten Außenhaftung ausgleichsfähige Verlustanteile bezieht. Der Kommanditist, der eine Einlage tatsächlich in einem Zeitraum vor Verlustentstehung leistet - insoweit "verfrüht" -, soll nicht schlechter gestellt werden als der Kommanditist, der diese Verluste lediglich wegen erweiterter Außenhaftung nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ausgleichen darf, alleine weil er im Jahr vor Entstehung des Verlustes seine Haftsumme als Kommanditist aufgestockt hat (vgl. § 171, § 172 des Handelsgesetzbuchs; BFH-Urteil in BFHE 203, 462, BStBl II 2004, 359; Lüdemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15a EStG Rz 130a; Schmidt/Wacker, EStG, 35. Aufl., § 15a Rz 183).

(2) Um diese Gleichstellung zu erreichen, ist allerdings nur demjenigen Kommanditisten ein ausgleichsfähiger Verlust zuzurechnen, dessen Einlage tatsächlich in das Gesamthandsvermögen geleistet worden ist und damit dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterlag. Zahlungen an dritte Personen belasten zwar den Kommanditisten wirtschaftlich ebenfalls; sie vergrößern aber - anders als eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen oder die Erhöhung der persönlichen Haftung - nicht das dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterliegende Vermögen.

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die Leistung des Kommanditisten Niederschlag in seiner Ergänzungsbilanz gefunden hat. Zwar ist die Ergänzungsbilanz bei der Bestimmung des Kapitalkontos des Kommanditisten zu berücksichtigen (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 14.5.1991 VIII R 31/88, BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167; vom 30.3.1993 VIII R 63/91, BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706; vom 7.4.2005 IV R 24/03, BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598; vom 15.5.2008 IV R 46/05, BFHE 221, 162, BStBl II 2008, 812, und vom 24.4.2014 IV R 18/10). Eine positive Ergänzungsbilanz erhöht deshalb auch das Volumen für ausgleichsfähige Verlustanteile des Kommanditisten. Soweit sich das Kapital in der Ergänzungsbilanz durch Leistung von Mehranschaffungskosten erhöht, ohne dass dadurch insgesamt ein positives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht, kommt der betreffende Betrag aber nur zur Deckung von Verlusten des jeweiligen Wirtschaftsjahres in Betracht. Spätere Verluste werden dadurch nicht zu ausgleichsfähigen Verlusten. Der betreffende Betrag wirkt sich dann erst dadurch zugunsten des Kommanditisten aus, dass der Gewinn aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos bei Ausscheiden des Gesellschafters oder Auflösung der Gesellschaft entsprechend niedriger ist.

Es bleibt deshalb bei dem auch für § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG geltenden Grundsatz, dass eine Einlage i.S. handelsrechtlicher Kapitalaufbringung tatsächlich in das Gesellschaftsvermögen geleistet sein muss. Sie ist erst dann "geleistet", wenn sie tatsächlich erbracht ist. Dem Vermögen der Gesellschaft muss dabei etwas für Rechnung des Gesellschafters zugeflossen sein, das den bilanziellen Unternehmenswert mehrt, also die Aktiva des Unternehmens erhöht oder die Passiva mindert (vgl. BFH-Beschluss vom 29.8.1996 VIII B 44/96, BFHE 182, 26; BFH-Urteile vom 7.10.2004 IV R 50/02, BFH/NV 2005, 533, und vom 24.4.2014 IV R 18/10).

An einer solchen Leistung fehlt es, wenn der Kommanditist Zahlungen zum Erwerb des Anteils an den veräußernden Gesellschafter leistet. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann danach auch die Kaufpreiszahlung des Beigeladenen mangels Zugriffs der Gesellschaftsgläubiger einer vorgezogenen Einlage nicht gleichgestellt werden.

(3) Danach hat das FG zutreffend entschieden, dass mit der Kaufpreiszahlung an die ehemalige Gesellschafterin keine Einlage i.S. der Rechtsprechungsgrundsätze zur Behandlung vorgezogener Einlagen geleistet worden ist, und die Klage deshalb zu Recht abgewiesen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 FGO.

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