BFH: Steuerermäßigung nach § 35a EStG wegen Unterbringung eines Elternteils in einem Pflegeheim
Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG kann nur von dem Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, dem Aufwendungen wegen seiner eigenen Unterbringung in einem Heim oder zu seiner eigenen dauernden Pflege erwachsen.
BFH-Urteil vom 3.4.2019 VI R 19/17 (veröffentlicht am 29.5.2019)
EStG § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz
Vorinstanz: Hessisches FG vom 28.2.2017, 9 K 400/16 (EFG 2017 S. 1349 = SIS 17 09 86)
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die für das Streitjahr (2013) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.
Die am ... geborene Mutter (M) des Klägers schloss, vertreten durch den Kläger, mit der Seniorenresidenz ... (Seniorenresidenz) mit Wirkung vom ... 2013 einen Wohn- und Betreuungsvertrag. M bewohnte in der Seniorenresidenz ein Ein-Bett-Zimmer. Sie war im Streitjahr in die (damalige) "Pflegestufe null" eingestuft.
Die Seniorenresidenz buchte die Rechnungsbeträge für den Aufenthalt der M in der Einrichtung, die sich auf Unterkunft, Pflegeaufwand, Investitionskosten und Verpflegung bezogen, von einem Konto des Klägers ab.
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen für Pflege und Verpflegung der M in der Seniorenresidenz gemäß § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuermindernd geltend, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nicht berücksichtigte. Unterhaltsleistungen an M erkannte das FA wegen der Höhe der Einkünfte und Bezüge der M ebenfalls nicht an.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Kläger nur noch die (anteiligen) Aufwendungen für Reinigung, Mahlzeiten und Wäscheservice nach § 35a EStG geltend gemacht hatten, mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1349 veröffentlichten Gründen ab.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 13.5.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.1.2016 dahin zu ändern, dass Aufwendungen für die Seniorenresidenz in Höhe von insgesamt 1.967,20 € als haushaltsnahe Dienstleistungen in Ansatz gebracht werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen des § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG nicht erfüllt sind.
1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Dies gilt auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind (§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG).
Ebenso wie die Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG nur für die Inanspruchnahme von "eigenen" haushaltsnahen Dienstleistungen beansprucht werden kann, kann die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG nur der Steuerpflichtige in Anspruch nehmen, dem die Aufwendungen wegen seiner eigenen Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege entstanden sind. Steuerpflichtiger i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG ist mithin die in einem Heim untergebrachte oder gepflegte Person, also der Leistungsempfänger. Steuerpflichtige, die für die Unterbringung oder Pflege anderer Personen aufkommen, können für diese Aufwendungen die Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG hingegen nicht beanspruchen.
2. Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall ein Abzug der klägerseits geltend gemachten Kosten nach § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG nicht in Betracht, weil es sich nicht um Aufwendungen handelt, die dem Kläger wegen seiner eigenen Unterbringung in einem Heim oder zu seiner dauernden Pflege erwachsen sind. Der Kläger kann die Steuerermäßigung nicht für Aufwendungen geltend machen, die - wie im Streitfall - die Unterbringung oder Pflege der M betreffen, wie das FG zutreffend entschieden hat.
Die Frage, ob M Aufwendungen des Klägers für ihre Unterbringung in dem Heim als Drittaufwand unter dem Gesichtspunkt des abgekürzten Zahlungswegs abziehen könnte, muss der Senat im vorliegenden Fall nicht entscheiden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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