BFH: Verlustfeststellung bei (nacherklärten) Einkünften nach § 23 EStG
Für nacherklärte Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften scheidet eine gesonderte Feststellung nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 i.V.m. § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 aus, wenn hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzungen der Verlustentstehungsjahre (Teil-)Verjährung eingetreten ist. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 steht dem nicht entgegen.
EStG § 10d Abs. 4 Satz 4, § 23 Abs. 3
BFH-Urteil vom 28.7.2021, IX R 29/19
Vorinstanz: FG München, Außensenate Augsburg vom 12.9.2019, 10 K 3043/18 = SIS 19 16 26
I.
Streitig ist, ob nacherklärte Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 2007 und 2008 geltenden Fassung (EStG) i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) gesondert festgestellt werden können.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden in den Streitjahren als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. In ihren Einkommensteuererklärungen, die jeweils im Folgejahr beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) abgegeben wurden, deklarierten die Kläger keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das FA setzte die Einkommensteuer 2007 auf 1.766 € (Bescheid vom 04.08.2008) und die Einkommensteuer 2008 auf 2.156 € (Bescheid vom 19.10.2009) fest.
Mit Schreiben vom 23.12.2014 reichten die Kläger eine "Nachmeldung" beim FA ein, die auch die Einkommensteuer 2007 und 2008 betraf. Darin erklärten sie u.a. (weitere) Einnahmen und Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen sowie Verluste der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften (mit Wertpapieren) in Höhe von 1.259 € (2007) und 18.008 € (2008) nach.
Mit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden vom 05.06.2015 setzte das FA die Einkommensteuer unter Berücksichtigung höherer Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen auf 2.373 € für 2007 und auf 2.555 € für 2008 fest. In den Erläuterungen wies es darauf hin, dass Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften im Hinblick auf das grobe Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden nicht zu berücksichtigen seien.
Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein und begehrten eine Änderung der Steuerfestsetzungen in verschiedenen Punkten. Ferner beantragten sie die Berücksichtigung von im Jahr 2005 entstandenen Erhaltungsaufwendungen, die nach § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung zunächst auf vier, später auf fünf Jahre verteilt werden sollten. Des Weiteren begehrten die Kläger, verbleibende Verlustvorträge zum 31.12.2007 und 31.12.2008 festzustellen und dabei Verluste aus Wertpapiergeschäften in Höhe von 1.494 € (2006), 1.259 € (2007) und 18.008 € (2008) zu berücksichtigen.
Mit --ohne Rechtsbehelfsbelehrung versandtem-- Schreiben vom 04.05.2016 lehnte das FA den Erlass von Verlustfeststellungsbescheiden zum 31.12.2007 und zum 31.12.2008 unter Hinweis auf die eingetretene Teilverjährung und die Regelung in § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ab. Dagegen wandten sich die Kläger mit Fax-Schreiben vom 16.09.2016.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens erließ das FA nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Bescheide und setzte die Einkommensteuer 2007 auf 1.766 € und die Einkommensteuer 2008 auf 2.156 € fest (Teilabhilfe). Über die Feststellung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften sei noch im weiterhin anhängigen Einspruchsverfahren zu entscheiden (Bescheide vom 18.09.2018 bzw. 16.10.2018).
Mit Einspruchsentscheidungen vom 22.10.2018 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Eine Verlustfeststellung scheide aus, da die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 wegen der am 31.12.2012 bzw. 31.12.2013 eingetretenen Teilverjährung nicht mehr geändert werden könnten. An diese Nichtberücksichtigung sei das FA nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG gebunden. § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG greife --auch im Hinblick auf die Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878)-- nicht ein. Ebenso wenig komme eine weitere Herabsetzung der Einkommensteuer in Betracht (§ 351 Abs. 1 AO).
Mit ihrer Klage verfolgten die Kläger insbesondere ihr auf Verlustfeststellung gerichtetes Begehren weiter. Sie beantragten sinngemäß, einen verbleibenden Verlustvortrag der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 1.259 € zum 31.12.2007 und in Höhe von 18.007 € zum 31.12.2008 gesondert festzustellen sowie die Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008 dahingehend zu ändern, dass die Änderungsbeschränkungen nach §§ 351, 177 AO nicht zur Anwendung gelangen, hilfsweise, dass Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 1.259 € (2007) und 18.007 € (2008) berücksichtigt werden.
Mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1817 veröffentlichtem Urteil wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unbegründet ab.
Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie eine Verletzung von § 10d Abs. 4 Satz 1, 4 und 5 EStG, § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG i.d.F. des JStG 2007, § 173 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 und 2 AO sowie der §§ 180, 181 AO rügen und Verfahrensmängel geltend machen.
Schon der zeitliche Anwendungsbereich des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 sei im Streitfall nicht eröffnet. Es fehle an der Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags i.S. des § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010.
Ferner sei § 10d Abs. 4 Satz 4, 5 EStG im Hinblick auf seinen klaren Wortlaut, den Willen des Gesetzgebers sowie Sinn und Zweck von § 23 Abs. 3 Satz 8, 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 auf Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht anwendbar. Denn die Sonderregelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG schließe es gerade aus, dass sich Veräußerungsverluste auf die Höhe der Einkommensteuer auswirkten; ein vertikaler Verlustausgleich finde nicht statt. Die Einkommensteuerfestsetzung könne damit aber auch keine Bindungswirkung auslösen. Eine solche setze vielmehr voraus, dass die Verluste betragsmäßig berücksichtigt worden seien und den Gesamtbetrag der Einkünfte und damit die Einkommensteuer beeinflusst hätten. § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG sei zudem --trotz Änderung des § 10d Abs. 4 EStG-- unverändert geblieben. Daher habe die Neufassung des § 10d EStG für Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht zu einer Änderung geführt. Eine "Quasi-Bindungswirkung" des Einkommensteuerbescheids sei nicht geregelt worden. Vielmehr bleibe es bei der Selbständigkeit des Verlustfeststellungsverfahrens gegenüber dem Festsetzungsverfahren.
Zudem sei eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für 2007 und 2008 nach § 173 AO möglich. Bei der Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO hätte das FA alle bekannt gewordenen Tatsachen zu Ungunsten wie zu Gunsten der Kläger berücksichtigen müssen. Auch sei den Klägern als steuerlichen Laien kein grobes Verschulden i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vorzuwerfen, da ihnen der Anfall von Veräußerungsverlusten in den Streitjahren zunächst nicht bekannt gewesen sei und sie die maßgeblichen Bankunterlagen erst im Jahr 2013 erhalten hätten. Ein etwaiges Verschulden sei jedenfalls nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO unbeachtlich. Zwischen den steuermindernden Veräußerungsverlusten aus Geschäften mit festverzinslichen Papieren und Anteilen an Investmentfonds und den steuererhöhenden Kapitaleinnahmen in Gestalt von ausschüttungsgleichen Erträgen i.S. des § 1 Abs. 4 des Investmentsteuergesetzes, Stückzinsen und positiven Zwischengewinnen, die überhaupt erst durch die unterjährigen Veräußerungen ausgelöst würden, bestehe ein sachlicher Zusammenhang. Im Übrigen sei zu erwägen, ob das Begehren der Kläger nicht als Antrag auf Erlass eines Ergänzungsbescheids verstanden werden müsse.
Schließlich habe das FG den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung) sowie den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt, soweit es keinerlei tatsächliche Feststellungen zum Grad des Verschuldens am nachträglichen Bekanntwerden der Veräußerungsverluste getroffen habe.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene FG-Urteil aufzuheben und das FA unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 22.10.2018 zu verpflichten, verbleibende Verlustvorträge der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 1.259 € auf den 31.12.2007 und in Höhe von 19.267 € auf den 31.12.2008 gesondert festzustellen,
hilfsweise, die Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008 dahingehend zu ändern, dass die Verluste der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften den Einkommensteuerfestsetzungen zu Grunde gelegt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet (dazu unter 1.). Der Hilfsantrag stellt sich als unzulässig dar (dazu unter 2.). Das Revisionsverfahren des Klägers war nach Rücknahme der Revision einzustellen (dazu unter 3.)
1. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Zu Recht hat das FA die von der Klägerin begehrte gesonderte Feststellung der verbleibenden Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften auf den 31.12.2007 und 31.12.2008 abgelehnt (dazu unter a). Verfahrensmängel liegen nicht vor (dazu unter b).
a) Eine gesonderte Feststellung der verbleibenden Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften auf den 31.12.2007 und 31.12.2008 scheidet nach § 23 Abs. 3 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG aus.
aa) Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte u.a. Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern (insbesondere bei Wertpapieren), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG).
Nach § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) dürfen Verluste nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden; sie dürfen nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 EStG erzielt hat oder erzielt; § 10d Abs. 4 EStG gilt entsprechend (§ 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008).
§ 23 Abs. 3 Satz 9 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 2. Halbsatz EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) ist gemäß § 52 Abs. 39 Satz 7 EStG i.d.F. des JStG 2007 auch in den Fällen anzuwenden, in denen am 01.01.2007 die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen war. Die Norm gilt damit auch im Streitfall.
bb) Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2 EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag (§ 10d Abs. 4 Satz 2 EStG). Im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 9 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 2. Halbsatz EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) sind dies die nicht ausgleichbaren Veräußerungsverluste, vermindert um die nach § 10d Abs. 1, § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2, § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag (Senatsurteile vom 11.11.2008 - IX R 44/07, BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31, unter II.1.; vom 20.07.2018 - IX R 28/17, BFH/NV 2019, 110, Rz 22; vgl. auch BeckOK EStG/Trossen, 10. Ed. [01.06.2021], EStG § 23 Rz 353.1).
Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 1. Halbsatz EStG sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gelten entsprechend (§ 10d Abs. 4 Satz 4 2. Halbsatz EStG). Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt (§ 10d Abs. 4 Satz 5 EStG).
Nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 gilt § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG (i.d.F. des JStG 2010) erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird. Hiermit hat sich der Gesetzgeber gegen die Rechtsprechung des Senats gewandt, der zufolge ein verbleibender Verlustvortrag auch dann erstmals gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen ist, wenn der Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr zwar bestandskräftig ist, darin aber keine nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte berücksichtigt worden sind (vgl. Senatsurteil vom 17.09.2008 - IX R 70/06, BFHE 223, 50, BStBl II 2009, 897).
cc) Nach diesen Maßstäben steht § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG einer Verlustfeststellung zum 31.12.2007 und 31.12.2008 entgegen. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ist im Streitfall anwendbar (dazu unter aaa). Eine Verlustfeststellung ist infolge der (insoweit) bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheide für 2007 (vom 04.08.2008) und für 2008 (vom 19.10.2009), denen keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu Grunde liegen (dazu unter bbb), ausgeschlossen, da weder die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen nach Maßgabe der Änderungsvorschriften der AO (dazu unter ccc) oder den Erlass eines Ergänzungsbescheids (dazu unter ddd) noch die des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG (dazu unter eee) vorliegen.
aaa) Entgegen der Ansicht der Klägerin kann § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG im Streitfall nicht unangewendet bleiben.
(1) Der zeitliche Anwendungsbereich des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 ist eröffnet, da die "Nachmeldung" von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften am 23.12.2014 --und damit nach dem 13.12.2010-- erfolgt ist. Die Abgabe entsprechender Anlagen zur Einkommensteuererklärung und der Antrag auf Verlustfeststellung stehen der Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags i.S. des § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 gleich (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2016 - IX R 31/15, BFHE 255, 1, BStBl II 2018, 699, Rz 16, sowie Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31.01.2018 - I R 25/16, BFH/NV 2018, 838, Rz 20). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist bei der entsprechenden Anwendung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG für die Bestimmung des zeitlichen Anwendungsbereichs (§ 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010) auf die Erklärung der betreffenden Verluste nach § 23 EStG abzustellen.
(2) § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG gelangt auch auf Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG zur Anwendung. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 vermag daran nichts zu ändern.
(a) Dies ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 9 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 2. Halbsatz EStG i.d.F. des UntStRefG 2008). Danach gilt § 10d Abs. 4 EStG --auch dessen Satz 4-- entsprechend. Ein derartiger Verweis hat zur Konsequenz, dass die in Bezug genommene Regelung (§ 10d Abs. 4 EStG) unter Beachtung der Besonderheiten des bezugnehmenden Tatbestands (§ 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) anzuwenden ist (vgl. zu den Einkünften aus Kapitalvermögen BFH-Urteil vom 09.05.2017 - VIII R 40/15, BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049, Rz 19). Hingegen scheidet eine Auslegung in dem Sinne, dass § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG auf Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht zur Anwendung gelangt (und der Verweis in § 23 Abs. 3 EStG leerläuft), von vornherein aus.
(b) Der Umstand, dass § 10d Abs. 4 EStG nach der Einführung der Verlustausgleichsbeschränkung für Einkünfte aus privaten Veräußerungsverlusten neu gefasst worden ist, rechtfertigt keinen anderen Schluss. Hätte der Gesetzgeber die Bindung der Verlustfeststellung an die Einkommensteuerfestsetzung für den Bereich der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften einschränken wollen, so hätte er dies im JStG 2010 deutlich machen müssen (vgl. zu den Einkünften aus Kapitalvermögen BFH-Urteil in BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049, Rz 37). Dies ist nicht geschehen.
(c) Auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ist die Anwendung der Norm auf Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften geboten. Wenngleich sich im Streitfall das in der Gesetzesbegründung zum JStG 2010 (BTDrucks 17/2249, S. 51) angesprochene Problem der fehlenden Rechtserheblichkeit neuer Tatsachen nicht stellt, soll die Neuregelung eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an die der Einkommensteuerfestsetzung zu Grunde gelegten Beträge bewirken. Die Verlustfeststellung muss daher entfallen, wenn der Einkommensteuerbescheid des betroffenen Veranlagungszeitraums nicht mehr änderbar ist (Senatsurteile vom 13.01.2015 - IX R 22/14, BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829, Rz 15; vom 10.02.2015 - IX R 6/14, BFH/NV 2015, 812, Rz 13, und in BFHE 255, 1, BStBl II 2018, 699, Rz 17). Eine erstmalige Verlustfeststellung für nachträglich erklärte Verluste soll nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids --zur Sicherung des Rechtsfriedens-- nur noch zulässig sein, wenn auch der Steuerbescheid geändert werden kann (BTDrucks 17/2249, S. 52). Ließe man in den Fällen des § 23 EStG aber eine von der Einkommensteuerfestsetzung losgelöste Verlustfeststellung zu, würde die vom Gesetzgeber beabsichtigte Abstimmung der materiellen und formellen Änderbarkeitserfordernisse von Verlustfeststellung und Steuerfestsetzung des Folgejahres (Senatsurteil in BFHE 255, 1, BStBl II 2018, 699, Rz 18) gerade nicht stattfinden. Eine derartige --punktuelle-- Durchbrechung bzw. Erweiterung des gesetzlichen Verlustverrechnungssystems ist nicht gerechtfertigt (vgl. zu den Einkünften aus Kapitalvermögen BFH-Urteil in BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049, Rz 36).
(d) Der Regelungsgehalt des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 steht dem nicht entgegen. Die Regelung schließt zwar einen vertikalen Verlustausgleich zwischen Veräußerungsverlusten und positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten aus; nicht ausgleichbare Veräußerungsverluste gehen nicht in die Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) ein und haben damit keinen Einfluss auf die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer (vgl. nur Senatsurteile in BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31, unter II.2.b, und in BFH/NV 2019, 110, Rz 25; Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rz F 1; KKB/Bäuml, § 23 EStG, 5. Aufl., Rz 441 ff.; BeckOK EStG/Trossen, 10. Ed. [01.06.2021], EStG § 23 Rz 345). Nicht (vollständig) ausgeschlossen ist aber ein horizontaler Verlustausgleich, d.h. Veräußerungsverluste können bei der Einkommensteuerfestsetzung von Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften --bis zum Betrag von 0 €-- abgezogen werden. Damit bleiben Veräußerungsverluste nicht ohne Auswirkung auf die Einkommensteuerfestsetzung.
Zudem liegen Besteuerungsgrundlagen der Steuerfestsetzung auch dann i.S. des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG zu Grunde, wenn sie außerhalb der Summe der Einkünfte sowie des Gesamtbetrags der Einkünfte bleiben (§ 2 Abs. 3, 4 EStG) und nicht Teil des (zu versteuernden) Einkommens sind. Dies hat der BFH für (nacherklärte) Veräußerungsverluste i.S. des § 20 Abs. 2 EStG, die bei der Ermittlung der gemäß § 32d Abs. 1 EStG zu besteuernden Einkünfte unberücksichtigt geblieben waren, und damit für den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG, durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014 (BGBl I 2014, 1266) geändert in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG, i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG, bereits entschieden. Die Höhe von der Abgeltungsteuer unterliegenden, in die Einkommensteuerveranlagung einzubeziehenden (negativen) Einkünften aus Kapitalvermögen ist danach grundsätzlich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Verlustentstehungsjahres zu ermitteln und nur im Rahmen eines gegen diese Einkommensteuerfestsetzung geführten Einspruchsverfahrens zu überprüfen (BFH-Urteil in BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049, Rz 23 f.). Das Gleiche gilt für den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 9 2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 2. Halbsatz EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG.
(e) Das von der Klägerin angeführte Senatsurteil in BFHE 223, 395, BStBl II 2010, 31 steht der Anwendung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ebenfalls nicht entgegen. Es betrifft die Rechtslage vor der Neufassung des § 10d Abs. 4 EStG durch das JStG 2010.
bbb) § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2007 (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008) i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG verlangt eine Berücksichtigung der Besteuerungsgrundlagen (Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften), wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind. Vorliegend sind in den bestandskräftigen Steuerfestsetzungen der Verlustentstehungsjahre 2007 und 2008 vom 04.04.2008 bzw. 19.10.2009 indes keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG zum Ansatz gelangt. Gewinne oder Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften sind (zunächst) weder von der Klägerin erklärt noch vom FA von Amts wegen bei der Veranlagung berücksichtigt --und damit den Festsetzungen zu Grunde gelegt-- worden.
ccc) Liegt --wie im Streitfall-- ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid (ohne Berücksichtigung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften) für das Verlustentstehungsjahr vor, entfaltet dieser Bindungswirkung für das Verfahren der Verlustfeststellung. Der Erlass bzw. die Änderung des Feststellungsbescheids setzt dann voraus, dass der korrespondierende Einkommensteuerbescheid verfahrensrechtlich --d.h. nach den §§ 164 ff., §§ 172 ff. AO-- geändert wird oder dass die Änderung allein wegen fehlender steuerlicher Auswirkung unterbleibt (Senatsurteil vom 22.01.2013 - IX R 11/12, BFH/NV 2013, 1069, Rz 14; BeckOK EStG/Trossen, 10. Ed. [01.06.2021], EStG, § 23 Rz 354). Hier liegen die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008 indes nicht vor.
(1) Dabei kann dahinstehen, ob das FG zu Recht eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen groben Verschuldens der Kläger am nachträglichen Bekanntwerden der Veräußerungsverluste abgelehnt und § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO unangewendet gelassen hat. Einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für 2007 und 2008 steht jedenfalls der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Denn im Streitfall begann die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) für die Einkommensteuer 2007 bzw. 2008 im Hinblick auf die Abgabe der Steuererklärungen im jeweiligen Folgejahr mit Ablauf des 31.12.2008 bzw. 31.12.2009 (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO); sie endete folglich mit Ablauf des 31.12.2012 bzw. 31.12.2013. Im Zeitpunkt der "Nachmeldung" der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Dezember 2014 war dementsprechend bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Eine Änderung der Einkommensteuerbescheide kommt damit nicht mehr in Betracht.
(2) Zutreffend hat das FG die verlängerte Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO nicht zur Anwendung gebracht. Die zehn- bzw. fünfjährige Festsetzungsfrist gilt nur, soweit eine Steuer hinterzogen bzw. leichtfertig verkürzt worden ist. Soweit die Steuer nicht hinterzogen bzw. leichtfertig verkürzt worden ist, bleibt es hingegen bei der regulären Festsetzungsfrist (Grundsatz der Teilverjährung, vgl. nur Senatsurteil vom 20.11.2012 - IX R 30/12, BFHE 240, 4, BStBl II 2013, 995, m.w.N.; Drüen in Tipke/Kruse, § 169 AO Rz 14). Dementsprechend kam es im Streitfall allein im Hinblick auf die nacherklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist. Hingegen fehlt es hinsichtlich der nacherklärten (steuermindernden) negativen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften bereits an einer Steuerverkürzung und damit an der Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 370 Abs. 1 AO.
ddd) Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Gesichtspunkt des Ergänzungsbescheids verfängt nicht. § 179 Abs. 3 AO betrifft allein (lückenhafte) Feststellungsbescheide (vgl. auch das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung genannte BFH-Urteil vom 14.11.2018 - I R 47/16, BFHE 263, 393, BStBl II 2019, 419, Rz 23), nicht aber Steuerfestsetzungen. Die Möglichkeit zur Ergänzung eines Einkommensteuerbescheids (um bislang nicht berücksichtigte Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften) besteht nicht.
eee) Zudem kann die Regelung in § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Sie sieht eine Ausnahme von der Bindungswirkung der Einkommensteuerfestsetzung vor, wenn der Einkommensteuerbescheid zwar dem Grunde nach --verfahrensrechtlich-- korrigiert werden könnte, dies aber allein deshalb unterbleibt, weil sich die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht ändert. In diesen Fällen soll auf die Korrektur des Einkommensteuerbescheids verzichtet werden können (BTDrucks 17/2249, S. 52). Dabei kann sich die fehlende steuerliche Auswirkung zwar sowohl aus tatsächlichen Umständen als auch aus rechtlichen Gründen ergeben. Zu Letzteren gehören auch gesetzliche Verlustausgleichsbeschränkungen wie § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG i.d.F. des JStG 2007 bzw. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 (Senatsurteil in BFH/NV 2019, 110, Rz 25). Vorliegend fehlt es aber --wie dargelegt-- an einer verfahrensrechtlichen Korrekturmöglichkeit, so dass es bei der Bindungswirkung der Einkommensteuerfestsetzungen bleibt (dazu Senatsurteile in BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829, Rz 15, und in BFH/NV 2015, 812). Die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008 unterbleibt --was die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften angeht-- nicht allein mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer. Eine analoge Anwendung des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG hat das FG im Hinblick auf den entgegenstehenden Normzweck des § 10d Abs. 4 Satz 4, 5 EStG zu Recht abgelehnt.
b) Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge erhoben hat, fehlt es schließlich an einem Verfahrensmangel. Soweit die Klägerin (sinngemäß) eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 und § 119 Nr. 3 FGO) in Gestalt einer Überraschungsentscheidung rügt, liegt eine solche nicht vor. Das FG ist nicht verpflichtet, den Beteiligten die einzelnen für seine Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (BFH-Urteil vom 24.04.1990 - VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539, unter 1., Rz 17) oder einen Hinweis auf seine Rechtsauffassung zu geben (BFH-Beschluss vom 09.11.2011 - II B 105/10, BFH/NV 2012, 254, Rz 13). Ebenso wenig kann sich die Klägerin mit Erfolg auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) in Gestalt fehlender Ermittlungen des FG zum Grad des Verschuldens am nachträglichen Bekanntwerden der Veräußerungsverluste berufen. Die --in der mündlichen Verhandlung vor dem FG fachkundig vertretene-- Klägerin hat ausweislich des Sitzungsprotokolls (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) rügelos zur Sache verhandelt und damit jedenfalls ihr Rügerecht verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO, vgl. nur Senatsurteil vom 06.12.2017 - IX R 4/17, BFHE 260, 155, BStBl II 2018, 268, Rz 36).
2. Die Revision der Klägerin richtet sich --was den Hilfsantrag angeht-- auf eine Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008. Der betreffende Antrag ist jedoch erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist des § 120 Abs. 2 FGO (am 28.02.2020) gestellt worden. Hierin liegt eine unzulässige Erweiterung des Revisionsantrags (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 120 Rz 56). Entgegen der Auffassung der Klägerin sieht der Senat die Erweiterung nicht als von der Revisionsbegründung gedeckt an.
Die Kostenentscheidung folgt, soweit sie das Revisionsverfahren der Klägerin betrifft, aus § 135 Abs. 2 FGO.
3. Das Revisionsverfahren des Klägers war einzustellen, nachdem er die Revision --mit Einwilligung des FA-- zurückgenommen hat.
a) Der Senat geht davon aus, dass neben der Klägerin auch der Kläger das --beide Eheleute betreffende-- Urteil der Vorinstanz angefochten hat. Denn nach dem Revisionsschriftsatz vom 10.10.2019 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Revision in der "Streitsache ([Vorname des Klägers] und) [Vorname der Klägerin, Nachname der Kläger] ./. Finanzamt [Bezeichnung des beklagten Finanzamts]" unter Nennung beider Identifikationsnummern sowie "im Namen und Auftrag meiner Mandanten" eingelegt. Auch die Revisionsbegründung erfolgte mit Schriftsatz vom 26.02.2020 ausdrücklich "als Prozessbevollmächtigter der Kläger, der Eheleute [Nachname der Kläger]". Wenngleich in der Sache um die Feststellung negativer Einkünfte der Klägerin gestritten wird, beziehen diese Erklärungen eines fachkundigen Vertreters nach ihrem eindeutigen Wortlaut auch den Kläger als Rechtsmittelführer ein.
b) Vor diesem Hintergrund ist der Umstand, dass der Revisionsantrag in der mündlichen Verhandlung allein im Namen der Klägerin gestellt worden ist, als konkludente Zurücknahme der Revision (§ 125 FGO) zu verstehen. Das FA hat die nach § 125 Abs. 1 Satz 2 FGO erforderliche Einwilligung erteilt, so dass das Revisionsverfahren des Klägers nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO einzustellen war.
Die Kostenentscheidung folgt für den Kläger aus § 136 Abs. 2 FGO.
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