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BFH: Nichtanrechenbarkeit ausländischer Quellensteuerbeträge bei vollständiger Verrechnung der zugrunde liegenden ausländischen Kapitalerträge mit inländischen Verlusten

  1. Nicht ausgeglichene Verluste eines Ehegatten aus Kapitalvermögen können im Rahmen einer Veranlagung der Kapitalerträge zum gesonderten Tarif i.S. des § 32d Abs. 1 EStG nicht ehegattenübergreifend mit positiven Kapitalerträ­gen des anderen Ehegatten verrechnet werden.
  2. Es ist mit der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar, dass ausländische Quellensteuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG nicht gemäß § 32d Abs. 1 Satz 2 EStG auf die Einkommensteuer zum gesonderten Tarif i.S. des § 32d Abs. 1 EStG anrechenbar sind und verfallen, wenn die zugrunde liegenden ausländischen Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG mit inländischen Verlusten aus Kapitalvermögen zu verrechnen sind.

EStG 2010 § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 6 Satz 3, Abs. 9 Satz 3, § 32d Abs. 4, Abs. 5 Sätze 1 bis 3, § 36 Abs. 2 Nr. 2, § 43a Abs. 3
AEUV Art. 49, Art. 63

BFH-Urteil vom 23.11.2021, VIII R 22/18 (veröffentlicht am 24.3.2022)

Vorinstanz: FG Köln vom 17.5.2018, 13 K 3342/12 = SIS 18 19 92

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 2010 über die Verrechnung ausländischer quellensteuerbelasteter Kapitalerträge mit inländischen Verlusten des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) aus Kapitalvermögen und über die Anrechenbarkeit der ausländischen Quellensteuerbeträge der Kläger.

Der Kläger und die Klägerin sind im Inland unbeschränkt steuerpflichtig und werden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten sie ‑‑neben Einkünften aus anderen Einkunftsarten‑‑ positive und negative inländische Kapitaleinkünf­te mit und ohne Abzug der Kapitalertragsteuer, ausländische Kapitaleinkünfte aus Staaten der Europäischen Union (EU) mit und ohne ausländischen Steuer­abzug und ausländische Kapitalerträge aus Nicht-EU-Staaten mit und ohne ausländischen Steuerabzug. Sie verfügten jeweils über Einzelkonten und ‑depots, die bei verschiedenen in‑ und ausländischen Kreditinstituten geführt wurden.

Der Kläger erzielte u.a. in‑ und ausländische Kapitalerträge in einem bei der X‑Bank geführten Depot. Die Kapitaler­träge wurden auf der Depotebene im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs mit einem vorhandenen Verlustverrechnungstopf und neu entstandenen Ver­lusten des Streitjahrs verrechnet. Nach der Verrechnung verblieben dem Klä­ger aus dem Depot bei der X‑Bank nicht ausgeglichene Verluste (ohne Aktien­veräußerungsverluste) in Höhe von 1.741.777 €. Die ihm von der X‑Bank für das Streitjahr ausgestellte Steuerbescheinigung war zugleich eine Verlustbe­scheinigung gemäß § 43a Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG).

Der Kläger erzielte ferner, d.h. vor der Verrechnung mit den nicht ausgegli­chenen Verlusten aus dem Depot bei der X‑Bank, in‑ und ausländische Kapi­talerträge gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 2 EStG in Höhe von 1.470.475 €. Hier­zu gehörten Ausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Höhe von 241.476 € aus der Beteiligung an einer österreichischen Kapitalgesell­schaft (E‑AG), an der der Kläger zu 26,3 % beteiligt war. Die Ausschüttungen der E‑AG hatten in Österreich dem Quellensteuerabzug unterlegen.

Die Klägerin erzielte nach den vorliegenden Steuerbescheinigungen im Streit­jahr in‑ und ausländische Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 2 EStG in Höhe von 31.782 €.

Soweit von den ausländischen Kapitalerträgen der Kläger ausländische Quel­lensteuer einbehalten wurde, nahmen die Kläger im jeweiligen Quellenstaat die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen oder nach nationalen Vorschrif­ten bestehenden Ermäßigungen in Anspruch. Bei den nachfolgend aufgeführ­ten Quellensteuerbeträgen handelt es sich demnach um die keinem ausländi­schen Erstattungsanspruch mehr zugänglichen Quellensteuerbeträge.

  Kläger Klägerin Quellensteuer
Kläger
Quellensteuer
Klägerin
EU-Kapitalerträge
mit Quellensteuer
 
430.250,56 €
 
3.913 €
 
55.678,72 €
 
587,05 €
EU-Kapitalerträge
ohne Quellen-
steuer
 
 
149.639,91 €
     
Nicht-EU-Kapital-
erträge mit Quel-
lensteuer
 
 
54.572,54 €
   
 
6.318,54 €
 
Nicht-EU-Kapital-
erträge ohne Quel-
lensteuer
 
 
4.331,34 €
     

Der Kläger und die Klägerin erklärten in ihren Anlagen KAP zur Einkommen­steuererklärung für das Streitjahr jeweils ihre gesamten Kapitalerträge. Sie beantragten jeweils für sämtliche Kapitalerträge die Überprüfung des Steuer­einbehalts gemäß § 32d Abs. 4 EStG und die Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG. Für die Beteiligung an der österreichischen E‑AG übte der Kläger in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr das Veranlagungswahl­recht gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht aus. Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Antrag für diese Beteiligung im Veranlagungszeitraum 2009 gestellt wurde und für das Streitjahr Bindungswirkung entfalten könnte, sind nicht er­sichtlich.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) veranlagte die Kläger für das Streitjahr zunächst im Einkommensteuerbescheid vom 11.04.2012. Das FA setzte beim Kläger und bei der Klägerin jeweils Kapitaler­träge in Höhe von 0 € an. Hierzu gelangte es, indem es von den Kapitalerträ­gen des Klägers (1.470.475 €) erklärungsgemäß zunächst Altverluste gemäß § 23 EStG a.F. in Höhe von 1.738 € abzog. Die danach verbliebenen positiven Kapitalerträge des Klägers (1.468.737 €) verrechnete das FA mit den nicht ausgeglichenen Verlusten des Klägers aus dem Depot bei der X‑Bank (1.741.777 €) und mit den Kapitalerträgen der Klägerin (31.782 €). Es ver­blieben nicht ausgeglichene Verluste des Klägers in Höhe von 241.258 €. Auf­grund der beantragten Günstigerprüfung rechnete das FA die Kapitalerträge des Klägers und der Klägerin jeweils in Höhe von 0 € den tariflich zu besteu­ernden Einkünften hinzu. Die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen nicht ausgeglichenen negativen Kapitalerträge des Klägers aus Kapitalvermö­gen in Höhe von 241.258 € stellte das FA gemäß § 10d EStG zum 31.12.2010 gesondert fest. Die ausländischen Quellensteuerbeträge beider Kläger blieben unberücksichtigt, weil nach der Verlustverrechnung auf die zugrunde liegenden ausländischen Kapitalerträge jeweils keine inländische Einkommensteuer ent­fiel.

Während des folgenden Einspruchsverfahrens erließ das FA am 20.06.2012 einen in anderen Punkten abhelfenden Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Über den Einspruch entschied es in Bezug auf den im vorliegenden Verfahren streitigen Punkt durch eine Teileinspruchsentscheidung vom 04.10.2012. Mit dieser wies es den Einspruch gegen die Höhe der nach der Verlustverrechnung anzusetzenden Kapitalerträge und die nicht gewährte Anrechnung der ausländischen Quellensteuerbeträge als unbegründet zurück.

Die anschließend erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Köln gelangte zu dem Ergebnis, es sei nicht zu beanstanden, dass das FA die nicht ausgeglichenen negativen Kapitaleinkünfte des Klägers aus dem Depot bei der X‑Bank gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG mit sämtlichen positiven in‑ und ausländischen Kapitalerträgen der Kläger verrechnet habe. Dass die Anrechnung der Quellensteuer nach der Verlustverrechnung mangels einer auf die mit ausländischer Quellensteuer belasteten Kapitalerträge entfallenden inländischen Einkommensteuer scheitere und zudem der verrechnete Verlust verbraucht werde, folge aus der durch § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG vorgegebenen vollständigen Verlustverrechnung. Diese Rechtsfolgen bewirkten für die Kläger keine rechtswidrigen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV. Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 112 wiedergegeben.

Die Kläger haben zunächst gemeinsam Revision erhoben, mit der sie die Ver­letzung materiellen Bundesrechts in Gestalt des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und des § 32d Abs. 5 EStG sowie Verletzungen des Unionsrechts rügen.

Durch die Verrechnung des nicht ausgeglichenen Verlusts des Klägers mit sämtlichen quellensteuerbelasteten ausländischen Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG werde der verrechenbare Verlust verbraucht und schließe im Streitjahr zugleich die Anrechnung der ausländischen Quellensteuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5 und Abs. 6 EStG aus. Das Zusammenwirken der Ver­lustverrechnungsregelung in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und der Anrechnungs­vorschrift in § 32d Abs. 5 EStG bewirke eine wirtschaftliche Doppelbelastung, die bei einer Investition in inländische Kapitalanlagen nicht eintrete und mit der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV und der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV nicht vereinbar sei. Wären nur Kapitalerträge aus Kapital­anlagen erzielt worden, die dem inländischen Kapitalertragsteuerabzug unter­legen hätten, wäre die inländische Kapitalertragsteuer aufgrund der Verlust­verrechnung erstattet worden. Rechtfertigungsgründe für die Benachteiligung der Investitionen in ausländische Kapitalanlagen seien nicht ersichtlich.

Um eine Verletzung der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit zu ver­meiden, sei es dem Kläger in unionsrechtskonformer Auslegung der Regelun­gen in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d Abs. 5 EStG zu gestatten, seine ausländischen und quellensteuerbelasteten Kapitalerträge von der Verlustver­rechnung auszunehmen. Hierdurch komme es zwar zu einer Belastung dieser ausländischen Kapitalerträge mit deutscher Einkommensteuer, jedoch könnten die ausländischen Quellensteuerbeträge angerechnet werden. Ferner ergebe sich hieraus eine entsprechende Erhöhung des gemäß § 20 Abs. 6 Sätze 3 und 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG zum 31.12.2010 festzustellenden Verlustvortrags des Klägers.

Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Klage der Klägerin mangels Beschwer unzulässig sei, hat die Klägerin ihre Revision zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Köln vom 17.05.2018 ‑ 13 K 3342/12 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20.06.2012 in Gestalt der Teilein­spruchsentscheidung vom 04.10.2012 dahin zu ändern, dass die mit ausländi­schen Quellensteuern belegten Kapitaleinkünfte in Höhe von 484.822 € nicht der Verrechnung mit den negativen inländischen Kapitalerträgen unterworfen und somit versteuert werden, und die ausländische Quellensteuer in Höhe von 61.997 € auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen sowie die zum 31.12.2010 verbleibenden negativen Kapitaleinkünfte des Klägers entspre­chend anzusetzen,
hilfsweise, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 AEUV dazu einzuholen, ob § 20 Abs. 6 EStG und § 32d Abs. 5 EStG dem europäischen Recht entsprechen.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise, eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 AEUV zu der Frage einzuholen, ob § 20 Abs. 6 EStG und § 32d Abs. 5 EStG mit dem europäischen Recht vereinbar sind.

Das FA sieht § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d Abs. 5 EStG als mit der Nie­derlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar an.

II. Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist teilweise stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das Revisions­verfahren der Klägerin war aufgrund der Rücknahme der Revision einzustellen.

Das FG hat die Klage des Klägers zu Recht als zulässig angesehen (s. II.1.) und auch zutreffend entschieden, dass die ausländischen Quellensteuerbeträge des Klägers im Streitjahr gemäß § 32d Abs. 5 EStG nicht angerechnet werden können (s. II.2.). Allerdings hat es die Höhe der nicht ausgeglichenen Verluste des Klägers infolge einer unzulässigen ehegattenübergreifenden Verlustver­rechnung unzutreffend ermittelt (s. II.3.).

Der Senat hat keine Zweifel, dass die zwingende vollständige Verlustverrech­nung der quellensteuerbelasteten ausländischen Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG, die beim Kläger sowohl zur Nichtanrechenbarkeit der aus­ländischen Quellensteuer im Streitjahr als auch zu einer Verminderung der künftig verrechenbaren verbleibenden Verluste führt, mit der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 49, Art. 63 AEUV) vereinbar ist und auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt. Eine Herausnah­me der ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge aus der Ver­lustverrechnung des Streitjahrs scheidet daher aus (s. II.4. bis II.6.).

1. Das FG hat das Klagebegehren inhaltlich zutreffend erfasst und die Klage des Klägers zu Recht als zulässig angesehen. Zwar sind die Kapitaleinkünfte des Klägers im angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 20.06.2012 in Höhe von 0 € angesetzt worden und nicht mit Einkommensteuer belastet. Dies steht der Beschwer des Klägers aber nicht entgegen.

a) Eine Beschwer gemäß § 40 Abs. 2 FGO kann bei einer Nullfestsetzung auch anzunehmen sein, wenn der Kläger eine höhere Steuerfestsetzung begehrt, weil die niedrigere Festsetzung der Einkünfte sich in späteren Veranlagungs­zeiträumen ungünstig auswirkt (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15.03.2012 ‑ III R 96/07, BFHE 237, 407, BStBl II 2012, 719, Rz 10). So liegt auch der Streitfall. Der Kläger kann im Streitjahr gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG zwar seine gesamten positiven in‑ und ausländischen Kapitalerträge mit dem Verlust aus dem Depot bei der X‑Bank verrechnen und ist nicht mit Ein­kommensteuer auf die Kapitalerträge belastet. Die Verlustverrechnung steht aber der Anrechnung der ausländischen Quellensteuerbeträge endgültig ent­gegen. Sie führt auch zum Verbrauch der im Streitjahr verrechneten Verluste. Um die Anrechnung der ausländischen Quellensteuer und eine künftig höhere Verlustverrechnung in Anspruch nehmen zu können, muss der Kläger für das Streitjahr eine höhere Steuerfestsetzung erreichen.

b) Der Kläger kann den Einkommensteuerbescheid des Streitjahrs als Nullfest­setzung für die Kapitaleinkünfte auch anfechten, um die aus § 20 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG folgende negative Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids für die Verlustfeststellung auf den 31.12.2010 abzuwehren (s. zur Beschwer in diesen Fällen BFH-Urteile vom 09.05.2017 ‑ VIII R 40/15, BFHE 258, 335, BStBl II 2017, 1049, Rz 16, 19, 24; vom 03.12.2019 ‑ VIII R 8/16, BFHE 267, 225, BStBl II 2020, 383, Rz 19; vom 27.10.2020 ‑ IX R 5/20, BFHE 271, 359, BStBl II 2021, 600, Rz 22 bis 26). Die Aussagen des BFH-Urteils vom 30.06.2020 ‑ IX R 3/19 (BFHE 269, 314, BStBl II 2021, 859, Rz 18, 19) stehen dem nicht entgegen. Der IX. Senat un­terscheidet dort bei der Anfechtung von Nullfestsetzungen zwischen Fallgestal­tungen, in denen der Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahrs anzufechten ist, weil eine Besteuerungsgrundlage bislang nicht zutreffend be­rücksichtigt worden ist (sog. negative Bindungswirkung des Einkommensteu­erbescheids) und solchen, in denen der Verlustfeststellungsbescheid anzufech­ten ist, weil auf der Grundlage von im Steuerbescheid zutreffend berücksich­tigten Besteuerungsgrundlagen (mit sog. positiver Bindungswirkung) über die Höhe des verbleibenden Verlustvortrags gestritten wird. Im Streitfall geht es um die Frage, ob die ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge mit einem positiven Betrag und die ausländischen Quellensteuerbeträge (vgl. § 32d Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32d Abs. 5 EStG) als Besteuerungsgrundlagen im Rahmen der Steuerfestsetzung zutreffend berücksichtigt wurden. Danach war der Einkommensteuerbescheid anzufechten.

2. Die ausländischen Quellensteuerbeträge des Klägers sind, wie vom FG im Ergebnis zu Recht erkannt, nicht gemäß § 32d Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32d Abs. 5 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnen, da es aufgrund der Ver­lustverrechnung nach § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG an einer inländischen Einkom­mensteuerbelastung der zugrunde liegenden ausländischen Kapitalerträge des Klägers i.S. des § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG fehlt.

a) § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG geben vor, dass die Anrechnung der aus­ländischen Quellensteuer für den jeweiligen ausländischen Kapitalertrag auf die Höhe der Einkommensteuer begrenzt ist, die auf diesen entfällt (sog. per-item-limitation) und dass der Anrechnungsbetrag an ausländischer Steuer je Kapitalertrag 25 % der Einnahme (des jeweiligen Kapitalertrags) nicht über­steigen darf. Zudem ist die Summe der nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt anrechenbaren ausländischen Steuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5 Satz 3 EStG begrenzt, d.h. die Einkommensteuer auf die gesamten in‑ und ausländischen Kapitalerträge, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen, kann durch die Anrechnung der ausländischen Steuerbeträge (§ 32d Abs. 1 Satz 2 EStG) maximal auf 0 € gemindert werden; ein Anrech­nungsüberhang wird weder erstattet noch vorgetragen (vgl. BTDrucks 16/10189, S. 53; Brandis/Heuermann/Werth, § 32d EStG Rz 110 bis 112; Schmidt/Levedag, EStG, 40. Aufl., § 32d Rz 26; Pfirrmann in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 32d Rz 19; Oellerich in Bordewin/Brandt, § 32d EStG Rz 117, 119; Kühner in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32d EStG Rz 81; unklar Ahrensfeld/Hilbert, Neue Wirtschafts-Briefe 2019, 2423, 2428 f.).

b) Keiner der für die Prüfung der Anrechnungsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG einzeln zu betrachtenden ausländischen Kapitaler­träge des Klägers unterliegt jedoch im Streitjahr nach der Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG einer inländischen Einkommensteuerbelas­tung. Die Verluste sind gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nach den gesetzlichen Regelungen zur Einkünfteermittlung zwingend bereits vor der Anrechnung aus­ländischer Steuern auf die Einkommensteuer nach § 32d Abs. 5 i.V.m. § 32d Abs. 1 Satz 2 EStG zu verrechnen. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Sys­tematik und dem Wortlaut des § 32d Abs. 1 Sätze 2 und 5 EStG, wonach die "nach Maßgabe des Absatzes 5 anrechenbaren ausländischen Steuern" von der Steuer auf die "nach den Vorschriften des § 20 ermittelten Einkünfte" abzuzie­hen sind. Das vom Kläger beanspruchte Wahlrecht, seine Verluste bei der X‑Bank selektiv nicht mit den quellensteuerbelasteten ausländischen Kapitaler­trägen, sondern nur mit seinen übrigen positiven in‑ und ausländischen Kapi­talerträgen verrechnen zu können, enthält § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nicht.

c) Auf § 32d Abs. 5 Satz 3 EStG, der eine Anrechnung ausländischer Quellen­steuern versagt, soweit die gesamten anrechenbaren Quellensteuerbeträge die Einkommensteuer auf sämtliche (in‑ und ausländischen) Kapitalerträge über­steigen, kommt es für die Entscheidung des Streitfalls nicht an, da schon die Anrechnungsvoraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 nicht erfüllt sind.

3. Die Revision ist begründet, soweit das FG im Streitjahr den nicht ausgegli­chenen Verlust des Klägers aus Kapitalvermögen im Einkommensteuerbe­scheid nur in Höhe von 241.258 € statt in Höhe von 273.040 € ermittelt hat.

a) Die in‑ und ausländischen Kapitalerträge des Klägers unterliegen dem ge­sonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG. Von den positiven Kapitaler­trägen des Klägers (1.470.475 €) hat das FA gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG zutreffend zunächst Altverluste i.S. des § 23 EStG a.F. (1.738 €) abgezogen (vgl. BFH-Urteile vom 29.08.2017 ‑ VIII R 23/15, BFHE 259, 336, BStBl II 2019, 54; in BFHE 267, 225, BStBl II 2020, 383). Die von der X‑Bank gemäß § 20 Abs. 6 Satz 6 i.V.m. § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG bescheinigten nicht ausge­glichenen Verluste des Klägers in Höhe von 1.741.777 € sind gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG vollumfänglich mit den nach Abzug der Altverluste aus § 23 EStG a.F. verbliebenen positiven in‑ und ausländischen Kapitalerträgen des Klägers (1.468.738 €) auszugleichen. Dies gilt auch für die Verrechnung mit den Beteiligungserträgen aus der österreichischen E‑AG. Der Kläger hat für diese Bezüge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG keinen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt, weshalb diese Einkünfte ebenfalls dem ge­sonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG und der Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG unterfallen. Auch der gestellte Antrag auf Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) bewirkte nicht, dass die Beteiligungser­träge als tarifliche Kapitalerträge nach dem Teileinkünfteverfahren zu besteu­ern gewesen wären (s. BFH-Urteil vom 29.08.2017 ‑ VIII R 33/15, BFHE 259, 213, BStBl II 2018, 69, Rz 25) und die Verlustverrechnung dann mit diesen tariflichen Kapitalerträgen hätte erfolgen müssen (s. insoweit das BFH-Urteil vom 30.11.2016 ‑ VIII R 11/14, BFHE 256, 455, BStBl II 2017, 443, Rz 47).

b) Die im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 20.06.2012 vor­genommene ehegattenübergreifende Verrechnung der nicht ausgeglichenen negativen Kapitalerträge des Klägers mit den positiven in‑ und ausländischen Kapitalerträgen der Klägerin (31.782 €) ist hingegen in Ermangelung einer Rechtsgrundlage rechtswidrig.

§ 20 Abs. 6 Satz 3 EStG ermöglicht keinen ehegattenübergreifenden Ausgleich der den Ehegatten von verschiedenen auszahlenden Stellen jeweils beschei­nigten nicht ausgeglichenen Verluste mit deren positiven Kapitalerträgen (vgl. auch Vorlagebeschluss des Senats vom 17.11.2020 ‑ VIII R 11/18, BFHE 271, 399, BStBl II 2021, 562, Rz 26, zu Aktienveräußerungsverlusten). § 43a Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 EStG ermöglicht den auszahlenden Stellen lediglich im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs zum Ende eines Veranlagungszeit­raums nach den Vorgaben des § 20 Abs. 6 EStG einen ehegattenübergreifen­den Verlustausgleich durchzuführen, wenn die Ehegatten der auszahlenden Stelle einen gemeinsamen Freistellungsauftrag (§ 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 9 Satz 2 EStG) erteilt haben (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18.01.2016 ‑ IV C 1‑S 2252/08/10004:017, BStBl I 2016, 85, Rz 219, 261, 269).

Eine entsprechende Rechtsgrundlage fehlt für die Veranlagung. Bei Veranla­gung der Kapitalerträge gemäß § 32d Abs. 4 i.V.m. § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG kann danach jeder Ehegatte nach den Vorgaben des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nicht ausgeglichene eigene Verluste nur mit seinen eigenen positiven Kapital­erträgen verrechnen. Ein verbleibender nicht ausgeglichener Verlust ist gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG für den jeweiligen Ehegatten auf den 31.12. gesondert festzustellen.

c) Die nicht ausgeglichenen Verluste des Klägers betragen danach entgegen der Auffassung des FG somit 273.040 €. Die bislang berücksichtigten nicht ausgeglichenen Verluste des Klägers (241.258 €) sind um den zu Unrecht ver­rechneten Betrag in Höhe von 31.782 € zu erhöhen.

4. Der Kläger kann die ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge nicht auf der Grundlage einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG von der Verlustverrechnung ausnehmen, um im Streitjahr die Anrechnung der ausländischen Quellensteuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5 EStG und einen höheren Verlustabzug in den Folgejahren zu erreichen. § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d Abs. 5 EStG beschränken die Niederlassungs‑ und die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 49, Art. 63 AEUV) nicht.

a) Hinsichtlich der Frage, ob bei der Besteuerung von Dividenden mit Ursprung in einem Mitgliedstaat eine Beschränkung der Niederlassungs‑ bzw. Kapital­verkehrsfreiheit nach Art. 49 und Art. 63 AEUV vorliegt, sind die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falls zu berücksichtigen, um zu klären, ob die zugrunde liegende Situation von Art. 49 oder von Art. 63 AEUV erfasst wird (BFH-Urteile vom 12.10.2016 ‑ I R 80/14, BFHE 256, 223, BStBl II 2017, 615, Rz 39 f.; vom 24.07.2018 ‑ I R 75/16, BFHE 262, 502, BStBl II 2019, 806, Rz 20, 23, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

aa) Der Senat stimmt mit dem Kläger darin überein, dass § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG für die quellensteuerbelasteten Kapitalerträge des Klägers aus EU-Mitgliedsstaaten und aus Drittstaaten, die nicht aus der Beteiligung an der österreichischen E‑AG stammen, am Maßstab des Art. 63 AEUV zu messen sind, da der Kläger diese nach den Feststellungen des FG in der alleinigen Absicht der Geldanlage erworben hat, ohne auf die Verwaltung und Kontrolle des Beteiligungsunternehmens Einfluss nehmen zu wollen. Zudem knüpfen § 20 Abs. 6 EStG und § 32d Abs. 5 EStG nicht an die Beteiligungshöhe oder andere Umstände an, die es ermöglichen, einen siche­ren Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben.

bb) Hinsichtlich der Beteiligungserträge aus der österreichischen E‑AG ist Prü­fungsmaßstab hingegen Art. 49 AEUV. Da der Kläger die Beteiligung an der österreichischen E‑AG in Höhe von 26,3 % am Kapital und an den Stimmrech­ten nach seinem unwidersprochenen Vortrag in der Absicht erworben hat, die Kontrolle über die E‑AG ausüben zu können, ist die Besteuerung dieser Kapi­talerträge am Maßstab der Niederlassungsfreiheit zu prüfen.

b) Nach Auffassung des Senats führt die Verlustverrechnung der ausländischen Einkünfte mit den inländischen Verlusten gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d Abs. 5 EStG nicht zu einer Verletzung der Niederlassungs‑ und der Kapi­talverkehrsfreiheit nach Art. 49 und 63 AEUV. Die den Kläger im Streitfall tref­fenden Rechtsfolgen sind Bestandteil einer unionsrechtlich zulässigen, paralle­len Ausübung der Besteuerungsbefugnisse der jeweiligen Quellenstaaten und der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Wohnsitzstaat des Klägers.

aa) Dividenden (und andere Kapitalerträge), die ‑‑wie hier‑‑ von einer in einem Mitgliedstaat ansässigen oder in einem Drittstaat ansässigen Gesell­schaft oder einem solchen Emittenten an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Anteilseigner ausgeschüttet werden, können ohne Verstoß gegen die Niederlassungs‑ und Kapitalverkehrsfreiheit Gegenstand einer rechtlichen (juristischen) Doppelbesteuerung sein, wenn beide Mitgliedstaaten ihre Be­steuerungsbefugnis für die Kapitalerträge in zulässiger Weise parallel ausüben. Die Rechtsfolgen für den Steuerpflichtigen, die mit einer zulässigen, parallelen Ausübung der Besteuerungsrechte durch den Wohnsitz- und Quellenstaat ein­hergehen, sind keine durch den EuGH korrigierbaren Beschränkungen der Nie­derlassungs‑ und der Kapitalverkehrsfreiheit (vgl. EuGH-Urteile Kerckhaert und Morres vom 14.11.2006 ‑ C‑513/04, Deutsches Steuerrecht 2006, 2118, Rz 19 bis 23; Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen vom 10.02.2011 ‑ C‑436/08 und C‑437/08, EU:C:2011:61, Rz 168, m.w.N., sowie EuGH-Beschluss Baudinet u.a. vom 04.02.2016 ‑ C‑194/15, EU:C:2016:81, Rz 31, Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2016, Nr. C 136, 3; EuGH-Urteil Société Générale vom 25.02.2021 ‑ C‑403/19, EU:C:2021:136, Rz 27, BFH/NV 2021, 622; s.a. Reimer in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuer­recht, 2. Aufl. 2020, Rz 7.180, 7.181; Wattel in Terra/Wattel, European Tax Law, Bd. I (Student Edition), 14.2, S. 316 und 14.4.1, S. 320).

bb) Der EuGH hat diesbezüglich zu der mit dem Unionsrecht vereinbaren Aus­übung der Besteuerungsbefugnisse des Wohnsitzstaats des unbeschränkt steuerpflichtigen Beziehers der Kapitalerträge bislang folgende Grundsätze aufgestellt:

Der Wohnsitzstaat darf sein System der Besteuerung von Gewinnausschüttun­gen (und anderen Kapitalerträgen) autonom organisieren und die auf den empfangenden Bezieher der Kapitalerträge anwendbare Besteuerungsgrund­lage (Bemessungsgrundlage) und den für ihn geltenden Steuersatz bestimmen (EuGH-Urteil Orange European Smallcap Fund vom 20.05.2008 ‑ C‑194/06, EU:C:2008:289, Rz 30, und EuGH-Beschluss Baudinet u.a., EU:C:2016:81, Rz 30, ABlEU 2016, Nr. C 136, 3, m.w.N.; EuGH-Urteil Société Générale, EU:C:2021:136, Rz 26, BFH/NV 2021, 622).

Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Wohnsitzstaat dem Bezieher der Kapitalerträge aufgrund der ausländischen Quellensteuerbelastung eine Steu­ergutschrift gewährt, die auf den Betrag begrenzt ist, den der Wohnsitzstaat erhalten würde, wenn diese Dividenden allein im Wohnsitzstaat der Einkom­mensbesteuerung unterlägen, auch wenn die in dem anderen Mitgliedstaat entrichtete Quellensteuer hierdurch nicht in voller Höhe ausgeglichen wird (EuGH-Urteil Société Générale, EU:C:2021:136, Rz 43, BFH/NV 2021, 622; EuGH-Beschluss Baudinet u.a., EU:C:2016:81, ABlEU 2016, Nr. C 136, 3). Hierzu hat der EuGH insbesondere im Urteil Société Générale (EU:C:2021:136, Rz 26, 38, BFH/NV 2021, 622) ausgeführt, dass es nicht gegen die Niederlas­sungs- und Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, wenn die ausländische Quellen­steuer im Wohnsitzstaat nicht anrechenbar ist, weil der Wohnsitzstaat zur Berechnung der Steuergutschrift eine geringere Steuerbemessungsgrundlage ("Nettobemessungsgrundlage") als der Quellenstaat heranzieht, der die aus­ländische Quellensteuer üblicherweise auf die Bruttoeinnahme des Kapital­ertrags erhebt (vgl. auch Schlücke, Internationale Steuer-Rundschau 2021, 225, 226 f.; Bendlinger, Steuer- und Wirtschaftskartei 2021, 701, 707).

Der Wohnsitzstaat ist ferner nicht verpflichtet, Vorkehrungen gegen Nachteile zu treffen, die sich aus der parallelen Ausübung der Besteuerungsbefugnisse ergeben können, solange die jeweils angewandte Methodik des Besteuerungs­systems des Wohnsitzstaats zu einer Gleichbehandlung von in‑ und ausländi­schen Sachverhalten führt (EuGH-Urteile Damseaux vom 16.07.2009 ‑ C‑128/08, Internationales Steuerrecht 2009, 622, Rz 34; Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, EU:C:2011:61, Rz 170, und die dort angeführte Rechtsprechung sowie EuGH-Beschluss Baudinet u.a., EU:C:2016:81, Rz 33, ABlEU 2016, Nr. C 136, 3, und EuGH-Urteil Société Générale, EU:C:2021:136, Rz 29, BFH/NV 2021, 622; Oellerich in Schaumburg/Englisch, a.a.O., Rz 8.198, m.w.N.).

cc) Nach diesen Vorgaben ist es mit der Niederlassungs- und der Kapitalver­kehrsfreiheit nach Art. 49 und 63 AEUV vereinbar, dass auch die ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge des Klägers gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG mit den (hier: inländischen) negativen Kapitalerträgen vollständig verrechnet werden (müssen), auch wenn hierdurch das Anrechnungspotenzial der ausländischen Quellensteuerbeträge gemäß § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG nicht genutzt werden kann und die "verbrauchten" Verluste nicht mehr mit künftigen Kapitalerträgen des Klägers verrechnet werden können.

aaa) Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers darf die inländische Steuer­bemessungsgrundlage für ausländische Kapitalerträge i.S. des § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG nach eigenem Belieben ausgestalten, solange hierbei ausländische Kapitalerträge nicht schlechter als inländische Kapitalerträge behandelt werden (s. vorstehend bb). Dies ist der Fall. Dem gesonderten Tarif i.S. des § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG sind gleichermaßen in‑ und ausländische Kapitalerträge in Höhe der Bruttoeinnahmen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG) zu unterwerfen. In‑ und ausländische positive Kapitalerträge, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterfallen, werden gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nach densel­ben Regeln mit ebensolchen in‑ und ausländischen negativen Kapitalerträgen verrechnet. § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG knüpfen an diese Ermittlung der Kapitalerträge nach dieser zwingenden Verlustverrechnung an. Die ausländi­schen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge unterliegen den allgemeinen Ein­künfteermittlungs- und Verlustverrechnungsregeln für veranlagte Kapitalein­künfte, die unter den gesonderten Tarif fallen.

bbb) Wegen der gleichen Ausgestaltung der Einkünfteermittlungs- und Ver­lustverrechnungsregelungen für in‑ und ausländische Kapitalerträge ist es eine unionsrechtlich unbedenkliche Folge der unterschiedlichen Ausübung der Be­steuerungsbefugnisse des Quellen- und des Wohnsitzstaats (s. II.4.b bb), dass die vom Kläger getragene ausländische Quellensteuer im Streitfall nicht anre­chenbar ist und verfällt. Die Nichtanrechenbarkeit der Quellensteuerbeträge des Klägers beruht darauf, dass nach der einheitlichen Verlustverrechnung für jeden ausländischen Kapitalertrag des Klägers keine inländische Einkommen­steuerbelastung gegeben ist. Dies ist Folge unterschiedlicher Steuerbemes­sungsgrundlagen für den jeweiligen Kapitalertrag im Quellenstaat und in Deutschland als Wohnsitzstaat. Deutschland ist nicht verpflichtet, eine auslän­dische Quellensteuer anzurechnen, wenn die zugrunde liegenden Kapitalerträ­ge nicht mit inländischer Einkommensteuer belastet sind (s. II.4.b bb).

ccc) Auch aus dem vom Kläger angeführten EuGH-Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen (EU:C:2011:61, Rz 173) lässt sich nicht ableiten, dass die zwingende Verlustverrechnungsregel des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG unionsrechtswidrig ist. Nach dieser Entscheidung des EuGH verstößt es gegen die Niederlassungs‑ und Kapitalverkehrsfreiheit, wenn nach dem Recht des Wohnsitzstaats des Beziehers der Kapitalerträge einerseits für inländische Kapitalerträge ein Schachtelprivileg (d.h. Freistellung des Kapitalertrags auf Ebene der inländischen Bemessungsgrundlage) mit einer intertemporalen Ver­lustvortragsmöglichkeit gewährt wird und andererseits ausländische Kapitaler­träge der Anrechnungsmethode mit der Folge unterliegen, dass aufgrund der Verrechnung eines inländischen Verlusts mit den ausländischen Kapitalerträ­gen die ausländische Quellensteuer weder anrechenbar ist noch der Anrech­nungsüberhang vorgetragen werden kann (EuGH-Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, EU:C:2011:61, Rz 173). Die diskriminie­rende Ungleichbehandlung ergab sich für den EuGH daraus, dass sich beim Bezug ausländischer Kapitalerträge der (vortragsfähige) inländische Verlust durch die der Anrechnungsmethode eigene Addition in‑ und ausländischer Ein­künfte (Einbeziehung der ausländischen Kapitalerträge in die inländische Be­messungsgrundlage) verringerte, während beim Bezug inländischer Dividen­den die Möglichkeit zum intertemporalen Verlustausgleich ungeschmälert fort­bestand (Kessler in: Baumhoff/Schönfeld, Doppelbesteuerungsabkommen - Nationale und internationale Entwicklungen, 1. Aufl. 2012, Praxisprobleme bei der Anrechnung ausländischer Steuern, S. 163, unter C.II.). Ausgehend von diesen für den Wohnsitzstaat aufgestellten Maßstäben sind die inländischen Regelungen zur Einkünfteermittlung in § 20 Abs. 1 und Abs. 2 EStG und zur Verlustverrechnung der Kapitalerträge in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG jedoch uni­onsrechtlich unbedenklich. Sie enthalten im Vergleich zu inländischen Kapital­erträgen für die Verlustverrechnung ausländischer Kapitalerträge keine vom Inlandsfall abweichenden nachteiligen Regelungen, die die Anrechenbarkeit der ausländischen Quellensteuerbeträge beeinträchtigen.

Aus dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung hervorgehobenen EuGH-Urteil Sofina vom 22.11.2018 ‑ C‑575/17 (EU:C:2018:943, Deutsches Steuer­recht/Entscheidungsdienst 2019, 760) folgt nichts anderes. Die Entscheidung betrifft ausschließlich die Erhebung von Quellensteuern im Quellenstaat. Nach den dort streitigen französischen Regelungen wurden defizitäre ausländische (belgische) Muttergesellschaften als Bezieher von Ausschüttungen aus Toch­tergesellschaften im Quellenstaat (Frankreich) schlechter gestellt als Mutter­gesellschaften, die im Quellenstaat ansässig waren und Dividenden von fran­zösischen Tochtergesellschaften bezogen. Die Entscheidung des EuGH im Fall "Sofina" trifft keine von den unter II.4.b bb dargelegten Grundsätzen abwei­chende Aussage zu den unionsrechtlichen Vorgaben, die der Wohnsitzstaat im Hinblick auf seine Verlustverrechnungsregelungen bei Verwendung der An­rechnungsmethode zu erfüllen hat.

ddd) Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers ist aufgrund der vollständigen Gleichbehandlung in‑ und ausländischer Kapitalerträge auf Ebene der Steuer­bemessungsgrundlage und bei der Verlustverrechnung (hier: des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG) schließlich nicht verpflichtet, durch deren besondere Ausgestal­tung Vorkehrungen gegen Nachteile zu treffen, die sich für die Anrechnung ausländischer Quellensteuern aufgrund einer vorrangigen zwingenden Ver­lustverrechnung ergeben (s. II.4.b bb; vgl. zur nicht bestehenden Anpas­sungsverpflichtung des Wohnsitzstaats auch Vermeulen in Terra/Wattel, a.a.O., 14.4.1, S. 321). Dem Kläger ist danach im Rahmen des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG nicht mittels einer unionsrechtskonformen Auslegung zu ge­statten, dass er seine ausländischen quellensteuerbelasteten Kapitalerträge von der Verlustverrechnung im Streitjahr ausnehmen kann, um eine Anrech­nung der ausländischen Quellensteuer zu ermöglichen und künftig höhere Ver­luste verrechnen zu können.

dd) Der Umstand, dass inländische Kapitalertragsteuern auf die Einkommen­steuer anrechenbar sind (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) und damit erstattet werden, wenn wegen einer Verlustverrechnung oder anderer Umstände auf die zugrun­de liegenden Kapitalerträge keine Einkommensteuer zu erheben ist, ausländi­sche Quellensteuerbeträge dann jedoch verfallen, wird in der bisherigen Rechtsprechung (BFH-Beschluss vom 03.12.2003 ‑ I S 10/03 (PKH), BFH/NV 2004, 525, Rz 11; FG Köln, Urteil vom 11.07.2002 ‑ 7 K 8572/98, EFG 2002, 1235, unter II.2.b bb, zu § 34c EStG a.F.) und im Schrifttum (vgl. Vermeulen in Terra/Wattel, a.a.O., 19.3.2, S. 422) zu Recht nicht als Beschränkung der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit angesehen. Diese Rechtsfolge ist ebenfalls Bestandteil der zulässigen, parallelen Ausübung der Besteue­rungsbefugnisse des jeweiligen Quellenstaats und Deutschlands als Wohn­sitzstaat des Klägers.

Eine ausländische Quellensteuer wird vom Ansässigkeitsstaat in der Regel als abgeltende Steuer erhoben. Sie ist Steuer eines anderen Fiskus. Deutschland als Wohnsitzstaat ist nicht verpflichtet, ausländische Steuern zu Lasten des eigenen Steueraufkommens zu erstatten oder einen Anrechnungsvortrag zu gewähren (s. EuGH-Urteil Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, EU:C:2011:61, Rz 162, und oben II.4.b bb). Die inländische Kapital­ertragsteuer ist hingegen eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des deutschen Fiskus und demnach zu erstatten, wenn auf die zugrunde liegenden Kapitalerträge keine Einkommensteuer geschuldet wird. Sie ist aus dem Blick­winkel Deutschlands als Wohnsitzstaat mit einer ausländischen Quellensteuer objektiv nicht vergleichbar, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass die Anrechnung ausländischer Quellensteuern gemäß § 32d Abs. 1 Satz 2 EStG die Ebene der Steuerfestsetzung (BFH-Urteil in BFHE 256, 455, BStBl II 2017, 443, Rz 31) und die Anrechnung der Kapitalertragsteuer die Ebene der Steu­ererhebung betrifft.

5. Einer Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV, um zu klären, ob es unionsrechtlich geboten ist, dass der Kläger seine ausländischen Kapitaler­träge von der Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG ausnehmen darf, um das Anrechnungspotenzial für die ausländischen Quellensteuerbeträ­ge ausschöpfen zu können, bedarf es im Streitfall nicht. Der Senat erachtet die dargelegte Unionsrechtslage in Anbetracht des aktuellen Stands der Recht­sprechung des EuGH als eindeutig, sodass keine Vorlagepflicht besteht (vgl. EuGH-Urteil CILFIT vom 06.10.1982 ‑ 283/81, EU:C:1982:335). Der EuGH hat die unter II.4. dargelegten abstrakten Maßstäbe für die unionsrechtskonforme Ausgestaltung der Anrechnung ausländischer Quellensteuern im Wohnsitzstaat mehrfach bestätigt und verweist in jüngeren Entscheidungen entweder auf seine ständige Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil Société Générale, EU:C:2021:136, Rz 26 bis 30, BFH/NV 2021, 622) oder entscheidet wie im Verfahren zum EuGH-Beschluss Baudinet u.a. (EU:C:2016:81, ABlEU 2016, Nr. C 136, 3) im vereinfachten Verfahren nach Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs (s. dazu Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., Anhang, Rz 166). Aus den unter II.4. dargelegten Gründen steht für den Senat fest, dass § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 32d Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG nach den vom EuGH entwickelten Maßstäben mit dem Unionsrecht vereinbar sind.

6. Der Senat sieht in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Verfahren war nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetz­geber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu be­handeln. Er gilt für ungleiche Belastungen ebenso wie für ungleiche Begünsti­gungen. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sach­verhalte auszuwählen, die er mit gleichen Rechtsfolgen belegt und damit als "wesentlich gleich" qualifiziert. Diese Auswahl muss jedoch sachgerecht in Be­zug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche erfolgen (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 12.02.2003 ‑ 2 BvL 3/00, BVerfGE 107, 218, und vom 23.05.2006 ‑ 1 BvR 1484/99, BVerfGE 115, 381). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßig­keitserfordernisse reichen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtferti­gung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 29.03.2017 ‑ 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106, BStBl II 2017, 1082, und vom 19.11.2019 ‑ 2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 27/14, BVerfGE 152, 274, m.w.N.). Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder anderer sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 05.10.1993 ‑ 1 BvL 34/81, BVerfGE 89, 132, und vom 18.07.2005 ‑ 2 BvF 2/01, BVerfGE 113, 167, Rz 126).

b) Im Hinblick auf die Regelungen in § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG und § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG fehlt es an einer Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachver­halte.

In‑ und ausländische Kapitalerträge, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, werden im Rahmen der Einkünfteermittlung und der Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG gleich behandelt.

Soweit infolge der Verlustverrechnung für ausländische quellensteuerbelastete Kapitalerträge keine Einkommensteuerbelastung entsteht und die nicht anre­chenbare ausländische Quellensteuer verfällt, inländische Kapitalertragsteuer im Verlustfall aber angerechnet (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG) und erstattet wird, liegen wesentlich ungleiche Sachverhalte vor. Die ausländische Quellensteuer ist als vereinnahmte Steuer eines ausländischen Fiskus im Rahmen der Steu­erfestsetzung gemäß § 32d Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32d Abs. 5 EStG nur dann zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung abzuziehen, wenn die zugrunde lie­genden ausländischen Kapitalerträge mit deutscher Einkommensteuer belastet sind. Ohne eine inländische Einkommensteuerbelastung der ausländischen Ka­pitalerträge fehlt es schon an einer Doppelbesteuerung der Kapitalerträge im Quellen- und im Wohnsitzstaat und infolgedessen an der Notwendigkeit, die ausländische Steuer im Rahmen der inländischen Steuerfestsetzung Deutschlands als Wohnsitzstaat mindernd zu berücksichtigen. Bei der inländi­schen Kapitalertragsteuer handelt es sich hingegen um eine Steuervorauszah­lung an den deutschen Fiskus, die im Rahmen des Erhebungsverfahrens zu erstatten ist, wenn für die zugrunde liegenden Kapitalerträge keine Einkom­mensteuer anfällt.

7. Die Sache ist spruchreif. Der Senat gibt der Klage teilweise statt und weist sie im Übrigen als unbegründet ab (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr ist dahin zu ändern, dass nicht ausgeglichene negative Kapitaleinkünfte des Klägers, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen, in Höhe von 273.040 € zu berücksichtigen sind (s. unter II.2.). Die Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr steht der gesonderten Fest­stellung des Verlusts gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG in Höhe dieses Betrags nicht entgegen. Die Kapitalerträge der Klägerin unterliegen dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG und sind unverändert in Höhe von 0 € anzusetzen. Eine Erhöhung der Steuerfestset­zung zu Lasten der Kläger kommt wegen des Verböserungsverbots nicht in Betracht.

Der Senat hält im Streitfall einen den Einkommensteuerbescheid ändernden Tenor für zutreffend, auch wenn der Ausspruch zur Höhe der verbleibenden Verluste des Klägers bei den dem gesonderten Tarif unterliegenden Kapitaler­trägen die Höhe der Steuerfestsetzung nicht berührt. Für Fallkonstellationen, in denen es ausschließlich um die Abwehr der negativen Bindungswirkung ei­nes Einkommensteuerbescheids als Nullfestsetzung geht, hat der IX. Senat die Art der Tenorierung durch das Gericht zwar offengelassen (BFH-Urteil in BFHE 269, 314, BStBl II 2021, 859, Rz 18; zu den aufgeworfenen Fragen s.a. BeckOK EStG/Ratschow, 11. Ed. [01.10.2021], EStG § 10d Rz 491). Die Ent­scheidung des IX. Senats steht damit aber einer den Einkommensteuerbe­scheid ändernden Tenorierung jedenfalls nicht entgegen, zudem betrifft der Streitfall keine dem Fall des IX. Senats vergleichbare Konstellation (s. II.1.a, b).

8. Das Revisionsverfahren der Klägerin war aufgrund der in der mündlichen Verhandlung erklärten Rücknahme gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 121 Satz 1, 72 Abs. 2 FGO einzustellen.

9. Der Senat hat wegen der Aufhebung der Vorentscheidung, die die Kosten­entscheidung der Vorentscheidung insgesamt entfallen lässt, für den Kläger und für die Klägerin über die Kosten des gesamten Verfahrens zu entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht für den Kläger und das FA auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Klägerin hat die auf sie entfallenden Kosten zu tragen, weil ihre Klage entgegen der Auffassung des FG mangels Beschwer unzulässig war und sie die Revision zurückgenommen hat (§ 135 Abs. 1, § 136 Abs. 2 FGO).

Der Senat hat zur Bestimmung der Kostenquoten einen Gesamtstreitwert ge­bildet. Die Kläger begehren die Herausnahme der ausländischen quellensteu­erbelasteten Kapitalerträge (488.736 €) aus der Verlustverrechnung und die Anrechnung ausländischer Quellensteuer in Höhe von 62.584 € auf die dann zugrunde zu legende Einkommensteuer nach dem gesonderten Tarif. Dies würde im Erfolgsfall zu einer festzusetzenden Mehrsteuer von (488.736 € * 25 %) ./. 62.584 € = 59.600 € im Streitjahr führen. Der begehrte niedrigere Verlustverbrauch in Höhe von 488.736 € würde für Kapitalerträge, die unter den gesonderten Tarif fallen, zu einer künftigen Steuerminderung von 488.736 € * 25 % = 122.184 € führen. Der Gesamtstreitwert aus der Mehrbe­lastung des Streitjahrs (./. 59.600 €) und den künftigen Steuerminderungen (122.184 €) beträgt danach 62.584 €.

Die Klägerin ist in Höhe von 587 € (Mehrsteuer im Streitjahr: 3.913 € * 25 % ./. anrechenbare Quellensteuer 587 € = ./. 391 €; künftiges Verrechnungspo­tenzial: 3.913 € * 25 % = 978 €) unterlegen, was zu einer Quote von aufge­rundet 1 % (587 €/62.584 €) führt.

Der Kläger obsiegt hinsichtlich einer Mehrverlustverrechnung in Höhe von 7.946 € (25 % * 31.782 €), d.h. zu 12 % (7.946 €/62.584 €), im Übrigen (zu 87 %) unterliegt er.

Der Senat sieht wegen des geringen Anteils der Klägerin am Gesamtstreitwert (587 €/62.584 €) aus Vereinfachungsgründen davon ab, zeitanteilige Streit­werte für die Zeit bis zur Rücknahme der Revision und danach zu bilden.

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