BFH: § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 ist kein eigenständiger, von Satz 4 losgelöster Ausschlussgrund
§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 bildet nur die Grundlage für die Vermutung des Satzes 4 und ist kein eigenständiger Ausschlussgrund für eine Buchwertfortführung; es handelt sich um eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung bestehend aus den Sätzen 3 und 4.
UmwStG 2006 § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4
BFH-Urteil vom 11.8.2021, I R 39/18 (veröffentlicht am 13.1.2022)
Vorinstanz: FG Hamburg vom 18.9.2018, 6 K 77/16 = SIS 18 20 40
I.
An der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --als Rechtsnachfolgerin der GmbH 1-- sind als Kommanditisten hälftig die A und die B beteiligt. Durch notariellen Vertrag vom 19.08.2004 gliederte die GmbH 1 zum 01.01.2004 den Geschäftsbetrieb "X" in eine KG (KG), deren Kommanditistin sie war, gegen Gewährung von Anteilen aus. Parallel dazu gründete sie die GmbH 2 und legte die Anteile an der KG zum Buchwert gegen Gewährung von Anteilen in die GmbH 2 ein.
Die GmbH 1 beschloss am 22.06.2006, die Kapitalrücklage der GmbH 2 in Höhe von ... € aufzulösen und an sich auszuschütten. Zu diesem Zweck schloss die GmbH 2 am 25.01.2007 je einen Darlehensvertrag mit der C und der D in Höhe von jeweils ... €. Am 31.01.2007 schüttete die GmbH 2 ... € als Vorabdividende an die GmbH 1 aus.
Mit Vertrag vom 15.08.2007 verschmolz die Komplementär-GmbH der KG zum 01.01.2007 zu Buchwerten auf die GmbH 2. Das Vermögen der KG wuchs gleichzeitig ebenfalls zu Buchwerten der GmbH 2 im Wege der Anwachsung zu.
Seit August 2007 verhandelten die GmbH 1 und ihre Anteilseigner mit potenziellen Erwerbern des X-Geschäfts. Am 09.11.2007 gab die N.V. ein "irrevocabel and binding offer" für den Erwerb sämtlicher Anteile an der inzwischen umbenannten GmbH 2 ab. Nach dem Angebot war die N.V. bereit, für den Erwerb der Anteile an der GmbH 2, auf Basis eines Unternehmenswertes zum 30.06.2007 von ... €, einen Kaufpreis von ... € zu entrichten.
Mit Kaufvertrag vom 23.11.2007, fünffach geändert bis Mitte 2008, vereinbarten die E KG als Käuferin einerseits und die Muttergesellschaften der GmbH 1 andererseits den Kauf von Anteilen an einer noch zu gründenden Gesellschaft, der späteren GmbH 3, in die die GmbH 1 auf Geheiß ihrer Muttergesellschaften das X-Geschäft in Form sämtlicher Anteile an der GmbH 2 bis zum "closing date" einzubringen hatte. Grundlage dieses Vertrags war die Annahme eines Unternehmenswerts von ... €. Der Kaufpreis belief sich unter Berücksichtigung von Verbindlichkeiten in Höhe von ... € zum 30.06.2007 auf ... €. Nach dem Vertrag sollte die GmbH 2 im Rahmen ordnungsgemäßer Geschäftsführung berechtigt sein, Darlehen bis zu ... € in Ansehung des parallel abgeschlossenen Darlehensübernahmevertrags ("Loan Acquisition and Assumption Agreement") aufzunehmen und in gleicher Höhe an die Klägerin auszuschütten. Der Betrag sollte bis zum "closing date" adjustiert werden. Dies geschah durch das Fourth Addendum vom 25.06.2008, in dem der Betrag der "Reference Net Debt" auf ... € festgelegt wurde.
Ebenfalls mit Vertrag vom 23.11.2007 erwarb die E KG von den o.g. Darlehensgebern die gegenüber der GmbH 2 bestehenden Darlehensforderungen. Dazu gehörten die Darlehensforderungen in Höhe von jeweils ... € vom 25.01.2007 und bis zu jeweils ... €, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht vereinbart waren, und die zur Finanzierung einer Ausschüttung in Höhe von ... € von der GmbH 2 an die GmbH 1 dienen sollten. Ein entsprechender Darlehensvertrag wurde sodann mit Datum vom 14.12.2007 vereinbart, wonach die GmbH 2 von ihren beiden mittelbaren Anteilseignern ein Darlehen von jeweils bis zu ... € erhalten sollte. Hierauf wurden am 18.12.2007 jeweils ... € an die Darlehensnehmerin ausgezahlt, weitere jeweils ... € am 18.06.2008.
Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 17.12.2007 wurden bei der GmbH 2 ... € in Ansehung des bis zum 30.12.2007 bestehenden Ergebnisabführungsvertrags als Gewinnabschlag am 18.12.2007 an die GmbH 1 ausgezahlt. Der Buchgewinn war durch die Anwachsung der KG auf die GmbH 2 entstanden. Die Zahlung wurde wegen des zum 30.12.2007 gekündigten Ergebnisabführungsvertrags als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) behandelt.
Zum 31.12.2007 betrug der Gesamtwert der GmbH 1 nach einem Unternehmenswertgutachten ... €. Davon entfielen nach der Ausschüttung am 18.12.2007 noch ... € auf die Beteiligung an der GmbH 2. Das Gutachten kommt weiterhin zu dem Schluss, dass das nicht betriebsnotwendige Vermögen der GmbH 1, das überwiegend aus der Beteiligung an der GmbH 2 und den auf der als vGA gewerteten Ausschüttung beruhenden Finanzanlagen bei den Finanzierungsgesellschaften der mittelbaren Muttergesellschaften besteht, einen Gesamtwert von ... € aufweise.
Mit Vertrag vom 02.06.2008 und steuerlicher Wirkung zum 31.12.2007 spaltete die GmbH 1 ihre 100%ige Beteiligung an der GmbH 2 auf die am 02.06.2008 neu gegründete GmbH 3, deren Anteilseigner dieselben waren wie bei der Klägerin, gegen Gewährung von Anteilen an der GmbH 3 zu Gunsten dieser Anteilseigner ab. Die GmbH 3 war damit eine Schwestergesellschaft der GmbH 1. Die Eintragung der GmbH 3 im Handelsregister erfolgte am 11.06.2008. Die Klägerin beantragte Buchwertfortführung. Am 01.07.2008 erfolgte die Kaufpreiszahlung für die Geschäftsanteile der GmbH 3.
Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zum Jahr 2007 (Streitjahr) zu der Auffassung, durch die Abspaltung des Teilbetriebs GmbH 2 auf die GmbH 3 seien die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen worden. Daher greife § 15 Abs. 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG 2006), die sog. Nachspaltungsveräußerungssperre. Die beantragte Fortführung zu Buchwerten sei zu versagen und stattdessen der gemeine Wert anzusetzen. Der Übertragungsgewinn in Höhe von ... €, der sich aus der Differenz zwischen Buchwert (... €) und gemeinem Wert (... €) der Beteiligung zum 31.12.2007 ergebe, sei von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der übertragenden GmbH 1 im Streitjahr zu versteuern.
Am 17.11.2015 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) auf Grundlage dieser Feststellungen einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2007 sowie einen geänderten Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2007.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 18.09.2018 - 6 K 77/16 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 140 veröffentlicht.
Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Revision, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützt.
Sie beantragt, die Körperschaftsteuer 2007 und den Gewerbesteuermessbetrag 2007 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie der Bescheide des FA vom 17.11.2015 über Körperschaftsteuer 2007 und über den Gewerbesteuermessbetrag für 2007, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.04.2016, soweit herabzusetzen, wie sich die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag ergeben, wenn ein um ... € verminderter Gewinn bzw. ein entsprechend verminderter Gewerbeertrag zugrunde gelegt wird und demgemäß die festgesetzte Körperschaftsteuer um ... € niedriger festgesetzt und der Gewerbesteuermessbetrag um ... € reduziert wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten, hat aber keinen Antrag gestellt.
II.
Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klagestattgabe (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist für den streitgegenständlichen Abspaltungsvorgang zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 UmwStG 2006 erfüllt sind (dazu 1.), es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die von der Klägerin begehrte Buchwertfortführung an der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 scheitert (dazu 2.). Da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 im Streitfall nicht vorliegen (dazu 3.) und § 42 der Abgabenordnung i.d.F. des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001) vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4) --AO a.F.-- neben den genannten spezialgesetzlichen Missbrauchsverhinderungsvorschriften nicht anwendbar war (dazu 4.), konnte die Abspaltung zu Buchwerten durchgeführt werden.
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 gelten die §§ 11 bis 13 des Gesetzes entsprechend, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf andere Körperschaften übergeht. § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 UmwStG 2006 sind in diesem Zusammenhang aber nur anzuwenden, wenn auf die Übernehmerin ein Teilbetrieb übertragen wird und im Fall der Abspaltung oder Teilübertragung bei der übertragenden Körperschaft ein Teilbetrieb verbleibt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006). Als Teilbetrieb gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG 2006 auch ein Mitunternehmeranteil oder die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfasst. Dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UmwStG 2006 erfüllt sind, steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit und bedarf keiner eingehenden Erörterungen.
a) Das FG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die GmbH 1 mit der 100 %-Beteiligung an der GmbH 2 einen Teilbetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG 2006 abgespalten hat. Ihr verblieben anschließend auch Teilbetriebe, was zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht im Streit steht: Die GmbH 1 hat ihren Geschäftsbetrieb ausweislich des Berichts der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über die Ermittlung des Unternehmenswertes zum 31.12.2007 nach der Abspaltung der streitgegenständlichen Beteiligung fortgesetzt. Ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten nach der Abspaltung bestanden ausweislich der bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Wesentlichen aus ... Daneben hatte sie 100%ige Tochtergesellschaften in Form von Kapitalgesellschaften, die als solche schon gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG 2006 als Teilbetriebe anzusehen sind.
b) Auch die Voraussetzungen für eine Buchwertfortführung gemäß § 11 Abs. 2 UmwStG 2006 waren im Streitfall erfüllt. Die GmbH 1 hatte insoweit am 02.03.2009 einen Antrag auf Buchwertfortführung gestellt. Sie spaltete ihre 100%ige Beteiligung an der GmbH 2 auf die neu gegründete GmbH 3, deren Anteilseigner identisch mit denen der Klägerin waren, gegen Gewährung von Anteilen an der GmbH 3 zu Gunsten dieser Anteilseigner ab. Hierbei handelte es sich um eine Spaltung i.S. des § 123 Abs. 1 Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes, durch die das abgespaltene Vermögen entsprechend der im Spaltungsvertrag vorgesehenen Aufteilung auf den übernehmenden Rechtsträger überging. Die entsprechende Eintragung im Handelsregister erfolgte am 11.06.2008.
c) Das FA hat den Umwandlungsvorgang zutreffend dem Streitjahr zugeordnet, da die Beteiligten den steuerlichen Übertragungsstichtag nach § 2 Abs. 1 UmwStG 2006 auf den 31.12.2007 zurückbezogen haben. Die steuerliche Rückwirkungsfiktion setzt insoweit nicht voraus, dass der übernehmende Rechtsträger zum steuerlichen Übertragungsstichtag bereits zivilrechtlich besteht (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 02.11), weshalb unerheblich ist, dass die GmbH 3 erst mit Vertrag vom 02.06.2008 gegründet wurde.
2. Abweichend zur Rechtsauffassung des FG scheitert die Buchwertfortführung nicht an § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006.
a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 ist § 11 Abs. 2 UmwStG 2006 nicht anzuwenden, wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen wird. Das Gleiche gilt nach Satz 3, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden. Davon ist nach Satz 4 auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden.
b) Die Rechtsfrage, ob § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 als eigenständiger Ausschlussgrund zu bewerten ist, der unabhängig von § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 Anwendung finden kann, wird unterschiedlich beantwortet.
aa) Teilweise wird vertreten, § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 sei nicht "leerläufig" und habe unabhängig von Satz 4 der Vorschrift einen eigenen Anwendungsbereich. Satz 4 stelle nur eine Vermutung für das Vorliegen einer Veräußerungsabsicht auf, so dass bei bestehender und nachweisbarer Veräußerungsabsicht eine Schädlichkeit auch unterhalb der in Satz 4 geregelten 20 %-Schwelle angenommen werden könne (Finanzbehörde Hamburg vom 13.04.2015, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2015, 1871; Finanzministerium Brandenburg vom 16.07.2014, DStR 2014, 2180; Neumann, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2012, 141, 148; Klaproth, Der Konzern 2017, 443, 444 ff.; Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 15 UmwStG Rz 294; wohl auch Dieterlen/Golücke, GmbHR 2004, 1264, 1265 f., und Peetz, GmbHR 2020, 467, 470).
bb) Die überwiegend vertretene Gegenauffassung geht allerdings davon aus, dass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 nur die Grundlage für die Vermutung des Satzes 4 regelt und keinen eigenständigen Anwendungsbereich hat, es sich also um eine einheitliche Missbrauchsvermeidungsregelung bestehend aus den Sätzen 3 und 4 handelt (FG Berlin-Brandenburg vom 31.05.2018 - 9 K 9143/16, EFG 2018, 1681, Revision I R 27/18; Herzig/Förster, Der Betrieb 1995, 338, 345; Breuninger/Schade, GmbHR 2006, 219, 220; Weiss, GmbHR 2018, 1086; Brühl, GmbHR 2019, 145, 146; Bumiller, Neue Wirtschafts-Briefe 2019, 1738, 1742; Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 15 Rz 242, sowie in Die Wirtschaftsprüfung 2006, 518; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 15 UmwStG Rz 149; Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 15 UmwStG Rz 200; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 15 UmwStG Rz 277; Dworschak in Kraft/Edelmann/Bron, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 15 Rz 134; Vogt in Eisgruber, UmwStG, 2. Aufl., § 15 Rz 284; Klingberg in Brandis/Heuermann, § 15 UmwStG 2006 Rz 106).
c) Der Senat schließt sich der zweitgenannten Auffassung an.
aa) Für diese Sichtweise spricht der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG 2006. Wenn es in § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 heißt, es gelte das Gleiche (wie in Satz 2), wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden, und wenn dann in Satz 4 ausgeführt wird, "davon ist auszugehen, wenn ...", legt dies nahe, dass Satz 3 ohne die weiteren Voraussetzungen des Satzes 4 keinen eigenen Anwendungsbereich hat (ebenso Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2018, 1681, Revision I R 27/18). Hätte der Gesetzgeber in Satz 4 nur ein mögliches Regelbeispiel nennen wollen, so hätte er das Wort "insbesondere" oder "etwa" einfügen können. In diese Richtung hat sich der Senat auch bereits in seinem Urteil vom 03.08.2005 - I R 62/04 (BFHE 211, 443, BStBl II 2006, 391) zur Vorgängerregelung des UmwStG 1995 ausgesprochen. Dort hat er ausgeführt, dass Satz 4 an den vorgehenden Satz 3 anknüpft und "nur zusammen mit diesem einen Sinn erhält". Er hat geschlussfolgert, der Gesetzgeber "hätte ... Satz 3 und 4 auch in einem Satz zusammenfassen können" und die "Aufteilung in zwei Sätze indiziert ... nicht, dass Satz 3 und 4 unterschiedliche Anwendungsbereiche haben ...".
bb) Dem steht das systematische Argument nicht entgegen, dass bei dieser Auslegung § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 überflüssig wäre (so aber Schießl, a.a.O.). Vielmehr schafft eine Spaltung immer die Voraussetzungen für eine getrennte Veräußerung von Anteilen, so dass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 selbst ohne nachfolgende tatsächliche Veräußerung oder bei Veräußerungen unterhalb der in Satz 4 genannten Wert-Grenzen erfüllt wäre. Es bedürfte der Regelung in Satz 4 nicht, wenn bereits die Schaffung der Voraussetzungen einer Veräußerung auch ohne nachfolgende tatsächliche Veräußerung innerhalb von fünf Jahren tatbestandlich sein sollte (Schumacher, a.a.O.; Hörtnagl, a.a.O.). Die Bedeutung des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 besteht danach gerade darin, die dogmatische Grundlage für die in § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 geregelte gesetzliche Vermutung zu bilden (Dötsch/Stimpel, a.a.O.).
cc) Für die hier vertretene Sichtweise sprechen insbesondere die Entstehungsgeschichte und das Telos des § 15 Abs. 2 UmwStG 2006. Die Norm dient dazu, missbräuchliche Gestaltungen, die sich aufgrund der Möglichkeit zur Buchwertfortführung ergeben können, zu unterbinden (BTDrucks 12/6885, S. 23 zu § 15 UmwStG 1995 Nr. 3 und 4). Die Buchwertfortführung soll deshalb in den Fällen ausgeschlossen werden, in denen die Steuerpflicht der Veräußerung eines Teilbetriebs, eines Mitunternehmeranteils oder einer 100%igen Beteiligung dadurch umgangen wird, dass die Anteile der verbleibenden oder der aufnehmenden Körperschaft nach Abspaltung veräußert werden (BTDrucks 12/6885, S. 23).
Der Senat hat dazu im Urteil in BFHE 211, 443, BStBl II 2006, 391 bereits darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber durch § 15 Abs. 3 Satz 4 UmwStG 1995 eine Abgrenzung vornehmen wollte, die an einfach zu ermittelnde und objektive Umstände anknüpft, ohne dass im Einzelfall nachgeprüft werden muss, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Satz 3 UmwStG 1995 tatsächlich vorliegen. Würde man demgegenüber dem Satz 3 einen eigenständigen Anwendungsbereich zubilligen, so würde dies gerade zu der vom Gesetzgeber missbilligten und auch praktisch nur schwerlich durchführbaren Einbeziehung subjektiver Elemente führen (ebenso Frotscher, a.a.O.). Hinzu kommt, dass in den Materialien bezogen auf § 15 Abs. 3 Satz 2 und 3 UmwStG 1995 ausgeführt wird, diese Missbrauchsverhinderungsregelung solle "jedoch erst greifen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach der Spaltung mehr als 10 vom Hundert der Anteile veräußert werden ..." (BTDrucks 12/6885, S. 23). Nimmt man hinzu, dass auf Empfehlung des Finanzausschusses später eine "Abmilderung der Regelungen zur Verhinderung von Missbräuchen" und insbesondere die Anhebung der vorgenannten 10 %-Schwelle auf 20 % beschlossen wurde (BTDrucks 12/7945, S. 61), spricht dies umso mehr dafür, dass unterhalb dieser Schwelle gerade kein Fall des Missbrauchs angenommen werden sollte. Solange die Veräußerung nicht erfolgt ist, ist der vom Gesetzgeber befürchtete Steuerausfall auch nicht eingetreten und stellt die bloße Gefährdung keine Rechtfertigung für die Besteuerung der stillen Reserven dar, da wirtschaftlich noch keine Realisation eingetreten ist, die Grund dafür sein könnte, die Buchwertfortführung zu versagen (vgl. Hörtnagl, a.a.O.). Den Materialien lässt sich im Übrigen kein Hinweis dafür entnehmen, dass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995 ein (einengend wirkendes) subjektives Tatbestandsmerkmal im Sinne einer erforderlichen Veräußerungsabsicht beigegeben werden sollte.
d) Dass nach der hier favorisierten Auslegung im Ergebnis "nur spaltungsfähige Körperschaften die Möglichkeit haben, die entsprechenden Vermögensbestandteile steuerfrei an einen Dritten zu veräußern", ist Folge der gesetzlichen Vorgaben. Der Gesetzgeber wollte --wie zuvor ausgeführt-- die Buchwertfortführung (nur) in den Fällen ausschließen, in denen die Steuerpflicht der Veräußerung eines Teilbetriebs, eines Mitunternehmeranteils oder einer 100%igen Beteiligung dadurch umgangen wird, dass die Anteile der verbleibenden oder der aufnehmenden Körperschaft nach Abspaltung veräußert werden. Dass sich dies entsprechend auch nur auf spaltungsfähige Körperschaften beschränkt, ergibt sich aus der Sache selbst und begründet keinen erkennbaren Gleichheitsverstoß, der zu einer abweichenden verfassungskonformen Auslegung Anlass geben könnte.
3. Ein Fall des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 liegt im Streitfall nicht vor. Denn dazu müssten innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag (hier: 31.12.2007) Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert worden sein. Es muss ermittelt werden, welchen rechnerischen Anteil die zu berücksichtigenden Anteile an den beteiligten Körperschaften nach Spaltung an den Anteilen an der übertragenden Körperschaft vor Spaltung repräsentieren. Maßgeblich sind insoweit die gemeinen Werte der Anteile zum Übertragungsstichtag (vgl. Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 15 Rz 260; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl, a.a.O., § 15 UmwStG Rz 180). Deshalb sind zeitlich vorgelagerte Vorgänge --was das FA und das BMF aber auch nicht geltend gemacht haben-- nicht einzubeziehen. Der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 stellt insoweit ausdrücklich und unmissverständlich auf die "Anteile" an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft ab. Es ist danach ausgeschlossen, auch die von der E KG von Dritten übernommenen Darlehensforderungen als "Kosten für den Erwerb des abgespaltenen Teilbetriebs" in die Wertermittlung einzubeziehen.
Im Streitfall hat die E KG für die Anteile an der GmbH 3 einen Kaufpreis in Höhe von ... € entrichtet. Der den erworbenen Anteilen zugrunde liegende Unternehmenswert der GmbH 1 betrug nach dem Unternehmenswertgutachten --zwischen den Beteiligten unstreitig mindestens-- ... €. Damit wird die in § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 genannte 20 %-Grenze nicht erreicht.
4. Es ist entgegen der Auffassung des FA ausgeschlossen, § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2006 unter Rückgriff auf § 42 AO a.F. auszulegen bzw. § 42 AO a.F. unmittelbar anzuwenden.
Der Senat hat zu der bis zum Veranlagungszeitraum 2007 geltenden und im Streitfall maßgebenden Fassung des § 42 AO a.F. mehrfach entschieden, dass dann, wenn der Gesetzgeber ein missbrauchsverdächtiges Feld "gesichtet" und durch eine Spezialvorschrift abgesteckt hat, er für diesen Bereich die Maßstäbe festlegt und eine einheitliche Rechtsanwendung sichert. Sind in einem konkreten Einzelfall --wie hier im Streitfall-- die Voraussetzungen der speziellen Missbrauchsverhinderungsbestimmungen nicht erfüllt, darf die Wertung des Gesetzgebers nicht durch eine extensive Anwendung des § 42 Abs. 1 AO a.F. unterlaufen werden. Verbleiben Rechtsfolgelücken, ist es allein Aufgabe des Gesetzgebers, der mittels der speziellen Missbrauchsbekämpfungsnormen die Grenzen des Missbrauchs gezogen hat, diese zu schließen (vgl. Senatsurteil vom 18.12.2013 - I R 25/12, BFH/NV 2014, 904, m.w.N.). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus § 42 Abs. 2 AO a.F., da es aufgrund des spezialgesetzlichen Wertungsvorrangs bereits an einem Missbrauchsvorwurf i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 1 AO a.F. fehlt. § 42 Abs. 2 AO a.F. läuft dann leer (vgl. Senatsurteil vom 20.03.2002 - I R 63/99, BFHE 198, 506, BStBl II 2003, 50). § 42 AO a.F. bleibt danach im Streitfall unanwendbar, weil § 15 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG 2006 eine sondergesetzliche Konkretisierung des allgemeinen abgabenrechtlichen Missbrauchstatbestandes in § 42 Abs. 1 Satz 1 AO a.F. beinhalten (vgl. dazu Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 15 Rz 210, m.w.N.).
5. Auf dieser Grundlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die vom FA befürwortete Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG 2006 zu einem Verstoß gegen die sog. Fusionsrichtlinie (Richtlinie 2005/19/EG des Rates vom 17.02.2005 zur Änderung der Richtlinie 90/434/EWG über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, Amtsblatt der Europäischen Union 2005, Nr. L 58, 19) führen würde.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Beträge auf das FA beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
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"Herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Das funktioniert, wie alles bei Ihnen, wunderbar. An dieser Stelle mal ein großes Lob an das gesamte Team. Ich bin wirklich froh, dass es Sie gibt."
Uwe Lewin, Geschäftsführer Exacta Steuerberatungs GmbH, 07546 Gera