Berichterstatter:
Giuseppe GUERINI
Berater | Samuel CORNELLA (für den Berichterstatter) |
Beschluss des Plenums | 18.1.2024 |
Rechtsgrundlage | Artikel 52 Absatz 2 der Geschäftsordnung |
Zuständiges Arbeitsorgan | Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt |
Annahme im Arbeitsorgan | 27.6.2024 |
Verabschiedung im Plenum | 10.7.2024 |
Plenartagung Nr. | 589 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) | 199/0/4 |
1.1. | Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) betont, dass die Steuersysteme der Mitgliedstaaten die Entwicklung der Sozialwirtschaft nicht behindern dürfen. Er begrüßt das Ziel der Europäischen Kommission, die Mitgliedstaaten durch die Veröffentlichung von Leitlinien zu den einschlägigen, für sozialwirtschaftliche Einrichtungen geltenden steuerlichen Rahmenbedingungen zu unterstützen. Diese Leitlinien sollten auf Analysen und den Beiträgen der einzelstaatlichen Behörden und der sozialwirtschaftlichen Interessenträger beruhen. | |
1.2. | Der EWSA stellt fest, dass die Kenntnis der in den verschiedenen Mitgliedstaaten verfolgten Ansätze ein wichtiger Ausgangspunkt sein kann, um den Gesamtüberblick über die Steuervorschriften für sozialwirtschaftliche Einrichtungen im Binnenmarkt zu vertiefen und zu verbessern. | |
1.3. | Der EWSA ist sich der großen Schwierigkeiten bewusst, die sich aus der erforderlichen Einstimmigkeit im Rat ergeben. Für die Zukunft hofft er jedoch, dass die Harmonisierung des Ansatzes für die Besteuerung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen im Hinblick auf die Konsolidierung des Binnenmarktes weitere Fortschritte machen wird. Er fordert daher weitere Überlegungen darüber, wie die Besteuerung der Sozialwirtschaft in der EU künftig harmonisiert werden kann. | |
1.4. | Der EWSA befürwortet insbesondere nationale Maßnahmen zur differenzierten Besteuerung von Gewinnen, die zur Verfolgung der satzungsgemäßen Ziele der sozialwirtschaftlichen Einrichtungen reinvestiert oder in ihre nicht verfügbaren Rücklagen eingestellt werden. Diese Rücklagen können häufig nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet werden – weder während des Bestehens der Einrichtung noch nach ihrer Auflösung. Reinvestierte oder in die nicht verfügbaren Rücklagen eingestellte Gewinne sind grundlegend für die Förderung der Kapitalisierung und Vermögensbildung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen. | |
1.5. | Der EWSA begrüßt, dass sozialwirtschaftliche Einrichtungen in einigen Mitgliedstaaten einem spezifischen Mehrwertsteuersatz (5 % bzw. 10 %) unterliegen, der mit dem europäischen MwSt-Rechtsrahmen vereinbar ist. Er fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auch für gemeinnützige Tätigkeiten, die von sozialwirtschaftlichen Einrichtungen geleistet werden, sowie für soziale Dienstleistungen, insbesondere in Bereichen wie Gesundheits- und Sozialfürsorge für ältere Menschen, persönliche Dienstleistungen, Langzeitpflege und Bildung, ermäßigte Mehrwertsteuersätze in Betracht zu ziehen. | |
1.6. | Nach Ansicht des EWSA sollte die Aufnahme einer Definition für sozialwirtschaftliche Einrichtungen in die allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung für staatliche Beihilfen in Erwägung gezogen werden. Gleichzeitig sollten geeignete Mechanismen zur Freistellung von den Vorschriften über staatliche Beihilfen konzipiert werden, um steuerrechtlich zur Finanzierung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen beizutragen. | |
1.7. | Um Verzerrungen, opportunistisches Verhalten und Umgehungspraktiken zu vermeiden, sollten alle Mitgliedstaaten nach Ansicht des EWSA über öffentliche, zugängliche und transparente Register verfügen, in denen sozialwirtschaftliche Einrichtungen, die Spenden erhalten, eingetragen sind. Diese Register sollten Bilanzen und Tätigkeitsberichte enthalten, aus denen hervorgeht, welche Tätigkeiten von allgemeinem Interesse die Einrichtung mit Hilfe von Spenden, Vergünstigungen und öffentlichen Zuschüssen sowie privaten Spenden durchführt. |
2.1. | Im EU-Aktionsplan „Aufbau einer Wirtschaft im Dienste der Menschen: ein Aktionsplan für die Sozialwirtschaft“ wird die Besonderheit der Sozialwirtschaft anerkannt. Gleichzeitig werden die Unterschiede zwischen sozialwirtschaftlichen Einrichtungen und traditionellen Unternehmen deutlich herausgestellt. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die Sozialwirtschaft sowohl zum sozialen Zusammenhalt im Binnenmarkt als auch zur Fairness des europäischen Wirtschaftssystems beiträgt. | |
2.2. | Im Aktionsplan heißt es, dass „die Besteuerung ein wichtiger Politikbereich für die Sozialwirtschaft“ ist. „Nur wenige Länder haben einen spezifischen und kohärenten steuerlichen Rahmen für Sozialunternehmen entwickelt. Viele bieten Anreize, die von der Befreiung einbehaltener Gewinne von der Körperschaftssteuer bis hin zu Mehrwertsteuerbefreiungen oder -ermäßigungen, reduzierten/abgedeckten Sozialversicherungskosten durch Subventionen oder Steuerermäßigungen für private und institutionelle Spender reichen.“ | |
2.3. | In derselben Mitteilung wird selbst für Mitgliedstaaten, in denen spezifische steuerliche Maßnahmen ergriffen wurden, festgestellt: „Der Zugang zu diesen Anreizen kann jedoch komplex sein, und die verschiedenen Maßnahmen werden nicht immer angemessen koordiniert.“ Diesbezüglich wird ausgeführt, dass die Kommission „zum Voneinander-Lernen ermutigen und den Mitgliedstaaten Orientierung und Unterstützung bieten“ wird, indem sie […] „Leitlinien zu den einschlägigen steuerlichen Rahmenbedingungen für sozialwirtschaftliche Einrichtungen veröffentlicht, die sich auf verfügbare Analysen und Beiträge der Behörden der Mitgliedstaaten und der Interessenträger der Sozialwirtschaft stützen“. | |
2.4. | In der Empfehlung des Rates vom 27. November 2023 zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft wird bekräftigt, dass „die Steuerpolitik [...] eine wichtige Rolle bei der Förderung der Sozialwirtschaft spielen und dafür sorgen [kann], dass sozialwirtschaftliche Einrichtungen neben den klassischen Unternehmen bestehen können, wodurch ein gerechteres Geschäftsumfeld geschaffen und gleichzeitig ein Beitrag zur sozialen Inklusion und zu einem besseren Zugang zur Beschäftigung geleistet wird“. | |
2.5. | Diese Empfehlung wird von zwei umfangreichen Studien flankiert: „Relevant taxation frameworks for Social Economy Entities“ (1) und „Non-discriminatory taxation of charitable organisations and their donors: principles drawn from EU case-law“ (2). Darin geht es um die unterschiedliche Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten zur Besteuerung der Sozialwirtschaft und um die Ergebnisse der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu grenzüberschreitenden Spenden an gemeinnützige Organisationen. | |
2.6. | Vor Kurzem wurde am Rande der vom belgischen EU-Ratsvorsitz am 12. Februar 2024 in Lüttich veranstalteten Konferenz der für Sozialwirtschaft zuständigen Minister der „Fahrplan von Lüttich für die Sozialwirtschaft in der EU“ vorgelegt. Darin werden Kommission und Rat unter anderem dazu aufgefordert, „dafür zu sorgen, dass die Steuersysteme die Entwicklung der Sozialwirtschaft nicht behindern, und zu prüfen, ob ihre Entwicklung durch die Steuersysteme ausreichend gefördert wird“. Mit dieser Stellungnahme fordert der EWSA die künftigen europäischen Mitgesetzgeber sowie die Mitgliedstaaten als Träger der Gesetzgebungskompetenz für den Steuerbereich auf, diese Vorschläge in die Praxis umzusetzen. | |
2.7. | Der EWSA befürwortet die in der Empfehlung des Rates vom 27. November 2023 formulierte Definition (3) der Sozialwirtschaft, die ihrerseits mit den Definitionen in Einklang steht, die von anderen internationalen Institutionen verwendet werden, beispielsweise: i) in der Entschließung über menschenwürdige Arbeit und die Sozial- und Solidarwirtschaft der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO); ii) in der Empfehlung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Sozial- und Solidarwirtschaft und zu sozialer Innovation; iii) in der Resolution der Vereinten Nationen zur Förderung der Sozial- und Solidarwirtschaft für eine nachhaltige Entwicklung. |
3.1. | Die Notwendigkeit, den Rechtsrahmen für sozialwirtschaftliche Einrichtungen auf europäischer Ebene zu harmonisieren, ist seit Langem bekannt – man denke nur an die Mitteilung der Kommission „Die Unternehmen der Economie Sociale und die Schaffung des europäischen Marktes ohne Grenzen“ aus dem Jahr 1989. Auf diese Mitteilung wird auch in der 2016 vom EWSA veröffentlichten Studie „Recent Evolutions of the Social Economy in the European Union“ verwiesen (4). | |
3.2. | In diesem Sinne ist es wichtig, auch über mögliche Formen der Harmonisierung des für sozialwirtschaftliche Unternehmen geltenden steuerlichen Rahmen nachzudenken, ohne die damit verbundenen Schwierigkeiten aus den Augen zu verlieren. Die Anerkennung der Vielfalt der Unternehmensformen trägt zur Schaffung von Wettbewerbsbedingungen bei, die sozialwirtschaftlichen Einrichtungen einen fairen Wettbewerb mit anderen Unternehmen ermöglichen. Zu berücksichtigen sind dabei die besonderen rechtlichen Verpflichtungen und Betriebsmodalitäten der Sozialwirtschaft, wie etwa die Reinvestition von Überschüssen zur Erreichung der satzungsgemäßen Ziele, die rechtlichen Einschränkungen zur Deckelung von Löhnen und Gehältern, die rechtlichen Einschränkungen für Tätigkeiten von allgemeinem Interesse sowie die demokratische und partizipative Governance unter Einbeziehung der Interessenträger. | |
3.3. | Solche Einschränkungen gibt es in vielen Rechtssystemen, die anerkennen, dass sozialwirtschaftliche Einrichtungen Tätigkeiten von allgemeinem Interesse und öffentlichem Nutzen durchführen. Sie stehen auch im Zusammenhang mit der wichtigen Funktion dieser Einrichtungen bei der Förderung lokaler Gemeinschaften sowie bei der Pflege der Demokratie, der freien Initiative und der Bürgerbeteiligung. | |
3.4. | In dieser Stellungnahme wird die Definition des Begriffs „sozialwirtschaftliche Einrichtung“ gemäß der Empfehlung des Rates vom 27. November 2023 zugrunde gelegt. Demnach handelt es sich um „Einrichtungen privaten Rechts, die Waren und Dienstleistungen für ihre Mitglieder oder die Gesellschaft anbieten; es handelt sich um Organisationsformen wie Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine (einschließlich Wohlfahrtsverbände und Wohltätigkeitsorganisationen), Stiftungen oder Sozialunternehmen, oder andere Rechtsformen, deren Tätigkeit auf den folgenden zentralen Grundsätzen und Merkmalen beruht: i) Vorrang des Menschen sowie des sozialen und/oder ökologischen Zwecks vor dem Gewinn, ii) Reinvestition aller Gewinne oder des größten Teils der Gewinne und Überschüsse zugunsten ihrer sozialen und/oder ökologischen Zwecke und zur Durchführung von Aktivitäten im Interesse der Mitglieder/Nutzer (‚kollektives Interesse‘) oder der Gesellschaft insgesamt (‚allgemeines Interesse‘) und iii) demokratische und/oder partizipative Führung“. Generell betont der EWSA, dass die Steuersysteme der Mitgliedstaaten die Entwicklung der Sozialwirtschaft nicht behindern dürfen. Sie sollten vielmehr die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die sozialwirtschaftlichen Einrichtungen in Europa sich weiterentwickeln und ihren besonderen Beitrag zur Verwirklichung einer sozialen Marktwirtschaft leisten können, wie sie in den Gründungsverträgen vorgesehen ist. | |
3.5. | Vor diesem Hintergrund begrüßt der EWSA das Ziel der Europäischen Kommission, das Voneinander-Lernen zu fördern und die Mitgliedstaaten durch die Veröffentlichung von Leitlinien zu den einschlägigen, für sozialwirtschaftliche Einrichtungen geltenden steuerlichen Rahmenbedingungen zu unterstützen. Diese Leitlinien sollten auf Analysen und den Beiträgen der einzelstaatlichen Behörden und der sozialwirtschaftlichen Interessenträger beruhen. | |
3.6. | In diesem Zusammenhang stellt der EWSA fest, dass die Kenntnis der in den verschiedenen Mitgliedstaaten verfolgten Ansätze ein wichtiger Ausgangspunkt sein kann, um den Gesamtüberblick über die Steuervorschriften für sozialwirtschaftliche Einrichtungen im Binnenmarkt zu verbessern. Der EWSA ist sich der großen Schwierigkeiten bewusst, die sich aus der erforderlichen Einstimmigkeit im Rat ergeben. Mit Blick auf die Konsolidierung des Binnenmarktes hofft er jedoch auf eine Verbesserung der Steuervorschriften für sozialwirtschaftliche Einrichtungen und deren schrittweise Harmonisierung. | |
3.7. | Die Bestandsaufnahme der Steuergesetze in den Mitgliedstaaten durch die Kommission zeigt, wie der EWSA feststellt, dass sozialwirtschaftliche Einrichtungen Gegenstand spezifischer steuerlicher Anreize und einer bestimmten steuerlichen Behandlung sind, und zwar in Bezug auf i) die Einkünfte der Einrichtung; ii) die in die Reserve eingestellten Gewinne und iii) indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer. Eine der Hauptursachen für die Fragmentierung ist die Tatsache, dass einige Staaten bestimmte Steuervorschriften an die Rechtsform des Unternehmens, andere an die Art der ausgeübten Geschäftstätigkeit und wieder andere an die besonderen Merkmale des Unternehmens bzw. der Einrichtung knüpfen. | |
3.8. | Die Besteuerung der Sozialwirtschaft ist wegen der großen Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften, aber auch wegen unterschiedlicher Rahmenbedingungen für die Besteuerung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen, ein komplexes Thema. Es wird klar zwischen Einrichtungen, die vollständig außerhalb des Marktes agieren, und solchen, die gänzlich in einem wirtschaftlichen Umfeld tätig sind, unterschieden. Schwierig ist es jedoch nach wie vor, die große Zahl von Einrichtungen zu klassifizieren und zu regulieren (auch für steuerliche Zwecke), die zwar nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten tätig sind, jedoch andere Ziele als den reinen Unternehmensgewinn verfolgen und vielmehr soziale oder ökologische Zielsetzungen umsetzen, die in den Statuten der sozialwirtschaftlichen Einrichtungen festgelegt sind, und die Tätigkeiten im Interesse ihrer Mitglieder/Nutzer oder im allgemeinen Interesse ausüben. Dies gilt beispielsweise für Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Stiftungen und Sozialunternehmen. | |
3.9. | Der EWSA befürwortet insbesondere nationale Maßnahmen zur differenzierten Besteuerung von Überschüssen, die zur Verfolgung der satzungsgemäßen Ziele der sozialwirtschaftlichen Einrichtungen reinvestiert oder in ihre nicht verfügbaren Rücklagen eingestellt werden. Diese Rücklagen können häufig nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet werden – weder während des Bestehens der Einrichtung noch nach ihrer Auflösung. Reinvestierte oder in die nicht verfügbaren Rücklagen eingestellten Mittel sind grundlegend für die Förderung der Kapitalisierung und Vermögensbildung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen. Denn sie haben ähnlich wie KMU immer wieder Schwierigkeiten beim Zugang zu Krediten, und aufgrund ihrer besonderen Organisationsform haben sie nicht immer Zugang zu den Finanzmärkten. | |
3.10. | Der EWSA begrüßt, dass sozialwirtschaftliche Einrichtungen in einigen Mitgliedstaaten einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz (5 % bzw. 10 %) unterliegen, der mit dem europäischen MwSt-Rechtsrahmen vereinbar ist. Er unterstützt diese Regelungen insbesondere für Bereiche wie Gesundheits- und Sozialfürsorge für ältere Menschen, persönliche Dienstleistungen und Langzeitpflege. | |
3.11. | In früheren Stellungnahmen (5) hat sich der EWSA dafür ausgesprochen, dass der Mehrwertsteuerregelung für Tätigkeiten in den Bereichen Soziales, Bildung, Wohlfahrt und Gesundheit besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, insbesondere wenn diese Tätigkeiten von sozialwirtschaftlichen Einrichtungen ausgeübt werden. | |
3.12. | Insbesondere mit Blick auf die ermäßigten Steuersätze ist der EWSA der Auffassung, dass Lösungen, die einen begrenzten oder ermäßigten Mehrwertsteuersatz vorsehen, gegenüber Steuerbefreiungen in jedem Fall vorzuziehen sind, vor allem wenn die Einrichtungen in wirtschaftlich wichtigen Bereichen tätig sind. Es können nämlich Situationen entstehen, in denen sozialwirtschaftliche Einrichtungen benachteiligt werden: Gelten Mehrwertsteuerbefreiungen für Tätigkeiten, die von normalen Unternehmen ausgeübt werden, haben diese einen Wettbewerbsvorteil gegenüber sozialwirtschaftlichen Einrichtungen, die sämtliche Tätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer ausüben und den Status eines „Endverbrauchers“ haben. | |
3.13. | Eine weitere Ungleichbehandlung liegt vor, wenn die Gebühren für Dienstleistungen in den Bereichen Pflege, Gesundheit und Bildung von den lokalen Behörden „einschließlich Mehrwertsteuer“ berechnet werden. Dies ist z. B. der Fall bei der Mehrwertsteuer, die in Italien auf soziale und medizinische Leistungen von Sozialgenossenschaften erhoben wird, die nicht für die Befreiungsregelung optieren können. Gewöhnlichen Unternehmen dagegen wird diese Befreiung für den Teil ihrer Tätigkeiten gewährt, der sich auf Gesundheitsdienstleistungen bezieht. In solchen Fällen führt die gleiche Dienstleistung, ob sie nun von einer Sozialgenossenschaft oder einem gewöhnlichen Unternehmen erbracht wird, für Sozialgenossenschaften letztlich zu höheren Kosten. Denn diese sind aufgrund des Preisbildungssystems für Dienstleistungen gezwungen, die Mehrwertsteuer zu tragen. Das hat nicht nur zusätzliche Produktionskosten zur Folge, sondern auch einen unlauteren Wettbewerb zugunsten der Unternehmen, die für die Befreiungsregelung optieren können. | |
3.14. | Der EWSA hält steuerliche Anreize und Steuerermäßigungen, die in den meisten Mitgliedstaaten Einzelpersonen gewährt werden, die an sozialwirtschaftliche Einrichtungen spenden, für nützlich und befürwortet sie. Er betont jedoch, dass unbedingt überprüft werden muss, ob diese Spenden und die damit verbundenen Anreize tatsächlich an aktive sozialwirtschaftliche Einrichtungen gehen, die in allgemeinem Interesse liegende Tätigkeiten ausüben, um so mögliche Verzerrungen zu vermeiden. Für die ordnungsgemäße Durchführung dieser Kontrollen ist es wichtig, dass alle Mitgliedstaaten über öffentliche, zugängliche und transparente Register verfügen, in denen sozialwirtschaftliche Einrichtungen, die Spenden erhalten, eingetragen werden. Es ist wichtig, dass diese Register auch Bilanzen und Tätigkeitsberichte enthalten, aus denen hervorgeht, welche Tätigkeiten von allgemeinem Interesse die Einrichtung mit Hilfe von Spenden, Vergünstigungen und öffentlichen Zuschüssen sowie privaten Spenden durchführt. | |
3.15. | Der EWSA stellt fest, dass es keine steuerlichen Anreize gibt, um Investoren zur finanziellen Unterstützung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen zu bewegen. Dabei könnten steuerliche Anreize für potenzielle Investoren in die Sozialwirtschaft den Zugang sozialwirtschaftlicher Einrichtungen zu Finanzmitteln verbessern. | |
3.16. | Der EWSA hat in früheren Stellungnahmen (6) darauf hingewiesen, dass Gesundheits- und Sozialdienstleistungen in den europäischen Beihilfevorschriften als eine Unterkategorie mit eigenständigen Merkmalen im weiteren Kontext der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (DAWI) betrachtet werden. Diese Dienstleistungen weisen besondere Merkmale auf und verfolgen spezifische Ziele, die sich häufig mit den Zielen sozialwirtschaftlicher Einrichtungen decken, die DAWI erbringen. | |
3.17. | Um die Annahme spezifischer Formen der Finanzierung der Sozialwirtschaft zu ermöglichen, sollte erwogen werden, eine Definition für „Sozialunternehmen“ in die allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung aufzunehmen. Dazu sollten geeignete Mechanismen für eine Freistellung vom Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zugunsten der Finanzierung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen entwickelt werden. | |
3.18. | In diesem Zusammenhang weist der EWSA darauf hin, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 8. September 2011, Paint Graphos, verbundene Rechtssachen C-78/08 und C-80/08, über die italienische Regelung zur Befreiung von der Körperschaftsteuer für Genossenschaften entschieden hat. Dabei vertrat er die Auffassung, dass sich Genossenschaften gerade aufgrund ihrer Besonderheiten nicht in der gleichen Situation befinden wie Handelsgesellschaften. Daher könne die steuerliche Behandlung solcher Einrichtungen nach italienischem Recht nicht automatisch als selektive staatliche Beihilfe angesehen werden. | |
3.19. | Der EWSA stellt fest, dass bei der Besteuerung sozialwirtschaftlicher Einrichtungen auch die Frage steuerlicher Anreize für das Kapital berücksichtigt werden muss. In Artikel 3 Absatz 6 der DEBRA-Richtlinie wird Eigenkapital auf der Grundlage der Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU (7) definiert als „Summe des eingezahlten Kapitals der Agios, der Neubewertungsrücklagen und anderer Rücklagen sowie des Gewinn- oder Verlustvortrags des Steuerpflichtigen“. Diese Definition ist zu restriktiv und lässt die Organisationsform von Gegenseitigkeitsgesellschaften in vielen Fällen unberücksichtigt, was sich möglicherweise nachteilig auf diese Einrichtungen auswirken kann. | |
3.20. | Der EWSA weist die EU-Organe und die Mitgliedstaaten darauf hin, dass mehrere Studien sowie seine Stellungnahme „Gemeinnützigkeit in Europa: ein ungenutztes Potenzial“ (8) aus dem Jahr 2019 deutlich gemacht haben, dass Stiftungen immer wieder auf Probleme mit der Besteuerung grenzüberschreitender Spenden an gemeinnützige Organisationen in anderen Mitgliedstaaten stoßen. Seiner Ansicht nach sollten die Grundsätze des freien Kapitalverkehrs im Binnenmarkt, der Gleichwertigkeit und der Nichtdiskriminierung bei grenzüberschreitenden Spenden, wie sie in der Rechtsprechung des EuGH klargestellt wurden, eingehalten werden. | |
3.21. | Schließlich sollte bei den Überlegungen über die Besteuerung der Sozialwirtschaft berücksichtigt werden, dass den Bürgern in einigen Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird, einen bestimmten Anteil ihrer Steuern für Projekte und Initiativen zu verwenden, die von sozialwirtschaftlichen oder anderen gemeinnützigen Einrichtungen durchgeführt werden. In Italien beispielsweise gibt es die „5 von 1 000“-Regelung („cinque per mille“), die es den Bürgern ermöglicht, einen Teil ihrer Steuermittel sozialen Zwecken zu widmen. Diese Maßnahmen haben den Vorteil, nicht nur die Wahlmöglichkeiten und Handlungsspielräume der Steuerzahler zu erweitern, sondern auch die sozialwirtschaftlichen Einrichtungen zur Entwicklung transparenter und wirksamer Berichtssysteme zu ermutigen. |
(1) SWD(2023) 211 final.
(2) SWD(2023) 212 final.
(3) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft“ (ABl. C, C/2024/882, 6.2.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/882/oj).
(4) https://www.eesc.europa.eu/sites/default/files/files/qe-04-17-875-en-n.pdf.
(5) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu folgenden Vorlagen: „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze“ (COM(2018) 20 final — 2018/0005 (CNS)), „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen“ (COM(2018) 21 final — 2018/0006 (CNS)), „Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer“ (COM(2017) 706 final — 2017/0248 (CNS)), „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Verpflichtung, einen Mindestnormalsatz einzuhalten“ (ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 35), und Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Einführung der detaillierten technischen Maßnahmen für die Anwendung des endgültigen Mehrwertsteuersystems für die Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (ABl. C 159 vom 10.5.2019, S. 38).
(6) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Anwendung der Beihilfevorschriften auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Bereich Gesundheit und Soziales nach der Pandemie — Überlegungen und Vorschläge zu der von der Kommission durchgeführten Bewertung der Änderung des Legislativpakets von 2012 (ABl. C 323 vom 26.8.2022, S. 8).
(7) Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).
(8) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Philanthropie in Europa: ein ungenutztes Potenzial“ (ABl. C 240 vom 16.7.2019, S. 24).
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