BFH: Besteuerung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten
An der Umsatzsteuerpflicht der Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit bestehen auch nach Einführung der sog. virtuellen Automatensteuer (§ 36 ff. RennwLottG i.d.F. vom 25.06.2021) zum 01.07.2021 keine ernstlichen Zweifel.
FGO § 69
UStG § 4 Nr. 9 Buchst. b
RennwLottG §§ 36 ff.
MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. i
BFH-Beschluss vom 26.9.2022, XI B 9/22 (AdV); SIS 22 17 99 (veröffentlicht am 20.10.2022)
Vorinstanz: FG Münster vom 27.12.2021, 5 V 2705/21 U = SIS 22 01 70
Folgeinstanz: BVerfG 24.2.2023, 1 BvR 289/23 (Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen)
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) darüber, ob Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten in Spielhallen (terrestrische Umsätze) im Monat August 2021 umsatzsteuerpflichtig sind.
Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) betreibt Spielhallen, in denen u.a. Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt sind.
In ihrer elektronisch übermittelten Umsatzsteuer-Voranmeldung August 2021 sowie in einem Schreiben vom 17.09.2021 vertrat sie die Auffassung, dass die Umsätze aus dem Betrieb der terrestrischen Geldspielautomaten gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) umsatzsteuerfrei zu belassen seien, weil virtuelle Automatenspielumsätze seit dem 01.07.2021 umsatzsteuerfrei seien. Dies folge aus dem Grundsatz der mehrwertsteuerrechtlichen Gleichbehandlung und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH).
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dieser Auffassung nicht, sondern unterwarf im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid August 2021 vom 06.10.2021 die Umsätze aus dem Betrieb der Geldspielautomaten ‑‑wie in den Vormonaten‑‑ weiterhin der Umsatzsteuer.
Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung von AdV lehnte das FA mit Bescheid vom 28.10.2021 ab.
Daraufhin beantragte die Antragstellerin die Gewährung von AdV beim Finanzgericht (FG). Sie führte zur Begründung ihres Antrags aus, sie, die Antragstellerin, werde seit dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland vom 29.10.2020 (Glücksspielstaatsvertrag 2021 ‑‑GlüStV 2021‑‑) zum 01.07.2021 gegenüber den seit diesem Zeitpunkt gemäß § 22a GlüStV 2021 erlaubten virtuellen Automatenspielen im Internet hinsichtlich der Mehrwertsteuer benachteiligt. Virtuelle Automatenspiele seien gleichartig und stünden mit den Umsätzen der Antragstellerin im Wettbewerb. Sie unterfielen den §§ 36 ff. des Rennwett‑ und Lotteriegesetzes vom 25.06.2021 ‑‑RennwLottG‑‑ (BGBl I 2021, 2065) und seien deshalb nach § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerfrei. Darin liege eine Verletzung des Neutralitätsgrundsatzes zu Lasten der Antragstellerin. Geldspielautomaten und Online-Glücksspiele gehörten nach der Rechtsprechung des EuGH derselben Kategorie von Glücksspielen an. Auch die Europäische Kommission sei der Auffassung, dass es sich bei virtuellen Automatenspielen gegenüber den terrestrischen Angeboten um die gleiche Glücksspielform handele. Eine unmittelbare Berufung auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL sei zulässig.
Außerdem handele es sich bei der Umsatzsteuer, die von den Betreibern der öffentlichen Spielbanken erhoben werde, trotz der Bezeichnung der Steuer als "Umsatzsteuer" in Wirklichkeit nicht um eine Umsatzsteuer. Es handele sich um einen Etikettenschwindel des deutschen Gesetzgebers.
Es bestehe auch der Aussetzungsgrund der unbilligen Härte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Der Antragstellerin entstünden im Falle des Vollzugs der Steuerforderung schwer wieder gutzumachende Nachteile, da sie nicht imstande sei, diesen Betrag auf einmal zu entrichten. Die Vollziehung hätte für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. In Anbetracht der Folgen der durch das Coronavirus bis Mitte 2021 bedingten Spielhallenschließungen befinde die Antragstellerin sich wie sämtliche Spielhallenbetreiber aufgrund der damit zwangsläufig einhergehenden Umsatzverluste unverschuldet in einer äußerst angespannten wirtschaftlichen Lage, welche ihr Zahlungen zur Zeit nur schwer möglich machten.
Das Finanzgericht (FG) Münster setzte mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2022, 362 veröffentlichten Beschluss vom 27.12.2021 ‑ 5 V 2705/21 U die Umsatzsteuer-Vorauszahlung August 2021 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung von der Vollziehung aus und hob, soweit der Bescheid bereits vollzogen ist, die Vollziehung auf. Aus seiner Sicht bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die Umsatzsteuerpflicht sog. terrestrischer Automatenspielumsätze, bei denen die Spieler in Spielhallen körperlich anwesend sind, bei gleichzeitiger Umsatzsteuerfreiheit virtueller Automatenspielumsätze gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer vereinbar ist.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des FA. Es meint, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinen Urteilen vom 11.12.2019 ‑ XI R 13/18 (BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296) und vom 11.12.2019 ‑ XI R 23/18 (BFH/NV 2020, 615) ausgeführt, dass sich die Aufsteller von Geldspielgeräten nicht auf die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen könnten und die Verfahren über das mögliche unionsrechtliche Beihilfeverbot der Anrechnung der Umsatzsteuer auf die Spielbankabgabe für die Steuerbarkeit der Umsätze der Geldspielgeräteaufsteller keine Bedeutung hätten. Daran habe sich zum 01.07.2021 nichts geändert; denn terrestrische Automatenspiele und virtuelle Automatenspiele dürften unterschiedlich besteuert werden. Die Unterschiede bei den Mindest‑ und Höchsteinsätzen sowie ‑gewinnen, den Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten und der Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem Geldspielautomaten rechtfertigten eine Ungleichbehandlung. Der Gesetzgeber habe sich in der Gesetzesbegründung (BTDrucks 19/28400) ausführlich mit dieser Thematik beschäftigt und komme zu dem Ergebnis, dass wesentliche Unterschiede im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zwischen den terrestrischen Angeboten und den Online-Angeboten bestünden, die es zuließen, die Online-Automatenspiele dem RennwLottG unterzuordnen und die terrestrischen Automatenspiele nicht.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Antrag auf Gewährung von AdV abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Sie verteidigt die angefochtene Vorentscheidung und vertieft ihr o.g. erstinstanzliches Vorbringen. Virtuelle Automatenspiele seien im Internet angebotene Nachbildungen terrestrischer Automatenspiele, wie sich auch aus dem RennwLottG ergebe. Damit habe sich der nationale Gesetzgeber nicht auseinandergesetzt. Die Anbieter virtueller Automatenspiele versuchten gezielt, Spieler aus herkömmlichen Casino-Spielstätten abzuwerben. Die Prämisse eines höheren Suchtpotentials des virtuellen gegenüber dem terrestrischen Automatenspiels sei wissenschaftlich widerlegt. Regulierungsunterschiede seien aus der maßgeblichen Durchschnittsverbrauchersicht unerheblich. Durch eine steuerrechtlich erzwungene Absendung der Ausschüttungsquoten und einer damit verbundenen Angleichung an die terrestrischen Ausschüttungsquoten seien virtuelle und terrestrische Automatenspiele aus Verbrauchersicht noch substituierbarer geworden. Entgegen der Entscheidung des FG hält die Antragstellerin weiter daran fest, dass die von ihr mangels Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG geschuldete Umsatzsteuer keine Mehrwertsteuer im Sinne der Mehrwertsteuersystemrichtlinie sei, da sie nicht auf Abwälzbarkeit ausgelegt sei, so dass es für sie zu einer wirtschaftlichen Belastung komme. Diese zeige sich auch an der Absenkung der Spielbankabgabe.
II. Die gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO zulässige Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Ablehnung des Antrags. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.05.2019 ‑ XI B 13/19, BFHE 264, 521, BStBl II 2021, 950; vom 07.03.2022 ‑ XI B 2/21 (AdV), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2022, 984). Es ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 04.07.2019 ‑ VIII B 128/18, BFH/NV 2019, 1060, Rz 11; vom 31.07.2019 ‑ XI B 15/19, BFH/NV 2019, 1259, Rz 12). Ernstliche Zweifel können sich auch aus dem Unionsrecht ergeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12.12.2013 ‑ XI B 88/13, BFH/NV 2014, 550, Rz 15; vom 14.03.2019 ‑ V B 3/19, BFHE 263, 571, BStBl II 2021, 948, Rz 16) oder können verfassungsrechtliche Zweifel in Bezug auf eine dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegende Norm sein (vgl. BFH-Beschlüsse vom 05.03.2001 ‑ IX B 90/00, BFHE 195, 205, BStBl II 2001, 405, unter II.2.a., m.w.N.; vom 26.05.2021 ‑ VII B 13/21 (AdV), BFH/NV 2022, 209, Rz 10; vom 23.05.2022 ‑ V B 4/22 (AdV), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, DStR 2022, 1548, Rz 28).
2. An der von der ständigen BFH-Rechtsprechung bejahten Umsatzsteuerpflicht für seit dem 06.05.2006 ausgeführten Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit (vgl. BFH-Urteile in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296; in BFH/NV 2020, 615; vom 11.12.2019 ‑ XI R 26/18, BFH/NV 2020, 616) bestehen ‑‑entgegen der Auffassung des FG‑‑ für Umsätze seit dem 01.07.2021 weiterhin keine ernstlichen Zweifel (vgl. zur Rechtslage davor BFH-Beschluss vom 11.12.2019 ‑ XI B 62/19, BFH/NV 2020, 784).
a) Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei
- den Umsätzen aus dem virtuellen Automatenspiel, die seit dem 01.07.2021 unter den Voraussetzungen des § 22a GlüStV 2021 erlaubt sind, gemäß §§ 36 ff. RennwLottG der virtuellen Automatensteuer unterliegen und damit gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG als Umsätze, die unter das RennwLottG fallen, umsatzsteuerfrei sind, einerseits und
- den Umsätzen aus dem terrestrischen Betrieb von Geldspielautomaten, die weiterhin umsatzsteuerpflichtig sind, andererseits
um gleichartige Dienstleistungen handelt, die nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Hinblick auf eine unmittelbare Wirkung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (vgl. dazu EuGH-Urteile Linneweber und Akritidis vom 17.02.2005 ‑ C‑453/02 und C‑462/02, EU:C:2005:92, Rz 34 ff.; The Rank Group vom 10.11.2011 ‑ C‑259/10 und C‑260/10, EU:C:2011:719, Rz 42, und BFH-Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, Rz 41 bis 43) nicht unterschiedlich behandelt werden dürften.
b) Der auch bei Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL zu beachtende Grundsatz der Neutralität, nach dem die Mitgliedstaaten Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden, von der Steuer befreien, verbietet es insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. EuGH-Urteile Leo‑Libera vom 10.06.2010 ‑ C‑58/09, EU:C:2010:333, Rz 34; Metropol Spielstätten vom 24.10.2013 ‑ C‑440/12, EU:C:2013:687, Rz 54; ARVI ir ko vom 30.06.2022 ‑ C‑56/21, EU:C:2022:509, Rz 21). Dabei darf u.a. die konkrete Verwendung, für die eine Leistung bestimmt ist, berücksichtigt werden, um zu beurteilen, ob Leistungen aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers gleichartig sind (vgl. EuGH-Urteile Kommission/Niederlande vom 03.03.2011 ‑ C‑41/09, EU:C:2011:108, Rz 66; Belgisch Syndicaat van Chiropraxie u.a. vom 27.06.2019 ‑ C‑597/17, EU:C:2019:544, Rz 49), und zwar auch dann, wenn die Produkte nach der Wahrnehmung des Verbrauchers anderen Produkten ähneln (vgl. EuGH-Urteil Oxycure Belgium vom 09.03.2017 ‑ C‑573/15, EU:C:2017:189, Rz 36).
c) Im Streitfall hat das FG die von ihm angenommenen ernstlichen Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht des terrestrischen Automatenspiels rechtsfehlerhaft damit begründet, dass das terrestrische Automatenspiel mit dem virtuellen Automatenspiel gleichartig sein könnte.
aa) Insoweit ist das FG bereits unzutreffend davon ausgegangen, dass Unterschiede im Hinblick auf die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen der verschiedenen Geldspielangebote unerheblich seien.
(1) Das FG hat sich für seine Auffassung (FG-Beschluss in EFG 2022, 362, Rz 27) auf das EuGH-Urteil The Rank Group (EU:C:2011:719, Rz 37 bis 51) bezogen. Demgegenüber hat der EuGH dort zwar entschieden, dass es für die "Beurteilung der Vergleichbarkeit der betreffenden Glücksspiele auf die von den [dort] vorlegenden Gerichten angeführten Unterschiede in der rechtlichen Regelung nicht ankommt", aber zugleich darauf hingewiesen, dass "Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der rechtlichen Regelung der betreffenden Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen, wie die etwaige Erstattungsfähigkeit eines Arzneimittels oder der Umstand, dass der Leistungserbringer möglicherweise Universaldienstverpflichtungen unterliegt, aus der Sicht des Verbrauchers zu einer Unterscheidbarkeit im Hinblick auf die Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse führen können" (EuGH-Urteil The Rank Group, EU:C:2011:719, Rz 49 und 50). Dies hat der EuGH zudem am Beispiel von Beförderungsleistungen dahingehend präzisiert, dass "Unterschiede auf der Ebene der rechtlichen Anforderungen, denen die fraglichen Beförderungsarten unterliegen, (...) in den Augen des durchschnittlichen Nutzers einen Unterschied zwischen diesen Beförderungsarten schaffen [können], da jede von ihnen geeignet ist, unterschiedliche Bedürfnisse des Nutzers zu befriedigen, und somit auf seine Entscheidung, die eine oder die andere Beförderungsart zu wählen, maßgeblichen Einfluss haben kann, so dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität ihrer abweichenden steuerlichen Behandlung nicht entgegenstünde" (vgl. EuGH-Urteil Pro Med Logistik und Pongratz vom 27.02.2014 ‑ C‑454/12 und C‑455/12, EU:C:2014:111, BStBl II 2015, 437, Rz 59). Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit von Leistungen ist der "Kontext" zu berücksichtigen, in dem sie erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil Pro Med Logistik und Pongratz, EU:C:2014:111, BStBl II 2015, 437, Rz 55).
(2) Damit erweisen sich im Streitfall die Überlegungen des historischen Gesetzgebers (BTDrucks 19/28400, S. 42 ff., 66 f.) als unionsrechtlich zulässige Differenzierungsgrundlage. Er wies bei der Erweiterung der Rennwett‑ und Lotteriesteuerpflicht auf virtuelle Automatenspiele, die dadurch umsatzsteuerfrei wurden, unter Ausklammerung des terrestrischen Automatenspiels, das somit umsatzsteuerpflichtig blieb, auf die Unterschiede im Rechtsrahmen in Bezug auf diese beiden Umsatzarten hin:
"Die in das Gesetz eingefügten Steuervorschriften für neue Glücksspielarten erfassen nur die nach dem Glücksspielstaatsvertrag neu zugelassenen online verfügbaren Glücksspiele des virtuellen Automatenspiels und Online-Pokers, weil diese ein eigenständiges Glücksspielangebot darstellen, das nun neben den bereits adäquat besteuerten Glücksspielangeboten entsteht. Schon durch die im Glücksspielstaatsvertrag festgelegten ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich virtuelles Automatenspiel und Online-Poker von Angeboten im terrestrischen Bereich u.a. in Gaststätten, Spielhallen und Spielbanken, z.B. hinsichtlich der Ausschüttungsquoten oder gewerberechtlicher Bestimmungen. (...)
Dass das virtuelle Spiel durch die Schaffung von Tatbeständen im Rennwett‑ und Lotteriegesetz im Falle einer Steuerbarkeit ‑ anders als das terrestrische Angebot ‑ nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit wird, ist mit der unionalen Mehrwertsteuer‑Systemrichtlinie vereinbar: (...) Bei terrestrischen und virtuellen Glücksspielangeboten besteht nur hinsichtlich der äußeren Optik und des Ablaufs eine Ähnlichkeit, weshalb eine unterschiedliche Umsatzbesteuerung aufgrund des den Mitgliedstaaten eingeräumten weiten Wertungsspielraums des Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe i der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie zulässig ist (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juni 2010, C‑58/09): Neben den oben bereits beschriebenen tatsächlichen Unterschieden dieser beiden Glücksspielangebote unterscheiden sich auch die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen sie angeboten werden dürfen, stark und es wird jeweils ein anderer Spielerkreis angesprochen. Das terrestrische und das virtuelle Spiel sind somit nicht vergleichbar und stehen nicht miteinander im Wettbewerb, so dass auch der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wonach gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, die vorgesehene Besteuerung nicht hindert."
(3) Dem stimmt auch das Schrifttum zu. So weist Brüggemann (Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2022, 169) zutreffend darauf hin, dass wesentliche Unterschiede im Rechtsrahmen in Bezug auf Einsatz, Gewinn und Verlust, Ausschüttungsquoten und Verfügbarkeit des Spiels sowie weitere Unterschiede in Bezug auf die Interaktion zwischen Spieler und Geldspielautomat, das Gewinnerlebnis und das Spielerlebnis bestehen.
Der Senat schließt sich dem an und verweist hierzu exemplarisch nur darauf, dass unterschiedliche Maximaleinsätze bestehen (§ 13 Nr. 2 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit einerseits und § 22a Abs. 6 und 7 GlüStV 2021 andererseits). Dabei sind "Unterschiede bei den Mindest‑ und Höchsteinsätzen und ‑gewinnen, den Gewinnchancen, den verfügbaren Formaten und der Möglichkeit von Interaktionen zwischen dem Spieler und dem Geldspielautomaten" Umstände, die einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers haben und daher ‑‑wie hier‑‑ die Gleichartigkeit entfallen lassen können (EuGH-Urteil The Rank Group, EU:C:2011:719, Rz 52 ff., 57).
bb) Auch soweit das FG für seine Auffassung auf tatsächliche Umstände verwiesen hat, ist ihm nicht zu folgen.
(1) Insoweit führt das FG (Beschluss in EFG 2022, 362, Rz 24) für seine Entscheidung an, dass die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen habe, dass eine Wettbewerbssituation bestehe und dass bei den virtuellen Geldspielumsätzen dem Spieler durch Simulierung des herkömmlichen Casinoerlebnisses das Gefühl vermittelt werde, er spiele in einer herkömmlichen Casino-Stätte und nicht in virtueller Umgebung. Für den Durchschnittsverbraucher, dem es auf das Spielerlebnis und den erzielbaren Gewinn ankomme, sei es unerheblich, ob er virtuell oder terrestrisch spiele. Geldspielautomaten gehörten sämtlich zu derselben Kategorie von Glücksspielen. Die Europäische Kommission gehe in Bezug auf die Frage, ob eine staatliche Beihilfe gemäß Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorliegt, davon aus, dass die von Online‑ und herkömmlichen Anbietern angebotenen Spiele derselben Glücksspielaktivität angehören und aus technischer Sicht online angebotene und an herkömmlichen Stätten angebotene Casinospiele hinsichtlich der technologischen Plattformen, Beschreibungen, Formate und Parameter vergleichbar seien, da z.B. den Online-Spielern durch Simulierung des herkömmlichen Casinoerlebnisses das Gefühl vermittelt werden soll, sie spielten in einer herkömmlichen Casino-Stätte und nicht in virtueller Umgebung.
(2) Dabei hat das FG unberücksichtigt gelassen, dass es für die Prüfung der Gleichartigkeit nicht darauf ankommt, ob das virtuelle Onlinespiel das terrestrische Automatenspiel simulieren oder nachbilden soll, sondern darauf, ob diese Zielsetzung in der Weise verwirklicht worden ist, dass eine Gleichartigkeit auch tatsächlich bejaht werden kann.
(3) Hierzu wurde bereits in der Gesetzesbegründung (BTDrucks 19/28400, S. 42 ff., 66) auf die erheblichen Unterschiede tatsächlicher Art hingewiesen:
"Darüber hinaus unterscheiden sich diese Online-Angebote von terrestrischen Angeboten ihrer Natur nach bereits grundlegend, trotz u.a. einer oberflächlichen Ähnlichkeit in der Optik. Online-Angebote sind regelmäßig günstiger zu betreiben und ermöglichen wirtschaftlich effizientere Kalkulationen, weil u.a. das Vorhalten physischer Geräte oder von Lokalitäten entfällt. Weiterhin bietet die ständige und ortsungebundene Verfügbarkeit von Online-Angeboten, insbesondere durch mobile Endgeräte, für die Spieler ein permanent verfügbares Erlebnis, dem sich terrestrische Angebote durch ihre Ortsgebundenheit entziehen. Hieraus ergibt sich zugleich ein potenziell erheblich größerer Kundenkreis. Aus diesen Gründen sind diese Online-Angebote auch hinsichtlich ihrer Spielsucht erzeugenden Aspekte anders einzustufen, als die terrestrischen Angebote, z.B. in Spielhallen."
(4) Diese gesetzgeberischen Erwägungen für die Ungleichbehandlung lassen einen Verstoß gegen das Unionsrecht nicht erkennen. Der Gesetzgeber ist von zutreffenden unionsrechtlichen Maßstäben ausgegangen und hat die aus seiner Sicht bestehenden Unterschiede, die die Leistungen aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht gleichartig erscheinen lassen, dargelegt. Neben den bereits angeführten Unterschieden in den rechtlichen Merkmalen, wie Ausschüttungsquoten, dürfen auch tatsächliche Unterschiede im Hinblick auf den Betrieb, das Fehlen physischer Geräte und Lokalitäten, die ständige und ortsungebundene Verfügbarkeit, das permanent verfügbare Erlebnis, den potenziell erheblich größeren Kundenkreis und die Unterschiede in den spielsuchterzeugenden Aspekten, die der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht als widerlegt ansieht, unionsrechtlich berücksichtigt werden und lassen die Einschätzung des nationalen Gesetzgebers, dass eine unterschiedliche Besteuerung zulässig sei, zutreffend erscheinen. Sie sprechen bereits gegen das Vorliegen vergleichbarer Leistungen.
Dies entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Bereich der Vergnügungsteuer (Beschluss vom 25.01.2022 ‑ 9 B 20/21, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2022, 585, Rz 12 ff.), das auch dort u.a. den persönlichen Kontakt für ein zulässiges Unterscheidungskriterium gehalten hat. Die damit einhergehende Anreizwirkung unterscheide sich von derjenigen des Online-Glücksspiels. Sie rechtfertige daher ebenfalls die unterschiedliche Besteuerung.
Ergänzend betont das Schrifttum (Brüggemann, UR 2022, 169) zutreffend, dass sich Unterschiede auch daraus ergeben, dass dem Spieler beim terrestrischen Automatenspiel der Gewinn in Form von Bargeld ausgezahlt wird, während er beim virtuellen Automatenspiel eine Gutschrift auf seinem Spielkonto erhält.
(5) Dass die Europäische Kommission für Zwecke der Anwendung des Beihilfeverbots für eine dänische Regelung eine Vergleichbarkeit bejaht hat, bindet den Senat nicht, der die Gleichartigkeit für die hier zu beurteilende nationale Rechtslage zu beurteilen hat (vgl. EuGH-Urteile AZ vom 09.11.2017 ‑ C‑499/16, EU:C:2017:846, Rz 31 f.; Phantasialand vom 09.09.2021 ‑ C‑406/20, EU:C:2021:720, Rz 43), und ist auch nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht zu begründen. Außerdem hat die Kommission, ohne dass es hierfür aber für die steuerrechtliche Beurteilung entscheidend ankommt, in ihrem Beschluss vom 20.09.2011 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ‑‑ABlEG‑‑ Nr. L 68 vom 07.03.2012, S. 3 ff.) die Maßnahme C 35/10 beihilferechtlich für mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet, weil die von den dänischen Behörden vorgebrachten Argumente zur Rechtfertigung der angemeldeten Maßnahme begründet seien.
3. Ernstliche Zweifel sind zudem zu verneinen, da bei unterstellter Gleichartigkeit, die aber ‑‑wie vorstehend begründet‑‑ zu verneinen ist, vergleichbare Sachverhalte außerdem unterschiedlich behandelt werden dürfen, wenn eine Ungleichbehandlung ‑‑wie hier‑‑ objektiv gerechtfertigt ist.
a) Hiervon geht der EuGH in ständiger Rechtsprechung aus (vgl. Urteile Orfey Balgaria vom 19.12.2012 ‑ C‑549/11, EU:C:2012:832, Rz 33 f.; LVK ‑ 56 vom 31.01.2013 ‑ C‑643/11, EU:C:2013:55, Rz 55; DGRFP Bucuresti vom 30.06.2022 ‑ C‑146/21, EU:C:2022:512, Rz 46, m.w.N.). Er bejaht eine derartige Rechtfertigung, wenn die unterschiedliche Behandlung im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel steht, das mit der Maßnahme, die zu einer solchen unterschiedlichen Behandlung führt, verfolgt wird, und wenn die unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu diesem Ziel steht (vgl. EuGH-Urteil RPO vom 07.03.2017 ‑ C‑390/15, EU:C:2017:174, Rz 53, m.w.N.). Auch kann aus Bestimmungen des Unionsrechts hervorgehen, dass der Unionsrechtsgeber die Situation von zwei Gruppen nicht als vergleichbar angesehen hat (vgl. EuGH-Urteil Jetair und BTWE Travel4you vom 13.03.2014 ‑ C‑599/12, EU:C:2014:144, Rz 55 f.). Daher kommt es nicht allein auf die Gegenüberstellung einzelner Leistungen an, sondern es sind die Unterschiede im jeweiligen Kontext zu berücksichtigen, in dem die Leistungen erbracht werden (vgl. EuGH-Urteile TNT Post UK vom 23.04.2009 ‑ C‑357/07, EU:C:2009:248, Rz 38 und 45; Pro Med Logistik und Pongratz, EU:C:2014:111, BStBl II 2015, 437, Rz 56 und 59; Phantasialand, EU:C:2021:720, Rz 41 und 42).
b) In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der EuGH in der Regelung der Richtlinie für den elektronischen Handel keinen Verstoß gegen das unionale Primärrecht sieht, selbst wenn Leistungen erbracht werden, die als elektronische Leistung dem Regelsteuersatz unterliegen, obwohl ansonsten eine Steuersatzermäßigung anzuwenden ist (vgl. EuGH-Urteil RPO, EU:C:2017:174, Rz 56 ff.). Hieran hat sich durch die spätere Neufassung des Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL durch die Richtlinie (EU) 2018/1713 des Rates vom 06.11.2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 286 vom 14.11.2018, S. 20) nichts geändert. Denn auch danach bleibt es bei der unterschiedlichen Behandlung von elektronisch und physisch erbrachten Leistungen. Diese Trennung wurde nur für die unter Anhang III Nr. 6 MwStSystRL fallenden Leistungen aufgehoben, um die es aber im Streitfall nicht geht.
c) Damit ist auch zu beachten, dass für Automaten-Glücksspiele unionsrechtlich eine Mehrwertsteuer-Sonderregelung vorliegt, soweit es sich bei ihnen um auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen handelt.
aa) Der EuGH hat in dem Fall, dass ein Umsatz einer Sonderregelung unterliegt und ein anderer nicht, die steuerliche Behandlung beider Umsatzarten als nicht vergleichbar angesehen (vgl. EuGH-Urteile Kommission/Deutschland vom 27.10.1992 - C‑74/91, EU:C:1992:409, Rz 26; Jetair und BTWE Travel4you, EU:C:2014:144, Rz 55). Da die Umsätze unterschiedlichen mehrwertsteuerrechtlichen Bestimmungen unterliegen, dürfen sie ungleich behandelt werden (vgl. zur Überlassung von Ferienwohnungen, wenn diese unter die Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reiseleistungen fällt, da es sich um die "Überlassung einer Ferienwohnung mit zusätzlichen, als Nebenleistungen einzustufenden Leistungselementen" handelt EuGH-Urteil Alpenchalets Resorts vom 19.12.2018 ‑ C‑552/17, EU:C:2018:1032, Rz 35, 37 und 41, sowie zu elektronischen Büchern und gedruckten Büchern EuGH-Urteil RPO, EU:C:2017:174, Rz 56 ff.).
bb) Mit der Mehrwertsteuer-Sonderregelung für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen wird der Zweck verfolgt, Dienstleistungen, die in der Gemeinschaft verbraucht werden, zu besteuern und Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich vorzubeugen (vgl. bereits 1. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/38/EG des Rates vom 07.05.2002 zur Änderung und vorübergehenden Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Rundfunk‑ und Fernsehdienstleistungen sowie bestimmter elektronisch erbrachter Dienstleistungen ‑‑Richtlinie 2002/38/EG‑‑, ABlEG Nr. L 128 vom 15.05.2002, S. 41 ff.). Sie sollen am Ort des Leistungsempfängers besteuert werden (3. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/38/EG sowie 23. Erwägungsgrund der MwStSystRL). Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass immer mehr Dienstleistungen aus der Ferne erbracht werden können (1. und 6. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12.02.2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung, ABlEG Nr. L 44 vom 20.02.2008, S. 11 ff.). Zu den unter Art. 58 MwStSystRL fallenden Leistungen gehören nach Anhang II Nr. 4 MwStSystRL u.a. die Bereitstellung von Spielen einschließlich Glücksspielen und Lotterien.
cc) Das Unionsrecht sieht damit vor, dass auf elektronischem Weg erbrachte Glücksspielumsätze und terrestrische Glücksspielumsätze --wie die der Antragstellerin-- in vielfacher Weise unterschiedlich besteuert werden: Für Online-Umsätze gilt das Bestimmungslandprinzip statt des Ursprungslandprinzips, daher ein anderer Leistungsort (§ 3a Abs. 5 UStG statt § 3a Abs. 1 UStG) und, soweit die Leistungserbringer nicht im Inland ansässig sind, ein anderes Besteuerungsverfahren (§§ 18i oder 18j UStG statt § 18 UStG) ohne dort wahrzunehmendes Recht zum Vorsteuerabzug (Art. 368, 369j MwStSystRL, § 16 Abs. 1b Satz 2 UStG statt § 16 Abs. 2 UStG) sowie ‑‑je nach Leistungsempfänger‑‑ die Steuerbefreiung oder der Steuersatz des Mitgliedstaats, in dem der jeweilige Leistungsempfänger des jeweiligen Umsatzes ansässig ist. Sogar Online-Umsätze desselben Leistungserbringers sind daher, je nach Leistungsempfänger, zu einem anderen Steuersatz umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuerfrei. Auch diese Art der Ungleichbehandlung ist zum gegenwärtigen Stand der Harmonierung mit den Grundsätzen der Neutralität und der Gleichbehandlung vereinbar (vgl. EuGH-Urteil RPO, EU:C:2017:174, Rz 56 ff.). Diese rechtlichen Unterschiede schließen es aus, die dem Ursprungslandprinzip unterliegenden Umsätze der Antragstellerin und die dem Bestimmungslandprinzip unterliegenden Umsätze der Erbringer von Online-Glücksspielen mehrwertsteuerrechtlich gleich behandeln zu müssen, da es sich im mehrwertsteuerrechtlichen Sinne um nicht vergleichbare Leistungen handelt, die völlig unterschiedlichen mehrwertsteuerrechtlichen Regelungen unterliegen, ohne dass es dabei auf die Verbrauchersicht zu diesen steuerrechtlichen Unterschieden ankommt (vgl. auch zur Ungleichbehandlung im RennwLottG Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 25.01.2022 ‑ OVG 6 S 41/21, Zeitschrift für Wett‑ und Glücksspielrecht ‑‑ZfWG‑‑ 2022, 189; Beschluss des Sächsischen FG vom 21.04.2022 ‑ 8 V 92/22, ZfWG 2022, 307, Beschwerde anhängig, Az. des BFH: IX B 42/22 (AdV)).
4. Eine AdV wegen der von der Antragstellerin geltend gemachten unbilligen Härte scheidet ebenfalls aus; denn sie ist nur möglich, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids nicht ausgeschlossen werden können (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.02.2018 ‑ II B 75/16, BFH/NV 2018, 706, Rz 53; vom 15.02.2022 ‑ I B 55, 56/21 (AdV), BFH/NV 2022, 801). Dies ist vorliegend aus den unter II.2. und 3. genannten Gründen zu verneinen.
5. Die Entscheidung des FG stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Insbesondere geht die Annahme der Antragstellerin fehl, dass es sich bei der von ihr geschuldeten Steuer nicht um eine Mehrwertsteuer handele. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss der Vorinstanz, der dem zutreffend nicht gefolgt ist (FG-Beschluss in EFG 2022, 362, Rz 28 f.), sowie auf das BFH-Urteil in BFHE 268, 262, BStBl II 2020, 296, und auf den BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 784, m.w.N.
6. Einer Anrufung des EuGH bedarf es im summarischen Verfahren wegen AdV nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 17.12.1997 ‑ I B 108/97, BFHE 185, 30, BStBl II 1998, 558, unter II.4.a). Außerdem hat der Senat keine Zweifel i.S. des Art. 267 Abs. 3 AEUV, so dass er auch deshalb nicht zur Vorlage verpflichtet wäre.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
8. Der Senat entscheidet durch Beschluss (§ 113 FGO) ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO). Gründe, die ausnahmsweise die von der Antragstellerin beantragte mündliche Verhandlung im Verfahren der Beschwerde wegen AdV erforderlich oder sinnvoll erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.
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