BFH: Übertragung eines vor dem 01.01.2019 ausgestellten Gutscheins über eine elektronische Dienstleistung in einer Leistungskette
Guthabenkarten über näher bezeichnete und im Inland zu erbringende Leistungen konnten wie eine Ware gehandelt werden und führten jedenfalls vor Inkrafttreten der § 3 Abs. 13 ff. UStG über die Anzahlungsbesteuerung zu einer Steuerentstehung.
UStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, § 3a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 3
MwStSystRL Art. 65
BFH-Beschluss vom 29.11.2022, XI R 11/21 (veröffentlicht am 9.2.2023)
Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom 10.3.2021, 4 K 62/19 = SIS 21 08 29
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Übertragung von Guthabenkarten oder Gutscheincodes für den Erwerb digitaler Inhalte für das X-Network (X), sog. X‑Cards, der Umsatzsteuer unterliegt.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GbR, vertrieb im Besteuerungszeitraum 2017 (Streitjahr) über ihren Internetshop Guthabenkarten oder Gutscheincodes zum Aufladen von Nutzerkonten für X. Herausgeber der Gutscheincodes war die Y Limited (Y) mit Sitz in London. Die Gutscheincodes ermöglichten dem Erwerber die Aufladung seines X‑Nutzerkontos mit einem näher bestimmten Nennwert in Euro. Nach der Kontoaufladung konnten vom Kontoinhaber im X‑Store von Y digitale Inhalte zu den dort angeführten Preisen erworben werden.
Die Guthabenkarten oder Gutscheincodes wurden von Y mit unterschiedlicher Länderkennung über verschiedene Zwischenhändler vertrieben. Für Kunden mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort im Inland und einem deutschen X‑Nutzerkonto war die Kennung DE vorgesehen. Im Internetshop der Klägerin ist hierzu ausgeführt:
"Sollten Sie sich entscheiden, [X‑Guthaben] aufladen zu wollen, müssen Sie sich im Vorfeld darüber informieren, in welchem Land Ihr [X‑Konto] registriert ist. So gilt bei [X‑Cards] eine strikte Ländertrennung, so dass Sie nur Guthaben aktivieren können, welches tatsächlich für das Land Ihres [X‑Kontos] bestimmt ist."
Die auf der Internetseite des X von Y veröffentlichten Nutzungsbedingungen für X‑Gutscheincodes bestimmten:
"Um einen Gutscheincode einzulösen, wird Folgendes benötigt: (i) die angegebene Hardware; (ii) ein Konto für das [X], das in dem Land registriert ist, für das der Gutscheincode gilt; und (iii) eine Internetverbindung ...".
Für die Teilnahme am X wurde durch Y u.a. bestimmt:
"Der [X‑Store] ist über alle Konten aufrufbar. Wir sind Ihr Vertragspartner für alle Käufe, die Sie im [X‑Store] tätigen, einschließlich Guthaben und Produkte, die Sie mit Ihrem Guthaben erworben haben. ... Sie müssen ehrlich zu uns sein. Wir erwarten, dass Ihre personenbezogenen Daten und die Ihrer minderjährigen Familienmitglieder vollständig und korrekt sind. ... Der Grund dafür ist, dass wir uns auf die Richtigkeit der angegebenen Informationen verlassen. ... Wenn Sie Falschangaben machen, sperren wir möglicherweise die betroffenen Konten. Wir ergreifen diese Maßnahme beispielsweise dann, wenn Kinder ein Erwachsenenkonto nutzen. Die Konsequenzen für Sie sind, dass Sie nicht mehr auf [X] und bestimmte Produkte (auch solche, die Sie bezahlt haben) zugreifen können ...".
Im Streitjahr bezog die Klägerin die Gutscheincodes der Y über einen inländischen Zwischenhändler (V), der die Gutscheincodes seinerseits von der inländischen Z GmbH unter Ausweis inländischer Umsatzsteuer erworben hatte. Die Klägerin machte aus den Rechnungen des V den Vorsteuerabzug geltend, ohne jedoch ihre entsprechenden Ausgangsumsätze zu versteuern mit der Begründung, es handele sich dabei um Wertgutscheine. Bei der Veräußerung der X‑Cards sei der Wohnsitz oder der Ansässigkeitsort des Endkunden nicht sicher bekannt, so dass der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht sicher bestimmbar sei. Die von Y den jeweiligen Gutscheinen zugewiesene Länderkennung reiche zur sicheren Bestimmung des Leistungsorts nicht aus, da Y die Angaben der Kunden bei der Eröffnung der X‑Nutzerkonten und deren spätere Nutzung nicht überprüfe. Eine Vielzahl im Ausland ansässiger X‑Kunden hätte u.a. aufgrund von Preisvorteilen ein deutsches Nutzerkonto eröffnet und ebenfalls bei ihr, der Klägerin, Karten mit der Kennung DE eingekauft.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) sah nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung die Umsätze der Klägerin mit X‑Cards als steuerbare Übertragung von Warengutscheinen an. Die Gutscheincodes seien ausschließlich für das Herunterladen digitaler Inhalte des X verwendbar; die darin verkörperte Leistung stehe nach Art und Besteuerung fest. Die X‑Cards mit der Kennung DE seien von Y ausschließlich für Endkunden mit Wohnsitz im Inland und einem deutschen Nutzerkonto bestimmt, weshalb sich der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 5 UStG im Inland befinde. Dass Erwerber mit Wohnsitz im Ausland die vorgegebene regionale Nutzungsbeschränkung durch bewusst wahrheitswidrige Angaben, Missachtung der Nutzungsbedingungen von Y und/oder Verschleierung ihrer IP‑Adresse möglicherweise umgehen könnten, sei nicht ausschlaggebend für die steuerrechtliche Einordnung des Gutscheins; es sei vielmehr Sache der Klägerin, dafür Sorge zu tragen, Karten mit der Kennung DE nicht an Kunden mit Wohnsitz im Ausland zu verkaufen. Für die Einordnung der Karten als Warengutscheine spreche auch, dass Y die Karten als solche in den Verkehr gebracht habe und diese in der weiteren Leistungskette auch so behandelt worden seien.
Das FA erhöhte die Bemessungsgrundlage für Umsätze mit Gutscheincodes um … € und setzte mit Bescheid vom 14.11.2018 die Umsatzsteuer für das Streitjahr entsprechend fest. Da die Klägerin im Einspruchsverfahren glaubhaft gemacht hatte, dass Umsätze in Höhe von … € an nicht im Inland ansässige Leistungsempfänger ausgeführt worden waren, half das FA mit Einspruchsentscheidung vom 28.05.2019 insoweit dem Einspruch ab und wies diesen im Übrigen als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) wies mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1322 veröffentlichten Urteil die Klage ‑‑auch wegen des das vorliegende Verfahren nicht betreffenden Besteuerungszeitraums 1. Kalendervierteljahr 2019‑‑ als unbegründet ab. Die Leistung, die im Streitfall mit den Gutscheincodes habe erworben werden können, sei in sachlicher Hinsicht (digitale Inhalte zur Nutzung des X) als auch hinsichtlich des Steuersatzes (Regelsteuersatz von 19 %) hinreichend konkret bestimmt gewesen. Für solche bis zum 31.12.2018 (an Kunden mit Wohnsitz im Inland) vertriebene Gutscheine gelte gemäß § 3a Abs. 5 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG die Anzahlungsbesteuerung. Diese habe das FA zutreffend zur Anwendung gebracht, indem es nachgewiesene und/oder glaubhaft gemachte Auslandsumsätze von X‑Cards der Kennung "DE" nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen habe. Unabhängig davon wäre die Klage aber auch insoweit unbegründet, als bei unterstellter Nichtsteuerbarkeit des Vertriebs der X‑Cards mit Kennung "DE" die Klägerin nicht den bei Bezug der Gutscheincodes vorgenommenen Abzug der Vorsteuer beanspruchen könne.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts und begehrt, dass die Umsätze von X‑Cards als nicht steuerbar erfasst werden. Für eine Anfechtungsklage gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 dürfte ‑‑wäre eine solche Klage erhoben worden‑‑ eine Beschwer gefehlt haben, da sich im Erfolgsfall die Steuerfestsetzung für 2017 erhöht bzw. die Erstattung vermindert hätte; es habe ein abgabenrechtliches, aber auch ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse bestanden. Stehe die Besteuerung nach Leistungsort und geschuldeter Steuer ‑‑wie nach ihrer Auffassung im Streitfall‑‑ nicht fest, handele es sich um einen Wertgutschein, dessen Übertragung nicht der Anzahlungsbesteuerung unterliege. Sie, die Klägerin, werde gegenüber in- und ausländischen Anbietern, die X‑Cards ohne Ausweis von Umsatzsteuer verkauften, benachteiligt. Vorsorglich werde Aufklärungsrüge erhoben.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung den Umsatzsteuerbescheid 2017 vom 14.11.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.05.2019 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsätze von X‑Cards als nicht steuerbar erfasst werden.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es verteidigt die Vorentscheidung.
II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind hiervon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Guthabenkarten über näher bezeichnete und im Inland zu erbringende Leistungen konnten wie eine Ware gehandelt werden und führten jedenfalls vor Inkrafttreten der § 3 Abs. 13 ff. UStG über die Anzahlungsbesteuerung zu einer Steuerentstehung.
1. Der Senat legt den Revisionsantrag der Klägerin in deren wohlverstandenem Interesse wie im Tatbestand wiedergegeben aus; dieser Antrag entspricht inhaltlich weitgehend demjenigen aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 15.04.2021.
Der in der Revisionsbegründungsschrift vom 24.06.2021 formulierte Antrag, der ein Feststellungsbegehren enthält, wäre demgegenüber als unzulässig zu verwerfen. Denn einerseits ist die Feststellungsklage nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO gegenüber einer eröffneten Anfechtungsklage subsidiär, andererseits hatte die Klägerin ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 10.03.2021 einen Anfechtungsantrag gestellt, über den das FG entschieden hat. Ein Übergang von der erhobenen Anfechtungsklage zu einer Feststellungsklage stellte eine Klageänderung i.S. von § 67 FGO dar, die im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässig ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 27.08.2003 ‑ II R 18/02, BFH/NV 2004, 203, a.E.).
2. Durch Art. 9 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338, BStBl I 2018, 1377) wurden auf der Grundlage von Art. 30a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) § 3 UStG die Absätze 13 bis 15 angefügt, die gemäß § 27 Abs. 23 UStG erstmals auf Gutscheine anzuwenden sind, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden. Im Streitfall findet § 3 Abs. 13 bis 15 UStG daher keine Anwendung. Auf dieser Grundlage hat die Revision bereits im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Lebara vom 03.05.2012 ‑ C‑520/10 (EU:C:2012:264, Rz 28 ff., 42 f.) keinen Erfolg.
a) Nach dieser zu Telekommunikationsdienstleistungen i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e zehnter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‑‑Richtlinie 77/388/EWG‑‑ (heute: Art. 58 Unterabs. 1 Buchst. a MwStSystRL) ergangenen Entscheidung werden Guthabenkarten wie eine Ware gehandelt (vgl. BFH-Urteil vom 10.08.2016 ‑ V R 4/16, BFHE 254, 458, BStBl II 2017, 135, Rz 15; BFH-Beschluss vom 16.08.2022 ‑ XI S 4/21 (AdV), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022, 1261, Rz 40 ff.; s.a. zum neuen Recht BFH-Beschluss vom 03.11.2022 ‑ XI R 21/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, unter II.4.).
Danach erbringt in einer Vertriebskette, die zumindest einen Zwischenhändler ‑‑als Vertriebshändler‑‑ zwischen dem Telefonanbieter und dem Endnutzer umfasst (EuGH-Urteil Lebara, EU:C:2012:264, Rz 30), der Telefonanbieter nur eine Telekommunikationsdienstleistung an den Zwischenhändler, an den er die Telefonkarte verkauft, nicht jedoch eine (weitere) Leistung an etwaige weitere Zwischenhändler oder an den Endnutzer. Sowohl der ursprüngliche Verkauf der Karte als auch ihr anschließender Weiterverkauf sind steuerbare Umsätze; in jedem Glied der Kette ist die Mehrwertsteuer genau proportional zum gezahlten Preis und lässt den Abzug der Vorsteuer zu (EuGH-Urteil Lebara, EU:C:2012:264, Rz 42). Auch beim letzten Verkauf der Karte an den Endnutzer ist die Mehrwertsteuer genau proportional zu dem von diesem für den Erwerb der Karte gezahlten Preis, selbst wenn dieser Preis nicht dem Nennwert der Karte entspricht.
b) Auf dieser Grundlage liegt der Ort der hinreichend bestimmbaren Leistung im Inland. Im Hinblick auf die Verwendung der deutschen Länderkennung waren bei vertragsgemäßem Verhalten die Empfänger der von der Klägerin erbrachten Leistungen im Inland ansässig. Auf vertragswidriges Verhalten kann sich die Klägerin dagegen nicht berufen.
aa) Mit Erhalt der X‑Card wurde der jeweilige Empfänger in die Lage versetzt, aus dem Katalog des X‑Store die dort bezeichneten digitalen Inhalte zu den dort angeführten Preisen zu beziehen. Damit bezog sich die X‑Card auf elektronische Dienstleistungen i.S. des Art. 7 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15.03.2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG. Der Gegenstand der elektronischen Leistung, die in der jeweiligen X‑Card verkörpert wurde, war damit hinreichend bestimmbar. Dass im Sortiment des X‑Store Leistungen enthalten gewesen wären, die im Streitjahr dem ermäßigten Steuersatz unterlegen hätten, ist weder vom FG festgestellt, von der Klägerin schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 03.12.2015 ‑ V R 43/13, BFHE 252, 171, BStBl II 2016, 858, Leitsatz).
bb) Auch der Ort der in der X‑Card verkörperten Leistungen stand hinreichend fest.
(1) Ist der Empfänger der in § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG bezeichneten sonstigen Leistung kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird ‑‑wie im Streitfall die Kunden der Klägerin‑‑, wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG).
(2) Der Ort dieser Leistung stand fest, da nur eine Leistungserbringung an im Inland ansässige Endverbraucher in Betracht kam. Nichts anderes gälte nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG aber auch für den Fall, dass Leistungsempfänger ein Unternehmer (z.B. ein professioneller e‑Sportler) gewesen wäre.
Denn nach den vom FG festgestellten Bedingungen für die Nutzung der X‑Cards besteht eine strikte Ländertrennung. Danach kann nur Guthaben aktiviert werden, welches tatsächlich für das Land des Nutzerkontos bestimmt ist. Bei der Eröffnung eines Nutzerkontos sind Identität und Wohnsitz des Nutzers wahrheitsgemäß anzugeben; für den Fall einer Identitäts- oder Wohnsitztäuschung ist ausdrücklich die Sperrung des Nutzerkontos mit dem Verfall des eingezahlten Guthabens angedroht. Für Kunden mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort im Inland und einem deutschen X‑Konto ist die Kennung DE vorgesehen. Diese Konten können nur mit einer Guthabenkarte mit der Länderkennung DE aufgeladen werden. Danach scheidet auch eine etwaige unternehmerische Nutzung des Kartenguthabens im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder Drittland aus. Auf dieser Grundlage standen für den Regelfall einer vertragsgemäßen Nutzung des X sowohl der Leistungsort als auch die Steuerschuld fest.
cc) Die Klägerin kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf einen systemwidrigen Umstand berufen, der in ihrer eigenen Einflusssphäre liegt, nämlich dass sie nach den Feststellungen des FG entgegen dem von Y entwickelten Vertriebssystem X‑Cards auch an Personen ausgab, die sich bei ihr mit ausländischem Wohnsitz registriert haben; dass ‑‑über die theoretische Möglichkeit hinaus‑‑ von der Klägerin als solche benannte "Wegzugsfälle" vorlägen, ist weder vom FG gestellt, substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei der rechtlichen Beurteilung der X‑Cards ist von deren bestimmungsgemäßer Verwendung auszugehen.
3. Im Übrigen handelt es sich nach der im Streitjahr bestehenden Rechtslage bei der entgeltlichen Übertragung eines auf eine bestimmte Leistung ausgerichteten Warengutscheins (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.2006 ‑ V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, unter II.2.c bb) dem Grunde nach um eine Anzahlung, so dass die Vereinnahmung eines Entgelts für die Begebung des Warengutscheins zu einer Anzahlungsbesteuerung führt (Wäger in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 3 Rz 662).
a) Wird das Entgelt für Lieferungen oder sonstige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ganz oder teilweise vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist. Die Regelung beruht auf Art. 65 MwStSystRL (vormals: Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG), wonach der Steueranspruch zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag entsteht, wenn Anzahlungen geleistet werden, bevor die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht ist.
b) Das Entstehen des Steueranspruchs nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG sowie gemäß Art. 65 MwStSystRL erfordert, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d.h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt und somit die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind (vgl. EuGH-Urteile BUPA Hospitals und Goldsborough Developments vom 21.02.2006 ‑ C‑419/02, EU:C:2006:122, Rz 48; Lebara, EU:C:2012:264, Rz 26; Kollroß und Wirtl vom 31.05.2018 ‑ C‑660/16 und C‑661/16, EU:C:2018:372, Rz 40).
c) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt (s. oben II.2.b).
4. Eine etwaige unzutreffende (Nicht‑)Besteuerung von Konkurrenten kann (nur) mit der Konkurrentenklage geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteil vom 28.06.2017 ‑ XI R 23/14, BFHE 258, 517, Rz 51).
5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 126 Abs. 6 FGO ab.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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