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BFH: Lieferung von städtischen Wasserversorgungsanlagen als nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung

  1. Wasserversorgungsanlagen, die als Bauten auf fremdem Grund und Boden errichtet wurden, können an den Eigentümer oder einen Dritten geliefert wer­den.
  2. Erwirbt eine Stadt im Rahmen des Wechsels des Wasserversorgers die Was­serversorgungsanlagen vom alten Versorger zurück und liefert sie die Wasser­versorgungsanlagen unmittelbar an den neuen Versorger mit der Verpflichtung weiter, sie bei Beendigung des neuen Vertrags von ihm erneut zurückzuerwer­ben, handelt sie nachhaltig.
  3. Soweit die Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgen muss, reicht es in Fällen des zulässigen Durchgangser­werbs aus, dass diese Voraussetzungen beim Letzterwerber (Begünstigten) vorliegen (Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.11.2015 ‑ V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793 = SIS 16 01 13).

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1a, § 2b, § 14c Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 5
UStG a.F. § 2 Abs. 3
MwStSystRL Art. 13, 19
Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8

BFH-Urteil vom 25.9.2024, XI R 19/22 (veröffentlicht am 19.12.2024)

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 7.10.2021, 11 K 88/18

I. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Die Beteiligten streiten dar­über, ob die Übertragung des Wasserversorgungsnetzes der Stadt S eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist und der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) deshalb einer Rechnungsberichtigung zustimmen muss.

Nach Feststellungen des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde die Stadt S zu­nächst aufgrund eines Wasserlieferungsvertrags vom 06./10.07.1928 durch das Deutsche Reich mit Wasser beliefert (vgl. BGH-Urteil vom 28.06.2006 ‑ VIII ZR 255/05, Wertpapier-Mitteilungen ‑‑WM‑‑ 2006, 2049). Der mit einer Mindestlaufzeit von 40 Jahren abgeschlossene Vertrag verpflichtete das Deutsche Reich, die Streckenleitung und das Stadtrohrnetz zur Versorgung der Stadt S und ihrer Anschlussnehmer auf eigene Kosten zu verlegen und instand zu halten. § 8 Abs. 3 des Vertrags sah vor, dass die Stadt S auf Verlangen des Reichs das Stadtrohrnetz gegen Wertersatz zu übernehmen hat, wenn der Vertrag beendet wird.

Im Jahr 1961 war nach den Feststellungen des BGH zunächst die Stadt X als Rechtsnachfolgerin in den Vertrag mit der Stadt S eingetreten, nachdem ihr die Bundesrepublik Deutschland das Eigentum an dem Wasserwerk übertragen hatte, von dem aus das Wasser für die Stadt S geliefert wurde (vgl. BGH-Urteil vom 28.06.2006 ‑ VIII ZR 255/05, WM 2006, 2049).

Im Jahr 1968 schlossen die Stadt X und die Stadt S einen neuen Wasserliefe­rungsvertrag, mit dem die bisherige Lieferbeziehung fortgesetzt wurde. Die Stadtwerke X waren danach verpflichtet, die Wasserverteilungsanlagen be­reitzustellen und Wasserversorgungsverträge mit den Einzelabnehmern im Stadtgebiet der Stadt S abzuschließen. § 11 des Vertrags von 1968 lautet auszugsweise wie folgt:

"Dieser Vertrag tritt am 1.4.1968 in Kraft und läuft bis zum 31.3.1998.

Er läuft jeweils stillschweigend um 5 Jahre weiter, wenn er nicht 2 Jahre vor seinem jeweiligen Fristablauf durch eingeschriebenen Brief gekündigt wird.

Für den Fall einer Kündigung hat die Stadt S den Stadtwerken … den Zeit­wert der Wasserversorgungsanlagen ab Werk bis zu den Wasserzählern zu erstatten."

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine städtische GmbH, ist Or­ganträgerin der G‑GmbH, die an Stelle der Stadt X in den Wasserlieferungs­vertrag eingetreten ist.

Nach einer im Jahr 2001 erfolgten Kündigung des Vertrags mit der G‑GmbH schloss die Stadt S am 23.01.2003 einen Vertrag mit dem … (O‑Verband oder O), der ab dem 01.04.2003 eine Belieferung der Stadt S mit Wasser durch den O‑Verband vorsah. Laut … des Vertrags sollte der O‑Verband die dazu notwendigen Wasserversorgungsanlagen unmittelbar von der G‑GmbH erwerben und an die G‑GmbH die anfallende Erstattung zahlen.

Die G‑GmbH übersandte der Stadt am 12.05.2003 ein Schreiben über die Lie­ferung von Wasserversorgungsanlagen. Das Schreiben wies Umsatzsteuer in Höhe von 1.656.466,62 € offen aus. Hintergrund des Schreibens war, dass aufgrund einer von der Stadt S erwirkten einstweiligen Verfügung nach Inbe­sitznahme der Wasserversorgungsanlagen die Stadt S seit dem 01.04.2003 vom O‑Verband mit Wasser versorgt wurde. Den aufgrund des Vertrags aus dem Jahr 1968 zu entrichtenden Zeitwert der Anlagen setzte die G‑GmbH mit 10.352.916,37 € an.

Am 04.07.2003 schlossen die G‑GmbH, die Stadt S und der O‑Verband einen Vertrag, der die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen durch die G‑GmbH rückwirkend zum 01.04.2003 auf die Stadt S vorsah (dort unter 2.). Die Frage, wer zuvor zivilrechtlich Eigentümerin der Wasserversorgungsanla­gen war, blieb dabei ausdrücklich streitig (dort unter 1.). Für den Fall, dass das Eigentum an den Vertragsobjekten der G‑GmbH zustehe, bestand Einigkeit darüber, dass dieses auf die Stadt S übergeht (dort unter 3.). Die Gewährleis­tung wurde ausgeschlossen (dort unter 4.). Auch der O‑Verband schuldete den von der Stadt S zu zahlenden Erstattungsbetrag (dort unter 5.). Der O‑Ver­band übernahm sämtliche Rechte und Pflichten aus der Wasserversorgung von der G‑GmbH; auf ihn waren zum 01.04.2003 Besitz, Nutzungen und Lasten an den Vertragsobjekten übergegangen (dort unter 6.). Der O‑Verband hatte zum 01.04.2003 die Zähler abgelesen. Die Wasserlieferungen bis zum 31.03.2003 hatte die G‑GmbH abzurechnen, die Wasserlieferungen ab dem 01.04.2003 der O‑Verband.

Am 07.02.2005 reichte die Klägerin ihre Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 ein. Die Klägerin erfasste den Umsatz nur mit dem bereits von O gezahl­ten Betrag als Bemessungsgrundlage. Das FA teilte in der Abrechnung für 2003 wegen Umsatzsteuer vom 24.02.2005 mit, dass diese Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe.

Im Laufe eines Rechtsstreits zwischen der G‑GmbH und S (s. dazu BGH-Urteil vom 28.06.2006 ‑ VIII ZR 255/05, WM 2006, 2049) zahlte O bereits im Jahr 2005 einen weiteren Betrag von 8.689.700 € zuzüglich Umsatzsteuer an die G‑GmbH. Die Klägerin erfasste den von O gezahlten Betrag in ihrer Umsatz­steuererklärung für das Jahr 2005.

Im Rahmen eines im April 2007 geschlossenen Vergleichs wurde zwischen der G‑GmbH, der Stadt S und dem O‑Verband unter anderem vereinbart, dass von den geleisteten Zahlungen ein Betrag von 9.608.604,29 € bei der G‑GmbH verbleibt. Darin enthalten ist nach dem Vergleich Umsatzsteuer in Höhe von 1.275.694,20 € auf den "Einigungswert" vor Abzug von Baukostenzuschüssen. Den übersteigenden Betrag zahlte die G‑GmbH an den O‑Verband zurück. Un­ter Tz. 7 des Vergleichs wurde weiter vereinbart, dass die G‑GmbH den Steu­erbetrag unverzinslich an den O‑Verband zurückzahlt, wenn die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) erfolgt sein sollte.

Nach einer Außenprüfung im Jahr 2007 vertrat das FA im Umsatzsteuer-Ände­rungsbescheid für das Jahr 2003 vom 05.06.2007 die Auffassung, dass die Lie­ferung der Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S steuerpflichtig und das Schreiben vom 12.05.2003 eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG sei. Die Steuer sei nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG bereits im Jahr 2003 in voller Höhe entstanden. Das FA erhöhte die der Klägerin zuzurechnenden Umsätze zum Regelsteuersatz des Jahres 2003 und reduzierte im Umsatzsteuer-Ände­rungsbescheid für das Jahr 2005 vom 05.06.2007 die Umsätze des Jahres 2005 entsprechend.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wegen Umsatzsteuer 2003 und 2005 beantragte die Klägerin am 29.11.2007 unter anderem, dass das FA der "Auf­hebung" der Rechnung vom 12.05.2003 und der Neuerteilung einer Rechnung über eine Geschäftsveräußerung an O oder hilfsweise an S ohne Steueraus­weis zustimmen möge. Es liege eine Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) vor.

Eine Verbescheidung dieses Antrags erfolgte zunächst nicht. Vielmehr wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18.12.2007 die Einsprüche der Klägerin wegen Umsatzsteuer 2003 und 2005 als unbegründet zurück. In dem sich da­ran anschließenden Klageverfahren wegen Umsatzsteuer 2003 (16 K 10/08) wies das Finanzgericht (FG) das FA darauf hin, dass über den Antrag der Klä­gerin auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung noch nicht entschieden sei. Die Klage wegen Umsatzsteuer 2003 sei unbegründet, weil die offen ausgewie­sene Umsatzsteuer aufgrund der im Jahr 2003 erteilten Rechnungen geschul­det werde. Die Klägerin nahm daraufhin die Klage 16 K 10/08 zurück.

Das FA lehnte anschließend den Antrag auf Zustimmung mit Bescheid vom 07.05.2010 ab; die Klägerin legte Einspruch ein.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens erteilte die G‑GmbH mit Schreiben vom 10.09.2010 der Stadt S eine neue Rechnung, in der sie unter anderem die ausgewiesene Umsatzsteuer auf den von O gezahlten Betrag (1.275.094,20 €) reduzierte. Im Schreiben enthalten sind unter anderem der Hinweis auf das Schreiben der G‑GmbH vom 12.05.2003 sowie die widerstreitenden Auffassun­gen der G‑GmbH, der O und der Stadt S dazu, ob bereits eine ordnungsgemä­ße Rechnung für den Sachverhalt erteilt worden sei. Am 25.10.2010 beantrag­te die Klägerin beim FA, einer Berichtigung der Rechnung vom 10.09.2010 und einer Erteilung einer Rechnung an O ohne Steuerausweis ebenfalls zuzustim­men. Diese Anträge lehnte das FA mit Bescheid vom 18.02.2013 ebenfalls ab. Auch dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.

Im Laufe der beiden Einspruchsverfahren legte die Klägerin nach einem Hin­weis des FA auf § 14c Abs. 1 UStG (statt § 14c Abs. 2 UStG) sodann eine Rechnung der G‑GmbH an O vom 14.09.2017 vor, die als Berichtigung der Rechnung vom 10.09.2010 bezeichnet ist. Darin wies die G‑GmbH keine Um­satzsteuer mehr offen aus.

Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 19.02.2018 als unbegründet zurück. Das FA nahm an, es handele sich bei den Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 nicht um Rechnungen im Sinne des § 14c UStG, weil der Steuerbetrag nicht nach § 14c UStG geschuldet werde, so dass eine Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG nicht möglich sei. Die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen durch die Klägerin sei, wie in den Rechnungen angenommen, an die Stadt S erfolgt, steuerbar und steuer­pflichtig. Eine Geschäftsveräußerung liege nicht vor. Dagegen erhob die Kläge­rin Klage.

Im Laufe des Klageverfahrens beantragte die Klägerin unter anderem sinnge­mäß, das FA zur Zustimmung zur Berichtigung der Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 zu verpflichten sowie festzustellen, dass die G‑GmbH einen Wasserversorgungsbetrieb (Wasserversorgungsnetz mit Kun­denstamm und Kundendaten) an O geliefert habe.

Mit Ladungszusatz vom 24.02.2020 fragte das FG bei der Klägerin an, ob es zutreffend sei, dass der Betrag von 1.275.094,20 € nicht an die Stadt S oder an O zurückgezahlt worden sei. Dies bejahte die Klägerin mit Schreiben vom 03.03.2020.

Das FG wies die Klage mit Urteil vom 11.06.2020 ‑ 11 K 88/18 (juris) ab.

Es entschied, die Verpflichtungsklage sei zulässig, aber das FA zur begehrten Zustimmung nicht verpflichtet. Bei den Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 handele es sich zwar um Rechnungen im Sinne des § 14c UStG. Ziel des Antrags sei sowohl der Austausch des Leistungsempfängers (O statt S) als auch des Steuerbetrags. Dies falle, soweit es um den Steuerbetrag ge­he, an sich nicht unter § 14c Abs. 2 UStG, da die Klägerin von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung ausgehe. Allerdings verweise § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG dazu auf § 14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG. Beim Austausch des Leistungsempfängers handele es sich dagegen gegebenenfalls um einen Fall des § 14c Abs. 2 UStG. Die Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzung 2003 stehe nicht entgegen, weil eventuelle Rechnungsberichtigungen keine Rückwir­kung hätten. Allerdings scheitere die beantragte Verpflichtung des FA zur Zu­stimmung bezüglich der Rechnung vom 10.09.2010 daran, dass O die Umsatz­steuer bezahlt und die Klägerin die Umsatzsteuer nicht zurückgezahlt habe. Dies gelte wegen des Verweises auf § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG. Außerdem ging das FG davon aus, es sei unerheblich, dass keine Gefährdung des Steuerauf­kommens zu befürchten ist.

Den daneben erhobenen Feststellungantrag sah das FG als unzulässig an, weil die Klägerin ihre Rechte durch die Verpflichtungsklage verfolgen könne.

Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 27.10.2020 ‑ XI B 33/20 (BFH/NV 2021, 459) das Urteil des FG wegen Zustimmung zur Berichtigung der Rechnung auf­gehoben und den Rechtsstreit insoweit an das FG zurückverwiesen. Zwar habe das FG die Feststellungsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Das FG ha­be aber das rechtliche Gehör der Klägerin dadurch verletzt, dass es die Ver­pflichtungsklage insgesamt mit der Begründung als unbegründet abgewiesen hat, dass die Umsatzsteuer nicht zurückgezahlt worden sei, ohne zu beachten, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 1.656.466,62 € nur in Höhe von 1.275.094,20 € bezahlt worden ist (dazu 2.). In den Hinweisen an das FG hat der Senat ausgeführt, dass § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) insoweit zu keiner anderen Beurteilung führe; denn die Vorentscheidung stelle sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Frage, ob eine Geschäfts­veräußerung vorliegt, könne auf Basis der bisherigen tatsächlichen Feststellun­gen des FG auch nicht beurteilt werden. Ob die Rechnung vom 10.09.2010 als Berichtigung der Rechnung vom 12.05.2003 anzusehen sei, müsse das FG würdigen. Dies könnte im Streitfall aufgrund der in der Rechnung vom 10.09.2010 enthaltenen Bezugnahmen auf das Schreiben vom 12.05.2003 und den Hinweis auf den zwischen der G‑GmbH, der Stadt S und dem O bestehen­den Streit, ob dieses Schreiben eine ordnungsgemäße Rechnung ist, der Fall sein. Die gleichen Erwägungen seien bei der Frage zu beachten, ob die Rech­nung vom 14.09.2017 entweder (bei dieser Sichtweise) die Rechnung vom 12.05.2003 in Gestalt der Änderungsrechnung vom 10.09.2010 oder (bei an­derer Sichtweise) die beiden getrennten Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010 in doppelter Weise berichtigt hat (durch Austausch des Leis­tungsempfängers unter gleichzeitiger Stornierung des Steuerausweises). Zu der materiell zwischen den Beteiligten vorrangig streitigen Frage, ob im Streit­fall im Jahr 2003 eine Teil-Geschäftsveräußerung an die Stadt S oder O erfolgt sei, erging ein Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.11.2015 ‑ V R 66/14 (BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793, Rz 29), den BFH-Beschluss vom 15.04.2016 ‑ XI B 109/15 (BFH/NV 2016, 1306, Rz 21) sowie das BFH-Urteil vom 26.06.2019 ‑ XI R 3/17 (BFHE 265, 549, Rz 78). Ein soge­nannter Durchgangserwerb einer Person, die die unternehmerische Tätigkeit nicht selbst fortführe, stehe unter den dort genannten Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung nicht entgegen.

Nach Zurückverweisung hat die Klägerin gemäß Abtretungsanzeigen vom … und vom … ihren Erstattungsanspruch gegen das FA an die Stadt S abgetreten.

Das FG hat im zweiten Rechtsgang die Klage mit Urteil vom 07.10.2021 ‑ 11 K 88/18 (nicht veröffentlicht) erneut abgewiesen. Eine Umschreibung der Rechnung von S auf O hat es abgelehnt, weil die Stadt S Leistungsempfänge­rin der Lieferung der Wasserversorgungsanlagen sei (Durchgangserwerb der S). Eine Umschreibung der Rechnung auf eine nicht steuerbare Geschäftsver­äußerung an S hat es abgelehnt, weil die Stadt S keine Unternehmerin sei. Die von vorneherein beabsichtigte einmalige Übertragung von Wasserversorgungs­anlagen sei keine nachhaltige Tätigkeit. Die Stadt S habe mit der Übertragung an den O‑Verband ihrem Auftrag der Daseinsvorsorge nachkommen wollen und sei nicht unternehmerisch aufgetreten. Die Erwägungen der Klägerin seien auf eine Person, die nur einen einzigen Geschäftsvorfall plane, nicht übertrag­bar.

Hiergegen richtet sich die Revision, mit der die Klägerin die Verletzung materi­ellen Rechts rügt.

Die Klägerin macht geltend, § 1 Abs. 1a UStG, Art. 5 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG), Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuer-Systemrichtli­nie ‑‑MwStSystRL‑‑) seien entgegen der Auffassung des FA und des FG nicht dahin zu verstehen, dass beim Durchgangserwerb auch der Zwischenerwerber zwingend Unternehmer sein müsse.

Das FG habe zwar zutreffend erkannt, dass die Regelung den Zweck verfolgt, Übertragungen von Unternehmen zu erleichtern. Das Ergebnis widerspreche diesem Zweck jedoch und Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 19 MwStSystRL verlangten nicht, dass die Zwischenerwerber Unternehmer sein müssten. Die Auffassung des FA und des FG führe dazu, dass der Letzterwer­ber beim Durchgangserwerb eines nichtunternehmerischen Zwischenerwerbers nicht vollständig von der gezahlten Umsatzsteuer entlastet werde.

Zwar sei dem FA darin zuzustimmen, dass der Begünstigte der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenen anzusehen sei. Allerdings könne im Falle des Durchgangserwerbs der Rechtsnachfolger der Übertragung lediglich der Letzterwerber und nicht der Zwischenerwerber sein. Beim Letzterwerber werde die nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung vollendet. Weil es sich in Fäl­len des Durchgangserwerbs nach Auffassung des BFH nicht um ein höchstper­sönliches Merkmal handele, das bei jedem Erwerber auf der jeweiligen Durch­gangsstufe vorliegen müsse, könne es nicht darauf ankommen, ob der Durch­gangserwerber Unternehmer sei. Die Forderung, dass der Zwischenerwerber Unternehmer sein müsse, sei zweckwidrig, weil es das Vorliegen der Ge­schäftsveräußerung von einem Merkmal abhängig mache, auf das es für den Zweck der Vorschrift, die Übertragung von Gesamt- oder Teilvermögen zu er­leichtern, nicht ankomme.

Leistungsempfänger sei außerdem nach dem Vertrag vom 04.07.2003 wirt­schaftlich der O‑Verband. Die Formulierung des Vertrags habe lediglich dazu gedient, die streitige Frage des zivilrechtlichen Eigentums offenzulassen. Der Vertrag zwischen der Stadt S und dem O‑Verband bestätige, dass die unmit­telbare Übertragung von der G‑GmbH an den O‑Verband gewollt gewesen sei.

Ferner sei die Stadt S Unternehmerin. Nach der Rechtsprechung des BFH kön­ne auch eine einmalige Tätigkeit eine Unternehmerstellung begründen. Schließlich stelle sich die Frage, ob im Hinblick auf die im Streitjahr geltende Fassung des § 2 Abs. 3 UStG a.F. die Einordnung der Stadt S als Nichtunter­nehmerin zutreffend sei. Inzwischen sei § 2 Abs. 3 UStG a.F. durch § 2b UStG ersetzt worden. Nach der letztgenannten Vorschrift sei die Stadt S Unterneh­merin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes, wie dies nach der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie grundsätzlich auch der Fall sei. Vor diesem Hintergrund sei die Stadt S bereits im Streitjahr als Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteu­ergesetzes anzusehen, so dass auf jeder Stufe des Durchgangserwerbs ein Un­ternehmer beteiligt gewesen sei.

Jedenfalls habe das FA einer Rechnungsberichtigung dahingehend zustimmen müssen, dass die Umsatzsteuer auf 1.275.094,20 € reduziert wird. Mit dieser Reduzierung habe sich das FG nicht befasst.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu verpflichten,
1. einer Änderung der Rechnung der G‑GmbH vom 12.05.2003 in der berich­tigten Fassung vom 10.09.2010 an die Stadt S dahingehend zuzustimmen, dass eine Rechnung gegenüber dem O‑Verband über eine nicht steuerbare Lie­ferung erteilt wird,
2. hilfsweise einer Änderung der unter 1. aufgeführten Rechnung dahingehend zuzustimmen, dass unter Berichtigung des Steuerbetrags eine Rechnung an die Stadt S über eine nicht steuerbare Lieferung ausgestellt wird,
3. weiter hilfsweise, einer Änderung der unter Ziff. 1. aufgeführten Rechnung mit einem Steuerausweis in Höhe von 1.275.094,20 € dahingehend zuzustim­men, dass die Rechnung gegenüber dem O‑Verband erteilt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es stehe zwar fest, dass ein Durchgangserwerb von der G‑GmbH über die Stadt S an den O stattgefunden hat. Eine Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG, Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 19 MwStSystRL) liege je­doch nicht vor, da die Stadt S als Zwischenerwerberin keine Unternehmerin sei.

In der mündlichen Verhandlung hat das FA vorgetragen, entgegen der Auffas­sung des Senats sei die Stadt keine Unternehmerin. Außerdem teile das FA die Annahme des Senats, dass in Fällen des Durchgangserwerbs nur der Letzt­erwerber Unternehmer sein müsse, nicht.

II. Die Revision ist teilweise begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentschei­dung und in Bezug auf den Hilfsantrag (Revisionsantrag Ziff. 2) zur Stattgabe der Klage. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

Das FG hat zum Hauptantrag zu Recht angenommen, dass das FA nicht der Erteilung einer Rechnung zustimmen muss, die den O‑Verband als Leistungs­empfänger nennt. Das FG hat aber in Bezug auf den Hilfsantrag zu Unrecht angenommen, dass eine Geschäftsveräußerung daran scheitere, dass die Stadt S keine Unternehmerin sei. Die Stadt S ist Unternehmerin. Darüber hinaus muss für das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG in Fällen des Durchgangserwerbs der Zwischenerwerber nicht Unternehmer sein.

1. Zutreffend hat das FG entschieden, dass die Klage als Verpflichtungsklage zulässig ist.

a) Die von der Klägerin erstrebte Zustimmung des FA nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG, die in Fällen der von der Klägerin angenommenen Geschäftsver­äußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) aufgrund der Verweisung des § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG entsprechend erforderlich ist, ist ein eigenständiger Verwaltungs­akt (vgl. BFH-Urteile vom 08.11.2016 ‑ VII R 34/15, BFHE 256, 6, BStBl II 2017, 496, Rz 20; vom 26.06.2019 ‑ XI R 5/18, BFHE 266, 67, BStBl II 2023, 521, Rz 20), auch wenn es sich nicht um einen Grundlagenbescheid handelt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27.07.2021 ‑ V R 43/19, BFHE 274, 175, BStBl II 2024, 237, Rz 28 ff.; vom 26.08.2021 ‑ V R 38/20, BFH/NV 2022, 146). Um einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Steuerbetrag im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG handelt es sich auch, wenn ein Steuerbetrag für nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegende Umsätze offen ausgewiesen wird (vgl. BFH-Urteil vom 17.08.2023 ‑ V R 3/21, BFHE 282, 101, Rz 21).

b) Die beantragte Zustimmung könnte das FA zwar auch stillschweigend durch Erlass eines Änderungsbescheids erteilen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27.07.2021 ‑ V R 43/19, BFHE 274, 175, BStBl II 2024, 237, Rz 35; vom 26.08.2021 ‑ V R 38/20, BFH/NV 2022, 146, Rz 19). Dies hat es indes im Streitfall gerade nicht getan, sondern eine Zustimmung ausdrücklich abge­lehnt.

2. Die mit den Beteiligten übereinstimmende Annahme des FG, dass die Über­nahme der Wasserversorgungsanlagen umsatzsteuerrechtlich die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG zum Gegenstand hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Eine Lieferung von Gegenständen bezieht sich nicht auf die Eigentumsüber­tragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern erfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Eu­ropäischen Union ‑‑EuGH‑‑ Fluvius Antwerpen vom 27.04.2023 ‑ C‑677/21, EU:C:2023:348, Rz 35 ff.; BFH-Beschluss vom 18.10.2023 ‑ XI R 4/20, BFHE 282, 161, Rz 17, m.w.N.).

aa) Hiervon ist bei der Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag auszuge­hen, die häufig mit der Übertragung bürgerlich-rechtlichen Eigentums verbun­den ist (vgl. BFH-Urteile vom 06.04.2016 ‑ V R 12/15, BFHE 253, 475, BStBl II 2017, 188, Rz 18; vom 11.03.2020 ‑ XI R 7/18, BFH/NV 2020, 1288, Rz 17). Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Gegenstände von verschiedenen wie Eigentümer handelnden Wirtschaftsteilnehmern gekauft und dann weiter­verkauft werden (vgl. EuGH-Urteil Herst vom 23.04.2020 ‑ C‑401/18, EU:C:2020:295, Rz 41), da die Verfügungsmacht beinhaltet, dass eine Person die Möglichkeit hat, Entscheidungen zu treffen, die sich auf die rechtliche Situ­ation des betreffenden Gegenstands auswirken, etwa die Entscheidung, den Gegenstand zu verkaufen (vgl. EuGH-Urteil Herst vom 23.04.2020 ‑ C‑401/18, EU:C:2020:295, Rz 40; BFH-Urteile vom 29.11.2022 ‑ XI R 18/21, BFHE 279, 298, Rz 15; vom 11.05.2023 ‑ V R 22/21, BFHE 280, 367, Rz 13 f.).

bb) Eine Person, die auf einem fremden Grundstück ein Gebäude errichtet, führt zwar grundsätzlich eine Werklieferung gemäß § 3 Abs. 4 UStG aus (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2019 ‑ V R 5/18, BFHE 267, 158, BStBl II 2020, 136, Rz 26, m.w.N.). Die Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist jedoch nicht zwangsläufig mit der Lieferung an den Grundstückseigentümer verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2015 ‑ V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793, Rz 17). Vielmehr kann auch an Bauten auf fremdem Grund und Boden Verfügungsmacht erlangt (vgl. BFH-Urteil vom 12.11.1997 ‑ XI R 83/96, BFH/NV 1998, 749, unter II.1.; s.a. EuGH-Urteil Maierhofer vom 16.01.2003 ‑ C‑315/00, EU:C:2003:23, Tenor Ziff. 2) und diese erst später auf den Grundstückseigentümer übertragen werden; diese Lieferung ist nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.1992 ‑ V R 80/87, BFH/NV 1993, 634, Rz 12 ff., 16).

cc) Die Lieferung kann darüber hinaus nicht nur an den Grundstückseigentü­mer, sondern auch an einen Dritten (zum Beispiel einen neuen Pächter) erfol­gen (vgl. BFH-Urteil vom 18.07.2002 ‑ V R 33/02, BFH/NV 2003, 1224, unter II.1.).

b) Ausgehend davon hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die G‑GmbH die Wasserversorgunganlagen selbst dann liefern konnte, falls diese zivilrechtlich im Eigentum der Stadt S gestan­den haben sollten, was zwischen der G‑GmbH und der Stadt S streitig war. Die G‑GmbH hatte unabhängig von der zivilrechtlichen Eigentumslage Verfügungs­macht an den Wasserversorgungsanlagen erlangt. Insofern erschöpft sich der wirtschaftliche Gehalt der Leistung der G‑GmbH bei Vertragsende, die umsatz­steuerrechtlich die Klägerin als Organträgerin ausgeführt hat, nicht in einem bloßen Rechtsverzicht oder in der Beendigung einer Nutzungsüberlassung durch die Stadt S an die G‑GmbH.

3. Die Vorentscheidung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand, soweit das FG den Hauptantrag der Klägerin abgewiesen hat.

a) Der Senat versteht den Hauptantrag dahingehend, dass das FA dazu ver­pflichtet werden soll, der vollständigen Stornierung der Rechnung an die Stadt S zuzustimmen, da die G‑GmbH für die Erteilung einer erstmaligen Rechnung an den O‑Verband über die Lieferung von Wasserversorgungsanla­gen ohne offenen Steuerausweis nicht die Zustimmung des FA benötigen wür­de. Der Antrag auf vollständige Stornierung der Rechnungen an S bleibt ohne Erfolg, weil die Annahme des FG, dass S Abnehmerin der Lieferung der Was­serversorgungsanlagen (und damit Leistungsempfängerin) war, zutrifft.

b) Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrundeliegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflich­tet wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.09.2019 ‑ XI R 19/17, BFHE 267, 98, BStBl II 2020, 172, Rz 36; vom 29.09.2022 ‑ V R 29/20, BFHE 278, 363, BStBl II 2023, 986, Rz 39; BFH-Beschluss vom 30.04.2014 ‑ XI R 33/11, BFH/NV 2014, 1239, Rz 20). Eine zivilrechtliche Vertragsübernahme mit der Folge eines umsatzsteuerrechtlich anzuerkennenden Wechsels in der Person des Leistungsempfängers ist nach der Rechtsprechung des BFH jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und damit der Steuerentstehung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG anzuerkennen (vgl. BFH-Urteile vom 12.02.2020 ‑ XI R 24/18, BFHE 268, 351, BStBl II 2022, 191, Rz 58; vom 29.09.2022 ‑ V R 29/20, BFHE 278, 363, BStBl II 2023, 986, Rz 39). Nicht maßgeblich ist dagegen unter anderem, wer zivilrechtlich Eigentümer des be­zogenen Leistungsgegenstands wird (vgl. BFH-Urteil vom 23.09.2009 ‑ XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243, unter II.2.), wem die empfan­gene Leistung wirtschaftlich zuzuordnen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 30.04.2014 ‑ XI R 33/11, BFH/NV 2014, 1239, Rz 21) oder wer sie bezahlt hat (vgl. BFH-Urteil vom 31.05.2017 ‑ XI R 39/14, BFH/NV 2017, 1330, Rz 34). Die bloße Kostenübernahme für Leistungen, ohne Leistungsempfänger zu sein, führt nicht zum Vorsteuerabzug (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22.02.2008 ‑ XI B 189/07, BFH/NV 2008, 830; vom 30.04.2014 ‑ XI R 33/11, BFH/NV 2014, 1239, Rz 21).

c) Ausgehend davon ist die tatsächliche Würdigung des FG, dass die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S erfolgt sei, möglich und ver­stößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder die Grundsätze der Ver­tragsauslegung; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).

aa) Das Recht und die Pflicht, bei Beendigung der Wasserlieferungen die Was­serversorgungsanlagen gegen Entgelt zurückzunehmen, bestand für die Stadt S schon seit jeher (s. § 8 Abs. 3 des Vertrags mit dem Deutschen Reich) und ergab sich zuletzt aus dem Wasserlieferungsvertrag aus dem Jahr 1968, um dessen Inhalt nach Beendigung der Wasserversorgung ein Zivilrechtsstreit geführt wurde.

bb) Selbst der nach der Lieferung abgeschlossene Vertrag vom 04.07.2003 sah unter … vor, dass die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S erfolgt. Die bloße Kostentragung des O (als Abnehmer einer sich daran anschließenden Weiterlieferung der Wasserversorgungsanlagen von der Stadt S an ihn) ändert daran nichts.

4. Allerdings hat das FG zu Unrecht auch den Hilfsantrag (Revisionsantrag Ziff. 2) mit der Begründung abgewiesen, dass die Stadt S keine Unternehme­rin sei. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.

a) Im Rahmen der unionsrechtskonformen Auslegung des § 2 Abs. 3 UStG a.F. ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts wie die Stadt S Unternehme­rin, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Er­bringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit dagegen auf öffentlich-recht­licher Grundlage, ist sie nur Unternehmerin, wenn eine Behandlung als Nicht­unternehmerin zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 03.08.2017 ‑ V R 62/16, BFHE 259, 380, BStBl II 2021, 109, Rz 23; vom 20.10.2021 ‑ XI R 10/21, BFHE 274, 342, Rz 40; vom 06.12.2023 ‑ XI R 33/21, BFH/NV 2024, 615, Rz 46; BFH-Beschluss vom 15.12.2021 ‑ XI R 30/19, BFHE 275, 414, BStBl II 2022, 577, Rz 37; s.a. § 2b Abs. 1 UStG).

b) Das FG hat angenommen, dass die Stadt S als Person, die von vorneherein nur einen einzigen Geschäftsvorfall plane, keine Unternehmerin sei, weil die von vorneherein beabsichtigte einmalige Übertragung von Wasserversorgungs­anlagen keine nachhaltige Tätigkeit sei. Die Stadt S habe mit der Übertragung an den O‑Verband ihrem Auftrag der Daseinsvorsorge nachkommen wollen und sei nicht unternehmerisch aufgetreten.

c) Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die Stadt S dürfte bereits aus anderen als den vorliegend streitigen Gründen Unternehmerin sein, was potentiell Aus­wirkungen auf die Prüfung der Unternehmereigenschaft hat. Aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, ist sie mit dem streitigen Vorgang als Unternehmerin tätig geworden.

aa) Das FG hat ungeprüft gelassen, ob die Stadt S nicht bereits aus anderen Gründen mit anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten Unternehmerin ist; der Se­nat hält es für möglich, dass sie zum Beispiel langfristig Gegenstände vermie­tet oder verpachtet (vgl. dazu EuGH-Urteil Salix Grundstücks-Vermietungsge­sellschaft vom 04.06.2009 ‑ C‑102/08, EU:C:2009:345; BFH-Urteil vom 15.04.2010 ‑ V R 10/09, BFHE 229, 416, BStBl II 2017, 863). Schon dies hät­te auch nach Auffassung des FG möglicherweise Einfluss auf seine Entschei­dung gehabt; denn nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile Kostov vom 13.06.2013 ‑ C‑62/12, EU:C:2013:391; Paulo Nascimento Consulting vom 17.10.2019 ‑ C‑692/17, EU:C:2019:867, Rz 24 und 28), der der BFH folgt (vgl. Urteile vom 12.08.2015 ‑ XI R 43/13, BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919; vom 19.01.2017 ‑ V R 47/15, BFH/NV 2020, 931; vom 08.09.2022 ‑ V R 26/21, BFHE 278, 348, BStBl II 2023, 361, Rz 25), schließt der Umstand, dass ein Umsatz einer bereits mehrwertsteuerpflichtigen Person nicht der Haupttätigkeit dieser Person entspricht und von dieser nur punktuell durchgeführt wurde, es nicht aus, dass diese Person in Bezug auf diesen Um­satz im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL gehandelt hat. Davon ist der BFH bereits zuvor aus­gegangen (vgl. BFH-Urteil vom 20.09.1990 ‑ V R 92/85, BFHE 162, 493, unter II.1.b). Dem ist das FG nicht nachgegangen.

bb) Unberücksichtigt hat das FG außerdem gelassen, dass es sich im Streitfall um den Erwerb und die Weiterlieferung einer vom FG nicht festgestellten Zahl von Wasserversorgungsanlagen einer ganzen Stadt handelt, die zahlreiche Ge­genstände umfasst.

Diese mögen ertragsteuerrechtlich ein Wirtschaftsgut sein (vgl. BFH-Urteile vom 19.08.1971 ‑ V R 18/71, BFHE 103, 282, BStBl II 1972, 75; vom 06.02.1986 ‑ V R 119/81, BFH/NV 1986, 374). Auch sind die Zahl und der Um­fang von Verkäufen für sich genommen nicht maßgeblich (vgl. EuGH-Urteile Słaby u.a. vom 15.09.2011 ‑ C‑180/10 und C‑181/10, EU:C:2011:589, Rz 37; Paulo Nascimento Consulting vom 17.10.2019 ‑ C‑692/17, EU:C:2019:867, Rz 25) und können auch für private Zwecke handelnde Wirtschaftsteilnehmer umfangreiche Verkäufe vornehmen (vgl. EuGH-Urteile Wellcome Trust vom 20.06.1996 ‑ C‑155/94, EU:C:1996:243, Rz 32 und 37; AJFP Sibiu und DGRFP Braşov vom 20.01.2021 ‑ C‑655/19, EU:C:2021:40, Rz 29). Der bloße Erwerb und der bloße Verkauf sind keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen (vgl. EuGH-Urteil Słaby u.a. vom 15.09.2011 ‑ C‑180/10 und C‑181/10, EU:C:2011:589, Rz 45, m.w.N.).

Eine wirtschaftliche Tätigkeit liegt aber zum Beispiel vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zur Vermarktung von Grund und Boden unternommen hat, in­dem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleis­tender (vgl. EuGH-Urteile Słaby u.a. vom 15.09.2011 ‑ C‑180/10 und C‑181/10, EU:C:2011:589, Rz 39 f.; Trgovina Prizma vom 09.07.2015 ‑ C‑331/14, EU:C:2015:456, Rz 24), weil solche Handlungen normalerweise nicht im Rahmen der Verwaltung von Privatvermögen erfolgen, sondern im Rahmen einer Tätigkeit, die zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausge­übt wird (vgl. EuGH-Urteil AJFP Sibiu und DGRFP Braşov vom 20.01.2021 ‑ C‑655/19, EU:C:2021:40, Rz 31).

cc) Vorliegend liegen zumindest insoweit für eine Verwaltung von Vermögen untypische Handlungen vor, als die Stadt S bei der Lieferung an den O‑Ver­band die Verpflichtung zum Rückerwerb der Wasserversorgungsanlagen über­nommen hat. Das FG geht aus diesem Grund in Bezug auf die von ihm ver­neinte Nachhaltigkeit von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Bei dem Er­werb und der Weiterlieferung der Wasserversorgungsanlagen handelt es sich nicht, wie das FG meint, um eine einmalige Übertragung; denn nach … des Vertrags der Stadt S mit dem O‑Verband, der über eine Erstlaufzeit von 20 Jahren verfügt, wird die Stadt S bei Kündigung des Vertrags mit dem O‑Verband die Wasserversorgungsanlagen (erneut) zurückerwerben. Danach wird sie entweder die Wasserversorgungsanlagen erneut an einen Wasserver­sorger weiterliefern oder selbst das Wasser an ihre Einwohner liefern. Auch Letzteres wäre, anders als das FG angedeutet und das FA in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, keine bloße Maßnahme der Daseinsvorsorge, son­dern nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 i.V.m. Anh. I Nr. 2 MwStSystRL eine wirtschaftliche Tätigkeit, die keinen unbedeutenden Umfang hat (vgl. zu Strom EuGH-Urteil Fluvius Antwerpen vom 27.04.2023 ‑ C‑677/21, EU:C:2023:348, Rz 43 ff.; zum Legen von Wasseranschlüssen EuGH-Urteil Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung Torgau-Westelbien vom 03.04.2008 ‑ C‑442/05, EU:C:2008:184, Tenor 1 und Rz 36; allgemein zur Wasserversorgung BFH-Urteile vom 08.10.2008 ‑ V R 61/03, BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321, unter II.2.; vom 02.03.2011 ‑ XI R 65/07, BFHE 233, 264, BStBl II 2017, 831, Rz 20 f.; vom 14.03.2012 ‑ XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667, Rz 35; s.a. zur Nutzungsüberlassung des Netzes FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.02.2020 ‑ 2 K 2259/17, Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1179, nach Rücknahme der Revision rechtskräftig, Rz 74, 84, 87). Die Stadt S hatte folglich bereits bei der streitigen Lieferung die Absicht, zukünftig weitere Umsätze auszuführen, weil sie entweder erneut die Wasserversor­gungsanlagen zurückerwerben und an einen Wasserversorger weiterliefern oder diese ihm zur Nutzung überlassen oder mit ihnen selbst Wasser liefern wird.

dd) Es mag sein, dass zwischen der Lieferung und den beabsichtigten Folge­umsätzen mindestens 20 Jahre liegen werden. Dies ist bei der hier fraglichen Tätigkeit einer Stadt jedoch üblich, wie sich der Geschichte der Wasserversor­gung der Stadt S seit dem Jahr 1928 entnehmen lässt. Die Tätigkeit der Stadt S ist insoweit auf Dauer angelegt, gleichgültig in welcher Form die Was­serversorgung zukünftig erfolgt.

ee) Aus den unter bb bis dd genannten Gründen geht auch bei isolierter Be­trachtung die (wohl im Jahr 1928 begonnene) Tätigkeit der Stadt S weit über einen bloß einmaligen Erwerb und Verkauf von Vermögen hinaus. Die Stadt S handelte daher bei Erwerb und Weiterveräußerung der Wasserversorgungsan­lagen nachhaltig und wirtschaftlich.

ff) Auf die Frage, ob die Stadt S möglicherweise mit dem Erwerb der Wasser­versorgungsanlagen für eine logische Sekunde in alle bestehenden Nutzungs­überlassungsverträge hinsichtlich der Wasserzähler oder Ähnliches mit den Wasserkunden eingetreten sein könnte (§ 566 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), um diese dann sofort an den O‑Verband als Erwerber weiter zu übertragen, kommt es nicht an. Gleiches gilt für die Frage, ob die Stadt S wegen des kom­munalen Anschluss- und Benutzungszwangs (§ 8 Nr. 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 22.08.1996, Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1996, S. 382) für eine logi­sche Sekunde selbst Wasserversorgerin der Kunden wurde und daher nach § 2 Abs. 3 UStG, § 4 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes, Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 i.V.m. Anh. I Nr. 2 MwStSystRL Unternehmerin war.

5. Unabhängig von den unter 4. genannten Gründen hat das FG außerdem zu Unrecht angenommen, dass für eine Geschäftsveräußerung im Falle des Durchgangserwerbs der Zwischenerwerber Unternehmer sein muss. Die Vor­entscheidung ist auch deshalb aufzuheben.

a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Un­ternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG). Voraussetzung für eine solche Geschäftsveräußerung ist gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliede­rung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.

b) § 1 Abs. 1a UStG ist richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 29.08.2018 ‑ XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rz 21; vom 24.02.2021 ‑ XI R 8/19, BFHE 272, 536, BStBl II 2022, 34, Rz 21, m.w.N.). Danach können die Mitgliedstaaten die Übertragung eines Gesamt- oder Teil­vermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vor­liegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Über­tragenden ansehen. Wenn ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens nicht als eine Lieferung von Gegenständen anzusehen (vgl. EuGH-Urteil Abbey National vom 22.02.2001 ‑ C‑408/98, EU:C:2001:110, Rz 30).

c) Der Tatbestand der Geschäftsveräußerung erfasst die Übertragung von Ge­schäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als "Zusam­menfassung materieller und immaterieller Bestandteile" ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tä­tigkeit fortgeführt werden kann (vgl. z.B. EuGH-Urteile Zita Modes vom 27.11.2003 ‑ C‑497/01, EU:C:2003:644, Rz 40; SKF vom 29.10.2009 ‑ C‑29/08, EU:C:2009:665, Rz 37). Die übertragenen Gegenstände müssen ein hinreichendes Ganzes bilden, das die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht (z.B. BFH-Beschluss vom 07.12.2021 ‑ XI B 11/21, BFH/NV 2022, 355, Rz 16, m.w.N.).

aa) Dabei ist zwar grundsätzlich jeder Vorgang einzeln und selbständig zu be­urteilen; Erwerbe von mehreren Personen dürfen nicht zusammengerechnet werden (vgl. BFH-Urteile vom 04.02.2015 ‑ XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rz 29 f.; vom 04.02.2015 ‑ XI R 42/13, BFHE 248, 472, BStBl II 2015, 616, Rz 25 f.). Übertragungen von verschiedenen selbständigen Veräu­ßerern an verschiedene selbständige Erwerber schließen eine Geschäftsveräu­ßerung aus (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2015 ‑ XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908).

bb) Allerdings steht, worauf der Senat bereits im ersten Rechtsgang hingewie­sen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 27.10.2020 ‑ XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459, Rz 31), ein Durchgangserwerb einer Person, die die unternehmerische Tätig­keit nicht selbst fortführt, einer Geschäftsveräußerung nicht per se entgegen (vgl. BFH-Urteile vom 25.11.2015 ‑ V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793, Rz 29; vom 26.06.2019 ‑ XI R 3/17, BFHE 265, 549, BStBl II 2021, 953, Rz 78; BFH-Beschluss vom 15.04.2016 ‑ XI B 109/15, BFH/NV 2016, 1306, Rz 21).

d) Welche Auswirkung das Erfordernis, dass die Geschäftsveräußerung an ei­nen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgen muss, in Fällen des Durchgangserwerbs hat, ist streitig.

aa) Der BFH hat in Rz 30 des BFH-Urteils vom 25.11.2015 ‑ V R 66/14 (BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793) entschieden, dass es sich bei der für die Ge­schäftsveräußerung erforderlichen (Absicht zur) Fortführung der Unterneh­menstätigkeit nicht um ein höchstpersönliches Kriterium handelt, das derge­stalt in der Person des jeweiligen Leistungsempfängers vorliegen muss, dass er selbst in eigener Person die Fortführung der Unternehmenstätigkeit beab­sichtigt (ebenso nachfolgend BFH-Beschlüsse vom 15.04.2016 ‑ XI B 109/15, BFH/NV 2016, 1306; vom 27.10.2020 ‑ XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459; BFH-Urteil vom 29.08.2018 ‑ XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378). Nach Leitsatz 2 muss die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortfüh­rung der Unternehmenstätigkeit bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach vorliegen. Es reichte daher im dortigen Fall aus, dass der Käufer des bebauten Grundstücks die Fortführung der Vermietung beabsichtigte und diese fortgesetzt hat. Ob dies auch dann gilt, wenn der Zwischenerwerber Nichtunternehmer ist, hat der BFH nicht erläutert.

bb) Teile der Literatur vertreten die Auffassung, dass dies auch dann gilt, wenn eine Person nur einmalig ein lebendes fortführbares Unternehmen er­wirbt und auf einen endgültigen Fortführer überträgt, weil auch dadurch der Zweck der Regelung erfüllt werde (z.B. Bunjes/Robisch, UStG, 22. Aufl., § 1 Rz 119; Erdbrügger in Wäger, UStG, 3. Aufl., § 1 Rz 248; Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 1305 f.; ähnlich wohl auch Sterzinger in Küffner/Zugmaier, Umsatzsteuer, Kommentar, § 1 Rz 674 bei Einbringung).

cc) Demgegenüber vertreten die Finanzverwaltung (Abschn. 1.5 Abs. 1 Satz 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ‑‑UStAE‑‑) und teilweise die Literatur die Gegenauffassung, dass jeder Leistungsempfänger Unternehmer sein müsse (z.B. BeckOK UStG/Peltner, 42. Ed. 15.09.2024 UStG § 1 Rz 174 f.; Lippross, Um­satzsteuer, 25. Aufl., S. 435 f., unter f und g; wohl auch Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 1 Rz 444).

dd) Stadie (Stadie, UStG, 3. Aufl., § 1 Rz 141; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 382) vertritt die Auffassung, dass der bisher nicht unternehmerisch tätige Erwerber jedenfalls kurzzeitig Unternehmer wird. Die­se Ansicht weist im Streitfall eine inhaltliche Nähe zu den Ausführungen unter II.4. auf, geht aber darüber hinaus.

ee) Der Senat hat im BFH-Urteil vom 07.03.2018 ‑ XI R 13/16 (BFH/NV 2018, 952, Rz 15 f.) lediglich zu erkennen gegeben, dass er in Fällen des Durch­gangserwerbs eines nicht originär unternehmerisch tätigen Gesellschafters im Falle der unmittelbar nachfolgenden Einbringung vom Vorliegen einer Ge­schäftsveräußerung ausgeht, aber hat dies nicht begründet.

e) Der erkennende Senat folgt bei unmittelbarer Weiterübertragung der erst­genannten Ansicht, falls überhaupt Fälle denkbar sein sollten, in denen der Zwischenerwerber nicht ohnehin Unternehmer ist oder zum Unternehmer wird. Ist ausreichend, dass die Fortführungsabsicht dem Grunde nach (beim Letzter­werber) besteht, reicht es auch aus, dass der Letzterwerber Unternehmer ist oder infolge des Erwerbs Unternehmer wird. Sonst würde der Normzweck ver­fehlt.

aa) Das in § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG enthaltene nationale Erfordernis, dass die Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unterneh­men erfolgen muss, findet im Wortlaut des Unionsrechts keine Stütze. Weder Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG (alt) noch Art. 19 MwStSystRL (neu) verlangen ausdrücklich, dass der Begünstigte der Übertragung ein Steuer­pflichtiger sein müsste, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt. Daraus ergibt sich allerdings noch nicht, dass das nationale Recht unions­rechtswidrig wäre. Vielmehr ist es unionsrechtskonform auszulegen (s. II.5.b).

bb) Der EuGH hat jedoch (aus Sicht des Senats im Wege teleologischer Ausle­gung) in beide Bestimmungen ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hi­neingelesen. Zweck der unionsrechtlichen Bestimmung ist es, die Übertragun­gen von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern, nämlich sie zu vereinfachen und zu vermeiden, dass die Mittel des Begünstigten übermäßig steuerlich belastet werden (vgl. EuGH-Urteile Zita Modes vom 27.11.2003 ‑ C‑497/01, EU:C:2003:644, Rz 39; Schriever vom 10.11.2011 ‑ C‑444/10, EU:C:2011:724, Rz 23). Der Begünstigte muss deshalb beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen (vgl. EuGH-Urteil Zita Modes vom 27.11.2003 ‑ C‑497/01, EU:C:2003:644, Rz 46).

cc) Dieses ungeschriebene unionsrechtliche Tatbestandsmerkmal (Fortfüh­rungsabsicht) impliziert ein weiteres unionsrechtlich ungeschriebenes Tatbe­standsmerkmal: Der Begünstigte muss, wenn er die Tätigkeit fortführen will, notwendigerweise auch die Absicht haben, zumindest durch die beabsichtigte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit zum Unternehmer zu werden (vgl. auch Abschn. 1.5 Abs. 1 Satz 1 UStAE; BFH-Urteil vom 07.07.2005 ‑ V R 78/03, BFHE 211, 63, BStBl II 2005, 849, unter II.1.a bb). Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Begünstigte vor der Übertragung eine wirtschaftli­che Tätigkeit derselben Art ausgeübt haben müsste wie der Übertragende (vgl. EuGH-Urteil Zita Modes vom 27.11.2003 ‑ C‑497/01, EU:C:2003:644, Rz 45).

Das in § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG normierte nationale Erfordernis entspricht da­her dem Unionsrecht, soweit es um die Person des Begünstigten der Übertra­gung geht. Er muss beabsichtigen, die wirtschaftliche Tätigkeit fortzuführen und dadurch zum Unternehmer zu werden, falls er es nicht schon ist.

dd) Versteht man, wie der BFH (vgl. die Nachweise unter II.5.d aa), die (Ab­sicht zur) Fortführung der Unternehmenstätigkeit (als erstes ungeschriebenes unionsrechtliches Tatbestandsmerkmal) nicht als höchstpersönliches Kriterium, das in der Person des jeweiligen Leistungsempfängers vorliegen muss, son­dern lässt man es insoweit ausreichen, dass die Fortführungsabsicht dem Grunde nach (beim Letzterwerber als Begünstigten) besteht, kann für die Un­ternehmereigenschaft (als zweites ungeschriebenes unionsrechtliches Tatbe­standsmerkmal, das notwendigerweise aus dem ersten folgt) nichts anderes gelten. Da sich das Erfordernis unionsrechtlich nicht aus dem Wortlaut, son­dern nur aus der (Absicht zur) Fortführung ableitet, besteht es unionsrechtlich nur bei demjenigen, der die (Absicht zur) Fortführung haben muss. Dies ist nach der Rechtsprechung des BFH beim zulässigen Durchgangserwerb nicht der Zwischenerwerber, sondern der Letzterwerber als Begünstigter.

ee) Für dieses Ergebnis spricht zudem die teleologische Auslegung; denn nur durch diese Auslegung wird in Fällen des Durchgangserwerbs erreicht, dass durch die Regelung vermieden wird, dass die Mittel des Begünstigten (das heißt des Letzterwerbers) übermäßig steuerlich belastet werden (vgl. EuGH-Urteile Zita Modes vom 27.11.2003 ‑ C‑497/01, EU:C:2003:644, Rz 39; Schriever vom 10.11.2011 ‑ C‑444/10, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848, Rz 23).

(1) Die Klägerin hat seit dem Einspruchsverfahren mehrfach zutreffend darauf hingewiesen, dass die Auffassung des FA zwangsläufig dazu führen würde, dass bei jedem Rückerwerb der Wasserversorgungsanlagen durch die Stadt S mit unmittelbarer Weiterlieferung die Stadt S nicht als Vorsteuer abziehbare Umsatzsteuer in Millionenhöhe tragen müsste, obwohl der O‑Verband zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, weil er steuerpflichtige Wasserlieferungen an die Wasserkunden ausführt. Die Stadt müsste die Umsatzsteuer daher auf den O‑Verband abwälzen, um ihre Kosten zu decken, was im Streitfall folgerichtig auch geschehen ist, indem die Umsatzsteuer vom O‑Verband an die G‑GmbH gezahlt wurde. Im Vergleich vom April 2007 wurde jedoch weiter vereinbart, dass die G‑GmbH den Steuerbetrag unverzinslich an den O‑Verband zurück­zahlt, wenn die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) erfolgt sein sollte, so dass bei An­nahme einer Geschäftsveräußerung die übermäßige steuerliche Belastung der Mittel des Letzterwerbers ‑‑dem Zweck entsprechend‑‑ vermieden wird.

(2) Das vom FA und FG zusätzlich aufgestellte Erfordernis, dass auch beim Durchgangserwerb der Zwischenerwerber ein Steuerpflichtiger sein muss, würde daher eine systemwidrige, besonders hohe Belastung für den Letzter­werber sein (vgl. dazu allgemein EuGH-Urteil Schriever vom 10.11.2011 ‑ C‑444/10, EU:C:2011:724, Rz 31). Da die Lieferung eines nichtunternehmeri­schen Zwischenerwerbers (hier aus Sicht des FA und des FG: der Stadt S) an den Letzterwerber (hier: O‑Verband) kein steuerbarer Umsatz wäre, wäre sei­ne Belastung mit der auf ihn abgewälzten Umsatzsteuer definitiv. Er müsste folglich die nicht als Vorsteuer abziehbare, auf ihn abgewälzte Umsatzsteuer der Lieferung der Klägerin an die Stadt S auf die Kosten der Wasserlieferung aufschlagen und die Umsatzsteuer damit auf die Wasserkunden weiter abwäl­zen, so dass (von den Wasserkunden zu tragende) Umsatzsteuer auf (die vom O‑Verband wirtschaftlich getragene, aber nicht als Vorsteuer abziehbare) Um­satzsteuer entstünde.

(3) Eine derartige Doppelbesteuerung (Erhebung von Umsatzsteuer auf Um­satzsteuer oder sogenannte Kaskadensteuer) wirkt konzentrationsfördernd (vgl. zur Wirkungsweise z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 05.03.1958 ‑ 2 BvL 18/56, lex Salamander, BVerfGE 7, 282, Rz 42). Der Mangel an Wettbewerbsneutralität des früheren Umsatzsteuergesetzes, bei dem ‑‑mangels Recht zum Vorsteuerabzug‑‑ das Entgelt auch den in früheren Phasen gezahlten Betrag an Umsatzsteuer enthielt, musste von den Steuer­pflichtigen nur hingenommen werden, bis die Reform zur Schaffung einer Um­satzsteuer mit Vorsteuerabzug abgeschlossen war (vgl. BVerfG-Urteil vom 20.12.1966 ‑ 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12, BStBl III 1967, 7, Rz 15, 108, 111, 113).

(4) Zuletzt widerspricht die Erhebung von Umsatzsteuer auf Umsatzsteuer, die sich aus dem vom FA und FG zusätzlich aufgestellten Erfordernis zwangsläufig ergäbe, der Systematik und dem Zweck des Gemeinsamen Mehrwertsteuer­systems. Die Kommission hat bereits im Entwurf für die Harmonisierungsrichtlinie vom 31.10.1962 (BTDrucks IV/850, S. 4) hervorgehoben, dass Kaskadensteuern nicht nur nicht als Harmonisierungsgrundlage dienen können, sondern im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Gemeinsamen Markts "ver­schwinden müssen". Dies stellt die vom Senat vorgenommene Auslegung des Art. 19 MwStSystRL, die im Wege der richtlinienkonformen Auslegung auf § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG zu übertragen ist, sicher.

6. Steht aufgrund der Ausführungen unter II.4. und II.5. der umsatzsteuer­rechtliche Status der Stadt S einer Geschäftsveräußerung nicht entgegen, ist die Sache in Bezug auf den Hilfsantrag spruchreif im Sinne einer Klagestatt­gabe.

a) Die Klägerin hat einen wirksamen Antrag auf Zustimmung gemäß § 14c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG gestellt.

aa) Das FG hat auf den Seiten 17 f. seines Urteils angenommen, dass die Klägerin wirksam zwei Anträge auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung gestellt hat. Es sei unerheblich, ob die Rechnung vom 10.09.2010 die Rechnung vom 12.05.2003 berichtige oder dass die Klägerin zwei Anträge auf Berichtigung beider Rechnungen gestellt habe. Dass die Anträge auf Zustim­mung gemäß § 14c Abs. 2 Satz 5 ursprünglich nur auf § 14c Abs. 2 UStG ge­stützt worden seien, ohne § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG zu erwähnen, sei un­schädlich. Dass die Umsatzsteuer für das Jahr 2003 bestandskräftig geworden sei, sei unerheblich, weil die Berichtigung der Rechnung vom 12.05.2003 keine Rückwirkung habe.

bb) Diese Ausführungen lassen revisible Rechtsfehler nicht erkennen und wer­den von keinem Beteiligten angegriffen. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen ab.

b) Auch die übrigen unter II.5.a und b genannten Voraussetzungen für eine Teil-Geschäftsveräußerung liegen vor.

aa) Die G‑GmbH hat die komplette Wasserversorgung in der Stadt S, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile einen Unterneh­mensteil der G‑GmbH (und damit umsatzsteuerrechtlich der Klägerin als Or­ganträgerin) bildete, im Wege des partiellen Durchgangserwerbs an den O‑Verband als Letzterwerber übertragen. Dass hinsichtlich der Wasserversor­gungsanlagen (und wegen des Anschluss- und Benutzungszwangs auch mög­licherweise hinsichtlich des Kundenstamms) ein Durchgangserwerb der Stadt S stattgefunden hat, ist nach den Ausführungen unter II.5. unschädlich. Der Durchgangserwerb der Stadt S erfolgte nur für eine logische Sekunde.

bb) Mit den übertragenen materiellen und immateriellen Bestandteilen konnte die Wasserversorgung in der Stadt S als wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden. Der O‑Verband als Letzterwerber wollte die wirtschaftliche Tätigkeit für mindestens 20 Jahre fortführen und hat sie zum 01.04.2003 nahtlos fort­geführt. Allenfalls für eine logische Sekunde hatte die Stadt S sie übernom­men.

c) Die notwendige Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens (vgl. dazu der im ersten Rechtsgang ergangene Senatsbeschluss vom 27.10.2020 ‑ XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459) ist durch die Abtretung des Erstattungsan­spruchs an den O‑Verband erfolgt; dadurch wird zugleich eine ungerechtfertig­te Bereicherung der S und ein Direktanspruch des O (vgl. dazu aus neuerer Zeit EuGH-Urteile Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Bydgoszczy vom 21.03.2024 ‑ C‑606/22, EU:C:2024:255, Möglichkeit der Korrektur bei fal­schem Steuersatz; Gabel Industria Tessile und Canavesi vom 11.04.2024 ‑ C‑316/22, EU:C:2024:301) wirksam vermieden.

7. Da die Klage im Hilfsantrag (Revisionsantrag Ziff. 2) Erfolg hat, ist über den weiteren Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

a) Der Senat hat mit Rücksicht auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kos­tenentscheidung auch über die Kosten des durch den BFH-Beschluss vom 27.10.2020 ‑ XI B 33/20 (BFH/NV 2021, 459) rechtskräftig abgeschlossenen Teils des Verfahrens zu entscheiden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11.12.2013 ‑ XI B 33/13, BFH/NV 2014, 714, Rz 22; vom 19.09.2017 ‑ IV B 85/16, BFH/NV 2018, 51, Rz 20; vom 22.10.2019 ‑ III B 149/18, BFH/NV 2020, 90, Rz 17).

b) Angesichts des Umstands, dass die Klägerin mit dem Hauptantrag und dem Feststellungsantrag unterlegen ist, aber mit dem Hilfsantrag obsiegt hat und alle Anträge wirtschaftlich betrachtet auf das gleiche Interesse gerichtet sind, hält der Senat eine Kostenteilung für ermessensgerecht (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2021 ‑ X R 15/19, BFHE 274, 388, BStBl II 2023, 312, Rz 27).

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