BMF: Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Einzweckguthabenkarten in der Telekommunikation
Auswirkungen des EuGH-Urteils vom 3.5.2012, Lebara Ltd., C-520/10 = SIS 12 11 64
Bundesministerium der Finanzen 24. September 2012, IV D 2 - S 7100/08/10004 :004 (DOK 2012/0861413)
Mit Urteil vom 3.5.2012, C-520/10, BStBl II Seite ... = SIS 12 11 64 (das Urteil wird zeitgleich im Bundessteuerblatt II veröffentlicht), hat der EuGH entschieden, dass ein Telefonanbieter, der an einen Vertriebshändler Telefonkarten verkauft, die alle notwendigen Informationen zur Tätigung internationaler Anrufe über die von diesem Anbieter zur Verfügung gestellte Infrastruktur enthalten und die der Vertriebshändler im eigenen Namen und für eigene Rechnung entweder unmittelbar oder über andere Unternehmer - wie Groß- oder Einzelhändler - an Endnutzer weiterverkauft, eine entgeltliche Telekommunikationsdienstleistung an den Vertriebshändler erbringt. In dem entschiedenen Fall konnte der Leistungsempfänger das Guthaben ausschließlich für Telefongespräche nutzen. Eine Verwendung des Guthabens für andere Leistungen war technisch ausgeschlossen. Der betreffende Anbieter erbringt keine zweite entgeltliche Dienstleistung an den Endnutzer, wenn dieser, nachdem er die Telefonkarte erworben hat, von dem Recht Gebrauch macht, mit Hilfe der Informationen auf der Karte Anrufe zu tätigen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Einzweckguthabenkarten (Monofunktionskarten) in der Telekommunikation Folgendes:
1. Art der Leistung
Bei der entgeltlichen Abgabe von Telefonkarten,
- mit denen es dem Abnehmer ermöglicht wird, Anrufe über die zur Verfügung gestellte Infrastruktur zu tätigen,
- bei denen die Verwendung des Guthabens für andere Leistungen technisch ausgeschlossen ist und
- die alle zur Tätigung der Anrufe notwendigen Informationen enthalten,
handelt es sich um die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen. Diese Leistungen werden bereits mit der Abgabe der Telefonkarten ausgeführt; wann das Guthaben tatsächlich für Telefongespräche in Anspruch genommen wird, ist unerheblich. Es liegt keine Lieferung vor, da das wirtschaftliche Interesse des Kartenerwerbers nicht auf das Erlangen der Verfügungsmacht an der Karte gerichtet ist, sondern darauf, mit Hilfe der auf der Karte befindlichen Information Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.
Werden ein oder mehrere Händler in den Vertrieb der Telefonkarten eingeschaltet, ist auf jeder Handelsstufe zu ermitteln, ob eine Telekommunikationsdienstleistung oder eine Vermittlungsleistung vorliegt. Sofern der Händler im eigenen Namen auftritt, erbringt er an seinen Abnehmer eine Telekommunikationsdienstleistung. Wenn er dabei für fremde Rechnung tätig wird, gilt die Telekommunikationsdienstleistung nach § 3 Absatz 11 UStG als an ihn und von ihm erbracht. Agiert der Händler im fremden Namen und für fremde Rechnung, erbringt er eine Vermittlungsleistung.
2. Entstehung der Steuer
Die Steuer entsteht nach § 13 Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 UStG bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung (die Ermöglichung der Inanspruchnahme von Telefondienstleistungen oder die Vermittlungsleistung) ausgeführt worden ist.
3. Anwendungsregelung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1. Januar 2013 entgeltlich abgegebene Einzweckguthabenkarten wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer den vereinnahmten Betrag unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 3.12.2001, IV B 7 - S 7100 - 292/01, BStBl 2001 I S. 1010 = SIS 02 02 67, erst bei Aktivierung des Kartenguthabens als Anzahlung nach § 13 Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG versteuert und nachfolgend das Telefonieren des Endnutzers als umsatzsteuerrechtliche Leistung behandelt.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
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