Unter Bezugnahme auf die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:
I. Allgemeines
Mit Urteil vom 16. Oktober 2019, C-4/18 und C-5/18, Winterhoff u. a., hat der EuGH entschieden, dass bestimmte Anbieter von Briefzustelldienstleistungen, die in ihrer Eigenschaft als Inhaber einer nationalen Lizenz, die ihnen die Erbringung dieser Dienstleistung gestattet, und die verpflichtet sind, förmliche Zustellungen von Schriftstücken von Gerichten oder Verwaltungsbehörden nach Vorschriften des nationalen Rechts durchzuführen, als "Universaldiensteanbieter" im Sinne der Richtlinie 97/67/EG anzusehen sind, so dass solche förmlichen Zustellungen als von "öffentlichen Posteinrichtungen" erbrachte Dienstleistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG von der Umsatzsteuer zu befreien sind.
Durch diese Rechtsprechung des EuGHs und nachfolgend des BFH mit Urteilen vom 6. Februar 2020, V R 36/19 (V R 30/15) und V R 37/19 (V R 8/16), ist die bisherige Verwaltungsauffassung in Abschnitt 4.11b.1. Abs. 8 UStAE überholt, wonach förmliche Zustellungen im Sinne des § 33 PostG nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11b UStG fallen.
II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 27. September 2021 - III C 3 S 7279/19/10005 :003 (2021/1034302), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, in Abschnitt 4.11b.1 wie folgt geändert:
1. In Absatz 2 wird nach Nummer 5 folgende Nummer 6 angefügt:
„6. Förmliche Zustellungen von Schriftstücken von Gerichten oder Verwaltungsbehörden auf der Grundlage der Prozessordnungen und der Gesetze, die die Verwaltungszustellungen regeln, entsprechend einer seitens der Bundesnetzagentur zu diesem Zweck erteilten Lizenz, wenn sich der Lizenznehmer verpflichtet, diese Zustellungen im gesamten Bundesgebiet anzubieten (vgl. EuGH-Urteil vom 16. 10. 2019, C-4/18/ und C-5/18, Winterhoff u. a. sowie BFH-Urteile vom 6. 2. 2020, V R 36/19 (V R 30/15), BStBl 2021 II S. XXX, und vom 6. 2. 2020, V R 37/19 (V R 8/16), BStBl 2021 II S. XXX."
2. Absatz 8 wird gestrichen.
III. Anwendung
Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
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