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BFH: Gewerbesteuerrechtliches Schachtelprivileg bei doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften

Zu den inländischen Kapitalgesellschaften i.S. des § 9 Nr. 2a GewStG gehören auch Kapitalgesellschaften, die ihren statutarischen Sitz im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben.

GewStG § 2 Abs. 2, § 8 Nr. 5, § 9 Nr. 2a und 7
KStG § 8b Abs. 1 und 5
FGO § 107

BFH-Urteil vom 28.6.2022, I R 43/18 (veröffentlicht am 13.10.2022)

Vorinstanz: Hessisches FG vom 19.10.2018, 8 K 1279/16 = SIS 18 21 26

I. Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerrechtliche Kürzung von Ge­winnausschüttungen einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH mit Sitz und Ge­schäftsleitung in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Ihr Unter­nehmensgegenstand ist die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere der Erwerb und die Verwaltung eigenen Grundbesitzes sowie die Beteiligung an in- und ausländischen Gesellschaften, die Grundbesitz erwerben und verwalten.

Im Jahr 2009 (streitiger Erhebungszeitraum) war die Klägerin Alleingesell­schafterin der … BVBA (B‑BVBA), einer Gesellschaft mit Sitz in Belgien. Die B‑BVBA ist nach den Grundsätzen des sog. Rechtstypenver­gleichs als Kapitalgesellschaft einzuordnen und war nicht aktiv tätig i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbezie­hungen in der für den streitigen Erhebungszeitraum geltenden Fassung (Au­ßensteuergesetz ‑‑AStG‑‑). Unternehmensgegenstand der B‑BVBA war das Halten und Verwalten von Beteiligungen. Ihr alleiniger Geschäftsführer wohnte im Inland.

Die B‑BVBA war ihrerseits zu 14 % am Stammkapital der mexikanischen Kapi­talgesellschaft … CV (M‑CV) beteiligt, die im streitigen Erhebungszeitraum aus ihrem im Wirtschaftsjahr 2008 erzielten Gewinn einen Anteil in Höhe von … € an die B‑BVBA ausschüttete. Die B‑BVBA schüttete diesen Betrag noch im streitigen Erhebungszeitraum ohne Abschlag weiter an die Klägerin aus. In den jeweiligen Ausschüttungen waren keine zurückgezahlten Einlagen enthalten.

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) ermittelte den Gewerbe­ertrag und den vortragsfähigen Gewerbeverlust antragsgemäß unter Hinzu­rechnung von … € (95 % der Gewinnausschüttung der B‑BVBA gemäß § 8 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes i.V.m. § 8b Abs. 1 und 5 des Körper­schaftsteuergesetzes, jeweils in der für den streitigen Erhebungszeitraum gel­tenden Fassung ‑‑GewStG und KStG‑‑). Auf dieser Grundlage setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 auf 0 € und den vortragsfähigen Ge­werbeverlust auf den 31.12.2009 auf … € fest. Die entsprechenden Be­scheide vom 02.09.2010 standen gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Den Antrag der Klägerin, diese Be­scheide dahin zu ändern, dass die Hinzurechnung von … € gemäß § 9 Nr. 7 GewStG wieder gekürzt wird, lehnte das FA ab. Ein Einspruch blieb er­folglos.

Das Hessische Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage mit Ur­teil vom 19.10.2018 ‑ 8 K 1279/16 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 199) statt und verpflichtete das FA zum Erlass eines geänderten Bescheids über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009, in dem der bisher "berücksichtigte Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 5 GewStG in Höhe von … € nach den Vorschriften der gewerbesteuerrechtlichen Kürzung vom Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder abgezogen wird". Zwar seien die Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG nicht erfüllt. Dies gelte auch für § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbsatz 2 GewStG i.V.m. der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23.07.1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitglied­staaten (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1990, Nr. L 225, 6, Nr. L 266, 20, 1997, Nr. L 16, 98, in der durch die Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20.11.2006, Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2006, Nr. L 363, 129 geänderten Fassung) ‑‑Mutter-Tochter-Richtlinie‑‑, da sich nur der Sitz der B‑BVBA im Ausland (Belgien) befinde, der Ort der Geschäftslei­tung dagegen in Deutschland. Die Gewinnausschüttung der doppelt ansässigen B‑BVBA erfülle aber die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG. Eine inländi­sche Kapitalgesellschaft im Sinne dieser Vorschrift sei auch dann gegeben, wenn sich (nur) der Ort der Geschäftsleitung im Inland befinde.

Das FA macht mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, den Tenor der Vorentscheidung gemäß § 107 der Finanzgerichts­ordnung (FGO) dahin zu berichtigen, dass das FA verpflichtet wird, den Be­scheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009 vom 02.09.2010 zu ändern und keine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG in Höhe von … € vorzunehmen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass das FA verpflichtet ist, den Hinzurech­nungsbetrag nach § 8 Nr. 5 GewStG in Höhe von … € zu korrigieren und dadurch den vortragsfähigen Gewerbeverlust um … € zu erhöhen. Die im streitigen Erhebungszeitraum von der B‑BVBA an die Klägerin ausge­schütteten Gewinnanteile erfüllen in dieser Höhe die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG.

1. § 8 Nr. 5 GewStG regelt u.a. die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Gewinnanteilen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, die bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Gewinns aus Gewerbebetrieb nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz geblieben sind (abzüglich nicht abziehbarer Aufwendungen nach § 8b Abs. 5 KStG). Im Streitfall betrifft dies einen Betrag in Höhe von … € (95 % der Bruttoausschüttung der B‑BVBA in Höhe von … €). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, so dass der Senat von weiteren Ausführungen absieht. Dies gilt auch für die Ent­scheidung des FG, die B‑BVBA im Rahmen des sog. Rechtstypenvergleichs als Kapitalgesellschaft einzuordnen. Insoweit sind keine Rechtsfehler erkennbar.

2. Allerdings ist eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG ausgeschlossen, soweit die Gewinnanteile die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen. Hierzu hat das FG rechtsfehlerfrei entschieden, dass die streitigen Ausschüttungen der B‑BVBA zwar nicht von § 9 Nr. 7 GewStG, aber von § 9 Nr. 2a GewStG erfasst werden. Dadurch entfällt die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG in Höhe von … €.

a) Das FG hat in den Senat bindender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die Geschäftsleitung der B‑BVBA im streitigen Erhebungszeitraum in Deutschland lag, die B‑BVBA keinen aktiven Tätigkeiten i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG nachging und sie zu weniger als 15 % an der mexikanischen M‑CV beteiligt war.

b) Auf Grundlage dieser Feststellungen hat das FG zutreffend entschieden, dass keine der Tatbestandsalternativen des § 9 Nr. 7 GewStG vorlag. Dies gilt auch für § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbsatz 2 GewStG, der tatbestandlich erfordert, dass Sitz und Geschäftsleitung der B‑BVBA im anderen Mitgliedstaat belegen wären. Da zwischen den Beteiligten insoweit kein Streit mehr besteht und Rechtsfehler nicht erkennbar sind, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.

c) Die Entscheidung des FG, stattdessen § 9 Nr. 2a GewStG anzuwenden, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.

aa) § 9 Nr. 2a GewStG gilt u.a. für Gewinne aus Anteilen an einer nicht steu­erbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind. Die letzte Voraussetzung spielt allerdings im Rahmen des § 8 Nr. 5 GewStG keine Rolle, da es hier gerade um die Hinzurechnung von Gewinnanteilen geht, die gemäß § 8b Abs. 1 KStG au­ßerbilanziell abgezogen worden sind (Senatsurteil vom 16.04.2014 ‑ I R 44/13, BFHE 245, 248, BStBl II 2015, 303; Senatsbeschlüsse vom 30.05.2014 ‑ I R 12/13, BFH/NV 2014, 1402; vom 09.11.2011 ‑ I B 62/11, BFH/NV 2012, 449).

bb) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) liegen die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG grundsätzlich vor. Insbesondere ist die B‑BVBA nach dem sog. Rechtstypenvergleich als Kapital­gesellschaft einzuordnen. Da die Klägerin im streitigen Erhebungszeitraum zu 100 % an der B‑BVBA beteiligt war, ist auch die Mindestbeteiligungsquote überschritten.

cc) Darüber hinaus erfüllte die B‑BVBA als doppelt ansässige Gesellschaft mit Sitz in Belgien und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland die Voraussetzun­gen einer "inländischen" Kapitalgesellschaft i.S. des § 9 Nr. 2a GewStG.

Die Einbeziehung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften in den Anwen­dungsbereich des § 9 Nr. 2a GewStG ist umstritten. Während ein Teil der Lite­ratur die Voraussetzung einer inländischen Kapitalgesellschaft zumindest bei denjenigen Gesellschaften bejaht, die ‑‑wie die B‑BVBA‑‑ ihren statutarischen Sitz im Ausland und ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben (vgl. Bergmann in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 9 Nr. 2a Rz 20; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 2a Rz 3; Rehfeld in Hallerbach/Nacke/Rehfeld, GewStG, § 9 Nr. 2a Rz 27; Rehfeld in Deloitte, GewStG, § 9 Nr. 2a Rz 5; Schnitter in Frotscher/Drüen, KStG/ GewStG/UmwStG, § 9 GewStG Rz 133; Brühl, Finanz-Rundschau 2019, 257, 262; Meining, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2015, 1309, 1313 f.; Schnitger, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2013, 82, 87; Suchanek/Hannweber, Die Unternehmensbesteuerung 2016, 441, 444 ff.; Weiss, Internationale Steuer-Rundschau 2019, 44, 45), fordert ein anderer Teil der Literatur einen doppel­ten Inlandsbezug, d.h. Sitz und Ort der Geschäftsleitung müssen sich im Inland befinden (Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 164 f.; Gosch, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht ‑‑JbFSt‑‑ 2019/2020, 390, 393 ff.; evtl. auch Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 2a Rz 16 f.).

Das FG hat sich zu Recht der zuerst genannten Auffassung angeschlossen. Ob auch doppelt ansässige Kapitalgesellschaften mit statutarischem Sitz im Inland und Ort der Geschäftsleitung im Ausland als inländische Kapitalgesellschaft i.S. des § 9 Nr. 2a GewStG anzusehen sind (vgl. Güroff, a.a.O.; Rehfeld in Hallerbach/Nacke/Rehfeld, a.a.O.; Rehfeld in Deloitte, a.a.O.; Schnitter, a.a.O.; Kollruss, IStR 2021, 344, 348 ff.; a.A. Bergmann in Wendt/Suchanek/ Möllmann/Heinemann, a.a.O., § 9 Nr. 2a Rz 21) oder sogar eine inländische Betriebsstätte ausreicht (vgl. Roser in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr. 2a Rz 16; a.A. Blumenberg, Steuerberater-Jahrbuch ‑‑StbJb‑‑ 2012/2013, 461, 468; Gosch, JbFSt 2019/2020, 390 f.), kann im Streitfall dahingestellt bleiben.

(1) § 9 Nr. 2a GewStG enthält keine Legaldefinition, was unter einer "inländi­schen" Kapitalgesellschaft zu verstehen ist. Auch dem Begriff selbst lässt sich kein zwingender doppelter Inlandsbezug entnehmen. Vielmehr eröffnet der Wortlaut einen Spielraum, auch diejenigen Kapitalgesellschaften zu erfassen, die zwar keinen statutarischen Sitz, aber ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben.

(2) Für die Einbeziehung solcher doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften mit inländischem Ort der Geschäftsleitung sprechen zunächst systematische Ge­sichtspunkte. Wegen des besonderen Besteuerungskonzepts der Gewerbe­steuer kann zwar grundsätzlich nicht auf die Regelungen anderer Steuergeset­ze zurückgegriffen werden (umfassend zu möglichen Ansatzpunkten ‑‑z.B. im Körperschaftsteuergesetz, Außensteuergesetz, Einkommensteuergesetz und Umsatzsteuergesetz‑‑ Meining, GmbHR 2015, 1309, 1311 ff., m.w.N.). Die Einbeziehung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften mit inländischem Ort der Geschäftsleitung ergibt sich aber aus der Systematik der gewerbesteuer­rechtlichen Schachtelprivilegien.

§ 9 Nr. 2 GewStG erfasst ausdrücklich Gewinnanteile sämtlicher in- und aus­ländischer Personengesellschaften. Die Gewinnanteile von Kapitalgesellschaf­ten sind dagegen zum einen in § 9 Nr. 2a GewStG und zum anderen in § 9 Nr. 7 GewStG geregelt. Da § 9 Nr. 7 GewStG ausdrücklich auf Kapitalgesell­schaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland beschränkt ist, muss im Umkehrschluss für § 9 Nr. 2a GewStG grundsätzlich ein einfacher Inlandsbe­zug ausreichen (a.A. Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 164b). Die Voraussetzung eines doppelten Inlandsbezugs hätte ‑‑wie in § 9 Nr. 7 GewStG der doppelte Auslandsbezug‑‑ ausdrücklich geregelt werden müssen. Zumin­dest für den Fall des inländischen Orts der Geschäftsleitung, der zu einer in­ländischen Gewerbesteuerpflicht führt, sind keine Anhaltspunkte erkennbar, weshalb das Gesetz doppelt ansässige Kapitalgesellschaften von der Anwen­dung der gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegien ausschließen sollte.

(3) Entscheidend ist letztlich der Zweck des gewerbesteuerrechtlichen Schach­telprivilegs gemäß § 9 Nr. 2a GewStG, eine gewerbesteuerliche Doppelbelas­tung sowohl auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft als auch auf Ebene ihres Anteilseigners zu vermeiden (vgl. Senatsurteile vom 01.07.1992 ‑ I R 5/92, BFHE 169, 224, BStBl II 1993, 131; vom 25.01.2006 ‑ I R 104/04, BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844; Senatsbeschluss vom 24.01.2012 ‑ I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175).

Zwar ist es richtig, dass das Regelungssystem des § 9 GewStG nicht sämtliche gewerbesteuerliche Doppelbelastungen ausschließt (vgl. Brandis/Heuermann/ Gosch, § 9 GewStG Rz 164b, und Gosch, StbJb 2019/2020, 390, 393, der auf zulässige Typisierungen ohne "schnittscharfe Sphärentrennung" verweist). Allerdings unterliegen doppelt ansässige Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland in gleicher Weise wie Kapital­gesellschaften mit doppeltem Inlandsbezug der inländischen Gewerbesteuer­pflicht. Aus welchem Grund es gerade in diesem Fall bei einer gewerbesteuer­lichen Doppelbelastung bleiben soll, obwohl nach § 9 Nr. 7 GewStG sogar Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland begünstigt werden, ist auch unter dem Gesichtspunkt einer Typisierung nicht ersichtlich.

Die Einbeziehung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Geschäftsleitung im Inland wird auch durch den Verweis des § 9 Nr. 2a GewStG auf inländische Kapitalgesellschaften "im Sinne des § 2 Abs. 2" GewStG bestätigt. Denn § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG erfasst nicht nur inländi­sche, sondern auch ausländische Rechtsformen. Dies galt nach Auffassung des Senats (Urteil vom 28.07.1982 ‑ I R 196/79, BFHE 136, 547, BStBl II 1983, 77) schon vor Einfügung des Wortes "insbesondere" in den Klammerzusatz durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vor­schriften vom 07.12.2006 (BGBl I 2006, 2782, BStBl I 2007, 4). Da § 9 Nr. 2a GewStG auf den gesamten Inhalt des § 2 Abs. 2 GewStG Bezug nimmt und gewerbesteuerliche Doppelbelastungen vermeiden soll, kann die Beschränkung auf inländische Kapitalgesellschaften nicht im Sinne eines strengen doppelten Inlandsbezugs verstanden werden. Vielmehr reicht es aus, wenn der Inlands­bezug durch eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte hergestellt wird. Aus dem gleichen Grund lässt sich dem Adjektiv "inländisch" im Übrigen auch keine Begrenzung auf Kategorien des inländischen Gesellschaftsrechts ent­nehmen (a.A. Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 164; Kollruss, IStR 2021, 344, 348; wohl auch Roser in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr. 2a Rz 16 f.).

(4) Ob darüber hinaus auch eine unionsrechtskonforme Auslegung für die An­wendung des § 9 Nr. 2a GewStG spricht (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union EV vom 20.09.2018 ‑ C‑685/16, EU:C:2018:743, BStBl II 2019, 111 zu § 9 Nr. 7 GewStG) oder gegebenenfalls die sog. Stand-still-Klau­sel gemäß Art. 64 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Ge­meinschaft (ABlEU 2008, Nr. C 115, 47) Wirkung entfaltet (vgl. Brandis/ Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 164d; s.a. Kollruss, IStR 2014, 51), kann unter diesen Umständen unentschieden bleiben.

dd) Des Weiteren ist das FG ohne Verfahrensfehler davon ausgegangen, dass die Gewinnausschüttung der M‑CV in vollem Umfang der inländischen Ge­schäftsleitungsbetriebsstätte der B‑BVBA zuzuordnen war. Die zugrunde lie­gende Sachverhaltswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG zumindest möglich und damit für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

Soweit das FA eine unzureichende Sachverhaltsermittlung rügt, weil das FG nicht ermittelt habe, ob die B‑BVBA noch weitere in- oder ausländische Be­triebsstätten unterhalte, denen die Gewinnanteile zumindest teilweise zuge­rechnet werden könnten, hat es damit keinen Erfolg. Das FG hat ausdrücklich festgestellt, dass der Unternehmensgegenstand der B‑BVBA "das Halten und Verwalten von Beteiligungen" war und sie sich "wirtschaftlich auf die Verwal­tung ihrer eigenen Beteiligungen beschränkte". Außerdem hat das FG festge­stellt, dass die B‑BVBA keinen aktiven Tätigkeiten i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG nachgegangen ist. Da auch keine sonstigen Umstände vorgetragen wurden oder aus den Akten erkennbar sind, die Anhaltspunkte für weitere Be­triebsstätten der B‑BVBA bieten, reichen diese tatsächlichen Feststellungen aus, um die Gewinnanteile der M‑CV in revisionsrechtlich nicht zu beanstan­dender Weise der inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte der B‑BVBA zuzuordnen.

3. Soweit das FA rügt, die Klägerin habe in der ersten Instanz unter Berück­sichtigung des § 297 der Zivilprozessordnung (i.V.m. § 155 Satz 1 FGO) kei­nen formgerechten Antrag gestellt, liegt darin kein Verfahrensmangel, der zu einer Aufhebung der Vorentscheidung und zu einer Zurückverweisung der Sa­che an das FG führt. Insbesondere fehlt eine Darlegung des FA, inwiefern die Entscheidung des FG auf der unterlassenen Antragsverlesung beruht (vgl. all­gemein Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 26.01.1995 ‑ IV R 54/93, BFHE 177, 18, BStBl II 1995, 473; BFH-Beschluss vom 02.11.2000 ‑ X B 86/00, BFH/NV 2001, 475 zu einer nicht verlesenen Zeugenaussage; s.a. Brandis in Tipke/Kruse, § 94 FGO Rz 11, m.w.N.), zumal kein Streit besteht, dass die vom FG protokollierten Anträge den Willen der Klägerin zutreffend wiedergeben. Auf weitere Ausführungen dazu wird verzichtet (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).

4. Der Hilfsantrag des FA, den Tenor des angefochtenen Urteils gemäß § 107 FGO zu berichtigen, ist ebenfalls zurückzuweisen.

a) Der Senat ist nach Einlegung der Revision für die Entscheidung über einen Antrag nach § 107 FGO zuständig (z.B. Senatsurteil vom 09.05.2012 ‑ I R 91/10, BFH/NV 2012, 2004; s.a. Brandis in Tipke/Kruse, § 107 FGO Rz 7, m.w.N.).

b) Das FA weist zutreffend darauf hin, dass unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG bereits die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG unter­bleibt. Dies bedeutet, dass es "technisch" nicht zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG kommt, die erst anschließend wieder nach § 9 Nr. 2a GewStG gekürzt wird.

Allerdings folgt daraus keine Berichtigung des Tenors der Vorentscheidung nach § 107 FGO. Insofern fehlt eine offenbare Unrichtigkeit. Dem Tenor lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass das FG in einem ersten Schritt eine ge­werbesteuerrechtliche Hinzurechnung und erst in einem zweiten Schritt die gewerbesteuerrechtliche Kürzung anordnen wollte. Vielmehr kann die Formu­lierung, dass der im angefochtenen Bescheid berücksichtigte Hinzurechnungs­betrag "nach den Vorschriften der gewerbesteuerlichen Kürzung vom Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder abgezogen wird", auch als schlichter Verweis auf die Verschachtelung des § 8 Nr. 5 GewStG mit § 9 Nr. 2a und 7 GewStG ver­standen werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es im Streitfall um die Korrektur einer im angefochtenen Bescheid bereits vorgenommenen Hinzu­rechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG geht. Im Übrigen würde sich die Höhe des korrigierten vortragsfähigen Gewerbeverlustes durch die Berechnungsweise nicht ändern.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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