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BFH: Zurechnung von Grundstücken nach Abschluss einer Vereinbarungstreuhand

  1. Hat das FA in einem Feststellungsbescheid nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG Feststellungen zu mehreren Grundstücken getroffen, von denen eines oder mehrere nicht in die Feststellungen hätte einbezogen werden dürfen, ist der Bescheid insgesamt rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Eine bloße Än­derung oder nur teilweise Aufhebung des Feststellungsbescheids ist nicht mög­lich.
  2. Ein inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Entste­hung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang zuzurechnen, wenn sie zuvor in Bezug auf die­ses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbsvor­gang verwirklicht hat.
  3. Für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG ist es ihr nicht mehr zuzurechnen, wenn ein Dritter in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fal­lenden Erwerbsvorgang verwirklicht hat.
  4. Der BFH kann über die Entscheidung des FG hinaus zu Lasten des Revisi­onsklägers in der Sache entscheiden, wenn die Entscheidung eine unvermeid­bare Folge einer prozessual gebotenen Aufhebung des angefochtenen Urteils und der erneuten Entscheidung über den Klageantrag ist.

FGO § 96 Abs. 1 Satz 2, § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 121
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3, § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2

BFH-Urteil vom 14.12.2022, II R 40/20 (veröffentlicht am 30.3.2023)

Vorinstanz: Hessisches FG vom 12.11.2020, 5 K 2582/11 = SIS 21 01 68

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, erwarb durch Kauf­vereinbarung vom 19.04.2004 von der MG 100 % der Anteile an der DN. Die DN war teils mittelbar, teils unmit­telbar zu insgesamt 100 % an drei GmbHs beteiligt, die Eigentümer inländi­schen Grundbesitzes in verschiedenen Bundesländern und Finanzamtsbezirken waren.

Mit Treuhandverträgen vom 20.12.2002 hatte die MG mit den GmbHs jeweils eine Vereinbarungstreuhand begründet. Danach hielten die GmbHs als Treu­händer mit Wirkung ab dem 31.12.2002 einen erheblichen Teil der zu ihrem bisherigen Geschäftsbetrieb gehörenden Vermögensgegenstände einschließlich Grundbesitz, jedoch ohne Beteiligungen, für Rechnung und Gefahr der MG als Treugeber.

Parallel zur Kaufvereinbarung vom 19.04.2004 übertrug MG sämtliche Rechte und Pflichten aus den Treuhandverträgen auf Tochtergesellschaften der Kläge­rin. Auch für diese Übertragungen wurde ‑‑ebenso wie bereits zuvor für die Treuhandvereinbarungen vom 20.12.2002‑‑ Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes in der 2004 geltenden Fassung (GrEStG) festgesetzt.

Mit Bescheid vom 04.12.2009 stellte das seinerzeit zuständige Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für den unmittelbaren Er­werb der Anteile an der DN aufgrund Kaufvereinbarung vom 19.04.2004 ge­sondert fest. Neben den im Eigentum der drei GmbHs befindlichen Grundstü­cken erfasste der Bescheid ein im Eigentum einer Tochtergesellschaft einer der GmbHs stehendes Gebäude in Z. Der Feststellungsbescheid wurde am 17.12.2009 aus im Revisionsverfahren nicht streitigen Gründen ge­ändert. Der gegen den Bescheid vom 04.12.2009 in Gestalt des Änderungsbe­scheids vom 17.12.2009 eingelegte Einspruch wurde durch Einspruchsent­scheidung vom 07.10.2011 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG), während dessen ein gesetzli­cher Beteiligtenwechsel zugunsten des Beklagten und Revisionsklägers (Fi­nanzamt ‑‑FA‑‑) stattfand, beantragte die Klägerin sinngemäß, die Bescheide dahingehend zu ändern, dass die Feststellungen nur in Bezug auf das Gebäude in Z verbleiben und im Übrigen aufgehoben werden.

Das FG gab der Klage in der so formulierten Weise statt und führte im Wesent­lichen aus, durch die Kaufvereinbarung sei zwar ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG verwirklicht worden. Die Grundstücke hätten zunächst auch der DN "gehört" i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG, da sie zu 100 % an den GmbHs beteiligt gewesen sei. Diese Zurechnung habe jedoch bereits vor dem Stichtag 19.04.2004 geendet, da der Grundbesitz durch die Treuhandverträge vom 20.12.2002 Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs i.S. des § 1 Abs. 1 oder zumindest nach § 1 Abs. 2 GrEStG gewesen sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 477 veröffentlicht.

Mit seiner Revision macht das FA eine Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 sowie des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG geltend. Die Treuhandver­einbarungen vom 20.12.2002 stellten kein Verpflichtungsgeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG dar. Bei Begründung einer Vereinbarungstreuhand könne es lediglich zu einem Übergang der Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG, nicht aber zu einem Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG kommen. Bei der Übertragung der Verwertungsbefugnis wiederum würden zi­vilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinanderfallen. Daher könne grunderwerbsteuerrechtlich eine doppelte Zurechnung ‑‑beim Treuhänder als zivilrechtlichem und beim Treugeber als wirtschaftlichem Eigentümer‑‑ vorge­nommen werden. Die der MG eingeräumte Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG ändere nichts daran, dass die Grundstücke i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nach wie vor zum Vermögen der GmbHs gehörten und über die Beteiligung der DN an diesen GmbHs daher auch der DN zuzurechnen gewesen seien.

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Treuhandverträge vom 20.12.2002 seien Rechtsgeschäfte i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, sodass die Grundstücke am Steuerstichtag nicht mehr i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG der MG "gehört" hätten. Aber selbst wenn man da­von ausgehe, dass der MG aufgrund der Vereinbarungstreuhand lediglich eine Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG eingeräumt worden sei, seien die Grundstücke nur noch der MG als Treugeber und wirtschaftlichem Eigentü­mer zuzurechnen gewesen.

II. Die Revision ist begründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsord­nung ‑‑FGO‑‑). Die Vorentscheidung ist schon aus verfahrensrechtlichen Grün­den aufzuheben, weil dem FG die Befugnis zu der von ihm vorgenommenen Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids fehlte (dazu 1.). Über den Antrag der Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren ist erneut zu ent­scheiden (dazu 2.). Die Sache ist spruchreif. Der Feststellungsbescheid vom 04.12.2009, der Änderungsbescheid vom 17.12.2009 und die Einspruchsent­scheidung vom 07.10.2011 sind rechtswidrig und daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). § 1 Abs. 3 GrEStG ist nicht erfüllt, da die Grundstücke am 19.04.2004 der DN nicht mehr i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG "gehörten" (dazu 3.).

1. Die Vorentscheidung war bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzu­heben. Das FG durfte den angefochtenen Feststellungsbescheid nicht nach § 100 Abs. 2 FGO ändern.

a) Fehlt dem FG die Befugnis zu der von ihm vorgenommenen Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheids, ist sein Urteil aufzuheben (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15.10.2014 ‑ II R 14/14, BFHE 248, 228, BStBl II 2015, 405).

b) Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Bescheid über die gesonderte Feststel­lung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG. Nach dieser Vorschrift werden die Besteuerungsgrundla­gen in den Fällen des § 1 Abs. 2a und 3 (heute Abs. 2a bis 3a) GrEStG durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft be­findet, gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks dieses Finanz­amts liegendes Grundstück oder ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieses Finanzamts liegenden Grundstücks betroffen wird.

Die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 GrEStG hat für alle von einem der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechts­vorgang betroffenen Grundstücke in nur einem Verwaltungsakt zu erfolgen (BFH-Urteil in BFHE 248, 228, BStBl II 2015, 405, Rz 22; vgl. auch BFH-Urteil vom 15.06.1994 ‑ II R 120/91, BFHE 174, 465, BStBl II 1994, 819).

c) Hat das Finanzamt in einem solchen Feststellungsbescheid Feststellungen zu mehreren Grundstücken getroffen, von denen eines oder mehrere nicht in die Feststellungen hätten einbezogen werden dürfen, ist der Bescheid insge­samt rechtswidrig und deshalb nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufzuheben. Ei­ne bloße Änderung oder nur teilweise Aufhebung des Feststellungsbescheids nach § 100 Abs. 2 FGO ist nicht möglich. Die Änderung der Angabe der betrof­fenen Grundstücke stellt insbesondere keine bloß betragsmäßige Änderung der Besteuerungsgrundlagen dar.

d) Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen, sodass sein Urteil auf­zuheben ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob Ziffer 1 des Tenors des FG-Urteils hinreichend bestimmt ist, insbesondere, ob durch die Angabe "... die Feststellungen zu den betroffenen Grundstücken mit Ausnahme ..." in Ver­bindung mit der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Grundstücksliste die durch die Anteilsvereinigung betroffenen Grundstücke so ausreichend be­zeichnet sind, dass das FA den Bescheid umsetzen kann.

2. Nach der Aufhebung der Vorentscheidung ist erneut über den im finanzge­richtlichen Verfahren gestellten Antrag zu entscheiden.

Der Antrag der Klägerin im FG-Verfahren ist dahingehend zu verstehen, dass sie die vollumfängliche Aufhebung des Feststellungsbescheids, des Änderungs­bescheids und der Einspruchsentscheidung begehrt. Die Klägerin hatte zwar zuletzt selbst einen eingeschränkten Antrag formuliert. Ein unter Verkennung der Entscheidungsmöglichkeiten nach § 100 FGO gestellter Antrag kann aber dahingehend sachdienlich ausgelegt werden, dass die Aufhebung aller ange­fochtenen Bescheide begehrt wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 248, 228, BStBl II 2015, 405). Dies entspricht sinngemäß dem ursprünglichen Antrag der Kläge­rin im FG-Verfahren mit Schriftsatz vom 25.11.2011.

Der BFH darf im Revisionsverfahren zwar nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht über das Klagebegehren hinausgehen, ist aber an die Fas­sung der Anträge nicht gebunden. Er kann diesbezüglich die Klageschrift selbst auslegen (vgl. BFH-Urteil vom 06.07.1999 ‑ VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306, unter I.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel das gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht. Nur eine solche Auslegung trägt dem Grundsatz der Rechtsschutz gewährenden Auslegung nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes Rechnung (BFH-Beschluss vom 02.07.2012 ‑ III B 101/11, BFH/NV 2012, 1628, Rz 9, m.w.N.).

3. Der so ausgelegte Antrag der Klägerin hat Erfolg. Der Feststellungsbescheid vom 04.12.2009, der Änderungsbescheid vom 17.12.2009 und die Einspruchs­entscheidung vom 07.10.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie waren daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Grundstücke am 19.04.2004 der DN nicht mehr i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG "gehörten" (dazu a). Entgegen der Auffassung des FG konnte der Fehler des FA in dem angegriffe­nen Bescheid aber nicht durch dessen Änderung behoben werden. Vielmehr waren der Bescheid, der Änderungsbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben (dazu b). Der vollständigen Aufhebung der Bescheide steht auch das Verböserungsverbot nicht entgegen (dazu c).

a) Am 19.04.2004 "gehörten" die Grundstücke der DN nicht mehr i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG.

aa) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt der Steuer, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a (heute auch Abs. 2b) GrEStG nicht in Betracht kommt, u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 % (heute 90 %) der Anteile der Gesellschaft begründet (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG).

(1) Ob ein Grundstück i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG zum Vermögen der Gesell­schaft "gehört", richtet sich weder nach dem Zivilrecht noch nach § 39 der Ab­gabenordnung. Maßgebend ist vielmehr die grunderwerbsteuerrechtliche Zu­rechnung (vgl. BFH-Urteile vom 11.12.2014 ‑ II R 26/12, BFHE 247, 343, BStBl II 2015, 402, Rz 18, und vom 01.12.2021 ‑ II R 44/18, BFHE 275, 373, Rz 22).

(a) Ein inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Entste­hung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang zuzurechnen, wenn sie zuvor in Bezug auf die­ses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen unter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbsvor­gang verwirklicht hat. Für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG ist es ihr nicht mehr zuzurechnen, wenn ein Dritter in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1 GrEStG (und die Verwertungsbefugnis einschließenden) oder einen un­ter § 1 Abs. 2 GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht hat.

(b) Ein (nach den Grundsätzen unter (a)) einer anderen Gesellschaft zuzurech­nendes inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft im Zeitpunkt der Entste­hung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang (hinsichtlich der Anteile an dieser Gesellschaft) zuzurechnen, wenn sie zuvor hinsichtlich dieses Grundstücks einen unter § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG fallenden (fiktiven) Erwerbsvorgang verwirklicht hat. Für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG ist es ihr jedoch in dem Moment nicht mehr zuzurechnen, in dem ein Dritter in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht. Dasselbe gilt, wenn ihre Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft un­ter 95 % (heute 90 %) sinkt oder der grundbesitzenden Gesellschaft nach den unter (a) genannten Grundsätzen das Grundstück nicht mehr zuzurechnen ist.

(c) Soweit der Senat für Erwerb und Verlust der Zurechnung bisher auf Er­werbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 bis (!) 3a GrEStG abgestellt hat, läuft die For­mulierung für Erwerbe nach § 1 Abs. 2a (heute auch Abs. 2b) GrEStG, die le­diglich eine neue Gesellschaft fingieren und bei denen sich die grunderwerb­steuerrechtliche Zurechnung nicht ändert, leer. Der Senat hält insoweit daran nicht fest.

(d) Entsprechendes gilt für die Zurechnung eines Grundstücks für Zwecke des § 1 Abs. 2a (heute auch Abs. 2b) und Abs. 3a GrEStG, denn auch diese Tatbe­stände betreffen Gesellschaften, denen ein Grundstück "gehört".

Die Verwirklichung von anderen Erwerbstatbeständen nach § 1 GrEStG bleibt hiervon ausdrücklich unberührt.

(2) Die vorstehenden Grundsätze finden auch bei mehrstöckigen Beteiligungen Anwendung. Ein Grundstück einer Untergesellschaft ist einer Obergesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich nur zuzurechnen, wenn die Obergesellschaft selbst es aufgrund eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG erworben hat. Der bloße Erwerb des Grundstücks durch die Untergesellschaft führt nicht zu einer automatischen Zurechnung bei der Ober­gesellschaft bzw. im Falle mehrstöckiger Beteiligungsketten bei den Oberge­sellschaften. Das bloße Halten einer Beteiligung in einer bestimmten Höhe stellt selbst keinen grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgang dar (BFH-Urteil in BFHE 275, 373, Rz 25).

(3) Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechts­vorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Dadurch sollen Sachverhalte erfasst wer­den, bei denen es zwar nicht ‑‑wie in den Fällen des § 1 Abs. 1 GrEStG‑‑ zu einem Rechtsträgerwechsel, d.h. zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit im Außenverhältnis kommt, bei denen der Eigentümer einem anderen aber im Innenverhältnis so weitgehende Möglichkeiten zur Einflussnahme hinsichtlich des Grundstücks einräumt, dass dieser und nicht mehr der Eigentümer über die Verwertung des Grundstücks entscheiden kann.

Eine Verwertungsbefugnis des Auftraggebers i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG kann auch bei Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses zwischen dem Auftragge­ber und dem Beauftragten gegeben sein. In solchen Fällen unterliegt gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG die damit dem Auftraggeber verschaffte Verwertungsbefug­nis der Grunderwerbsteuer (vgl. BFH-Urteil vom 20.04.2016 ‑ II R 54/14, BFHE 253, 276, BStBl II 2016, 715, Rz 10 f., zu einer Übertragungstreuhand). Da dieser Steuertatbestand ebenso wie die Tatbestände des § 1 Abs. 1, Abs. 2a (heute auch Abs. 2b), Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG den wirtschaftlichen Zugriff auf das Grundstück zu erfassen suchen, ist es gerechtfertigt, bei Ausei­nanderfallen von Eigentum und Verwertungsbefugnis die Zurechnung eines Grundstücks für Zwecke jener Erwerbstatbestände an die Verwertungsbefugnis und nicht mehr an das wirtschaftlich bedeutungslos gewordene Eigentum an­zuknüpfen.

bb) Danach "gehörten" die Grundstücke der GmbHs am 19.04.2004 der DN nicht mehr i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG. Denn sie waren zuvor bereits Gegen­stand eines Veräußerungsvorgangs entweder i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG gewesen.

Sind die Treuhandverträge vom 20.12.2002 dahingehend auszulegen, dass sie einen Übereignungsanspruch für die MG begründet haben, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt, anderenfalls wurde die Verwertungsbefug­nis an dem Grundbesitz i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG auf die MG übertragen. In beiden Fällen waren die Grundstücke aufgrund der Treuhandverträge für Zwe­cke des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG am 19.04.2004 der MG, aber jedenfalls nicht (mehr) der DN grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen.

Es kann dahinstehen, ob die Grundstücke der DN jemals "gehörten", d.h. ihr aufgrund eines entsprechenden Erwerbstatbestands grunderwerbsteuerrecht­lich zuzurechnen waren. Jedenfalls hätte eine solche Zurechnung spätestens mit Abschluss der Treuhandverträge vom 20.12.2002 geendet.

b) Da die damit gegebene Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Feststellungsbe­scheids nicht durch dessen bloße Änderung behoben werden konnte (dazu oben I.1.), waren dieser Bescheid, der vorangegangene Bescheid und die Ein­spruchsentscheidung aufzuheben.

c) Die über das Urteil des FG hinausgehende vollständige Aufhebung der Be­scheide ist zulässig, obwohl nur das FA gegen das Urteil des FG Revision ein­gelegt hatte.

Grundsätzlich gilt auch im Revisionsverfahren das Verböserungsverbot gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO, durch welches der BFH die Rechtsposition des Revisionsklägers im Vergleich zum angefochtenen Urteil nicht verschlechtern darf, wenn kein anderer Beteiligter Revision eingelegt hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.03.2006 ‑ VII R 12/05, BFHE 212, 388, BStBl II 2006, 584; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 121 Rz 1, m.w.N.). Im Streitfall hingegen ist die Verböserung eine unvermeidbare Folge der Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen des Fehlens einer Änderungs­befugnis des FG nach § 100 Abs. 2 FGO und der erneuten Entscheidung über den Klageantrag (vgl. BFH-Urteil vom 06.03.1990 ‑ II R 63/87, BFHE 159, 555, BStBl II 1990, 504, unter 2.).

4. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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