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BFH: Verwendung von Biogas zur Erzeugung von Strom

1. Strom wird nur dann i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG "aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt", wenn dabei tatsächlich ‑‑physikalisch‑‑ und nicht nur bei einer kaufmännisch-bilanziellen Betrachtungsweise erneuerbare Energie­träger verwendet werden.

2. Strom, der mit einem aus dem öffentlichen Versorgungsnetz entnommenen Gasgemisch erzeugt wird, das neben Erdgas auch aus Biomasse erzeugtes Gas enthält, ist nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG von der Steuer befreit, weil Strom aus erneuerbaren Energieträgern nach § 2 Nr. 7 StromStG nur dann vorliegt, wenn er ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse erzeugt wird.

StromStG §§ 2 Nr. 7, 9 Abs. 1 Nr. 1

BFH-Beschluss vom 17.01.2023, VII R 54/20 (veröffentlicht am 4.5.2023)

Vorinstanz: FG München vom 24.09.2020, 14 K 2221/18 = SIS 21 06 92

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Energieversorgungsunter­nehmen, das Letztverbraucher mit elektrischem Strom beliefert. Sie hat eine Versorgererlaubnis gemäß § 4 des Stromsteuergesetzes in der Fassung des Jahres 2015 (StromStG). An zwei Standorten erzeugte sie in Blockheizkraft­werken (BHKW) Strom, den sie teilweise an Letztverbraucher lieferte und im Übrigen in das öffentliche Versorgungsnetz einspeiste.

Das Gas zur Erzeugung des Stroms in den BHKW entnahm die Klägerin aus dem öffentlichen Gasnetz, in das u.a. Biogas, das in einer Biogas-Aufberei­tungsanlage eines Dritten erzeugt wurde, eingeleitet wurde und sich dort mit dem übrigen Gas vermischte. Aufgrund eines sog. Massebilanzsystems konnte das entnommene Gas kaufmännisch-bilanziell dem eingespeisten Biogas zuge­rechnet werden. Tatsächlich wurde ein Gasgemisch entnommen.

Mit Steueranmeldung vom 23.05.2016 erklärte die Klägerin für das Streitjahr 2015 eine Stromsteuer in Höhe von … € zum Regelsteuersatz. In der Folge machte sie die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG für die Stromlieferungen an Letztverbraucher von einem BHKW für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.03.2015 geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) setzte die Erstattung zunächst antragsgemäß mit Be­scheid vom 14.12.2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Mit weite­rem Schreiben vom 27.12.2016 beantragte die Klägerin die entsprechende Steuerbefreiung für den Anschlusszeitraum vom 01.04. bis 31.12.2015.

Nachdem das HZA im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme zu der Fest­stellung gelangt war, dass das BHKW lediglich bei einer kaufmännisch-bilan­ziellen Betrachtungsweise mit Biogas betrieben werde, setzte es mit Bescheid vom 23.08.2017 die Stromsteuer für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.03.2015 erneut fest und forderte Stromsteuer in Höhe von … € zurück. Den An­trag auf Erstattung der Stromsteuer für den Anschlusszeitraum vom 01.04. bis 31.12.2015 lehnte das HZA mit Bescheid vom selben Tag ab.

Mit Schreiben vom 27.12.2017 gab die Klägerin eine korrigierte Steueranmel­dung beim HZA ab. Dabei machte sie für das Jahr 2015 nunmehr für beide BHKW die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG geltend.

Das HZA lehnte die Änderung der festgesetzten Stromsteuer und die damit verbundene Erstattung für das Kalenderjahr 2015 mit Bescheid vom 07.03.2018 ab, weil kein Strom aus erneuerbaren Energieträgern für den Be­trieb der BHKW verwendet worden sei.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Klä­gerin stehe kein Anspruch auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG für den in den BHKW erzeugten Strom zu, weil es dabei auf eine physikalische Verwendung von Biogas zur Erzeugung von Strom ankomme. Der Begriff der Biomasse in § 2 Nr. 7 StromStG umfasse nur die physikalische Betrachtung und nicht auch die kaufmännisch-bilanzielle. Zwar enthalte das StromStG selbst keine Definition; in § 1b der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (StromStV) werde jedoch auf die Definition in der Verordnung über die Erzeugung von Strom aus Biomasse (BiomasseV) ver­wiesen, in der auf eine stoffliche Betrachtung abgestellt werde. Ein Gemisch von begünstigtem und nicht begünstigtem Gas sei nicht begünstigt, was sich aus dem Merkmal der Ausschließlichkeit in § 2 Nr. 7 StromStG ergebe. Diese Auslegung entspreche der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/40, S. 11). Aus der Formulierung "unvermischt" in § 28 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) lasse sich kein Umkehrschluss für § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG ziehen, zumal in § 2 Nr. 7 StromStG das Merkmal der Ausschließlichkeit ent­halten sei. Diesem Ergebnis stehe schließlich auch das Unionsrecht nicht ent­gegen. Denn nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Ra­tes vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvor­schriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ‑‑EnergieStRL‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2003, Nr. L 283, 51) handele es sich um eine fakultative Steuerbefreiung; deshalb könnten die Mitgliedstaaten diese Steuerbefreiung auch einschränkend ausgestalten und die Befreiung auf die physikalische Betrachtung beschränken.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie trägt vor, das FG habe die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG verkannt. Auch bei kaufmännisch-bilanziellem Biogas handele es sich um einen erneuerbaren Energieträger nach § 2 Nr. 7 StromStG. Aus dem Wortlaut des § 2 Nr. 7 StromStG ergebe sich keine Einschränkung.

Die systematische Auslegung stütze die Ansicht der Klägerin. Der Begriff der Biomasse werde nach § 1b Abs. 2 StromStV durch Verweis auf die BiomasseV definiert. Diese Verordnung sei originär für die Zwecke des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) verfasst worden. Dieses wiederum unter­stütze die räumliche Entkopplung von Biogaserzeugung und ‑verstromung. Das gelte über den Verweis in § 1b Abs. 2 StromStV auch im Anwendungsbe­reich des StromStG.

Für eine Einbeziehung von kaufmännisch-bilanziellem Biogas spreche ein Ver­gleich der Zielsetzungen des StromStG und des EEG. Ursprüngliches Ziel der Steuerbefreiung für erneuerbare Energieträger sei deren Förderung, um einen Ausbau der Stromerzeugung zu erreichen; zur Zielerreichung sei eine mög­lichst weite Auslegung des Anwendungsbereichs geboten. Auch das EEG ver­folge das Ziel, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern. Der strom­steuerrechtliche Befreiungstatbestand sei als Vorschrift mit dem Ziel der För­derung des Ausbaus erneuerbarer Energien gleich dem EEG auszulegen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 1b Abs. 1 StromStV, welcher die sog. Stützfeuerung regele. Der Einsatz einer solchen Stützfeuerung sei mit dem Einsatz von kaufmännisch-bilanziellem Biogas nicht vergleichbar. Des Weiteren zeige der Vergleich mit § 28 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG, dass vom Be­griff der Biomasse i.S. des § 2 Nr. 7 StromStG sowohl physikalisches als auch kaufmännisch-bilanzielles Biogas umfasst sei. Denn in § 28 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG sei eine Energiesteuerbefreiung für "gasförmige Biokraft- und Bio­heizstoffe" geregelt, wobei der Gesetzgeber durch Verwendung der Formulie­rung "unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen" deutlich gemacht habe, dass es auf eine physikalische Betrachtung ankomme. Eine solche Klarstellung fehle in § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG. Der Begriff "ausschließlich" in § 2 Nr. 7 StromStG sei nicht mit der Einschränkung "unvermischt" gleichzusetzen.

Die unionsrechtlichen Grundlagen sprächen ebenfalls für eine weite Auslegung. Der Wortlaut der EnergieStRL weise kein einschränkendes Element auf, wel­ches auf eine ausschließlich physikalische Betrachtung hindeute. Nach der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG ‑‑Erneuerbare-Energien-Richtlinie‑‑ (ABlEU 2009, Nr. L 140, 16) sei auch kaufmännisch-bilanzielles Biogas erfasst. Demzufolge sei auch der Begriff der Biomasse in der EnergieStRL entsprechend weit auszulegen. Zwar handele es sich bei der Steuerbegünstigung um eine fakultative Steuer­begünstigung; die Mitgliedstaaten müssten jedoch bei der Umsetzung die uni­onsrechtlichen Grundlagen beachten. Danach umfasse der Biomassebegriff auch kaufmännisch-bilanzielles Biogas.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das HZA unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils sowie des Bescheids vom 07.03.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.07.2018 zu verpflichten, für das Kalenderjahr 2015 gemäß dem Korrekturantrag der Klä­gerin vom 27.12.2017 Stromsteuer in Höhe von insgesamt … € festzusetzen.

Das HZA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. 1. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet wor­den und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

2. Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG für den in den BHKW erzeug­ten Strom zusteht, weil es auf die physikalische Verwendung des Biogases zur Erzeugung von Strom ankommt und die Klägerin lediglich bei einer kaufmän­nisch-bilanziellen Betrachtungsweise Biogas verwendet hat.

a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung ist Strom von der Steuer befreit, der in Anlagen mit einer elektrischen Nenn­leistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und vom Betreiber der Anlage am Ort der Erzeugung zum Selbstverbrauch entnommen wird. Strom aus erneuerbaren Energieträgern ist gemäß § 2 Nr. 7 StromStG "Strom, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenener­gie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse erzeugt wird, ausge­nommen Strom aus Wasserkraftwerken mit einer installierten Generatorleis­tung über zehn Megawatt".

aa) Der in § 2 Nr. 7 StromStG verwendete Begriff der Biomasse ist im StromStG nicht definiert.

Nach § 1b Abs. 2 StromStV in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Ände­rung der Energiesteuer- und der Stromsteuer-Durchführungsverordnung vom 24.07.2013 (BGBl I 2013, 2763) versteht man unter Biomasse i.S. des § 2 Nr. 7 StromStG ausschließlich Stoffe, die nach der Biomasseverordnung vom 21.07.2001 (BGBl I 2001, 1234), die zuletzt durch Art. 5 Abs. 10 des Gesetzes vom 24.02.2012 (BGBl I 2012, 212) geändert worden ist, in der jeweils gel­tenden Fassung als Biomasse anerkannt werden. Durch diesen Verweis sollte Rechtssicherheit erreicht werden (Referentenentwurf, S. 44). Die Ermächti­gungsgrundlage für diese Regelung enthält § 11 Nr. 8 Buchst. a StromStG, wonach das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt wird, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, zur Verfahrensvereinfachung und zur Vermeidung unangemessener wirtschaftlicher Belastungen Bestimmungen zu § 9 StromStG zu erlassen und dabei insbesondere die Voraussetzungen für die steuerbegünstigte Entnahme von Strom einschließlich der Begriffe näher zu bestimmen sowie das Erlaubnisverfahren zu regeln und die Erlaubnis allgemein zu erteilen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BiomasseV sind Biomasse im Sinne dieser Verord­nung Energieträger aus Phyto- und Zoomasse. Dazu gehören insbesondere aus Biomasse im Sinne des Absatzes 1 durch Vergasung oder Pyrolyse erzeug­tes Gas und daraus resultierende Folge- und Nebenprodukte (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 BiomasseV).

Das im vorliegenden Streitfall in der Biogas-Aufbereitungsanlage erzeugte Gas ist somit ein erneuerbarer Energieträger.

bb) Aus der Verwendung des Begriffs "ausschließlich" im Rahmen der Defini­tion in § 2 Nr. 7 StromStG ergibt sich allerdings, dass die Herstellung von Strom mit Gas aus dem allgemeinen Gasnetz, in das Biogas eingeleitet worden ist und sich mit dem dort vorhandenen Erdgas vermischt hat, nicht begünstigt ist (vgl. Möhlenkamp/Milewski, Energiesteuergesetz, Stromsteuergesetz, 2. Aufl., § 9 Rz 12; Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, Energiesteuer, Stromsteuer, § 9 Rz 11; Leingärtner/Jatzke, Besteuerung der Landwirte, Kap. 122 Rz 8 und 9; vgl. auch Informationsschreiben der Generalzolldirektion ‑‑GZD‑‑, Informationen zum Gesetz zur Neuregelung von Stromsteuerbefrei­ungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften vom 22.06.2019, BGBl I 2019, 856, Stand 17.07.2019, S. 7, und GZD, Informatio­nen zu den Steuerbefreiungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StromStG mit Hinweisen zu den Wechselwirkungen der Stromsteuerbefreiungen zu den För­derungen nach dem EEG und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, Stand Februar 2017, S. 5).

Dass § 2 Nr. 7 StromStG in diesem Sinne zu verstehen ist, zeigt die Ausnah­meregelung in § 1b Abs. 1 StromStV (eingeführt durch die Verordnung zur Än­derung der Energiesteuer- und der Stromsteuer-Durchführungsverordnung vom 20.09.2011, BGBl I 2011, 1890). Mit dieser Regelung hat der Verord­nungsgeber die insoweit in § 11 Nr. 9 Satz 1 StromStG eröffnete Ermächti­gung genutzt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung im Verord­nungswege auf das Erfordernis der Ausschließlichkeit bei der Stromerzeugung aus Deponie‑, Klärgas oder Biomasse zu verzichten, wenn die Zuführung an­derer Energieträger technisch zwingend erforderlich ist. Nach § 1b Abs. 1 StromStV wird auf das Erfordernis der Ausschließlichkeit in § 2 Nr. 7 StromStG verzichtet, soweit eine Stromerzeugung aus Deponiegas, Klärgas oder Biomas­se nur durch eine Zünd- oder Stützfeuerung mit anderen als den vorgenann­ten Stoffen technisch möglich ist. Diese Verordnungsregelung entspricht der schon zuvor bestehenden Erlasslage, war doch bereits mit Schreiben des Bun­desministeriums der Finanzen vom 22.12.1999 und ausdrücklich mit dem Schrei­ben vom 13.08.2001 ‑ III A 1‑V 4250‑7/01 auf das Erfordernis der Ausschließ­lichkeit bei der Stromerzeugung aus Biomasse verzichtet worden. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass es in einigen Fällen nur möglich ist, Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen, wenn für die Zünd- oder Stützfeuerung auch kleinere Mengen von anderen, nicht erneuerbaren Ener­gieträgern eingesetzt werden, so z.B. beim Einsatz von gasförmigen erneuer­baren Energieträgern bei der Verwendung von Dieselmotoren nach dem Zünd­strahlverfahren. Eine Stützfeuerung könne insbesondere zur Aufrechterhaltung des Verbrennungsprozesses als solchem oder zur Stabilisierung einer immis­sionsrechtlich notwendigen Verbrennungstemperatur erforderlich sein (vgl. Re­ferentenentwurf vom 26.05.2011, S. 49).

Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass die Formulierung in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG dieser Auslegung nicht entgegensteht. Nach dieser Vorschrift dürfen unter weiteren Voraussetzungen gasförmige Biokraft- und Bioheizstof­fe, unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen, zu den in § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG genannten Zwecken steuerfrei verwendet werden. Ein Mischen mit anderen Energieerzeugnissen im Betrieb des Verwenders unmittelbar vor der Verwendung schließt für den eingesetzten Anteil an Energieerzeugnissen nach Satz 1 eine Steuerbefreiung jedoch nicht aus (§ 28 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG). Durch diese Regelung will der Gesetzgeber erreichen, dass eine Belieferung durch ein Leitungsnetz zum Ausschluss der Steuerbefreiung führt (Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, a.a.O., § 28 Rz 23). Zwar findet sich der Zusatz "unvermischt" nicht in § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG, jedoch enthält § 2 Nr. 7 StromStG ‑‑wie ausgeführt‑‑ eine vergleichbare Einschränkung, in­dem auf die "Ausschließlichkeit" abgestellt wird.

cc) Die Gesetzeshistorie stützt die hier vertretene Auslegung.

Bereits in der ursprünglichen Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG (Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24.03.1999, BGBl I 1999, 378) zeigte sich, dass es auf die physikalische Betrachtung ankommt, weil nämlich der Gesetzgeber zusätzlich das Erfordernis des sog. Grünstromnetzes eingeführt hatte. In dieser Fassung war Strom, wenn er aus erneuerbaren Energieträgern i.S. des § 2 Nr. 7 StromStG erzeugt wird, in zwei Alternativen von der Steuer befreit: Bei Entnahme des Stroms durch Eigenerzeuger als Letztverbraucher und bei Entnahme durch Letztverbraucher aus einem aus­schließlich aus solchen Energieträgern gespeisten Netz oder einer entspre­chenden Leitung (sog. Grünstromnetz). Aus letzterem Erfordernis wird deut­lich, dass der Gesetzgeber nur die Energieerzeugung aus erneuerbaren Ener­gieträgern fördern wollte und ihm die räumliche Komponente durchaus be­wusst war.

An diesem Erfordernis hielt der Gesetzgeber in der Folgezeit fest. In der Fas­sung des Gesetzes zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16.12.1999 (BGBl I 1999, 2432) lautete § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG: "Strom ist von der Steuer befreit 1. wenn er aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und aus einem ausschließlich aus solchen Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechenden Leitung entnommen wird …". Das Gesetz zur Neurege­lung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Strom­steuergesetzes vom 15.07.2006 (BGBl I 2006, 1534) führte gleichfalls zu kei­ner wesentlichen Änderung; denn dort heißt es in § 9 StromStG: "Von der Steuer ist befreit: 1. Strom aus erneuerbaren Energieträgern, wenn dieser aus einem ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechenden Leitung entnommen wird …". Vielmehr wurde noch deutlicher, dass der Strom in ein Netz eingespeist werden sollte, das aus­schließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern gespeist ist.

Zwar hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Neuregelung von Stromsteu­erbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften vom 22.06.2019 (BGBl I 2019, 856) auf das Erfordernis des Grünstromnetzes ver­zichtet. Zugleich wurde jedoch für Stromerzeugungsanlagen mit einer elektri­schen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt eine Beschränkung auf den Selbstverbrauch eingeführt. Damit sollte die Steuerbefreiung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG einen klar definierten Anwendungsbereich erhalten (BTDrucks 19/9297, S. 7). Zugleich wurde den beihilferechtlichen Anforderungen Rech­nung getragen (BRDrucks 5/19, S. 1, 26 f.). Auswirkungen auf die hier vertre­tene Auslegung ergeben sich dadurch nicht.

Der Senat übersieht im Übrigen nicht die tatsächlichen Gegebenheiten, nach denen am Ort der Erzeugung von Biogas oftmals keine ausreichenden Nut­zungsmöglichkeiten gegeben sind. In der Folge muss das erzeugte Biogas in der Regel in das allgemeine Gasnetz eingespeist werden, damit es an anderer Stelle genutzt werden kann. Diese räumlichen Erfordernisse können jedoch nur durch den Gesetzgeber angemessen berücksichtigt werden; das ist nicht Aufgabe der Gerichte.

dd) Soweit die Klägerin auf verschiedene Regelungen aus dem EEG verweist und der Ansicht ist, die im energiewirtschaftlichen Kontext vertretene weite Auslegung des Begriffs der Biomasse müsse auch im Stromsteuerrecht gelten, folgt der Senat dem nicht.

StromStG und EEG verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Auslegung des Stromsteuerrechts muss sich an der EnergieStRL, im Streitfall an Art. 15 Abs. 1 Buchst. b EnergieStRL, orientieren. Ungeachtet der danach maßgebli­chen umwelt- und wirtschaftspolitischen Ziele dient das StromStG in erster Linie fiskalpolitischen Zwecken (Senatsbeschluss vom 09.09.2011 ‑ VII R 75/10, BFHE 235, 89, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern ‑‑ZfZ‑‑ 2011, 334). Dagegen zielt das EEG darauf ab, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu er­möglichen und den Beitrag erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen (§ 1 EEG 2014).

Dementsprechend hat der Senat in der Vergangenheit mehrfach betont, dass er bei der Auslegung des StromStG grundsätzlich nicht an die Definitionen und Vorgaben des EEG gebunden ist (vgl. Senatsurteile vom 06.10.2015 ‑ VII R 25/14, BFHE 251, 563, ZfZ 2016, 49, Rz 16; vom 23.06.2009 ‑ VII R 34/08, BFH/NV 2009, 1673, jeweils für den Anlagenbegriff; vom 15.12.2020 ‑ VII R 36/18, BFH/NV 2021, 784, ZfZ 2021, 219, Rz 36, und vom 30.06.2021 ‑ VII R 1/19, BFH/NV 2022, 36, ZfZ 2022, 24, Rz 26).

ee) Das FG hat schließlich zutreffend ausgeführt, dass dem hier vertretenen Verständnis des § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG das Unionsrecht nicht entgegen­steht.

Nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. b EnergieStRL können die Mitgliedstaaten unein­geschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen u.a. gewähren für elektrischen Strom, der aus Biomasse oder aus Biomasse hergestellten Erzeugnissen gewonnen wird. Unter Biomasse ist nach Art. 16 Abs. 1 EnergieStRL der biologisch abbaubare Anteil von Erzeugnissen, Abfällen und Rückständen der Landwirtschaft (einschließlich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Industriezweige sowie der biologisch abbaubare Anteil von Abfällen aus Industrie und Haushalten zu ver­stehen.

Dabei handelt es sich um eine fakultative Steuerbefreiung. Weil die Mitglied­staaten danach die Steuervergünstigung auch einschränken können, kann der Senat dahinstehen lassen, ob der Biomassebegriff nach der EnergieStRL ‑‑wie die Klägerin meint‑‑ auch kaufmännisch-bilanzielles Biogas umfasst.

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze steht der Klägerin die begehrte Steu­erbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG nicht zu, weil das in der Biogas-Aufbereitungsanlage erzeugte Biogas nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) in das allgemeine Netz eingespeist und mit dem dort vorhandenen Erdgas vermischt worden ist.

Weil beide BHKW das Gas aus dem allgemeinen Netz entnommen haben, wird der Strom mithin nicht ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern er­zeugt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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