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BFH: Ausschluss des Abgeltungsteuertarifs bei Gesellschafterfremdfinanzierung einer im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft

Zinsen aus Darlehen eines Steuerpflichtigen an eine ausländische Kapitalge­sellschaft, an der er mittelbar zu mindestens 10 % beteiligt ist, sind gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der bis zur Änderung durch das Jahressteuergesetz 2020 geltenden Fassung aus dem Anwendungsbereich des gesonderten Tarifs für Kapitalein­künfte nach § 32d Abs. 1 EStG ausgeschlossen.

EStG 2011 § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b

BFH-Beschluss vom 27.6.2023, VIII R 15/21 (veröffentlicht am 17.8.2023)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 18.5.2021, 10 K 1362/18 E = SIS 21 12 91

I. Streitig ist, ob Zinsen aus einem Darlehen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) an eine ausländische Kapitalgesellschaft, an der er im Jahr 2011 (Streitjahr) mittelbar zu mehr als 10 % beteiligt war, dem gesonderten Steu­ersatz des § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) oder dem regulären Steuersatz des § 32a Abs. 1 EStG unterliegen.

Die Kläger sind Ehegatten und werden für das Streitjahr zusammen zur Ein­kommensteuer veranlagt. Der Kläger war Alleingesellschafter der A‑BV, die ihrerseits als Alleingesellschafterin an der B‑BV beteiligt war. Die A‑BV und die B‑BV sind Kapitalgesellschaften nieder­ländischen Rechts, die im Inland weder Sitz noch Geschäftsleitung haben. Der Kläger war bei der B‑BV als Geschäftsführer angestellt. Aus der Gewährung mehrerer Darlehen an die B‑BV flossen ihm im Streitjahr Zinsen in Höhe von insgesamt 410.000 € zu.

In ihrer Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger diese Zinsen als Ein­nahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers, die unter den gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG fallen und nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben. Mit Einkommensteuerbescheid vom 04.04.2014 veranlagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Kläger erklärungsgemäß.

Am 28.12.2016 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Einkommensteuerbescheid, mit dem es die Darlehenszinsen unter Hinweis auf § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG nunmehr als der tariflichen Ein­kommensteuer unterliegende Kapitalerträge erfasste. Den gegen den Ände­rungsbescheid eingelegten Einspruch der Kläger wies das FA mit Einspruchs­entscheidung vom 16.04.2018 als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobe­ne Klage wies das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit Urteil vom 18.05.2021 ‑ 10 K 1362/18 E aus in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1477 mitge­teilten Gründen ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie machen geltend, das FG habe § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG unzutref­fend ausgelegt. Die Vorschrift sei im Wege teleologischer Reduktion auf In­landssachverhalte einzugrenzen. Der Gesetzgeber habe mit der Schaffung der Norm das Ziel verfolgt, Gestaltungen zu verhindern, bei denen aufgrund einer Steuersatzspreizung betriebliche Gewinne zum Beispiel in Form von Darle­henszinsen abgesaugt und so die Steuerbelastung auf den gesonderten Tarif reduziert werde. Diese Gefahr bestehe im Falle der Darlehensgewährung an eine ausländische Kapitalgesellschaft nicht, da auf inländischer Seite nur ein Kapitalertrag in Gestalt der Zinseinnahmen vorliege, denen keine steuermin­dernden Betriebsausgaben bei der Kapitalgesellschaft gegenüberstünden. Die Auslegung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG durch das FG verstoße zu­dem gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), da der Kläger gegenüber einem Anleger, der ein Darlehen an eine inländische natürliche Person gewäh­re, der kein Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug zustehe, oder ge­genüber einem Anleger, der ein Darlehen an eine ausländische natürliche Per­son gewähre, schlechter gestellt werde.

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil des FG Düsseldorf vom 18.05.2021 ‑ 10 K 1362/18 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 28.12.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.04.2018 mit der Maßgabe abzuändern, dass die dem Regelsteuersatz unterliegenden Kapitaleinkünfte um … € gemindert und diese mit dem besonderen Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 25 % besteuert werden.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das FG hat zutreffend entschieden, dass die von dem Kläger erzielten Kapital­erträge der tariflichen Einkommensteuer nach § 32a EStG unterliegen, weil die Anwendung des gesonderten Tarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG für sie gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG ausgeschlossen ist.

1. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG gilt der gesonderte Steu­ertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG unter ande­rem nicht, wenn Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist. Dies gilt nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahestehende Person ist.

2. Ausgehend hiervon ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die strei­tigen Kapitalerträge des Klägers aus dem Anwendungsbereich des gesonderten Steuertarifs nach § 32d Abs. 1 EStG ausgenommen sind.

a) Dies folgt zwar nicht bereits aus § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift aufgrund der lediglich mittelbaren Beteiligung des Klägers an der B‑BV im Streitjahr nicht erfüllt sind. Im Rah­men des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG besteht keine Veranlassung für eine Gleichstellung unmittelbarer und mittelbarer Anteilseigner (Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20.10.2016 ‑ VIII R 27/15, BFHE 256, 248, BStBl II 2017, 441 und vom 09.07.2019 ‑ X R 9/17, BFHE 265, 354, BStBl II 2021, 418). Im Streitfall sind jedoch, wie das FG zutreffend entschieden hat, die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG erfüllt. Denn der Kläger ist als eine der Anteilseignerin A‑BV na­hestehende Person im Sinne der Vorschrift anzusehen. Bei dem Begriff der nahestehenden Person in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der normspezifisch für Zwecke des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG auszulegen ist (vgl. BFH-Urteile vom 29.04.2014 ‑ VIII R 9/13, BFHE 245, 343, BStBl II 2014, 986 und vom 14.05.2014 ‑ VIII R 31/11, BFHE 245, 531, BStBl II 2014, 995). Ein Näheverhältnis des Gläubigers der Kapitalerträge zu einer Anteilseigner-Kapitalgesellschaft, die zu mindestens 10 % an der Schuldner-Kapitalgesellschaft beteiligt ist, liegt da­nach vor, wenn der Gläubiger aufgrund seiner Beteiligung über die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Anteilseigner-Kapital­gesellschaft verfügt. Er beherrscht dadurch die Einflussmöglichkeiten, die auf der Ebene der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft aufgrund deren zumindest 10%iger Beteiligung an der Schuldner-Kapitalgesellschaft bestehen (BFH-Ur­teile vom 20.10.2016 ‑ VIII R 27/15, BFHE 256, 248, BStBl II 2017, 441 und vom 09.07.2019 ‑ X R 9/17, BFHE 265, 354, BStBl II 2021, 418; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.05.2022, BStBl I 2022, 742, Rz 137). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Kläger war im Streitjahr Alleingesellschafter der A‑BV. Die A‑BV war ihrerseits Alleingesellschafterin der B‑BV, der der Kläger Darlehen gewährt hatte. Als Gläubiger der Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG beherrschte er damit die Einflussmöglich­keiten, die auf der Ebene der A‑BV als Anteilseigner-Kapitalgesellschaft auf­grund deren 100%iger Beteiligung an der B‑BV als Schuldner-Kapitalgesell­schaft gegeben waren.

b) Der Umstand, dass die B‑BV als darlehensnehmende Schuldner-Kapitalge­sellschaft weder über Sitz noch über Geschäftsleitung im Inland verfügte, steht der Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG nach seinem Wortlaut nicht entgegen. Das Tatbestandsmerkmal "Kapitalgesellschaft" lässt nicht auf ein rein nationales Verständnis der Norm schließen. Vielmehr dient die Verwendung des Begriffs der Kapitalgesellschaft sowie die Bezugnahme unter anderem auf Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG allein dazu, den Anwendungsbereich der Norm auf Gesellschafterdarlehen und vergleichbare Darlehen nahestehender Personen einzugrenzen. Auch auf der Grundlage des erforderlichen Rechtstypenvergleichs steht die B‑BV als Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts im Rahmen der Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG einer deutschen Kapitalgesellschaft gleich (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2006 ‑ I R 6/06, BFHE 215, 103, BStBl II 2007, 163, unter II.1. und vom 26.10.2021 ‑ IX R 13/20, BFHE 275, 28, BStBl II 2022, 172, Rz 17).

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 23.06.2023 ergänzend darauf verweist, er hätte auch bei einem deutschen Kreditinstitut Kapital anlegen können, mit der Folge, dass die daraus resultie­renden Zinsen mangels eines Ausschlusses gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG dem gesonderten Tarif unterlegen hätten. Die vom Kläger gewählte Ver­wendung seiner finanziellen Mittel für ein Darlehen an die B‑BV erfüllt den Tat­bestand des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG. Der Kläger übersieht, dass die Besteuerung nur an verwirklichte Sachverhalte anknüpft und rein hypothetische, zwar realisierbare, aber tatsächlich nicht umgesetzte Sachverhalte und Gestaltungen für die Besteuerungsfolgen aus dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt keine Bedeutung haben (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 07.07.1998 ‑ VIII R 57/96, BFH/NV 1999, 594, unter II.1.b, m.w.N.).

3. Entgegen der Auffassung der Kläger ist § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG nicht in der Weise einschränkend auszulegen, dass der Ausschluss aus dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG nur für die Fälle gelten soll, in denen die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen zu inländischen Be­triebsausgaben bei der Schuldner-Kapitalgesellschaft führen.

a) Der Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG sieht eine solche Be­schränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift nach der im Streitjahr gel­tenden Rechtslage nicht vor. Ebenso wenig ergeben sich aus der historischen und der systematischen Auslegung Anhaltspunkte dafür, dass die ihrem Wort­laut nach erfüllte Vorschrift im Streitfall nicht zur Anwendung zu bringen wäre. Denn während der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a EStG dahingehend ergänzt hat, dass die Ausnahme von dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG erst dann Anwendung finden soll, wenn die Kapitalerträge zusätzlich auf Ebene des Schuldners zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften führen, die der inländischen Besteuerung unterliegen, und § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG keine Anwendung findet, hat er die Notwendigkeit einer derartigen Einschränkung für Fälle der Gesellschafterfremdfinanzierung im Sinne des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 und 2 EStG nicht gesehen und eine entsprechende Änderung erst mit dem JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) vorgenommen (BRDrucks 503/20, S. 87). Der Ausschlusstatbestand des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG galt im Streitjahr vielmehr noch in seiner Ursprungsfassung, die ‑‑anders als die geänderte Fassung des Buchst. a‑‑ gerade keine Ein­schränkung dahingehend enthält, dass der Ausschluss des Abgeltungsteuerta­rifs nur solche Kapitalerträge aus Gesellschafterforderungen gegenüber der Schuldner-Kapitalgesellschaft erfassen soll, die auf Seiten der Gesellschaft zu entsprechenden inländischen Betriebsausgaben führen (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2022 ‑ VIII R 27/19, BFHE 278, 570, BStBl II 2023, 330, Rz 28). Der Umstand, dass lediglich § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a, nicht aber § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG geändert wurde, schließt, wie das FG zu Recht annimmt, sowohl in historischer als auch in systematischer Hinsicht eine Auslegung der Vorschrift in dem von den Klägern begehrten Sinne aus.

b) Etwas anderes ergibt sich für die im Streitjahr geltende Rechtslage nicht daraus, dass § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG durch das JStG 2020 den glei­chen Zusatz wie Buchst. a erhalten hat, denn die Gesetzesänderung entfaltet keine Rückwirkung. Vielmehr ist § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG i.d.F. des JStG 2020 (EStG n.F.) auf Kapitalerträge aus Darlehen an die Kapitalgesell­schaft, deren rechtliche Grundlage ‑‑wie hier‑‑ vor dem 01.01.2021 begründet wurde, erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden (§ 52 Abs. 33b Satz 2 EStG n.F.). Entgegen der Auffassung der Kläger kommt der Neurege­lung keine rein deklaratorische Wirkung in dem Sinne zu, dass es schon immer der gesetzgeberischen Regelungsintention entsprach, im Ausland ansässige Schuldner-Kapitalgesellschaften vom Anwendungsbereich des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG auszuschließen. Mit der Einschränkung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG durch das JStG 2020 verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, in der Praxis bekannt gewordenen Gestaltungen zu begegnen, bei denen die Vorschrift dazu genutzt wurde, künstlich erzeugte Verluste im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG aus der Veräußerung von Darlehensforderungen eines Gesellschafters gegenüber seiner Kapitalgesellschaft in voller Höhe mit tariflich zu besteuernden Einkünften zu verrechnen. Den Ausschluss des Abgeltungsteuertarifs hielt der Gesetzgeber insoweit nicht für gerechtfertigt, als den Verlusten korrespondierende positive Kapitalerträge zugrunde liegen, die nicht unter die Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 EStG fallen, sondern dem güns­tigeren Abgeltungsteuertarif unterliegen (BRDrucks 503/20, S. 87 f.; BTDrucks 19/22850, S. 84). Dieser Begründung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber Gesellschafterdarlehen an ausländische Schuldner-Kapitalgesellschaften schon immer aus dem Anwendungsbereich des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG ausschließen wollte.

c) § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG ist auch nicht im Wege teleologischer Auslegung in dem von den Klägern begehrten Sinne einschränkend auszule­gen.

aa) Eine teleologische Reduktion zielt darauf, den Geltungsbereich einer Norm mit Rücksicht auf ihren Gesetzeszweck gegenüber dem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken. Sie ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Ihre Aufgabe ist es daher nicht, das Gesetz zu verbessern, obwohl es sich ‑‑gemessen an seinem Zweck‑‑ noch nicht als planwidrig unvollständig oder zu weitgehend erweist. Vielmehr muss die auf den Wortlaut abstellende Ausle­gung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.2019 ‑ VIII R 20/16, BFHE 264, 459, BStBl II 2019, 586, m.w.N.).

bb) Im Streitfall führt eine wortgetreue Auslegung der Vorschrift indes nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann, vielmehr entspricht diese gerade den vom Gesetzgeber beabsichtigten Zielen (so auch die ganz herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. z.B. Brandis/Heuermann/Werth, § 32d EStG Rz 76; Schmidt/Levedag, EStG, 42. Aufl., § 32d Rz 10; Kühner/Gabert-Pipersberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32d EStG Rz 35; BeckOK EStG/Schmidt, 15. Ed. [01.03.2023], EStG § 32d Rz 150; anderer Ansicht Oellerich in Bordewin/Brandt/Bode, § 32d EStG Rz 63). Denn das mit der Einführung eines abgeltenden Steuersatzes für Kapitalerträge vom Gesetzgeber verfolgte Ziel bestand vornehmlich darin, die Standortattraktivität des deutschen Finanzplat­zes im internationalen Wettbewerb für private Anleger, die ihr Kapital ohne größere Schwierigkeiten auch im Ausland anlegen könnten, durch eine leicht erkennbare Belastungsminderung zu erhöhen (BTDrucks 16/4841, S. 1). Die­ses wirtschaftspolitische Lenkungsziel des Gesetzgebers würde jedoch verfehlt, wenn Kapitalerträge aus der Fremdfinanzierung von im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaften durch einen Anteilseigner oder eine diesem nahestehen­de Person nicht vom Ausschluss des Abgeltungsteuertarifs nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG betroffen wären, weil dies zu einer Privilegierung der Ka­pitalanlage im Ausland führen würde. Die Standortattraktivität der Bundesre­publik Deutschland im internationalen Wettbewerb für private Anleger, die ihr Kapital auch im Ausland anlegen könnten, würde nicht gesteigert, sondern entgegen dem Gesetzeszweck gemindert, da keine Anreize zur Rückführung von Auslandsvermögen bestünden.

4. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen auch keine verfassungsrecht­lichen Bedenken im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. grundlegend hierzu BFH-Urteil vom 29.04.2014 ‑ VIII R 23/13, BFHE 245, 352, BStBl II 2014, 884). Die vom Senat und dem FG für zutreffend gehaltene Auslegung von § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG führt nicht zu einer verfassungsrechtlich relevanten Ungleichbehandlung des Klägers, weil Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die von einer inländischen Kapitalgesellschaft an einen unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseigner oder an eine diesem nahestehen­de Person gezahlt werden, ebenfalls nach Maßgabe des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG und damit unter denselben Voraussetzungen wie beim Kläger tariflich besteuert werden. Soweit die Kläger eine Ungleichbehandlung im Sin­ne des Art. 3 Abs. 1 GG darin sehen, dass die streitigen Kapitalerträge anders behandelt werden als Kapitalerträge aus Darlehensforderungen gegenüber ei­ner "ausländischen natürlichen Person" oder einer "inländischen natürlichen Person, der kein Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug" zusteht, fehlt es, wie das FG zu Recht ausführt, am Vorliegen wesentlich gleicher Lebens­sachverhalte. Beide Fallgestaltungen unterscheiden sich nämlich wesentlich dadurch, dass Darlehen, die ein zu mindestens 10 % an einer Kapitalgesell­schaft beteiligter Anteilseigner "seiner" Kapitalgesellschaft gewährt, typischer­weise der Finanzierung der Gesellschaft und nicht der renditeorientierten Kapi­talanlage dienen, während bei Darlehen an eine natürliche Person dieser Fi­nanzierungszweck im Verhältnis zum Darlehensnehmer regelmäßig in den Hin­tergrund tritt. Jedenfalls findet eine etwaige Ungleichbehandlung eines Gesell­schafter-Fremdkapitalgebers im Verhältnis zu einem durch den Abgeltungsteu­ersatz begünstigten Dritten, der eine (ausländische) natürliche Person als Fremdkapitalgeber finanziert, ihre Rechtfertigung in dem Zweck des Gesetzes, unerwünschten Gestaltungen entgegenzuwirken, bei denen Eigenkapital in die privilegiert besteuerte private Anlageebene verlagert und durch Fremdkapital ersetzt wird, um vom Abgeltungsteuersatz zu profitieren (BTDrucks 16/4841, S. 60; vgl. auch BFH-Urteil vom 29.04.2014 ‑ VIII R 23/13, BFHE 245, 352, BStBl II 2014, 884, Rz 19). Denn das Ziel des Gesetzes, einen Beitrag zur Fi­nanzierungsneutralität zu leisten, indem unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens steuerlich unverzerrt blei­ben (vgl. BRDrucks 220/07, S. 97), kann in Fällen der Darlehensgewährung an eine natürliche Person, bei denen sich die Frage einer Umschichtung von Ei­gen- in Fremdkapital von vornherein nicht stellt, nicht zum Tragen kommen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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