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BFH: Verkauf von Gutscheinen für Freizeiterlebnisse (vor Inkrafttreten von § 3 Abs. 13 bis 15 UStG n.F.)

  1. Verkauft ein Steuerpflichtiger über sein Internetportal Gutscheine für be­stimmte Freizeiterlebnisse, erbringt er die durch den Gutschein versprochene Leistung entweder selbst oder ist hinsichtlich dieser Leistung als Vermittler tä­tig. Seine Leistung besteht demgegenüber nicht im Betrieb eines Internetpor­tals.
  2. Ist der Gutschein nur über einen bestimmten Geldbetrag ausgestellt (sog. Wertgutschein), fehlt es zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins an ei­nem unmittelbaren Zusammenhang der Zahlung der Gutscheinerwerber mit einer bestimmbaren Leistung.

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. c
BGB § 164 Abs. 2, § 305 Abs. 2

BFH-Urteil vom 15.3.2022, V R 35/20 (veröffentlicht am 27.10.2022)

Vorinstanz: FG Münster vom 17.9.2020, 5 K 1404/18 U (EFG 2020, 1791 = SIS 20 16 19)

I. Streitig ist, ob Einnahmen aus dem Verkauf von Gutscheinen in den Jahren 2013 und 2014 (Streitjahre) als Entgelt für eine steuerbare Leistung des Klä­gers und Revisionsklägers (Kläger) der Umsatzbesteuerung unterliegen.

Der Kläger, der in den Streitjahren seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuerte, betrieb seit 2008 ein Internetportal. Auf diesem präsentierte er verschiedene Freizeiterlebnisse, die gebucht und in Anspruch genommen wer­den konnten. Dies setzte jeweils den Erwerb eines Gutscheins voraus. Die Gutscheine wurden vom Kläger im eigenen Namen und für eigene Rechnung über sein Internetportal verkauft. Zum einen konnten Gutscheine für ein kon­kret ausgewähltes Erlebnis (Erlebnisgutscheine) erworben werden; in diesem Fall reichte bereits der für den Gutschein gezahlte Preis zur Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses. Zum anderen konnten Gutscheine über einen zu bestimmenden Geldbetrag mit der Möglichkeit, das konkrete Erlebnis später auszuwählen (Wertgutscheine), erworben werden. Dem Erwerber eines Erleb­nisgutscheins wurden mit Übersendung des Gutscheins alle erforderlichen In­formationen zur Verfügung gestellt, um in weiteren Schritten einen Termin für die Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses zu vereinbaren. Im Fall des Erwerbs eines Wertgutscheins erhielt der Gutscheininhaber diese Informa­tionen vom Kläger, nachdem er unter Einlösung des Gutscheins ein konkretes Erlebnis ausgewählt hatte. Soweit das gewählte Erlebnis günstiger als der Be­trag des verwendeten Gutscheins war, wurde dem Gutscheininhaber der Rest­betrag gutgeschrieben. Soweit der Wert des Gutscheins nicht ausreichte, hatte er den Differenzbetrag zu begleichen. Es bestand darüber hinaus die Möglich­keit, erworbene Erlebnisgutscheine umzutauschen und ein anderes Erlebnis als das zunächst ausgewählte Erlebnis in Anspruch zu nehmen oder mehrere Wertgutscheine für ein Erlebnis einzulösen.

Den auf der Homepage des Klägers präsentierten Erlebnissen lagen Vereinba­rungen mit den jeweiligen Veranstaltern zugrunde. Danach stellten diese die vom Kläger zur Präsentation auf seinem Internetportal benötigten Informatio­nen zur Verfügung. Für den Fall der Inanspruchnahme der Erlebnisleistung durch einen Gutscheininhaber vereinbarten der Kläger und der jeweilige Ver­anstalter, dass der Kläger dem Veranstalter über den für einen Erlebnisgut­schein vereinbarten Preis oder aber im Fall von verwendeten Wertgutscheinen über den gezahlten Preis, jeweils abzüglich einer vereinbarten Vermittlungs­provision, eine Gutschrift ausstellt und den Betrag auszahlt. Die Provision rechnete der Kläger dabei gegenüber den Veranstaltern unter Ausweis von Umsatzsteuer in der Gutschrift ab. Der jeweilige Veranstalter konnte unter Verwendung einer auf dem Gutschein vermerkten Referenznummer die Ab­rechnung samt Ausstellung der Gutschrift und die Auszahlung des Betrages über ein vom Kläger hierfür zur Verfügung gestelltes Online-Abrechnungssys­tem veranlassen.

Der Kläger behandelte die hier in Rede stehenden Zahlungen der Gutscheiner­werber in den Streitjahren nicht als Entgelte für einen steuerbaren Umsatz, sondern nur die den Veranstaltern in Rechnung gestellten Provisionen sowie den von den Gutscheinerwerbern gesondert vergüteten Versand der Gutschei­ne. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) war hingegen nach Durchführung einer Außenprüfung der Auffassung, der Kläger habe bereits mit dem Verkauf der Gutscheine steuerbare Leistungen erbracht. Dementspre­chend erließ das FA für die Streitjahre geänderte Umsatzsteuerbescheide.

Einspruch und Klage zum Finanzgericht (FG) hatten keinen Erfolg. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1791 veröffentlichten Urteil ging das FG davon aus, der Kläger erbringe mit dem Betrieb seines Internet­portals an die Gutscheinerwerber insgesamt eine steuerbare Leistung gegen Entgelt. Er stelle eine Infrastruktur zur Verfügung, unter deren Nutzung seine Kunden die Möglichkeit hätten, die angebotenen Erlebnisse zu buchen und in Anspruch zu nehmen. Seine Leistung umfasse nicht nur die Ausstellung der Gutscheine, sondern auch den vorangehenden sowie den nachfolgenden Pro­zess von Informationen und Präsentationen zu den angebotenen Erlebnissen über die Übermittlung der für die Vereinbarung eines Termins erforderlichen Kontaktdaten bis hin zur Durchführung und Organisation des Erlebnisses. Be­reits mit dem Erwerb des Gutscheins erlange der Kunde das Recht, diese Leis­tungen einzufordern. Erst über den Erwerb der Gutscheine würden die Kunden des Klägers Zugang zu den mit dem Internetportal des Klägers verbundenen Möglichkeiten erlangen, wofür seine Kunden die verlangten Preise zahlten. Der Betrieb des Internetportals diene nicht allein der Vermittlung der Leistungen der Veranstalter. Zudem seien die von den Veranstaltern ausgeführten Erleb­nisse dem Kläger zuzurechnen. Der Kläger trete hinsichtlich der erbrachten Er­lebnisleistungen gegenüber den Inhabern der Gutscheine wegen seiner Orga­nisationsleistungen als leistender Unternehmer auf. Der dem Veranstalter vor Ort ausgehändigte Gutschein diene dem Kläger in seinem System nur als In­strument zur Kontrolle und Abwicklung des Zahlungsverkehrs mit dem Veran­stalter. Dass sich der Kläger in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) selbst nur als Vermittler bezeichne, sei unschädlich, da diese AGB im Hinblick auf den leistenden Unternehmer kein eindeutiges Bild ergäben. Der Kläger habe zudem den gesamten Preis für eine Erlebnisleistung einbehalten, auch wenn diese tatsächlich nicht ausgeführt worden sei. Die Veranstalter er­brächten wiederum an den Kläger ihre Erlebnisleistungen, wofür sie den je­weils von ihnen geforderten Preis erhielten.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) und macht Verfahrensfehler geltend. Der Betrieb des Internetportals sei keine steuerbare Leistung gegenüber den Er­werbern und den Inhabern von Erlebnis- oder Wertgutscheinen. Mit seinem In­ternetportal verschaffe er nur eine bloße Möglichkeit zu dessen Nutzung, ohne dass die Gutscheinerwerber bereits durch den Betrieb einen verbrauchsfähigen Vorteil erhielten. Der Kunde erhalte für seine Zahlung erst dann einen ver­brauchsfähigen Vorteil, wenn er den Gutschein für eine Veranstaltung einlöse, die von dem jeweiligen Veranstalter als dessen eigene Leistung erbracht wer­de. Die von ihm bereitgestellte Infrastruktur sei lediglich eine unabdingbare Begleiterscheinung für sein Angebot und habe allein ‑‑da sie auch keine Kon­taktdaten der Veranstalter nenne‑‑ für seine Kunden keinen Nutzen. Entgegen der Auffassung des FG seien ihm die Erlebnisleistungen der Veranstalter auch nicht zuzurechnen. Die Grundsätze der sog. "Ladenrechtsprechung" seien nicht übertragbar, da es seinen Kunden auf die besonderen Eigenschaften des Leis­tenden oder der Leistung ankomme. Deshalb sei dem jeweiligen Gutscheiner­werber klar, dass er, der Kläger, gerade nicht Leistender der Veranstaltung sei. Er trete gegenüber den Gutscheinerwerbern erkennbar auch nur als Ver­mittler auf. Der Gutschein diene dabei bloß als nichtgesetzliches Zahlungsmit­tel. Seine Kunden seien mit seiner Vermittlerrolle einverstanden, was sich zu­dem dadurch zeige, dass sie sich mit ihm zur Abfrage der Kontaktdaten des jeweiligen Veranstalters in Verbindung setzten, wenn sie den Gutschein einlö­sen wollten. Im Übrigen widerspreche das FG sich selbst. Die Organisation des Erlebnisses schreibe es einmal dem Kläger und ein anderes Mal dem Veran­stalter zu. Ferner komme es umsatzsteuerrechtlich auf den wirtschaftlichen Er­folg nicht an. Lösten Kunden die Gutscheine nicht ein, vermittele der Kläger weder eine konkrete Leistung noch fördere er den Absatz eines Veranstalters, weil er dessen Kontaktdaten vor der Einlösung nicht bekannt gebe.

Als Verfahrensfehler rügt der Kläger, das FG habe eine Überraschungsent­scheidung getroffen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör ver­letzt. Außerdem habe es unter Verstoß gegen § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unrichtig unterstellt, die Erlebnisse hätten nur über das Internetportal gebucht werden können.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 17.09.2020 ‑ 5 K 1404/18 U aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 2013 und 2014, jeweils vom 10.07.2017, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018 da­hingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2013 um ... € und die Umsatzsteuer 2014 um ... € gemindert wird.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es meint, das Urteil des FG enthalte keine Rechtsfehler. Zudem liege keine Überraschungsentscheidung vor, weil zu würdigen gewesen sei, ob der Betrei­ber eines Internetportals für Freizeiterlebnisse die Erlöse aus dem Verkauf von Gutscheinen der Umsatzsteuer zu unterwerfen habe. Unter Würdigung der konkreten Umstände aller Leistungsbeziehungen sei bereits in der Einspruchs­entscheidung ein Leistungsaustausch durch Erlebnisleistungen angenommen worden. Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler lägen nicht vor. Der Kläger komme lediglich zu einem anderen Ergebnis als das FG.

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorent­scheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhand­lung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Verkauft ein Steuerpflichtiger über sein Internetportal Gutscheine für bestimmte Frei­zeiterlebnisse, erbringt er die durch den Gutschein versprochene Leistung entweder selbst oder ist hinsichtlich dieser Leistung als Vermittler tätig. Das FG ist demgegenüber zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Leistung des Klägers nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG im Betrieb seines Internetportals besteht. Für eine abschließende Entscheidung des Senats bedarf es weiterer Feststellungen des FG, insbesondere zu den Leistungsbeziehungen.

1. Das FG hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger erbringe gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG mit dem Betrieb seines Internetportals insgesamt ei­ne steuerbare Leistung an die Erwerber der Gutscheine, die diese mit den Zah­lungen für den Erwerb der Gutscheine entgelten. Diese Würdigung des FG ist nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend, weil sie die Interessenlage der Betei­ligten nicht zutreffend berücksichtigt.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) werden sonstige Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gegen Entgelt ausgeführt und unterliegen Dienstleis­tungen, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Ra­tes vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) gegen Entgelt erbracht werden, der Mehrwertsteuer, wenn zwi­schen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zu­sammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsver­hältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rah­men gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Leistung bildet (z.B. EuGH-Urteil MEO - Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 ‑ C‑295/17, EU:C:2018:942, Rz 39, m.w.N.; Senatsentscheidun­gen vom 05.12.2007 ‑ V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.a, m.w.N., und vom 12.11.2020 ‑ V R 22/19, BFHE 271, 279, BStBl II 2021, 544, Rz 16, m.w.N.).

Der BFH kann als Revisionsgericht das Urteil des FG daraufhin überprüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze zu­treffend angewandt worden sind. Insoweit ist die Auslegung von Verträgen Rechtsanwendung, die vom BFH in vollem Umfang nachprüfbar ist. Revisions­rechtlich nachprüfbar ist danach auch, ob das FG die für die Auslegung be­deutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und zutreffend gewürdigt hat (Senatsurteil vom 19.10.2001 ‑ V R 75/98, BFH/NV 2002, 547, unter II.4.a, m.w.N.). Dabei stellt die Berück­sichtigung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dar (EuGH-Urteil ITH Comercial Timișoara vom 12.11.2020 ‑ C‑734/19, EU:C:2020:919, Rz 48).

b) Das FG hat entschieden, der Betrieb des Internetportals sei die maßgeben­de Leistung des Klägers, wofür die Erwerber der Gutscheine die Zahlungen leisteten. An diese Würdigung des FG ist der Senat nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Verkauft ein Steuerpflichtiger über sein Internetportal in eige­nem Namen und auf eigene Rechnung Gutscheine für Freizeiterlebnisse, die die tatsächlichen Veranstalter aufgrund ihrer Vereinbarungen mit dem Steuer­pflichtigen als Gegenleistung für die Erbringung der Erlebnisse anzunehmen haben, besteht die Leistung des Steuerpflichtigen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Zahlungen der Gutscheinerwerber für den Erwerb der Gutscheine steht, jedenfalls nicht in dem Betrieb seines Internetportals.

Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität ist das Interesse der Gutscheinerwerber ‑‑aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers‑‑ in dem Vertragsverhältnis zum Kläger darauf gerichtet, im Fall eines Erlebnis­gutscheins ein künftiges, bestimmbares Erlebnis in Anspruch zu nehmen und im Fall eines Wertgutscheins den Wert dieses Gutscheins auf den Preis eines künftigen Erlebnisses anzurechnen. Für beide Fälle ist es notwendig, von dem Kläger die Kontaktdaten des Veranstalters des konkreten Erlebnisses zu erhal­ten. Das Internetportal des Klägers ist lediglich das Mittel, um einen Gutschein zu erhalten, der nach Übermittlung der Kontaktdaten des Veranstalters durch den Kläger bei einem Veranstalter eingelöst werden kann. Es bildet nur eine technische Plattform, um letztlich eine Zahlung des Gutscheinerwerbers an den Veranstalter eines Erlebnisses zu ermöglichen, falls ein Erlebnis in An­spruch genommen wird. Es dient zunächst ‑‑wie ein "digitaler Katalog"‑‑ der Information über die möglichen Erlebnisse und nach dem Entschluss, einen Gutschein zu erwerben, zur Abwicklung des Erwerbs des Gutscheins sowie ‑‑falls der Gutschein eingelöst wird‑‑ des Zahlungsverkehrs zwischen Kläger und Veranstalter. Der Betrieb des Internetportals allein verschafft den Kunden des Klägers ‑‑anders als in dem vom BFH in seinem Urteil vom 10.04.2019 ‑ XI R 4/17 (BFHE 264, 382, BStBl II 2019, 635) entschiedenen Fall, in dem den Kunden eine technische Infrastruktur (Mobilfunkanschluss und Rufnummer) zur Verfügung gestellt wurde‑‑ keinen verbrauchsfähigen Vorteil.

2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da hinreichende Feststellungen des FG zu den Leistungsbeziehungen fehlen. Zur Bestimmung der maßgebenden Leistungsbeziehungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ist festzustellen, ob der Kläger gegenüber den Gutscheinerwerbern für die Er­bringung der Erlebnisse in eigenem oder ‑‑als Vermittler‑‑ in fremdem Namen aufgetreten ist. Das FG hat indes die Maßstäbe für die Abgrenzung von Ver­mittlungsleistungen und Eigengeschäft rechtsfehlerhaft angewandt.

a) Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, ei­ner Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuwei­sen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Unerheblich für die Beurteilung als Vermittlungstätigkeit ist, dass der Kunde des Vermittlers, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner entscheidet, den Vertragsabschluss selbst bewirken muss (Senatsurteil vom 08.09.2011 ‑ V R 42/10, BFHE 235, 492, BStBl II 2012, 248, Rz 19).

Für die Bestimmung der Leistungen und der Leistungsbeziehungen kommt es auf das der Leistung zugrunde liegende Rechtsverhältnis an. Hierbei folgt das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich dem Zivilrecht. Danach kommt es für die Ab­grenzung zwischen Eigengeschäft und Vermittlungsleistung, die ein Handeln in fremdem Namen erfordert, maßgeblich darauf an, wie der Unternehmer nach außen (hier: gegenüber den Gutscheinerwerbern) auftritt. Dabei ist zu berück­sichtigen, dass der Wille, in fremdem Namen zu handeln, dann unbeachtlich bleibt, wenn er sich nicht aus einer Erklärung des Handelnden oder aus den Umständen ergibt (vgl. § 164 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑: Offenkundigkeitsgrundsatz; Senatsurteil vom 22.08.2019 ‑ V R 12/19 (V R 9/16), BFHE 266, 412, BStBl II 2021, 498, Rz 25 f.). Ein Handeln in fremdem Namen setzt indes nicht voraus, dass der Name des Vertretenen bei Vertragsschluss genannt wird (Senatsurteil vom 10.08.2016 ‑ V R 4/16, BFHE 254, 458, BStBl II 2017, 135, Rz 12; vgl. auch die sog. "Ladenrechtspre­chung", z.B. BFH-Urteil vom 15.05.2012 ‑ XI R 16/10, BFHE 238, 460, BStBl II 2013, 49, Rz 25). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Unternehmer ("Hauptunternehmer") die Leistung unter Einschaltung eines anderen Unter­nehmers ("Subunternehmer") erbringt, der wiederum seine Tätigkeit im Au­ßenverhältnis zum Kunden des "Hauptunternehmers" als dessen Erfüllungsge­hilfe ausübt (Senatsbeschluss vom 26.11.2019 ‑ V B 70/18, BFH/NV 2020, 388, Rz 7).

b) Das FG hat die nach Maßgabe dieser Grundsätze erforderlichen Feststellun­gen nicht getroffen. Fehlt es aber an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvoll­ziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor und ist die Würdi­gung des FG nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend (BFH-Urteil vom 19.02.2020 ‑ III R 28/19, BFHE 268, 308, BStBl II 2020, 562, Rz 24, m.w.N.). Die Feststellungen des FG reichen weder aus, ein Handeln des Klägers hin­sichtlich der Erbringung der Erlebnisse in eigenem Namen zu begründen noch führen sie zu einem diesbezüglichen Handeln in fremdem Namen.

Die vom FG zur Zurechnung herangezogenen Organisationsleistungen des Klä­gers beschränken sich im Zusammenhang mit den konkret ausgeführten Er­lebnissen nur darauf, demjenigen, der die Gutscheine einlösen möchte, die Kontaktdaten des jeweiligen Veranstalters bekanntzugeben. Derartige "Orga­nisationsleistungen" sprechen allerdings eher für eine Vermittlung. Ob der Klä­ger hierbei demgegenüber für die Erbringung der Erlebnisse im eigenen Na­men auftrat, lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen.

Zudem hat das FG nicht geprüft, ob die AGB, nach denen der Kläger lediglich als Vermittler tätig geworden ist, bereits in den Streitjahren verwendet wurden und gemäß § 305 Abs. 2 BGB wirksam zum Bestandteil der mit den Käufern geschlossenen Verträge geworden sind (vgl. Senatsurteil in BFHE 254, 458, BStBl II 2017, 135, Rz 13). Soweit das FG den AGB "hinsichtlich der Frage des leistenden Unternehmers kein eindeutiges Bild" entnimmt, ist dies für das Re­visionsgericht nicht bindend. Denn insoweit hat das FG die Interessenlage der Beteiligten nicht zutreffend gewürdigt (s. oben II.1.b).

Zur Beurteilung, ob ein Handeln in eigenem oder in fremdem Namen vorliegt, reicht es auch nicht aus, wenn ‑‑wie das FG ohne Feststellung entsprechender Tatsachen behauptet‑‑ die jeweiligen Erlebnisse nur auf dem Internetportal des Klägers angeboten worden sein sollten. Ein derartiges Angebot kann zwar unter Umständen erfolgen, die für die Erbringung der Erlebnisse durch den Kläger in eigenem Namen sprechen. Die Umstände können aber auch dafür sprechen, dass der Kläger als Vermittler in fremdem Namen auftritt und die Gutscheinerwerber für sich selbst oder zugunsten Dritter (konkludent) mit den Veranstaltern als leistende Unternehmer Verträge über die Ausführung der Er­lebnisse abschließen. Dies gilt in gleichem Maße, soweit das FG seine Schluss­folgerung mit der Werbung des Klägers für die Wertgutscheine auf seiner In­ternetseite oder mit einem etwaigen Rücktrittsrecht der Gutscheinerwerber gegenüber dem Kläger begründet.

Rechtsfehlerhaft stellt das FG im Übrigen zur Bestimmung des Leistenden da­rauf ab, dass der Zahlungsverkehr über das Internetportal des Klägers abge­wickelt wurde, der Kläger die Zahlungen der Gutscheinerwerber vereinnahmte, seinerseits Zahlungen an die Veranstalter leistete und die Zahlungen in voller Höhe behielt, wenn die Gutscheine nicht eingelöst wurden. Der Zahlungsfluss ist hierfür nicht entscheidend (BFH-Urteil in BFHE 238, 460, BStBl II 2013, 49, Rz 35).

3. Das FG wird im zweiten Rechtsgang festzustellen haben, ob der Kläger ge­genüber den Erwerbern von Erlebnisgutscheinen hinsichtlich der Erbringung der Erlebnisse in eigenem oder in fremdem Namen aufgetreten ist.

Für das weitere Verfahren weist der Senat ohne Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 FGO darauf hin, dass zwischen Erlebnis- und Wertgutscheinen und hin­sichtlich der Erlebnisgutscheine bezogen auf die Ausführung der Erlebnisse zwischen dem Auftreten in eigenem und dem in fremdem Namen zu unter­scheiden ist:

Sollte der Kläger im Zeitpunkt der Ausstellung der Erlebnisgutscheine hinsicht­lich der Ausführung der Erlebnisse in eigenem Namen aufgetreten sein, könnte die Zahlung der Gutscheinerwerber ‑‑abhängig von dem konkreten Erlebnis‑‑ als Anzahlung für die Erlebnisleistung des Klägers in voller Höhe nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG zu versteuern sein (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 235, 492, BStBl II 2012, 248, Rz 24). Die Einlösung eines derartigen Erlebnisgutscheins könnte dazu führen, dass der tatsächlich ausführende Ver­anstalter seine Erlebnisleistung dann an den Kläger erbringt.

Sollte der Kläger im Zeitpunkt der Ausstellung der Erlebnisgutscheine hinsicht­lich der Ausführung der Erlebnisse dagegen in fremdem Namen aufgetreten sein, erbringt der von ihm vertretene Unternehmer die Erlebnisleistung. Der Kläger ist dann für diesen Unternehmer als Vermittler tätig. Entgelt für diese Vermittlungsleistung kann alles sein, was der Kläger hierfür erhält und damit auch das, was der Kläger nach der mit dem Vertretenen getroffenen Vereinba­rung beim Verfall von Gutscheinen behalten darf. Mit dem Verfall des Gut­scheins kann es dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage für die Vermittlungsleistung nach § 17 Abs. 1 UStG kommen (ähnlich Abschn. 3.17 Abs. 7 Beispiel 2 Satz 12 und Abs. 13 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungs­erlasses zu § 3 UStG i.d.F. des Art. 9 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes zur Ver­meidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018, BGBl I 2018, 2338).

Ist der Gutschein ‑‑wie bei den Wertgutscheinen‑‑ nur über einen bestimmten Geldbetrag ausgestellt, fehlt es jedenfalls in den Streitjahren zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins an einem unmittelbaren Zusammenhang der Zahlung der Gutscheinerwerber mit einer bestimmbaren Leistung. Der Erwerb eines Wertgutscheins könnte im Übrigen als bloßer Tausch von Geld in ein nichtgesetzliches Zahlungsmittel nicht umsatzsteuerbar sein.

4. Da die Revision des Klägers aus materiell-rechtlichen Gründen Erfolg hat, ist nicht darüber zu entscheiden, ob er auch durch die behaupteten Verfahrens­fehler in seinen Rechten verletzt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2004 ‑ X R 8/02, BFH/NV 2004, 949, unter II.1.).

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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