BFH zur Auslegung des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) bei einer Kautionsrückversicherung und Irrtum über die Steuerpflicht
1. § 2 Abs. 2 VersStG setzt die Verpflichtung voraus, Dritten gegenüber für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten. Erforderlich ist die Eingehung einer Verpflichtung gegenüber dem Dritten.
2. Die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Kautionsrückversicherung ist nicht nach § 4 Nr. 1 VersStG von der Versicherungsteuer befreit, wenn durch die Versicherung die Gefahr aus einem Vertrag übernommen wird, der nach § 2 Abs. 2 VersStG nicht als Versicherungsvertrag gilt.
3. Sind die Vertragsparteien irrtümlich davon ausgegangen, dass die Zahlung eines Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt, ist die Versicherungsteuer nicht in gezahlten Prämien enthalten.
VersStG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 4 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1
VersStG a.F. § 7 Abs. 4
VersStG i.d.F. des VerkehrStÄndG § 7 Abs. 9
BFH-Urteil vom 18.04.2024 ‑ V R 17/22 (veröffentlicht am 29.8.2024)
Vorinstanz: FG Köln vom 16.02.2022 ‑ 2 K 588/19 = SIS 22 19 23
I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Versicherungsunternehmen, unterhielt in den Jahren 2010 bis 2012 Vertragsbeziehungen zu drei anderen Versicherungsunternehmen (A, B und C). Diese hatten mit ihren Versicherungsnehmern "Kautionsversicherungsverträge" abgeschlossen. Versicherungsnehmer des A waren gemäß § 651k (später § 651r) des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) absicherungspflichtige Pauschalreiseanbieter. Die Klägerin beteiligte sich an den sich hieraus ergebenden Risiken in einem Umfang von 30 %. B hatte eine Bürgschaft zugunsten von Mitarbeitern seines Versicherungsnehmers für die Absicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitvereinbarungen übernommen, die diesen Mitarbeitern gegen den Versicherungsnehmer zustanden. Die Klägerin beteiligte sich an der Bürgschaft in der Weise, dass sie im Fall der Insolvenz des Versicherungsnehmers 40 % des Schadens tragen sollte. Auch C hatte mit einem Reiseveranstalter als Versicherungsnehmer eine Reiseinsolvenzversicherung abgeschlossen. Die Klägerin verpflichtete sich gegenüber C, die sich daraus ergebenden Schäden zu circa 7,5 % zu tragen.Darüber hinaus unterhielt die Klägerin Vertragsbeziehungen mit drei Kreditinstituten. Diese stellten ihren Kunden Avalkredite zur Verfügung. In Bezug auf diese Avalkreditverhältnisse übernahm die Klägerin eine anteilige Haftung.
Die Klägerin nahm an, dass die Zahlungen, die sie von den anderen Versicherungsunternehmen und den Kreditinstituten vereinnahmte, nicht der Versicherungsteuer unterlagen.
Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (Bundeszentralamt für Steuern ‑‑BZSt‑‑) ging demgegenüber aufgrund einer Außenprüfung davon aus, dass eine Versicherungsteuerpflicht bestehe und sah die von der Klägerin vereinnahmten Zahlungen als Versicherungsentgelt an. Das BZSt erließ am 23.01.2019 einen entsprechend geänderten Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2012. Hiergegen erhob die Klägerin mit Zustimmung des BZSt Sprungklage zum Finanzgericht (FG).
Das FG gab der aufgrund einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als zulässig angesehenen Klage teilweise statt. Es bejahte die Versicherungsteuerpflicht. Mit allen Vertragspartnern sei jeweils ein Versicherungsvertrag zustande gekommen, da die Klägerin keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zu den Kunden ihrer Vertragspartner eingegangen sei. Bei den Verträgen zwischen den Kunden und den anderen Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten habe es sich nicht um Versicherungsverträge im Sinne des § 1 Abs. 1 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) gehandelt, weil sie unter § 2 Abs. 2 VersStG fielen, so dass mangels steuerbarer Erstversicherung die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 VersStG nicht erfüllt seien. Die Klage hatte jedoch Erfolg, soweit sie die Höhe der festgesetzten Versicherungsteuer betraf. Insoweit vertrat das FG die Ansicht, dass die Versicherungsteuer den vereinnahmten Versicherungsentgelten nicht hinzugerechnet werden dürfe, sondern aus den vereinnahmten Versicherungsentgelten mit dem Faktor 19/119 herauszurechnen sei.
Hiergegen wenden sich die Klägerin und das BZSt mit ihren Revisionen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, dass die Verträge nicht versicherungsteuerpflichtig gewesen seien. Es handele sich in allen Fällen um Mitversicherungen. Bei einer Mitversicherung an einer Kautionsversicherung, der sogenannten "Kautionsmitversicherung", handele es sich um eine Erstversicherung, welche nicht steuerbar nach § 2 Abs. 2 VersStG sei. Dies gelte auch für stille Mitversicherungen, denn entscheidend sei, dass auch der stille Mitversicherer dasselbe Risiko trage wie der führende Mitversicherer. Der Mitversicherer gehe eine anteilige eigene primäre und unmittelbare Verpflichtung gegenüber dem Versicherungsnehmer des Vertragspartners ein. Es handele sich hierbei um einen Schuldbeitritt. Entscheidend sei, welches Risiko übernommen werde. Der stille Mitversicherer übernehme anteilig das Risiko eines Versicherungsnehmers, die Leistungsfähigkeit des führenden Versicherers im Sinne der Bonität und Risikotragfähigkeit sei für ihn ohne Relevanz. Nur dieser Betrachtung entspreche die vorgenommene Bilanzierung. Folge man dieser Auffassung nicht und gehe wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24.04.2013 ‑ XI R 7/11 (BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648) von einer Rückversicherung aus, seien die hier streitigen Verträge jedenfalls gemäß § 4 Nr. 1 VersStG steuerbefreit. Denn für diese Steuerbefreiung sei die Steuerbarkeit einer Erstversicherung nicht erforderlich. Auch Kautionsversicherungen seien grundsätzlich steuerbar, sie würden nur im Wege einer Fiktion versicherungsteuerrechtlich ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgenommen. Durch § 2 Abs. 2 VersStG habe sichergestellt werden sollen, dass weder das Avalgeschäft der Banken noch die Kautionsversicherung der Versicherungsunternehmen der Versicherungsteuer unterliegen. Eine andere Auslegung hätte zur Folge, dass ‑‑obwohl Kautionserstversicherungen gemäß § 2 Abs. 2 VersStG nicht der Versicherungsteuer unterliegen und Rückversicherungen gemäß § 4 Nr. 1 VersStG steuerbefreit seien‑‑ ausgerechnet die Kombination aus beiden, die Kautionsrückversicherung, der Versicherungsteuer unterliege. Dies könne der Gesetzgeber nicht beabsichtigt haben.
Das BZSt wendet sich mit seiner Revision gegen die Höhe der festgesetzten Versicherungsteuer. Es habe sich bei den streitigen Beträgen um Nettobeträge gehandelt. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 VersStG. Die Versicherungsteuer sei nicht Teil des Entgelts, was bereits im BFH-Urteil vom 18.11.2021 ‑ V R 24/20 (BFH/NV 2022, 624) klargestellt worden sei.
Beide Beteiligten wenden sich zudem jeweils gegen die Revision des anderen Beteiligten.
Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen wurde, und den Versicherungsteuerbescheid vom 23.01.2019 für den Monat Dezember 2012 dahingehend zu ändern, dass die Versicherungsteuer auf … € festgesetzt wird, und die Revision des BZSt zurückzuweisen.
Das BZSt beantragt,
das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als der Klage stattgegeben wurde, die Klage insgesamt abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Revision des BZSt ist hingegen begründet und führt zur Aufhebung des Urteils, soweit das FG der Klage stattgegeben hat; die Klage ist insgesamt abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
1. Das FG hat die Zahlungen an die Klägerin zu Recht als nach § 1 Abs. 1 VersStG steuerbar angesehen. Das hierfür erforderliche Versicherungsverhältnis liegt vor, da die Fiktion des § 2 Abs. 2 VersStG nicht eingreift. Die Vorschrift setzt die Verpflichtung voraus, Dritten gegenüber für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten. Erforderlich ist die Eingehung einer Verpflichtung gegenüber dem Dritten.
a) Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt der Versicherungsteuer die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses. Wesentliches Merkmal für ein "Versicherungsverhältnis" im Sinne des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen Wagnisses (BFH-Urteile vom 16.12.2009 ‑ II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097; vom 19.06.2013 ‑ II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060, Rz 12).
Ein Vertrag, durch den der Versicherer sich verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten, gilt nach § 2 Abs. 2 VersStG nicht als Versicherungsvertrag. Die gesetzliche Fiktion des § 2 Abs. 2 VersStG bewirkt, dass kein Versicherungsvertrag und damit auch kein steuerbares Versicherungsverhältnis im Sinne des § 1 Abs. 1 VersStG vorliegt (BFH-Urteil vom 19.06.2013 ‑ II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060, Rz 21).
b) Vorliegend hat die Klägerin aufgrund der von ihr mit den anderen Versicherungsunternehmen und mit den Kreditinstituten abgeschlossenen Verträgen aufgrund einer entgeltlichen Wagnisübernahme Versicherungsverhältnisse begründet, wie das FG zutreffend entschieden hat und was im Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Zudem hat das FG entgegen der Revision der Klägerin die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 VersStG zutreffend verneint.
aa) Ein Vertrag, durch den der Versicherer sich im Sinne von § 2 Abs. 2 VersStG verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten, setzt die Verpflichtung des Versicherers voraus, Dritten gegenüber für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten (BFH-Urteil vom 20.04.1977 ‑ II R 36/76, BFHE 122, 352, BStBl II 1977, 688, unter 4.). Die Vorschrift erfasst damit die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertragsverhältnisses mit einem Dritten (Gläubiger des Versicherungsnehmers), nicht aber die davon zu trennende Verpflichtung zur Erstattung eines bei einem Erstversicherer entstehenden Ausfalls (BFH-Urteil vom 11.05.1967 ‑ V 5/64, BFHE 89, 198, BStBl III 1967, 643, unter 1.). Dementsprechend liegt eine Kautionsversicherung, auf die § 2 Abs. 2 VersStG anzuwenden ist, nur vor, wenn neben dem Kautionsversicherungsvertrag zwischen Versicherer (Bürgen) und Versicherungsnehmer (Schuldner) ein Bürgschaftsvertrag zwischen dem Kautionsversicherer und dem Gläubiger abgeschlossen wird und der Kautionsversicherer bei seiner Inanspruchnahme beim Schuldner (Versicherungsnehmer) Regress nehmen kann (BFH-Urteil vom 09.12.1969 ‑ II 103/63, BFHE 99, 60, unter 2.). Nicht anzuwenden ist § 2 Abs. 2 VersStG auf eine Kautionsrückversicherung, bei der sich ein Rückversicherer nicht gegenüber den Versicherungsnehmern des Erstversicherers zur Leistung von Bürgschaften, sondern sich gegenüber dem Erstversicherer zur Übernahme von Vermögensschäden verpflichtet, die diesem aus den von ihm mit den Versicherungsnehmern abgeschlossenen Kautionsversicherungen entstehen (BFH-Urteil vom 19.06.2013 ‑ II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060, Rz 24).
bb) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Klägerin nicht verpflichtet hat, Dritten gegenüber für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten, so dass § 2 Abs. 2 VersStG auf die streitgegenständlichen Verträge keine Anwendung findet.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehört die Auslegung von Verträgen zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, das heißt jedenfalls möglich ist. Das Revisionsgericht prüft, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat; ferner prüft das Revisionsgericht, ob die Vorinstanz die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat. Dagegen ist die rechtliche Einordnung des (nach Maßgabe des FG) von den Vertragspartnern Gewollten am Maßstab der jeweils einschlägigen Normen für das Revisionsgericht nicht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, sondern in vollem Umfang nachprüfbare Rechtsanwendung (so z.B. BFH-Urteil vom 10.08.2016 ‑ XI R 41/14, BFHE 255, 300, BStBl II 2017, 590, Rz 38).
(2) Vorliegend hat das FG ohne Rechtsfehler ‑‑und damit in nach § 118 Abs. 2 FGO bindender Weise‑‑ die hier maßgeblichen sechs Verträge dahingehend gewürdigt, dass sich die Klägerin nur gegenüber ihren Vertragspartnern ‑‑den Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten‑‑ verpflichtet hatte, die für ihre Versicherungsnehmer ‑‑zu denen auch die Kunden der Kreditinstitute zählten‑‑ eingegangenen Risiken anteilig oder in einem Fall vollständig zu übernehmen, ohne dabei aber gegenüber den Versicherungsnehmern die Stellung einer Sicherungsgeberin zu übernehmen, wie sie die Vertragspartner der Klägerin innehatten. Gläubiger der Versicherungsnehmer konnten nach der Würdigung des FG aus den Kautionsversicherungen allein die Vertragspartner der Klägerin, nicht aber die Klägerin selbst in Anspruch nehmen. Zudem hat das FG zutreffend entschieden, dass die von der Klägerin und ihren Vertragspartnern gewollte stille Mitversicherung nicht geeignet war, eine Verpflichtung im Verhältnis zu deren Kunden zu begründen (FG-Urteil S. 40). Damit hat das FG seiner Würdigung die nach der BFH-Rechtsprechung maßgeblichen Umstände (s. oben II.1.b aa) zugrunde gelegt. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Klägerin auch keine Regressansprüche gegen die Kunden ihrer Vertragspartner erlangen konnte.
(3) Die Einwendungen der Klägerin hiergegen greifen nicht durch. Die von der Klägerin angestellte Risikobetrachtung, nach der es für die Anwendung von § 2 Abs. 2 VersStG ausreichen soll, dass sie Risiken der Kunden ihrer Vertragspartner und damit Risiken der Versicherungsnehmer ‑‑nicht aber die des jeweils führenden Mitversicherers‑‑ übernommen habe, genügt nicht dem sich aus dieser Vorschrift ergebenden Erfordernis, sich durch Vertrag zu verpflichten, Dritten gegenüber für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten (s. oben II.1.b aa). Dritter in diesem Sinne ist der Gläubiger des Versicherungsnehmers und damit bei der Insolvenzabsicherung des Reiseveranstalters der Reisende oder im Fall der Sicherung von Altersteilzeitguthaben der Mitarbeiter. Die Leistung einer sonstigen Sicherheit muss im Wesentlichen wie bei der Bürgschaft erfolgen und setzt daher die Eingehung einer Verpflichtung gegenüber dem Dritten voraus. Dem genügt eine "stille" Risikoübernahme, die nicht darauf angelegt ist, dem Dritten die "Risikoübernahme" in Bezug auf seine Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer zumindest offenzulegen, nicht. Im Hinblick hierauf kommt es auf das von der Klägerin als unzutreffend erachtete BFH-Urteil vom 24.04.2013 ‑ XI R 7/11 (BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 25) und die weiteren Ausführungen zu den einzelnen Verträgen und der sich aus diesen ihrer Ansicht nach ergebenden "Beteiligung" an den Kautionsversicherungsverträgen, die ihre Vertragspartner abgeschlossen hatten, nicht an.
2. Ebenfalls zutreffend hat das FG eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 1 VersStG abgelehnt. Denn die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Kautionsrückversicherung ist nicht nach dieser Vorschrift von der Versicherungsteuer befreit, wenn durch die Versicherung die Gefahr aus einem Vertrag übernommen wird, der nach § 2 Abs. 2 VersStG nicht als Versicherungsvertrag gilt.
a) Nach § 4 Nr. 1 VersStG ist die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Rückversicherung, bei der sich ein Versicherer (Erstversicherer) für die gegenüber dem Versicherungsnehmer übernommene Gefahr und die daraus resultierende Zahlungsverpflichtung gegen Zahlung einer Prämie bei einem anderen Versicherer (Rückversicherer) versichert und sich von diesem wegen des übernommenen Risikos teilweise oder volle Deckung versprechen lässt (BFH-Urteil vom 19.06.2013 ‑ II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060, Rz 15), von der Besteuerung ausgenommen.
Dabei setzt eine Rückversicherung im Sinne des § 4 Nr. 1 VersStG begrifflich eine andere (steuerbare) Versicherung voraus, deren Wagnis ganz oder teilweise vom Rückversicherer übernommen wird, wie der BFH bereits ausdrücklich entschieden hat. Die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine sogenannte Kautionsrückversicherung ist daher nicht nach dieser Vorschrift von der Versicherungsteuer befreit, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ durch die Versicherung die Gefahr aus einem Vertrag übernommen wird, der nach § 2 Abs. 2 VersStG nicht als Versicherungsvertrag gilt (BFH-Urteil vom 19.06.2013 ‑ II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060, Rz 25 bis 33).
b) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und präzisiert diese dahingehend, dass § 4 Nr. 1 VersStG aufgrund des sich aus § 2 Abs. 2 VersStG ergebenden Fehlens eines Versicherungsverhältnisses nicht anzuwenden ist. Dient diese Regelung dazu, Wettbewerbsgleichheit mit Banken, die Sicherheiten stellen, herzustellen (Franz in Franz, Versicherungsteuergesetz, § 4 Nr. 1 Rz 69), besteht keine Veranlassung, die Versicherung der Erstrisikoübernahme im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 VersStG als nach § 4 Nr. 1 VersStG steuerfrei anzusehen, während eine Steuerfreiheit der Versicherung der Erstrisikoübernahme im Bankbereich von vornherein nicht in Betracht kommt. Im Hinblick hierauf ist nicht der Annahme zu folgen, dass es nach der Intention des Gesetzgebers nicht auf die Ausgestaltung als Ausnahme zur Steuerbarkeit oder als Steuerbefreiung ankommen soll (so aber Franz in Franz, Versicherungsteuergesetz, § 4 Nr. 1 Rz 69). Dass eine Rückversicherung auch dann steuerfrei ist, wenn sie sich auf eine steuerfreie Erstversicherung bezieht (Franz in Franz, Versicherungsteuergesetz, § 4 Nr. 1 Rz 27), führt somit nicht zu einem Wertungswiderspruch in Bezug auf die Steuerpflicht der "Kautionsrückversicherung".
Für die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 1 VersStG reicht es daher nicht aus, dass eine Rückversicherung im versicherungsrechtlichen Sinne vorliegt. Soweit die Klägerin hiergegen auf die unionsrechtliche Harmonisierung durch die Zweite Richtlinie 88/357/EWG des Rates vom 22.06.1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 172 vom 04.07.1988, S. 1) und die dort unter Anhang Nr. 15 verwendeten Begriffe der direkten und der indirekten Kaution verweist, handelt es sich um Regelungen zur Risikobelegenheit, die den nationalen Gesetzgeber in Bezug auf die Ausgestaltung der Prämienbesteuerung nicht binden. Der nationale Gesetzgeber hat unionsrechtlich Gestaltungsfreiheit bezüglich des Umfangs der Steuerbefreiungen und kann einen rein versicherungsteuerlich geprägten Rückversicherungsbegriff zugrunde legen (Franz in Franz, Versicherungsteuergesetz, § 4 Nr. 1 Rz 67; a.A. Medert/Axer/Voß, Versicherungsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 4 Rz 45 ff.).
3. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass in den an die Klägerin gezahlten Entgelten die Versicherungsteuer enthalten war. Sind die Vertragsparteien irrtümlich davon ausgegangen, dass die Zahlung eines Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt, ist die Versicherungsteuer nicht in gezahlten Prämien enthalten.
a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VersStG wird die Steuer für die einzelnen Versicherungen regelmäßig vom Versicherungsentgelt berechnet und beträgt im Regelfall 19 % des Versicherungsentgelts ohne Versicherungsteuer (§ 6 Abs. 1 VersStG).
b) Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, dass ausgehend von der zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer ein Versicherungsentgelt als "Bruttobetrag" einschließlich einer eventuell entstehenden Versicherungsteuer zumindest dann vereinbart wird, wenn die Vertragsparteien irrtümlich davon ausgegangen sind, dass die Zahlung einer Versicherungsprämie nicht der Versicherungsteuer unterliegt und dieser Irrtum erst im Rahmen einer Außenprüfung ausgeräumt wird, so dass dann die Versicherungsteuer aus dem vereinbarten Betrag herauszurechnen ist, und hat dabei zu Unrecht auf die Parallelfrage zum vergleichbaren Irrtum in Bezug auf die Umsatzsteuerpflicht (BFH-Urteile vom 22.04.2015 ‑ XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755, Rz 37 und vom 16.11.2016 ‑ V R 1/16, BFHE 256, 542, BStBl II 2017, 1079, Rz 27) verwiesen (FG-Urteil S. 48).
Dabei hat das FG die versicherungsteuerrechtlichen Besonderheiten der Steuerschuldnerschaft des Versicherungsnehmers (§ 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG in der bis zum 11.12.2012 geltenden Fassung ‑‑VersStG a.F.‑‑ und § 7 Abs. 1 VersStG in der ab dem 12.12.2012 geltenden, durch das Verkehrsteueränderungsgesetz vom 05.12.2012 geschaffenen Fassung ‑‑VersStG n.F.‑‑) bei gleichzeitiger Haftung (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG a.F.) oder Steuerentrichtungsschuld (§ 7 Abs. 2 VersStG n.F.) und die sich hieraus ergebende Folge übersehen, dass Steuerschuld einerseits und Haftung oder Steuerentrichtungsschuld andererseits in gleicher Höhe und daher von demselben Versicherungsentgelt zu berechnen sind. Im Hinblick hierauf kommt es nicht in Betracht, ein in der rechtsirrigen Annahme, dass keine Versicherungsteuerpflicht besteht, vereinbartes Versicherungsentgelt als die Versicherungsteuer bereits enthaltend anzusehen. In Bezug auf die Steuerschuld des zahlenden Versicherungsnehmers kann die umsatzsteuerrechtliche Betrachtung zur Steuerschuld des leistenden und das Entgelt empfangenden Unternehmers (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes) nicht auf die Versicherungsteuer übertragen werden.
c) Im Übrigen hat der erkennende Senat, was das FG bei seinem Urteil allerdings noch nicht berücksichtigen konnte, bereits ausdrücklich entschieden, dass § 7 Abs. 4 VersStG a.F. und damit auch § 7 Abs. 9 VersStG n.F., wonach jeweils im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer die Steuer als Teil des Versicherungsentgelts gilt, soweit es sich um dessen Einziehung und Geltendmachung im Rechtsweg handelt, nur dazu dient, die Steuerschuld als versicherungsvertragliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers in das Zivilrechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer aufzunehmen und dadurch die Einziehung der Steuer durch den Versicherer zu erleichtern. Hieraus ergibt sich demgegenüber nicht, dass die Versicherungsteuer in gezahlten Prämien enthalten ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.11.2021 ‑ V R 24/20, BFH/NV 2022, 624, Rz 35).
4. Die Sache ist spruchreif. Das Urteil des FG ist insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage ist insgesamt abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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