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BFH: Eröffnung eines passiven Veredelungsverkehrs bei einer nicht zugelassenen Zollstelle

  1. Steht es der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Durchfüh­rung einer passiven Veredelung gemäß Art. 145 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) be­ziehungsweise Art. 259 Abs. 1 des Zollkodex der Union (UZK) entgegen, wenn die Zollanmeldung für die Waren der vorübergehenden Ausfuhr von einer Zoll­stelle angenommen wurde, die nicht als Zollstelle für die Überführung in das Zollverfahren in der Bewilligung der passiven Veredelung nach Art. 85 in Ver­bindung mit Art. 84 Abs. 1 Buchst. b fünfter Anstrich ZK beziehungsweise Art. 211 Abs. 1 Buchst. a UZK genannt ist?
  2. Ist Art. 150 Abs. 2 ZK dahingehend auszulegen, dass sich diese Vorschrift nur auf die Verpflichtungen bezieht, die nach der Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Zollverfahren der passiven Veredelung beste­hen, oder gilt Art. 150 Abs. 2 ZK bereits für Verpflichtungen im Zusammen­hang mit der Abgabe der Zollanmeldung zur Überführung der Waren der vo­rübergehenden Ausfuhr in die passive Veredelung?
  3. Ist Art. 86 Abs. 6 UZK entsprechend anzuwenden, wenn die Zollschuld ge­mäß Art. 77 Abs. 1 Buchst. a UZK durch Überführung beziehungsweise Über­lassung von Veredelungserzeugnissen zum zollrechtlich freien Verkehr ent­standen ist?

ZK Art. 85, Art. 145, Art. 150 Abs. 2
UZK Art. 86 Abs. 6, Art. 211, Art. 259

BFH-Beschluss vom 6.8.2024, VII R 27/21 (veröffentlicht am 31.10.2024)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 11.8.2021, 4 K 1370/20 Z = SIS 21 16 14

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) handelt mit Ölen, Fetten und Margarinen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) be­willigte ihr am 01.12.2014 das Zollverfahren der passiven Veredelung für die Herstellung von Erdnussöl der Unterposition 1516 20 96 der Kombinierten No­menklatur (KN) als Veredelungserzeugnis bei der in der Schweizerischen Eid­genossenschaft (Schweiz) ansässigen X. Als Ware der vorüberge­henden Ausfuhr wurde rohes Erdnussöl der Unterposition 1508 10 90 KN be­zeichnet. Die Veredelungsvorgänge bei der X umfassten die Raffi­nation, Hydrierung, Nachraffination, Dämpfung und das Abfüllen des Erdnuss­öls. In der Bewilligung wurden als Zollstellen für die Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Verfahren das Hauptzollamt 1 ‑ Zollamt W sowie das HZA ‑‑Zollamt Z‑‑ zu­gelassen. Das Zollverfahren konnte bei jeder deutschen Zollstelle beendet werden. Überwachungszollstelle war das HZA.

Im Zeitraum von Juni 2015 bis September 2017 erwarb die Klägerin im König­reich der Niederlande (Niederlande) rohes Erdnussöl, das dort in den zollrecht­lich freien Verkehr übergeführt worden war. Das rohe Erdnussöl wurde bei ei­ner Zollstelle in den Niederlanden mit Verfahrenscode 1000 (endgültige Aus­fuhr ohne vorangegangenes Verfahren) zur Ausfuhr angemeldet und direkt von Rotterdam zur X in die Schweiz befördert.

Nach der Durchführung der Veredelungsvorgänge bei der X mel­dete die Klägerin das Erdnussöl im Zeitraum vom 29.06.2015 bis zum 11.09.2017 mit Verfahrenscode 4000 (gleichzeitige Überlassung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ohne vorangegangenes Verfahren) zur Überführung beziehungsweise (bzw.) Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr an. Als Zollwert des Erdnussöls gab die Klägerin die Kosten der Ver­edelungsvorgänge in der Schweiz an.

Mit Wirkung ab dem 16.03.2018 änderte das HZA die der Klägerin erteilte Be­willigung der passiven Veredelung vom 01.12.2014 dergestalt, dass die nie­derländische Zollstelle NL 000xxx als Zollstelle für die Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in die passive Veredelung aufgenommen wurde.

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 25.07.2018 erhob das HZA Zoll in Höhe von … € nach, weil es nach einer Außenprüfung zu dem Ergebnis gekom­men war, dass das rohe Erdnussöl nicht in das Verfahren der passiven Verede­lung übergeführt worden sei, weil es nicht unter dem Verfahrenscode 2100 (vorübergehende Ausfuhr im Rahmen der passiven Veredelung ohne Vorver­fahren) bei den in der Bewilligung vom 01.12.2014 bezeichneten Zollstellen angemeldet worden sei. Nach Auffassung des HZA konnte die Klägerin die für die passive Veredelung vorgesehene Abgabenbegünstigung nicht in Anspruch nehmen. Die Klägerin legte gegen diesen Einfuhrabgabenbescheid Einspruch ein und ließ die Zollanmeldungen für die Ausfuhr des rohen Erdnussöls durch die niederländische Zollverwaltung nachträglich dahingehend ändern, dass in Feld Nr. 2 der Zollanmeldungen die Klägerin als Ausführerin, in Feld Nr. 37 der Verfahrenscode 2100 und in Feld Nr. 44 ein Hinweis auf die der Klägerin erteil­te Bewilligung der passiven Veredelung eingetragen wurden.

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 05.12.2018 erließ das HZA der Klägerin Zoll in Höhe von … €, sodass sich der nacherhobene Zollbetrag auf … € reduzierte. Im Übrigen blieb der Einspruch der Klägerin erfolg­los.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klägerin habe das Erdnussöl nicht unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 145 des Zollkodex (ZK) einführen können, weil sie von ihrer Bewilligung keinen Gebrauch gemacht und die Waren der vorübergehenden Ausfuhr nicht in das Verfahren der passi­ven Veredelung übergeführt habe. Das HZA sei zwar an die Entscheidungen der niederländischen Zollverwaltung gebunden. Jedoch habe die Klägerin nicht über eine einzige Bewilligung verfügt, die zur Inanspruchnahme der teilweisen Befreiung erforderlich gewesen wäre. Das Versäumnis sei auch nicht ohne wirkliche Folgen für das reibungslose Funktionieren des Verfahrens der passi­ven Veredelung geblieben. Insbesondere habe die Nämlichkeit der Waren der vorübergehenden Ausfuhr mit den Veredelungserzeugnissen nicht überprüft werden können. Die Klägerin könne eine teilweise Befreiung von den Einfuhr­abgaben auch nicht in entsprechender Anwendung von Art. 212a ZK bean­spruchen, weil sie offensichtlich fahrlässig gehandelt habe.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor, dass der streitige Ein­fuhrabgabenbetrag aufgrund der unionsweiten Bindungswirkung der Entschei­dungen erstattet werden müsse. Die Überführung von Waren in die passive Veredelung bedürfe keiner einzigen Bewilligung. Diese sei nur eine Vorausset­zung dafür, dass die teilweise Abgabenbefreiung nach passiver Veredelung auch in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen der vorübergehenden Ausfuhr der unveredelten Waren gewährt werden könne. Es müsse zwischen den verschiedenen Verfahrenssituationen, die Art. 145 ZK und Art. 150 Abs. 2 ZK zugrunde lägen, differenziert werden.

Der Sinn und Zweck des Art. 150 Abs. 2 ZK bestehe darin, im Fall von Ver­säumnissen im Nachhinein zu prüfen, ob sich diese tatsächlich auf das ord­nungsgemäße Funktionieren des Verfahrens ausgewirkt hätten. Da zollrechtli­che Entscheidungen im ganzen Zollgebiet der Union gälten, könne es keinen Unterschied machen, ob die Anmeldung bei einer unzuständigen Zollstelle in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) oder in den Niederlanden er­folgt sei. Das HZA habe sich zudem auf anderem Wege einen Überblick über die Einhaltung der Nämlichkeitsvoraussetzungen verschafft. Darüber hinaus sei Art. 212a ZK im Streitfall entsprechend anwendbar, weil sie ‑‑die Kläge­rin‑‑ nicht offensichtlich fahrlässig gehandelt habe. Nach neuem Zollrecht müssten ihr die Vorteile der passiven Veredelung entweder gemäß Art. 259 des Zollkodex der Union (UZK) oder aufgrund entsprechender Anwendung von Art. 86 Abs. 6 UZK gewährt werden. Da der Erlöschenstatbestand des Art. 124 Abs. 1 Buchst. h UZK nur für die aktive Veredelung gelte und die frühere Re­gelung des Art. 150 Abs. 2 ZK im Zollkodex der Union nicht mehr enthalten sei, liege eine außerplanmäßige Regelungslücke vor.

II. Der Senat hat das bei ihm anhängige Revisionsverfahren mit Beschluss vom 09.07.2024 ‑ VII R 27/21 ausgesetzt (§ 121 Satz 1 in Verbindung mit ‑‑i.V.m.‑‑ § 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem Gerichtshof der Eu­ropäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1. Steht es der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Durchfüh­rung einer passiven Veredelung gemäß Art. 145 Abs. 1 ZK bzw. Art. 259 Abs. 1 UZK entgegen, wenn die Zollanmeldung für die Waren der vorüber­gehenden Ausfuhr von einer Zollstelle angenommen wurde, die nicht als Zollstelle für die Überführung in das Zollverfahren in der Bewilligung der passiven Veredelung nach Art. 85 i.V.m. Art. 84 Abs. 1 Buchst. b fünfter Anstrich ZK bzw. Art. 211 Abs. 1 Buchst. a UZK genannt ist?

2. Ist Art. 150 Abs. 2 ZK dahingehend auszulegen, dass sich diese Vorschrift nur auf die Verpflichtungen bezieht, die nach der Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Zollverfahren der passiven Veredelung beste­hen, oder gilt Art. 150 Abs. 2 ZK bereits für Verpflichtungen im Zusammen­hang mit der Abgabe der Zollanmeldung zur Überführung der Waren der vo­rübergehenden Ausfuhr in die passive Veredelung?

3. Ist Art. 86 Abs. 6 UZK entsprechend anzuwenden, wenn die Zollschuld ge­mäß Art. 77 Abs. 1 Buchst. a UZK durch Überführung beziehungsweise Über­lassung von Veredelungserzeugnissen zum zollrechtlich freien Verkehr ent­standen ist?

III. Nach Auffassung des Senats kommt es für die Lösung des Streitfalls darauf an, ob die Klägerin Veredelungserzeugnisse nach Durchführung der passiven Ver­edelung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben in den zollrechtlich freien Verkehr überführen konnte, obwohl sie die Zollanmeldungen für die Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in die passive Verede­lung bei einer nicht in der Bewilligung des Zollverfahrens zugelassenen Zoll­stelle abgegeben hatte. Diese Frage stellt sich sowohl bei den Veredelungsvor­gängen, die unter Geltung des Zollkodex durchgeführt wurden, als auch bei den Veredelungsvorgängen, bei denen bereits der Zollkodex der Union gegol­ten hat. Für die Lösung des Streitfalls kommt es auf folgende Bestimmungen des Unionsrechts und deren Auslegung an:

Anzuwendendes Unionsrecht:

Art. 84 ZK:
(1) Im Sinne der Artikel 85 bis 90

a) (…)

b) bezeichnet der Ausdruck "Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung" fol­gende Zollverfahren:
(…)
- die passive Veredelung
(…)
Art. 85 ZK:
Die Inanspruchnahme eines Zollverfahrens mit wirtschaftlicher Bedeutung be­darf einer Bewilligung durch die Zollbehörden.
Art. 145 ZK:
(1) Im passiven Veredelungsverkehr können unbeschadet der in den Arti­keln 154 bis 159 enthaltenen besonderen Vorschriften über den Standardaus­tausch und unbeschadet des Artikels 123 Gemeinschaftswaren zur Durchfüh­rung von Veredelungsvorgängen vorübergehend aus dem Zollgebiet der Ge­meinschaft ausgeführt und die aus diesen Veredelungsvorgängen entstande­nen Erzeugnisse unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Ein­fuhrabgaben in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden.

(…)
Art. 150 ZK:
(1) (…)

(2) Die vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Ar­tikel 151 Absatz 1 wird nicht gewährt, wenn eine der Bedingungen oder Ver­pflichtungen in Verbindung mit dem Verfahren der passiven Veredelung nicht erfüllt ist, sofern nicht festgestellt wird, dass die Versäumnisse ohne wirkliche Folgen für das reibungslose Funktionieren dieses Verfahrens geblieben sind.
Art. 151 ZK:
(1) Die vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Ar­tikel 145 wird berechnet, indem der Betrag der Einfuhrabgaben, die für die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Veredelungserzeugnisse gelten, um den Betrag der Einfuhrabgaben vermindert wird, die im gleichen Zeitpunkt auf die Waren der vorübergehenden Ausfuhr zu erheben wären, wenn diese aus dem Land, in dem sie veredelt werden oder zuletzt veredelt worden sind, in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt würden.

(…)
Art. 212a ZK:
Sieht das Zollrecht eine tarifliche Begünstigung aufgrund der Art oder der be­sonderen Verwendung einer Ware, Zollfreiheit oder eine vollständige oder teil­weise Befreiung von den Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben gemäß den Arti­keln 21, 82, 145 oder 184 bis 187 vor, so findet die zolltarifliche Begünsti­gung, die Zollfreiheit oder die teilweise Abgabenbefreiung auch in den Fällen des Entstehens einer Zollschuld nach den Artikeln 202 bis 205, 210 oder 211 Anwendung, sofern im Verhalten des Beteiligten weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit liegt und dieser nachweist, dass die übrigen Voraussetzungen für die Begünstigung, die Zollfreiheit oder die teilweise Ab­gabenbefreiung erfüllt sind.
Art. 497 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK‑DVO):

(1) Die Bewilligung eines Verfahrens wird schriftlich mit einem Muster nach Anhang 67 beantragt.

(2) (…)

(3) In folgenden Fällen kann der Antrag auf Bewilligung mittels einer schriftli­chen oder mit Mitteln der Datenverarbeitung im normalen Verfahren erstellten Zollanmeldung gestellt werden: (…)

(4) Anträge auf Erteilung einer einzigen Bewilligung, außer bei der vorüberge­henden Verwendung, sind nach Absatz 1 zu stellen.

(…)
Erwägungsgrund 38 zum UZK:
Es ist angebracht, dem guten Glauben des Beteiligten in den Fällen, in denen eine Zollschuld auf einer Nichteinhaltung zollrechtlicher Vorschriften beruht, Rechnung zu tragen und die Folgen fahrlässigen Verhaltens des Zollschuldners auf ein Mindestmaß abzumildern.
Art. 26 UZK:
Ausgenommen die Fälle, in denen die Wirkung einer Entscheidung auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten beschränkt ist, gelten die mit der Anwendung der zollrechtlichen Vorschriften verbundenen Entscheidungen im ganzen Zoll­gebiet der Union.
Art. 86 UZK:
(…)

(6) Ist in den zollrechtlichen Vorschriften eine zolltarifliche Abgabenbegünsti­gung oder die vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhr- oder Aus­fuhrabgaben nach Artikel 56 Absatz 2 Buchstaben d bis g, nach den Arti­keln 203, 204, 205 und 208 oder nach den Artikeln 259 bis 262 der vorliegen­den Verordnung oder nach der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom 16. November 2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen vorgesehen, so gilt diese zolltarifliche Abgabenbegünstigung oder Befreiung auch in den Fällen, in denen eine Zollschuld nach Artikel 79 oder 82 der vorlie­genden Verordnung entstanden ist, sofern der Verstoß, durch den die Zoll­schuld entstanden ist, kein Täuschungsversuch war.
Art. 259 UZK:
(1) In der passiven Veredelung können Unionswaren zur Durchführung von Veredelungsvorgängen vorübergehend aus dem Zollgebiet der Union ausge­führt werden. Die aus diesen Waren entstandenen Veredelungserzeugnisse können unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, und zwar auf Antrag des Bewilligungsinhabers oder einer anderen Person, die im Zollgebiet der Union ansässig ist, sofern diese Person die Zustimmung des Bewilligungsinha­bers eingeholt hat und die Voraussetzungen der Bewilligung erfüllt sind.

(…)
Art. 260 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24.11.2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verord­nung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Fest­legung des Zollkodex der Union ‑‑UZK‑IA‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ 2015, Nr. L 343, 558):

(1) Wurde ein Antrag auf eine Bewilligung gemäß Artikel 211 Absatz 1 des Zollkodex gestellt und ist mehr als ein Mitgliedstaat beteiligt, so gelten die Ar­tikel 10 und 14 dieser Verordnung sowie die Absätze 2 bis 5 dieses Artikels, es sei denn, die für die Entscheidung zuständige Zollbehörde ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Bewilligung nicht erfüllt sind.

(2) (…)
Art. 261 UZK‑IA:

(1) In den folgenden Fällen trifft die zuständige Zollbehörde eine Entscheidung über einen Antrag ohne Konsultation der anderen beteiligten Zollbehörden gemäß Artikel 260:

(a) (…)

(b) (…)

(c) wenn die Beteiligung verschiedener Mitgliedstaaten an dem Vorgang nur darin besteht, dass die Zollstelle für die Überführung in das Verfahren und die Zollstelle für die Erledigung des Verfahrens nicht identisch sind;

(…)

IV. Im Streitfall kommt es darauf an, ob die Überführung von Unionswaren in das Zollverfahren der passiven Veredelung bei einer nicht in der Bewilligung des Zollverfahrens zugelassenen Zollstelle der teilweisen Befreiung von den Ein­fuhrabgaben nach Art. 145 Abs. 1 ZK bzw. Art. 259 Abs. 1 UZK entgegensteht oder ob dieser Verstoß gegen die Regelungen in der Bewilligung des Zollver­fahrens geheilt worden ist. Von der Beantwortung dieser Fragen hängt es ab, ob die Klägerin für die Einfuhren im Zeitraum vom 29.06.2015 bis zum 30.04.2016 die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 145 Abs. 1 ZK beziehungsweise für die Einfuhren im Zeitraum vom 01.05.2016 bis zum 11.09.2017 nach Art. 259 Abs. 1 UZK beanspruchen kann.

1. Im Streitfall ist die Zollschuld mit der Annahme der Zollanmeldungen zur Überführung des veredelten Erdnussöls in den zollrechtlich freien Verkehr ge­mäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 ZK beziehungsweise zur Überlassung des veredelten Erdnussöls zum zollrechtlich freien Verkehr gemäß Art. 77 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 UZK unter Angabe des Verfahrenscodes 4000 (gleich­zeitige Überführung in den bzw. gleichzeitige Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ohne Vorverfahren, siehe Anhang 38 ZK‑DVO bzw. Anhang B UZK‑IA) entstanden. Als Zollwert hatte die Klägerin in den Zollanmeldungen die Kosten der Veredelungsvorgänge in der Schweiz und nicht den Transaktionswert des veredelten Erdnussöls im Sinne von Art. 29 Abs. 1 ZK bzw. Art. 70 Abs. 1 UZK angegeben.

Das HZA ist zur Nacherhebung von Zoll in der hier streitigen Höhe nach Art. 220 Abs. 1 ZK bzw. Art. 105 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 UZK berechtigt, wenn die Klägerin zu Unrecht die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 145 Abs. 1 ZK bzw. Art. 259 Abs. 1 UZK beansprucht hat. Denn dann wä­ren die Einfuhrabgaben zunächst mit einem geringeren Betrag als eigentlich geschuldet buchmäßig erfasst und festgesetzt worden.

2. Allerdings hat die Klägerin die in den Niederlanden abgegebenen Ausfuhr­anmeldungen, in denen in Feld Nr. 37 zunächst der Verfahrenscode 1000 (endgültige Ausfuhr ohne Vorverfahren) angegeben worden war, von der nie­derländischen Zollstelle, die die Ausfuhranmeldungen angenommen hatte, nachträglich ändern lassen. Die niederländische Zollstelle trug in Feld Nr. 2 der Zollanmeldungen die Klägerin als Ausführerin, in Feld Nr. 37 den Verfahrens­code 2100 (vorübergehende Ausfuhr im Rahmen der passiven Veredelung ohne Vorverfahren) und in Feld Nr. 44 einen Hinweis auf die der Klägerin er­teilte Bewilligung eines passiven Veredelungsverkehrs ein. Dadurch könnte eine Heilung des Fehlers eingetreten sein.

a) Durch die Änderung der Ausfuhranmeldungen wurden diese an die Anforde­rungen der passiven Veredelung angepasst. Das vorlegende Gericht neigt zu der Auffassung, dass diese Entscheidungen der niederländischen Zollstelle gemäß Art. 26 UZK im ganzen Zollgebiet der Union gelten und somit für das HZA bindend sind, auch wenn die Vornahme der Änderung rechtswidrig gewe­sen sein sollte, weil die niederländische Zollstelle nicht als Zollstelle für die Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in die passive Verede­lung zugelassen war.

b) Die bei der Einfuhr abgegebenen Zollanmeldungen wurden nicht nachträg­lich geändert. Allerdings hat das HZA in der mündlichen Verhandlung gegen­über dem vorlegenden Gericht erklärt, dass es diese Zollanmeldungen zur Be­endigung der passiven Veredelung anerkennen würde, weil aufgrund der An­gabe des Verfahrenscodes 4000 in Feld Nr. 37 der Zollanmeldungen die Über­führung der Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr und damit ein Zollverfahren beantragt worden sei, durch das die passive Veredelung be­endet werden könne. Dass aus dem Verfahrenscode 4000 das Vorverfahren der passiven Veredelung nicht erkennbar ist, steht aus Sicht des HZA der Gewährung der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 145 Abs. 1 ZK bzw. Art. 259 Abs. 1 UZK nicht entgegen.

Zudem hat der EuGH zur aktiven Veredelung bereits entschieden, dass der Verfahrenscode gemäß Art. 78 Abs. 3 ZK grundsätzlich geändert werden kann (EuGH-Urteil Terex Equipment u.a. vom 14.01.2010 ‑ C‑430/08 und C‑431/08, EU:C:2010:15, Rz 65).

c) Es besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit darüber, dass die Ver­edelungsvorgänge in der Schweiz ordnungsgemäß durchgeführt wurden.

d) Wäre demnach die Änderung der Ausfuhranmeldungen ausreichend, um die Durchführung der passiven Veredelungsverkehre an die Vorgaben der Bewilli­gung des Zollverfahrens anzupassen, könnte der Klägerin die teilweise Befrei­ung von den Einfuhrabgaben gemäß Art. 145 Abs. 1 ZK bzw. Art. 259 Abs. 1 UZK gewährt werden. In diesem Fall hätte das HZA zu Unrecht Zoll von der Klägerin nacherhoben.

3. Das vorlegende Gericht hat jedoch Zweifel, ob die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben trotz der Änderung der Ausfuhranmeldungen gewährt werden kann. Denn die niederländische Zollstelle war weder im Zeitpunkt der Ausfuhr noch im Zeitraum der Durchführung der Veredelungsvorgänge in der Bewilligung des Zollverfahrens als Zollstelle für die Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Verfahren der passiven Veredelung zugelas­sen.

a) Im Zollverfahren der passiven Veredelung können nach Art. 145 Abs. 1 ZK bzw. Art. 259 Abs. 1 UZK Gemeinschafts‑/Unionswaren zur Durchführung von Veredelungsvorgängen vorübergehend aus dem Zollgebiet der Gemein­schaft/Union ausgeführt und die aus diesen Veredelungsvorgängen entstande­nen Erzeugnisse unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhr­abgaben in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden. Gemäß Art. 85 i.V.m. Art. 84 Abs. 1 Buchst. b fünfter Anstrich ZK bzw. Art. 211 Abs. 1 Buchst. a UZK bedarf die Inanspruchnahme der Zollbegünstigung aufgrund ei­ner passiven Veredelung einer Bewilligung durch die Zollbehörden.

b) Der Klägerin war zwar ein passiver Veredelungsverkehr für die betreffenden Waren bewilligt worden. Allerdings war in der Bewilligung die niederländische Zollstelle NL 000xxx nicht als Zollstelle für die Überführung in das Verfahren zugelassen gewesen.

Nach Art. 505 Buchst. a i.V.m. Art. 497 Abs. 1 ZK‑DVO und Anhang 67 ZK‑DVO werden in Feld Nr. 11 Buchst. a der Bewilligung die Zollstellen für die Überführung in das Zollverfahren bestimmt. Seit der Geltung des Zollkodex der Union sind entsprechende Vorschriften in Art. 22 der Delegierten Verord­nung (EU) 2016/341 der Kommission vom 17.12.2015 zur Ergänzung der Ver­ordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hin­sichtlich der Übergangsbestimmungen für bestimmte Vorschriften des Zollko­dex der Union, für den Fall, dass die entsprechenden elektronischen Systeme noch nicht betriebsbereit sind, und zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 (ABlEU 2016, Nr. L 69, 1) i.V.m. Anhang 12 enthalten.

Im Streitfall hatte das HZA das Hauptzollamt 1 ‑ Zollamt W sowie das Zollamt Z des HZA als Zollstellen für die Über­führung in das Verfahren zugelassen.

Die niederländische Zollstelle NL 000xxx wurde erst mit Wirkung ab dem 16.03.2018 und damit zeitlich erst nach den hier zu beurteilenden Verede­lungsvorgängen in die Bewilligung aufgenommen. Eine Überführung der Waren in die passive Veredelung war bei der niederländischen Zollstelle somit im Zeitraum von Juni 2015 bis September 2017 nicht bewilligt. Dies könnte dazu führen, dass selbst bei Berücksichtigung der geänderten Ausfuhranmeldungen die Durchführung der passiven Veredelung nicht den Vorgaben der zwingend erforderlichen Bewilligung gemäß Art. 85 ZK i.V.m. Art. 84 Abs. 1 Buchst. b fünfter Anstrich ZK bzw. Art. 211 Abs. 1 Buchst. a UZK entspricht.

c) Weiterhin hat der EuGH entschieden, dass die Berichtigung einer Zollanmel­dung nach Überlassung der Waren nach Art. 78 Abs. 3 ZK zwar möglich ist, wenn bei der Anwendung der Vorschriften über das betreffende Zollverfahren von unrichtigen oder unvollständigen Grundlagen ausgegangen wurde. Aller­dings gilt dies nur unter Beachtung der gegebenenfalls erlassenen Vorschrif­ten. Dementsprechend dürfen die Ziele des Verfahrens ‑‑hier der passiven Veredelung‑‑ nicht gefährdet worden sein (EuGH-Urteil Terex Equipment u.a. vom 14.01.2010 ‑ C‑430/08 und C‑431/08, EU:C:2010:15, Rz 65, zur aktiven Veredelung). Der Grundgedanke des Art. 78 ZK besteht nämlich darin, das Zollverfahren auf die tatsächliche Situation abzustimmen (EuGH-Urteile Tigers vom 12.10.2017 ‑ C‑156/16, EU:C:2017:754, Rz 31; Pfeifer & Langen vom 16.07.2020 ‑ C‑97/19, EU:C:2020:574, Rz 32 und Südzucker u.a. vom 12.07.2012 ‑ C‑608/10, C‑10/11 und C‑23/11, EU:C:2012:444, Rz 47). Maß­geblich ist jedoch, dass keine Bestimmung des Zollkodex ‑‑beziehungsweise des Zollkodex der Union‑‑ der begehrten Änderung entgegensteht (vergleiche ‑‑vgl.‑‑ EuGH-Urteil Pfeifer & Langen vom 16.07.2020 ‑ C‑97/19, EU:C:2020:574, Rz 36 ff.).

Es könnte jedoch im Streitfall der Gewährung der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben entgegenstehen, dass eine Überführung von rohem Erdnussöl in die passive Veredelung bei der niederländischen Zollstelle nicht bewilligt war. Dadurch könnten Art. 85 ZK i.V.m. Art. 84 Abs. 1 Buchst. b fünfter An­strich ZK bzw. Art. 211 Abs. 1 Buchst. a UZK verletzt worden sein.

Ein ähnlicher Gedanke ergibt sich aus Art. 173 Abs. 3 UZK, wonach eine Ände­rung der Zollanmeldung nach Überlassung der Waren dazu dient, dass der An­melder seine Pflichten aus der Überführung der Waren in das betreffende Zoll­verfahren erfüllen kann.

Andererseits dürfte das HZA an die Entscheidung der niederländischen Zoll­stelle über die Änderung der Zollanmeldungen nach Art. 26 UZK gebunden sein, selbst wenn die Änderung der Zollanmeldungen durch die niederländi­sche Zollstelle nicht hätte erfolgen dürfen und deren Entscheidung rechtswid­rig sein sollte. Zudem bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit Täuschungsabsicht gehandelt hat.

d) Weiter ist zu bedenken, dass durch die Bestimmung von Zollstellen, bei de­nen die Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Verfahren der passiven Veredelung überführt werden dürfen, sichergestellt wird, dass die Vorausset­zungen der Bewilligung geprüft und bei Bedarf geeignete Maßnahmen zur Si­cherung der Nämlichkeit ergriffen werden (vgl. Art. 586 ZK‑DVO; Art. 240 Abs. 1 Buchst. a der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28.07.2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Euro­päischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Be­stimmungen des Zollkodex der Union, ABlEU 2015, Nr. L 343, 1). Kennt eine Zollstelle die Bewilligung jedoch nicht und ist ihr auch nicht aus dem Verfah­renscode ersichtlich, dass der Zollanmelder einen passiven Veredelungsver­kehr durchführen möchte, besteht für die Zollstelle kein Anlass, die Nämlich­keit der Waren zu sichern, damit später ein Abgleich mit den eingeführten Ver­edelungserzeugnissen vorgenommen werden kann. Die Angabe des richtigen Verfahrenscodes ist daher von besonderer Bedeutung für die zollamtliche Überwachung im Rahmen eines Veredelungsverkehrs (vgl. zur aktiven Verede­lung EuGH-Urteil Terex Equipment u.a. vom 14.01.2010 ‑ C‑430/08 und C‑431/08, EU:C:2010:15, Rz 43).

Der EuGH hat bei der Prüfung, ob eine Zollanmeldung gemäß Art. 78 Abs. 3 ZK geändert werden darf, die tatsächliche Nachprüfbarkeit allerdings für ent­scheidend gehalten. Demnach kann hinsichtlich einer Änderung der Angaben zur Art oder Beschaffenheit der Waren eine Überprüfung abgelehnt werden, wenn eine physische Kontrolle der Waren erforderlich ist. Erfordern die vorzu­nehmenden Prüfungen keine Vorführung der Waren, beispielsweise wenn der Überprüfungsantrag nur die Prüfung von Buchungs- oder Vertragsunterlagen voraussetzt, ist eine Überprüfung grundsätzlich möglich (EuGH-Urteil Overland Footwear vom 20.10.2005 ‑ C‑468/03, EU:C:2005:624, Rz 48 ff.). Dagegen steht allein der Umstand, dass eine materielle Kontrolle der Waren vor ihrer Ausfuhr unmöglich geworden ist, einer Überprüfung nach Art. 78 ZK nicht ent­gegen (EuGH-Urteil Pfeifer & Langen vom 16.07.2020 ‑ C‑97/19, EU:C:2020:574, Rz 41).

e) Die Klägerin verfügte auch nicht über eine einzige Bewilligung im Sinne von Art. 500 ZK‑DVO. Dies wäre erforderlich gewesen, um die niederländische Zollstelle in die Bewilligung der passiven Veredelung einzubeziehen. Denn von dem passiven Veredelungsverkehr wären Zollverwaltungen in mehreren Mit­gliedstaaten betroffen gewesen (Art. 1 Nr. 13 dritter Anstrich ZK‑DVO). Die Klägerin hat auch nicht durch die Abgabe der Ausfuhranmeldungen einen Antrag auf Erteilung einer einzigen Bewilligung gestellt, weil diese gemäß Art. 497 Abs. 4 ZK‑DVO schriftlich zu beantragen ist (vgl. Art. 497 Abs. 1 ZK‑DVO).

Ob unter Geltung des Zollkodex der Union ein Konsultationsverfahren nach Art. 260 UZK‑IA durchgeführt wurde, wurde im vorliegenden Verfahren bislang nicht festgestellt. Ein Konsultationsverfahren könnte jedoch gemäß Art. 261 Abs. 1 Buchst. c UZK‑IA in einem Fall wie dem vorliegenden entbehrlich sein, weil die Beteiligung der Niederlande ‑‑soweit ersichtlich‑‑ nur darin bestünde, dass die Zollstelle für die Überführung in das Verfahren der passiven Verede­lung und die Zollstelle für die Erledigung des Verfahrens nicht identisch sind.

f) Andererseits ist zu bedenken, dass ‑‑worauf die Klägerin zu Recht hingewie­sen hat‑‑ die niederländische Zollstelle die Zollanmeldungen für die vorüberge­hende Ausfuhr der Waren geändert und somit offensichtlich keine Maßnahmen zur Sicherung der Nämlichkeit für erforderlich gehalten hat. Denn in diesem Fall hätte sie die Zollanmeldungen nicht ändern dürfen, weil unterbliebene Maßnahmen der Nämlichkeitssicherung nach Beendigung des Veredelungsver­kehrs nicht mehr nachgeholt werden können. Da zudem kein Streit darüber besteht, dass die Veredelungsvorgänge ordnungsgemäß durchgeführt wurden, und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Klägerin andere oder mehr Waren wiedereingeführt hat als es den Waren der vorübergehenden Aus­fuhr entsprach, stellt sich die fehlende Nennung der niederländischen Zollstelle in der Bewilligung des Zollverfahrens im Ergebnis als Verletzung einer formel­len Vorgabe dar. Zudem wäre die Überführung der Waren der vorübergehen­den Ausfuhr in das Verfahren der passiven Veredelung ohne Weiteres bei zwei zugelassenen Zollstellen in Deutschland möglich gewesen. Unter Berücksichti­gung dieser Umstände könnte es daher unverhältnismäßig erscheinen, die Klä­gerin mit den hier streitigen Einfuhrabgaben zu belasten.

4. Sofern nicht bereits die Bewilligung der passiven Veredelung der Gewäh­rung der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben entgegensteht, ergeben sich Zweifel, ob der Fehler bei der Durchführung des Verfahrens trotz der Än­derung der Zollanmeldungen für die Ausfuhr der Waren geheilt worden ist.

a) Gemäß Art. 150 Abs. 2 ZK wird die vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 151 Abs. 1 nicht gewährt, wenn eine der Bedingungen oder Verpflichtungen in Verbindung mit dem Verfahren der pas­siven Veredelung nicht erfüllt ist, sofern nicht festgestellt wird, dass die Ver­säumnisse ohne wirkliche Folgen für das reibungslose Funktionieren dieses Verfahrens geblieben sind.

Das FG, das zunächst über den Rechtsstreit entschieden hat, hat festgestellt, dass das Versäumnis, das rohe Erdnussöl nicht beim Hauptzollamt 1 ‑ Zollamt W oder beim Zollamt Z zur vorüberge­henden Ausfuhr angemeldet zu haben, nicht ohne wirkliche Folgen für das rei­bungslose Funktionieren des Verfahrens der passiven Veredelung geblieben ist. Denn dadurch, dass die Klägerin in den Ausfuhranmeldungen nicht auf die beabsichtigte passive Veredelung hingewiesen hat, waren weder die niederlän­dischen noch die deutschen Zollbehörden in der Lage, die Nämlichkeit der Wa­ren der vorübergehenden Ausfuhr mit den Veredelungserzeugnissen zu prüfen.

Allerdings bezieht sich Art. 150 Abs. 2 ZK auf das "Verfahren der passiven Veredelung", was dafür sprechen könnte, dass diese Vorschrift nur dann anzu­wenden ist, wenn die Waren bereits in das Zollverfahren übergeführt wurden und nach deren Überführung in das Zollverfahren eine Bedingung oder Ver­pflichtung der passiven Veredelung nicht erfüllt wird. Im Streitfall ist der Feh­ler aber vor der Überführung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Zollverfahren geschehen, weil die Klägerin die Zollanmeldungen bei einer nicht zugelassenen Zollstelle abgegeben hat.

In diesem Zusammenhang erlaubt sich das vorlegende Gericht den Hinweis, dass nach der Dienstvorschrift der deutschen Zollverwaltung im Fall der Über­führung der Waren der vorübergehenden Ausfuhr in das Verfahren bei einer nicht zugelassenen Zollstelle Art. 150 Abs. 2 ZK anwendbar ist (Abs. 902 der Dienstvorschrift Passive Veredelung vom 17.02.2012 ‑ III B 1 ‑ Z 1601/11/10002, gültig bis 13.07.2015). Hätte die Klägerin die Zoll­anmeldungen also bei einer nicht zugelassenen deutschen Zollstelle abgege­ben, hätte das HZA die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Be­richtigung der Ausfuhranmeldungen gewährt. Dass dies jedoch anders ge­handhabt wird, wenn eine nicht zugelassene Zollstelle eines anderen Mitglied­staats beteiligt ist, steht im Widerspruch dazu, dass das Zollrecht von einem einheitlichen europäischen Zollgebiet ausgeht (Art. 3 ZK).

b) Für die Heilung von Verfahrensfehlern sieht das Zollrecht weitere Möglich­keiten vor, deren Voraussetzungen ‑‑zumindest ausgehend von deren Wort­laut‑‑ aus Sicht des vorlegenden Gerichts nicht erfüllt sind.

aa) Nach Art. 212a ZK kann unter bestimmten Voraussetzungen eine teilweise Abgabenbefreiung nach Art. 145 ZK trotz Unregelmäßigkeiten in Anspruch ge­nommen werden. Allerdings gilt dies nur, wenn die Einfuhrzollschuld gemäß Art. 202 bis 205 ZK entstanden ist. Im vorliegenden Streitfall ist die Zollschuld jedoch gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 ZK durch die Annahme der Zollanmeldung zur Überführung der Veredelungserzeugnisse in den zollrecht­lich freien Verkehr entstanden, sodass Art. 212a ZK nach seinem Wortlaut im Streitfall nicht anwendbar ist. Dazu kommt, dass das FG festgestellt hat, dass die Klägerin offensichtlich fahrlässig gehandelt hat. An diese Feststellung wäre das vorlegende Gericht nach deutschem Verfahrensrecht im Falle einer endgül­tigen Entscheidung über den Streitfall gebunden.

bb) Für die Einfuhren, die während der Geltung des Zollkodex der Union statt­gefunden haben, könnte im Streitfall eine Anwendung von Art. 86 Abs. 6 UZK in Betracht kommen. Dies setzt voraus, dass der Verstoß, durch den die Zoll­schuld entstanden ist, kein Täuschungsversuch war. Im Streitfall war dies nicht der Fall, sodass die offensichtliche Fahrlässigkeit der Klägerin, die das FG festgestellt hat, einer Heilung der Unregelmäßigkeit nach neuem Zollrecht nicht entgegensteht.

Allerdings ist die Zollschuld im Streitfall nicht nach Art. 79 oder 82 UZK, son­dern nach Art. 77 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 UZK durch Überlassung der Verede­lungserzeugnisse zum zollrechtlich freien Verkehr entstanden. Denn die Kläge­rin hat für die Veredelungserzeugnisse jeweils eine Anmeldung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit Verfahrenscode 4000 abgegeben. Diese Zollanmeldungen hat die Zollstelle jeweils angenommen.

Das vorlegende Gericht hat Zweifel, ob eine entsprechende Anwendung von Art. 86 Abs. 6 UZK auf eine Zollschuldentstehung nach Art. 77 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 UZK zulässig ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass Art. 86 Abs. 6 UZK nach seinem Wortlaut nicht für Fälle des Art. 77 UZK gilt, sondern eine Heilung der Zollschuldentstehung nur für Fälle einer Unregelmäßigkeit er­möglicht wird. Gegen eine entsprechende Anwendung spricht auch der Erwä­gungsgrund 38 zum UZK, bei dem ebenfalls auf die Nichteinhaltung zollrecht­licher Vorschriften abgestellt wird.

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