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BFH: Steuerbefreiung für Strom zur Stromerzeugung und für Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, entnommen worden ist

  1. Die Entnahme von Strom im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 des Stromsteuergesetzes erfolgt nicht ausschließlich durch die Person, die "den Schalter umlegt", sondern kann auch Personen zugerechnet werden, die auf­grund einer besonderen Einwirkungsmöglichkeit auf eine andere Person und die stromverbrauchenden Anlagen die tatsächliche Sachherrschaft über diese ausüben. Maßgeblich sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls.
  2. § 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmen­vorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union 2003, Nr. L 283, 51) ‑‑EnergieStRL‑‑, wo­nach elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Steuer zu befreien ist, ist bislang nicht in nationales Recht umgesetzt worden. Allerdings ist diese Vorschrift in­haltlich unbedingt und hinreichend genau, sodass sich der Einzelne unmittel­bar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL berufen kann.
  3. Bestimmte Vorgänge in einem Kraftwerk, die der eigentlichen Stromerzeu­gung vor- oder nachgelagert sind, sind von der Stromsteuer befreit, wenn sie der Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, dienen.

StromStG § 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2
StromStV § 12 Abs. 1 Nr. 1
EnergieStRL Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1, Art. 21 Abs. 3

BFH-Urteil vom 15.10.2024, VII R 31/21 (veröffentlicht am 10.4.2025)

Vorinstanz: FG Hamburg vom 21.9.2021, 4 K 19/20 = SIS 22 02 09

I. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb in den Streitjahren 2016 und 2017 ein Steinkohlekraftwerk zur Stromerzeugung. Sie verfügte über die Erlaubnis, Strom zur Stromerzeugung steuerfrei nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fas­sung (StromStG) zu entnehmen, und über die Erlaubnis, Kohle nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Energiesteuergesetzes in der für die Streitjahre gel­tenden Fassung (EnergieStG) steuerfrei als Heizstoff zur Stromerzeugung zu verwenden.

Die Klägerin beschäftigte in ihrem Kraftwerk circa … eigene Mitarbeiter. Zur Abdeckung von Arbeitsspitzen hatte die Klägerin mit der … (Dienstleistungsunternehmen) einen Vertrag über die Durchführung von Tätigkeiten der Ver- und Entsorgung geschlossen. Daher waren laufend … Mitarbeiter des Dienstleistungsunternehmens auf dem Betriebsgelände der Klägerin tätig. Insgesamt waren im Schichtbetrieb … Mitarbeiter des Dienst­leistungsunternehmens ausschließlich bei der Klägerin eingesetzt. In den Zei­ten der Schiffsbe- und ‑entladung stellte das Dienstleistungsunternehmen zu­sätzlich pro Schicht … Kranfahrer und weiteres logistisches Personal (zum Beispiel Schiffstrimmer). Die personalintensiven Schiffsbe- und ‑entladevor­gänge betreffend Kohle und Reststoffe kamen aber nicht laufend vor, denn verschiedene Lager auf dem Kraftwerksgelände dienten als Puffer zur zeitli­chen Entkopplung der Ver- und Entsorgung vom laufenden Kraftwerksbetrieb.

Für den Kraftwerksbetrieb verantwortlich war der Kraftwerksleiter, in dessen Abwesenheit der Produktionsleiter und in dessen Abwesenheit der Schichtlei­ter, alle drei eigene Mitarbeiter der Klägerin. Der Schichtleiter war verantwort­lich für den Betrieb der Anlagen und der technischen Systeme des Kraftwerks. Er war weisungsbefugt gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin und dem Per­sonal des Dienstleistungsunternehmens.

Der Kraftwerksbetrieb wurde wesentlich über … Arbeitsplätze im Kraft­werksleitstand gesteuert. Diese waren mit dem Schichtleiter und … weite­ren Mitarbeitern der Klägerin sowie dem sogenannten Ver- und Entsorgungs-Koordinator (V+E‑Koordinator), einem Mitarbeiter des Dienstleistungsunter­nehmens, besetzt. Die Leitstandfahrer der Klägerin steuerten mittels der "Leit­stände A und B" die "Kraftwerksblöcke A und B" und mittels des "Leitstands Y" übergeordnete Vorgänge, die sich nicht eindeutig einem der beiden Blöcke zu­ordnen ließen (zum Beispiel die Wasseraufbereitung). Der V+E‑Koordinator steuerte mittels des "Leitstands V+E" zahlreiche Ver- und Entsorgungsprozes­se im Kraftwerk. Er wurde bei kurzfristiger Abwesenheit von einem Leitstand­fahrer der Klägerin vertreten. Der Schichtleiter konnte mit dem übergeordne­ten Schichtleiterpult alle Aggregate bedienen und im Bedarfsfall die komplette Steuerung inklusive spezieller (Override‑)Funktionen übernehmen, für die er die ausschließliche Berechtigung hatte.

In täglichen Betriebsbesprechungen, den sogenannten Bekohlungsrunden, stimmten die Beschäftigten der Klägerin und der V+E‑Koordinator die Kraft­werksprozesse ab. Stets begann der V+E‑Koordinator die Bekohlungsrunde durch einen Statusbericht der letzten Schiffsentladungen, der Schichtung der Kohle in den Kohlekreislagern und möglicher Defekte oder Probleme in den vom Dienstleistungsunternehmen bedienten Anlagenteilen. Der Produktionslei­ter beziehungsweise der Schichtleiter der Klägerin legte sodann unter Beach­tung der betrieblichen und behördlichen Produktions- und Emissionsvorgaben fest, welche Kohlebestände an dem Tag verarbeitet werden sollten. Der V+E‑Koordinator setzte diese Bekohlungsanweisung in Abstimmung mit dem klägerischen Leiter des Stoffstrommanagements und dem leitenden Anlagen­ingenieur um und bestückte über den Leitstand V+E die Tagesbunker mit der richtigen Kohlemischung aus den Kohlekreislagern. Über den Leitstand V+E steuerte beziehungsweise überwachte der V+E‑Koordinator zudem die Entla­dung des Gipskreislagers sowie der Asche- und Schlackesilos auf Lastkraftwa­gen und Schiffe.

Der V+E‑Koordinator war nicht berechtigt, den Betriebsablauf eigenständig zu ändern, etwa durch eine Änderung der Kohlesorten. Gegenüber dem Personal des Dienstleistungsunternehmens war der V+E‑Koordinator weisungsbefugt, er unterlag aber seinerseits den Weisungen des Schichtleiters.

Das Kohlekraftwerk wurde im Einzelnen folgendermaßen betrieben:

Die Kohle wurde mit Massengutfrachtern (maximale Ladekapazität von … t) angeliefert und am eigenen Kai durch strombetriebene Entladekräne gelöscht, die von Kranfahrern des Dienstleistungsunternehmens bedient wur­den. Die Entladung wurde vom Vormann des Dienstleistungsunternehmens ko­ordiniert, der vom Schiffsführer angewiesen wurde, welche Luken zuerst entla­den werden mussten. Die Kohle wurde am Kai auf strombetriebene Förderbän­der geladen, die zu dem Kohleübergabebauwerk und von dort zu den beiden auf dem Kraftwerksgelände befindlichen Kohlekreislagern mit einem Fassungs­vermögen von jeweils … t Kohle führten (Leitstand V+E). Bei Volllast wäre diese Menge innerhalb von circa vier Wochen verbraucht worden; eine längere Lagerung war aufgrund einer Brandschutzauflage unzulässig und wäre unter anderem wegen der Möglichkeit spontaner Selbstentzündung gefährlich gewesen. Der Betrieb sowie die Klimatisierung und Lüftung der Kohlekreislager waren strombetrieben. In den Kohlekreislagern wurde Kohle mit unterschiedli­chen chemischen Qualitäten mittels strombetriebener elektrischer "Absetzer" (Leitstand V+E) sortenrein eingelagert.

Auf diese Bestände wurde durch strombetriebene "Kratzer" zugegriffen. Das heizwert- und emissionsbezogen optimale Mischen der Kohle erfolgte über den Abwurf auf nachgelagerte Förderbänder (Leitstand V+E). Zur Verstromung wurde die Kohle über diese Förderbänder in … jeweils … t fassende Ta­gesbunker ‑‑jeweils … pro Kraftwerksblock‑‑ transportiert, in denen die ver­schiedenen in den Kohlekreislagern befindlichen Kohlesorten im optimalen Mi­schungsverhältnis vorgehalten wurden (Leitstand V+E). Für Ausnahmefälle war eine sogenannte Direktbekohlung unter Umgehung der Kohlekreislager möglich, die aber eine Brandgefahr beinhaltete und das Risiko von Fremdkör­pern in der Kohle, welche die Kohlemühlen beschädigen könnten, barg. Zudem konnte bei einer Direktbekohlung keine hinreichende Kohleanalyse zur Einhal­tung der Emissionsgrenzwerte durchgeführt werden. Die immissionsschutz­rechtliche Genehmigung verlangte die geschlossenen Förderbänder und die geschlossene Lagerung der Kohle zur Staubvermeidung.

Aus den Tagesbunkern rutschte die Kohle mittels Schwerkraft in die … Koh­lemühlen je Block, in denen die Kohle gebrochen, getrocknet und zu Kohle­staub gemahlen wurde. Der Kohlestaub wurde mit heißer Frischluft in die Brennkammer des jeweiligen Dampferzeugers geblasen. Die Dampferzeuger wandelten die chemische Energie der Kohle durch Verheizen in Wärmeenergie um, die an den Wasserdampfkreislauf übertragen wurde. Der Dampf trieb die mehrstufigen Turbinen und damit den Generator an (Leitstände A und B).

Beim Verheizen der Kohle fielen große Mengen flugfähige Asche an, die über die elektromagnetischen Filter (E‑Filter) der Rauchgasreinigungsanlage abge­schieden und über nachgelagerte Förderbänder in die Aschesilos transportiert wurde (Leitstand Y). Die sogenannte "Verwerfasche" wurde entsorgt, die "Qualitätsasche" wurde zur Betonherstellung vermarktet. Für die Qualitäts­asche bestand eine Lagerkapazität von … t, für Verwerfasche von … t. Der Transport der Asche in die Silos, die dortigen Auflockerungsge­bläse zur Vermeidung von Anbackungen (Leitstand Y) sowie die Beladung der Schiffe mit Förderluft (Leitstand V+E) waren strombetrieben.

Für die Rauchgasentschwefelung wurde Ammoniak eingesetzt, das strombe­trieben angeliefert und gelagert wurde (Leitstand V+E). Bei der strombetriebe­nen Rauchgasentschwefelung mittels Kreideberieselung fielen große Mengen von Gipssuspension an. Diese wurde zu Gips getrocknet (Leitstand A, B bezie­hungsweise Y), über nachgelagerte Förderbänder in das Gipskreislager trans­portiert und später durch strombetriebene Kratzer und Förderbänder zur Ver­marktung verladen (Leitstand V+E).

Die aus den Brennkammern fallenden nicht flugfähigen Verbrennungsrückstän­de (Schlacke) wurden aus dem Schlackebad strombetrieben entnommen, ge­trocknet (Leitstände A, B beziehungsweise Y) und in Silos bis zur Vermarktung gelagert (Leitstand V+E). Die Schlacke wurde von nachfolgenden Industrien verwendet.

Die Klägerin betrieb zudem zwei Wasseraufbereitungsprozesse (Leitstand Y). Ein vor der Energieumwandlung erfolgender Aufbereitungsprozess ist nicht streitbefangen. Bei dem nachgelagerten, streitbefangenen Wasseraufberei­tungsprozess wurde das Abwasser aus dem Wasser-Dampf-Kreislauf der Dampferzeugerwasserspeisung, der Kühlkreisläufe und der Rauchgaswäsche entsprechend der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Zugabe von Chemikalien gereinigt und abgekühlt, um es anschließend einem nahege­legenen Fluss zuzuführen.

Diese dem Energieumwandlungsprozess vor- und nachgelagerten Prozesse gab die Klägerin in den Stromsteueranmeldungen für die Kalenderjahre 2016 und 2017 als steuerfrei an.

Nach einer Außenprüfung betreffend das Kalenderjahr 2016 setzte der Beklag­te, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) mit Steuer­bescheid vom … ‑ VS‑XXX‑1 für das Ka­lenderjahr 2016 nachträglich Stromsteuer in Höhe von … € und mit Steuerbescheid vom … ‑ VS‑XXX‑2 für das Kalenderjahr 2017 nachträglich Stromsteuer in Höhe von … € fest. Die Einsprüche gegen die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre wies das HZA zusammengefasst mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin am … Anfechtungsklage erhoben.

Aufgrund einer Außenprüfung betreffend das Kalenderjahr 2017 setzte das HZA mit Änderungsbescheid vom … ‑ VSP‑XXX‑1 weitere Stromsteuer in Höhe von insgesamt … € mit der Begründung fest, weitere Prozesse hätten nicht der Stromerzeugung gedient. Unter dem … legte die Klägerin hilfsweise Einspruch gegen den Bescheid VSP‑XXX‑1 ein und erstreckte ihre Klage auf diesen Bescheid.

Mit Stromsteueränderungsbescheid vom … ‑ VSP‑XXX‑2 minderte das HZA die Stromsteuerfestset­zung für das Kalenderjahr 2017 um … €, weil es den Stromverbrauch für den Betrieb der Kohlemühlen nunmehr als steuerfrei anerkannte.

Während des Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) hat die Klägerin die nach­trägliche Besteuerung für 2017 in Höhe von … € akzeptiert. Streitig waren vor dem FG somit zuletzt für das Kalenderjahr 2016 eine Stromsteuer­befreiung in Höhe von … € (für … MWh) und für das Kalen­derjahr 2017 in Höhe von … € (für … MWh). Bezüglich der Verteilung der vor dem FG streitigen Strommenge auf die einzelnen Stromver­braucher im Kraftwerk wird auf die in der Vorentscheidung enthaltene Über­sicht verwiesen (FG Hamburg, Urteil vom 21.09.2021 ‑ 4 K 19/20, Rz 19, S. 9 und 10).

Das FG urteilte, die Klage sei zum Teil begründet. Der Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG stehe nicht entgegen, dass bestimmte Stroment­nahmen durch Personal eines Dienstleistungsunternehmens "angeschaltet" worden seien. Verwender sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wer die Sachherrschaft über die verbrauchsteuerpflichtige Ware, bei der Stromsteuer gleichzeitig auch über die privilegierungsfähige Anlage, als Besitzherr ausübe und die Verwendung von Energieerzeugnissen und Strom Besitzdienern überlasse, die die tatsächliche Gewalt über die verbrauchsteuer­pflichtigen Erzeugnisse für den Besitzherrn ausübten. Die teilweise in der Lite­ratur und der Rechtsprechung vertretene streng betriebsbezogene Sichtweise sei nicht auf die Stromsteuerbefreiung zur Stromerzeugung zu übertragen, weil zwischen § 9b StromStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG entscheidende systematische und dogmatische Unterschiede bestünden. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG sei nicht unternehmensbezogen, sondern vorgangsbezogen bezie­hungsweise prozessbezogen ausgestaltet. Die Zurechnung der Stromentnahme bei arbeitsteiliger betrieblicher Integration eines Subunternehmens sei jeden­falls dann möglich, wenn das Strom erzeugende Unternehmen die Sachherr­schaft über die dem Stromerzeugungsprozess dienende Anlage, die Anlagen­bestandteile und Entnahmevorgänge ausübe und die Betriebsvorgänge steue­re. Demnach seien die streitbefangenen Stromentnahmen der Klägerin als Be­günstigte zuzurechnen, weil sämtliche Stromentnahmen vorab mit dem Schichtleiter abgestimmt gewesen seien und das Dienstleistungsunternehmen der Klägerin weisungsabhängig zugearbeitet habe. Zudem hätten sämtliche Stromverbrauchsgeräte im Eigentum der Klägerin gestanden.

Die Stromentnahmen seien teilweise stromsteuerbefreit, obwohl es sich um Prozesse handele, die der unmittelbaren Energieumwandlung vor- und nach­gelagert seien. Ausgehend von den Vorgaben des Unionsrechts und der Recht­sprechung seien die für den Betrieb von Entladekränen, Förderbändern und den Kohlekreislagern, für die Kreideanlieferung und ‑lagerung und die Lage­rung des Ammoniakwassers, für die E‑Filter und für die Wasseraufbereitung verwendeten Strommengen steuerbefreit. Nicht steuerbefreit seien die für den Schlackeabzug, die Schlacketrocknung und ‑lagerung, die Gipstrocknung und ‑lagerung sowie den Betrieb der Aschesilos entnommenen Strommengen. Bei der Beurteilung, welche Anlagen begünstigt seien, komme es auf die von den Beteiligten in Bezug genommenen technischen Regelwerke nicht an.

Das HZA begründet seine Revision damit, dass das FG § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG rechtsfehlerhaft ausgelegt habe, weil bei dessen unionsrechtskon­former Auslegung nur der Stromverbrauch für Prozesse freizustellen sei, die unmittelbar bei der Stromerzeugung im technischen Sinne anfielen. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteue­rung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäi­schen Union 2003, Nr. L 283, 51) ‑‑Energiesteuerrichtlinie (EnergieStRL)‑‑ sei eng auszulegen, andernfalls würde Art. 21 Abs. 3 Satz 2 EnergieStRL unterlau­fen. Eine Auslegung, nach der zur Herstellung von Energieerzeugnissen er­zeugter und verwendeter elektrischer Strom unter Umständen wie denen des vorliegenden Verfahrens automatisch bereits unter die Ausnahme von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL zu subsumieren sei, unterliefe den An­wendungsbereich von Art. 21 Abs. 3 Satz 2 EnergieStRL und nähme den Mit­gliedstaaten das Wahlrecht zur Umsetzung dieser Begünstigungsmöglichkeit. Der Verbrauch von Energieerzeugnissen könne nur dann unter die Steuerbe­freiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL fallen, wenn der Strom für Zwecke der Stromerzeugung verwendet werde. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn bereits ein verbrauchsfertiger Brennstoff vorliege, der un­ter die mögliche Steuerbefreiung nach Art. 21 Abs. 3 EnergieStRL fallen kön­ne. Es dürfe auch nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung ge­genüber anderen Energieerzeugnissen kommen. Die anerkannten Regeln der Technik könnten als Grundlage für die Identifikation der zu betrachtenden Stromerzeugungsanlage herangezogen werden.

Die Entladung, der Transport, die Lagerung und die Bearbeitung von Kohle so­wie die Lagerung und der Abtransport der marktfähigen Produkte Asche und Gips seien nicht objektiv zur technischen Stromerzeugung erforderlich und dienten nicht unmittelbar zur Aufrechterhaltung der technischen Stromerzeu­gung. Zu den Stromentnahmen für die Entladekräne führt das HZA aus, dass diese nicht zwingend für die Aufrechterhaltung der Stromerzeugung im techni­schen Sinne erforderlich seien. In Bezug auf die Kohleförderbänder und die Kohlekreislager weist das HZA darauf hin, dass auch eine Direktbekohlung der beiden Kraftwerksblöcke technisch möglich gewesen sei. Zudem resultiere die Länge der Förderbänder vor allem aus der Distanz zwischen der Kaianlage und den Kohlekreislagern sowie zwischen den Kohlekreislagern und den Tagesbun­kern beziehungsweise dem Kessel- und Maschinenhaus.

Auch wenn die Rauchgasreinigung als privilegierter Teilprozess der Stromer­zeugung in § 12 Abs. 1 Nr. 1 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung in der im Streitfall geltenden Fassung (StromStV) genannt sei, hätten nicht alle mit der Rauchgasreinigung in irgendeinem faktischen oder wirtschaftlichen Zu­sammenhang stehenden Tätigkeiten oder Unterprozesse an der Privilegierung teil. Die Anlieferung und Lagerung von Kreide und Lagerung von Ammoniak­wasser stünden nicht in einem engen Zusammenhang mit der Rauchgasreini­gung und seien daher nicht privilegiert. Bei der in § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV genannten Wasseraufbereitung handele es sich um die technisch für ein Kraft­werk erforderliche Einspeisung und Aufbereitung von Kühlwasser und nicht um die Aufbereitung von Abwasser.

Nach Auffassung des HZA seien Gips und Asche nicht nahezu ausschließlich als Nebenprodukte in Kraftwerksprozessen hergestellt worden. Um die Ziele der Energiesteuerrichtlinie einzuhalten, sei eine klare Abgrenzung zwischen Ener­gieerzeugnissen zur Herstellung von Strom und Strom zur Herstellung von Strom sowie zu den Steuerbefreiungen nach Art. 21 Abs. 3 EnergieStRL vor­zunehmen.

Der brennfertige Betriebsstoff für die Stromerzeugung sei erst der Kohlestaub und nicht bereits die unbearbeitete Steinkohle. Die vorherigen Transport‑, La­gerungs- und Verarbeitungshandlungen seien somit der Herstellung von Ener­gieerzeugnissen zuzuordnen. Die Klägerin dürfe zur Vermeidung von Wettbe­werbsverzerrungen nicht anders gestellt werden als ein Unternehmen, das be­reits fertig hergestellte Kohlenstäube von Dritten, die hierfür keine Stromsteu­erbefreiung erhielten, beziehe. Erst auf der Stufe des tatsächlich einsetzbaren Energieerzeugnisses ‑‑bei Kraftwerken mit Kohlenstaubfeuerung der gemahle­ne Kohlenstaub‑‑ sei die steuerliche Bemessungsgrundlage für die am Realakt des Verbrauchs und dem Besteuerungsmaßstab des Heizwertes anknüpfende Besteuerung zutreffend und unabhängig von räumlichen wie technischen Be­gleitumständen der einzelnen Anlage zu ermitteln. Durch das Mischen ver­schiedener Sorten von Steinkohle verändere sich jedoch die steuerliche Be­messungsgrundlage. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186 ände­re an der Beurteilung des Streitfalls nichts.

Abgesehen von der Beurteilung der einzelnen Prozessschritte habe das Dienst­leistungsunternehmen und nicht die Klägerin den Strom entnommen. Insofern sei auf die kleinste rechtlich selbständige Einheit sowie auf die unmittelbare tatsächliche Sachherrschaft abzustellen.

Das HZA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die
a) für den Betrieb der Entladekräne, der Förderbänder, der Kohlekreislager, der Tagesbunker und die in diesem Zusammenhang erfolgte Bearbeitung der Steinkohle (insbesondere deren Mischen und Trocknen/Klimatisieren),
b) für die Kreideanlieferung und Kreidelagerung und
c) die Lagerung des Ammoniakwassers sowie die Abwasseraufbereitung ent­nommenen Strommengen von insgesamt … MWh (entspricht … €) für das Kalenderjahr 2016 und insgesamt … MWh (ent­spricht … €) für das Kalenderjahr 2017 als steuerbefreit ansieht, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Klägerin hat sich der Revision des HZA angeschlossen und beantragt,
unter Abänderung der Vorentscheidung den Steuerbescheid 2016 ‑ VS‑XXX‑1 in Gestalt der Einspruchsentscheidung und des Änderungsbescheids VSP‑XXX‑3 aufzuheben,
und unter Abänderung der Vorentscheidung den Steuerbescheid 2017 ‑ VS‑XXX‑2 in Gestalt der Einspruchsentscheidung, des Änderungsbescheids VSP‑XXX‑1 und des Änderungsbescheids VSP‑XXX‑2 aufzuheben.

Außerdem beantragt die Klägerin,
die Revision des HZA zurückzuweisen.

Auf die Revision der Klägerin hin beantragt das HZA,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Begründung ihrer Anträge führt die Klägerin aus, die EuGH-Entscheidung Repsol Petróleo vom 03.12.2020 ‑ C‑44/19, EU:C:2020:982 betreffend Kup­pelprodukte könne nicht auf den Streitfall übertragen werden, weil es vorlie­gend um die Reichweite von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL und nicht um Art. 21 Abs. 3 EnergieStRL gehe, der im Wortlaut anders gefasst sei. Die Gesetzgebungshistorie weise darauf hin, dass die der Aufrechterhaltung der Stromerzeugungsfähigkeit dienenden Verbräuche über die bei der Strom­erzeugung verwendeten Strommengen hinausgingen. Die Aufrechterhaltung der Stromerzeugungsfähigkeit erfasse auch vor- und nachgelagerte Verfahren, die sich aus den spezifischen Erfordernissen einer Stromerzeugungseinheit er­gäben und ohne die eine lückenlose Stromerzeugung in der jeweiligen Einheit nicht sichergestellt wäre. Das HZA habe keine output-bezogene Aufteilung der stromsteuerbefreiten Verbräuche nach Maßgabe des mengenmäßigen Anteils des erzeugten Stroms und der anderen Stoffe vorgenommen, wie es der EuGH beim Eigenverbrauch für sinnvoll und möglich gehalten habe, sondern gleich­sam input-bezogen einzelnen für die Stromerzeugung beziehungsweise die Aufrechterhaltung der Fähigkeit zur Stromerzeugung notwendigen Verbräu­chen die Steuerbegünstigung vorenthalten. Dies entspreche nicht der Recht­sprechung des EuGH und des BFH. Der Hinweis des FG auf die Wettbewerbs­gleichheit verfange nicht, weil Gips, Asche und Schlacke nahezu ausschließlich oder zu einem großen Teil als Nebenprodukt von Kraftwerksprozessen herge­stellt würden und auch Wettbewerber diese Nebenprodukte stromsteuerfrei gewinnen könnten. Es komme nicht darauf an, dass die Klägerin diese Produk­te weiterverkauft habe.

Auf das in Art. 21 Abs. 3 Satz 1 und 2 EnergieStRL vorgesehene Herstellerpri­vileg berufe sie sich nicht, weshalb es für den Streitfall ohne Bedeutung sei, dass der deutsche Gesetzgeber die fakultative Steuerbefreiung nicht umge­setzt habe. Abgesehen davon handele es sich bei ihrem Betrieb nicht um einen herstellenden Betrieb im Sinne dieser Vorschrift; ihr Kraftwerk erzeuge Strom. Nach der Systematik der Energiesteuerrichtlinie könnten aber die Herstellung von Energieerzeugnissen und die Erzeugung von Strom nicht gleichgesetzt werden. Die Behandlung der Steinkohle diene der Anpassung des Brennstoffs an die speziellen Bedürfnisse des Kraftwerks, sie sei jedoch bereits vorher ein Brennstoff und ein Energieerzeugnis.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG seien auch Stromverbräuche begünstigt, die nicht selbst der Stromerzeugung dienten, aber für deren Aufrechterhaltung er­forderlich seien. Der Betrieb eines Steinkohlekraftwerks stelle sich von der An­lieferung, Lagerung und Aufbereitung der Kohle bis hin zur Entsorgung der Ab­fallprodukte als ein einheitlicher Prozess der steinkohlespezifischen Strom­erzeugung dar.

Die Stromentnahmen seien der Klägerin zurechenbar. Nur die bei Bedarf ein­zuschaltenden drei Kranfahrer und der Leitstandfahrer des Dienstleistungsun­ternehmens hätten einen (mittelbaren) Bezug zur Stromentnahme, während alle anderen Mitarbeiter des Dienstleistungsunternehmens, die auf dem Kraft­werksgelände tätig seien, mit dem Realakt der Stromerzeugung in keinem Zu­sammenhang stünden. Die Klägerin steuere die Betriebsvorgänge im Kraft­werk und übe somit die Sachherrschaft über die Stromentnahme aus. Die Hilfspersonen des Dienstleistungsunternehmens übten die tatsächliche Gewalt über den Strom für die Klägerin aus und seien weisungsgebunden. Im Übrigen könne die Klägerin die von dem Dienstleistungsunternehmen übernommenen Tätigkeiten ohne Weiteres auch selbst vornehmen. Eine Besteuerung des Strom-Inputs und des Strom-Outputs widerspreche zudem der Energiesteuer­richtlinie. Eine Übertragung der Grundsätze zu § 9b StromStG auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG sei ebenfalls nicht mit der Energiesteuerrichtlinie vereinbar, weil die erstere Vorschrift unternehmensbezogen und die zweite vorgangsbe­zogen sei.

Nach Auffassung der Klägerin wird die Vorentscheidung durch das EuGH-Urteil RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186 bestätigt. Durch die Aufbereitung der Kohle entstehe kein neues Energieerzeugnis. Vor- und insbe­sondere auch nachgelagerte Prozesse könnten nach dieser Entscheidung von der Stromsteuer befreit sein, wenn sie dazu beitrügen, den technologischen Prozess der Stromerzeugung unmittelbar aufrechtzuerhalten. Für die Erfüllung der zweiten Alternative der Stromsteuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL sei es nicht erforderlich, dass die Stromentnah­me zur Erzeugung von Strom führe. Sämtliche hier streitgegenständlichen Verbräuche seien demnach von der Stromsteuer zu befreien.

Während des Revisionsverfahrens hat das HZA den Stromverbrauch in den E‑Filtern der Rauchgasreinigungsanlage im Jahr 2016 steuerfrei gestellt und mit Bescheid VSP‑XXX‑3 "die entstan­dene Stromsteuer in Höhe von noch … € für eine Menge von noch … MWh Strom, die für die Kohleförderbänder, das Kohlekreislager, das Aschesilo und das Gipskreislager verbraucht worden sind, fest[gesetzt]". Der Stromverbrauch in den E‑Filtern (… MWh beziehungsweise eine Steu­erforderung in Höhe von … €) ist damit nicht mehr streitgegenständ­lich.

II. Die Revisionen des HZA und der Klägerin bezüglich des Streitjahres 2016 sind begründet. Sie führen gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsord­nung (FGO) insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils des FG.

Die Festsetzung der Stromsteuer für das Kalenderjahr 2016 wird dahingehend geändert, dass der Stromverbrauch für die Kohleförderbänder zu den Kohle­kreislagern, für die Kohleförderbänder ab den Kohlekreislagern und für die Kohlekreislager von der Stromsteuer befreit sind. Der Stromverbrauch für den Betrieb der Aschesilos und des Gipskreislagers ist demgegenüber steuerpflich­tig, weil eine Befreiung von der Stromsteuer insofern nicht gegeben ist.

Bezüglich des Streitjahres 2017 sind die Revisionen des HZA und der Klägerin unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Insoweit entspricht die Vorentscheidung Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Das Urteil des FG ist bezüglich des Streitjahres 2016 aus verfahrensrechtli­chen Gründen aufzuheben, da das HZA während des Revisionsverfahrens einen Steueränderungsbescheid erlassen hat (VSP‑XXX‑3), der an die Stelle des angegriffenen Steuerbescheids VS‑XXX‑1 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung getreten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.07.2024 ‑ III R 41/22, BStBl II 2024, 772, Rz 14). Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (s. BFH-Urteil vom 28.05.2015 ‑ IV R 27/12, BFHE 249, 544, BStBl II 2015, 837, Rz 17).

Der Bescheid VSP‑XXX‑3 wurde nach § 121 Satz 1 FGO i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens. Da sich durch die Bescheid­änderung hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben und keine weitergehenden Anträge gestellt wurden, bedarf es allein deshalb keiner Zurückverweisung der Sache an das FG gemäß § 127 FGO. Das finanzgericht­liche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, sodass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden ‑‑soweit sie die maßgeblichen Fragen hinreichend beantworten‑‑ nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats in der Sache (BFH-Urteil vom 20.06.2023 ‑ IX R 17/21, BFHE 281, 415, BStBl II 2024, 35, Rz 11).

2. Die von der Klägerin angefochtenen Bescheide betreffend die Streitjahre 2016 und 2017 sind nicht gemäß § 125 der Abgabenordnung (AO) nichtig und damit nicht bereits gemäß § 124 Abs. 3 AO unwirksam.

a) Ein Verwaltungsakt ist nichtig und damit nach § 124 Abs. 3 AO unwirksam, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei ver­ständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO). Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.2016 ‑ IV R 20/14, Rz 42, m.w.N.).

aa) Nach § 119 Abs. 1 AO muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend be­stimmt sein, das heißt, ihm muss der Regelungsinhalt eindeutig zu entnehmen sein.

Erforderlich ist unter anderem die Bezeichnung der festgesetzten Steuer nach Art und Betrag (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Ein Änderungsbescheid muss zudem grundsätzlich den geänderten Bescheid erkennen lassen (vgl. BFH-Urteile vom 24.04.2013 ‑ II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755, Rz 34 und vom 17.12.2014 ‑ II R 2/13, BFHE 248, 238, BStBl II 2015, 557, Rz 13). Hierzu ge­nügt es, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammen­hang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den den Be­teiligten bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteil vom 24.04.2013 ‑ II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755, Rz 34, m.w.N.).

bb) Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen gelten­de Auslegungsregeln enthalten (BFH-Urteil vom 10.05.2012 ‑ IV R 34/09, BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471, Rz 36).

Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umstän­den ‑‑seinem "objektiven Verständnishorizont" (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.1995 ‑ V R 64/94, BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256)‑‑ den materiel­len Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verste­hen konnte (BFH-Urteile vom 18.04.1991 ‑ IV R 127/89, BFHE 164, 185, BStBl II 1991, 675 und vom 11.07.2006 ‑ VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96). Bei der Auslegung ist nicht allein auf den Tenor des Bescheids ab­zustellen, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der für den Bescheid gegebenen Begründung (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26.11.2009 ‑ III R 87/07, BFHE 227, 466, BStBl II 2010, 429, unter II.2.a, m.w.N.). Es kommt somit weder darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat (BFH-Urteil vom 11.05.1999 ‑ IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446), noch darauf, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen konnte beziehungsweise musste (BFH-Urteil vom 30.09.1988 ‑ III R 218/84, BFH/NV 1989, 749). Da der Verwaltungsakt nur mit dem bekanntgegebenen Inhalt wirksam wird, muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekanntgegebenen Regelung haben (BFH-Be­schluss vom 12.05.2022 ‑ V R 31/20, Rz 29, m.w.N.).

Die Frage, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, ist vom Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit zu beantworten und gegebenenfalls zu korrigieren, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG hierzu ausreichen (Senatsurteil vom 18.04.2023 ‑ VII R 59/20, BFHE 280, 373, BStBl II 2023, 950, Rz 24).

cc) In diesem Zusammenhang hat der erkennende Senat bereits klargestellt, dass die Abgabenordnung ‑‑im Gegensatz zum Zollkodex (ZK) und zum Zoll­kodex der Union (UZK)‑‑ Nachforderungsbescheide nicht kennt. Vielmehr hat die Finanzbehörde die jeweilige Steuer für einen Besteuerungszeitraum in ei­nem einzigen Bescheid festzusetzen. Eine entsprechende Anwendung von Art. 105 Abs. 4 UZK (vorher Art. 220 ZK) kommt nicht in Betracht, weil im Verbrauchsteuerrecht die Abgabenordnung anzuwenden ist und diese die Steuerfestsetzung abschließend regelt (Senatsurteil vom 18.04.2023 ‑ VII R 59/20, BFHE 280, 373, BStBl II 2023, 950, Rz 33). Ein wesentlicher Mangel, der zur Nichtigkeit des Steuerbescheids führt, liegt unter anderem vor, wenn der Steuerbescheid nicht deutlich erkennen lässt, in welchem Ver­hältnis er zu den zeitlich zuvor abgegebenen Steueranmeldungen steht (vgl. Senatsurteil vom 18.04.2023 ‑ VII R 59/20, BFHE 280, 373, BStBl II 2023, 950, Rz 31).

b) Die Steuerfestsetzung für das Streitjahr 2016 erfüllt gerade noch die oben dargestellten Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit.

aa) Für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 hat die Klägerin mit ihrer Steueranmeldung vom … eine Stromsteuer in Höhe von … € für … MWh erklärt und als nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei eine Strommenge von … MWh angegeben. Ge­mäß § 168 Satz 1 AO steht diese Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, die gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO aufgehoben oder geändert werden kann, solange der Vorbehalt wirksam ist. Eine Festsetzung der Steuer ist nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO im Fall einer verpflichtend abzugebenden Steueranmeldung (§ 8 Abs. 1 StromStG) nur er­forderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt.

bb) Mit Steuerbescheid VS‑XXX‑1 setzte das HZA unter der Überschrift "I. Festsetzung" "für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 die entstandene Stromsteuer in Höhe von … EUR (…) fest". Aus der Be­rechnungsanlage ergibt sich weiter eine zu besteuernde Strommenge von … MWh. Weiter ergibt sich aus den Ausführungen zur Berechnung der Festsetzung unter II., dass sich dieser Steuerbescheid auf eine Lieferung von … MWh an das Dienstleistungsunternehmen bezieht, wovon al­lerdings bereits … MWh versteuert wurden, sodass noch für … MWh "die Stromsteuer anzufordern" sei. Dies entspricht einem Steuerbetrag von … €.

Diese Strommenge beziehungsweise dieser Steuerbetrag lassen sich anhand des Prüfungsberichts vom … (insbesondere Tz. 3.3.3 und 4) betref­fend die Strom- und Energiesteuer für den Prüfungszeitraum … nachvollziehen (in der Bezugszeile des Steuerbescheids VS‑XXX‑1 wird auf die "Außenprüfung Kalenderjahr 2016" hingewie­sen). In Tz. 1.7.3 des Prüfungsberichts vom … wird zudem ausge­führt, dass für das Kalenderjahr 2016 bereits … € Stromsteuer entrich­tet wurde ‑ dies entspricht abgerundet der mit der Steueranmeldung angemeldeten Stromsteuer für das Streitjahr 2016.

Aufgrund der Inbezugnahme des Prüfungsberichts und der darin enthaltenen Angaben kann ‑‑obwohl die Steueranmeldung der Klägerin für das Kalenderjahr 2016 in dem Steuerbescheid VS‑XXX‑1 nicht aus­drücklich erwähnt wird‑‑ ausgehend vom Verständnishorizont der Klägerin un­ter Berücksichtigung der ihr bekannten Umstände nachvollzogen werden, dass das HZA mit dem Steuerbescheid VS‑XXX‑1 einen Änderungsbescheid erlassen hat, in dem die Stromsteuer für das Kalenderjahr 2016 unter Ände­rung der Steueranmeldung auf insgesamt … € (… € + … €) festgesetzt wurde.

Mit der Einspruchsentscheidung vom … hat das HZA die Steuerfest­setzung nicht geändert.

cc) Mit Änderungsbescheid VSP‑XXX‑3 hat das HZA die Stromsteuer für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 erneut geändert. Es hat neben der Steueranmeldung und dem Prüfungsbericht auch den Steuerbescheid VS‑XXX‑1 über … € in Bezug genommen und Letzteren ausdrücklich dahingehend geändert, dass nunmehr nicht mehr … €, sondern nur noch … € für eine Strommenge von … MWh festgesetzt wurden, weil der Stromver­brauch in den E‑Filtern der Rauchgasreinigungsanlage (… MWh bezie­hungsweise Stromsteuer in Höhe von … €) nunmehr als steuerfrei an­gesehen werde.

Ausgehend von den hier angefochtenen Steueränderungsbescheiden ergibt sich somit eine für das Kalenderjahr 2016 festgesetzte Stromsteuer in Höhe von … € für … MWh.

c) Die Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr 2017 ist ebenfalls inhaltlich hin­reichend bestimmt.

aa) Für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017 hat die Klägerin mit ihrer Steueranmeldung (undatiert) Stromsteuer in Höhe von … € für … MWh erklärt und eine Strommenge von … MWh als nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei angegeben.

bb) Mit Steuerbescheid VS‑XXX‑2 setzte das HZA unter der Überschrift "I. Festsetzung" "für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017 die entstandene Stromsteuer in Höhe von … EUR (…) fest". Aus der Be­rechnungsanlage ergibt sich weiter eine zu besteuernde Strommenge von … MWh. Aus der Begründung unter III. und IV. ist weiter zu ersehen, dass sich die Steuerfestsetzung auf die durch das Dienstleistungsunternehmen entnommenen Strommengen bezieht.

In dem Steuerbescheid VS‑XXX‑2 wird zwar nicht ausdrücklich ausge­führt, wie dessen Verhältnis zur Steueranmeldung für das Kalenderjahr 2017 ist. Die Inbezugnahme des Schreibens vom … betreffend insbeson­dere die Außenprüfung für das Kalenderjahr 2016 deutet jedoch darauf hin, dass die Erkenntnisse aus der Außenprüfung für 2016 auch für die Besteue­rung im Kalenderjahr 2017 übernommen werden sollten und die Gesamtsteuer um … € erhöht werden sollte. Dass die Steuer für das gesamte Ka­lenderjahr 2017 auf nur … € festgesetzt werden sollte, was die For­mulierung unter "I. Festsetzung" des Steuerbescheids VS‑XXX‑2 vermu­ten lassen könnte, ergibt sich demgegenüber weder aus dem Steuerbescheid noch aus dem Zusammenhang, zumal auch die Begründung der Festsetzung für eine Erhöhung der Steuerforderung spricht.

cc) Anhand des Bescheids VSP‑XXX‑1 lässt sich die insgesamt festge­setzte Stromsteuer für das Kalenderjahr 2017 dagegen erkennen. Es wird zwar insgesamt nur eine "Nacherhebung" von … € errechnet. Aller­dings wird zusätzlich der Prüfungsbericht vom … in Bezug genom­men, in dem unter Tz. 1.7.3 eine für 2017 gezahlte Stromsteuer in Höhe von … € angegeben ist. Dies entspricht abgerundet der bis dahin festgesetz­ten Steuersumme von … € (… € aus der Steueranmeldung + "Nacherhebung" in Höhe von … € mit Bescheid VS‑XXX‑2). Zusammen mit der "Nacherhebung" aus dem Bescheid VSP‑XXX‑1 ergibt sich somit eine Gesamtsteuerforderung in Höhe von … €.

Abzüglich der Aufhebung der Nachforderung in Höhe von … € (für … MWh bezüglich der Herstellung von Kohlestaub) mit Stromsteuer­änderungsbescheid VSP‑XXX‑2 ergibt sich eine Gesamtsteuerforderung für das Jahr 2017 in Höhe von … €. Davon sind … € aus der Steueranmeldung unstreitig und … € während des FG-Verfahrens unstreitig gestellt worden. Streitig sind nunmehr noch … € (s. FG Hamburg, Urteil vom 21.09.2021 ‑ 4 K 19/20, Rz 19, S. 9 und 10).

3. Die Stromsteuer betreffend die Streitjahre 2016 und 2017 ist entstanden, und die Klägerin ist Steuerschuldnerin.

a) Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StromStG entsteht die Stromsteuer dadurch, dass der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstver­brauch entnimmt.

aa) Das Stromsteuergesetz enthält keine nähere Definition des Begriffs der Entnahme.

(1) Bei den Verbrauchsteuern handelt es sich um Realaktsteuern, das heißt, die Steuer entsteht durch einen Realakt, also durch einen tatsächlichen Vor­gang, wie zum Beispiel die körperliche Entfernung einer verbrauchsteuerpflich­tigen Ware aus einem Steuerlager, das Verbringen in das Steuergebiet, die konsumtive Verwendung oder die Herstellung einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware außerhalb eines Steuerlagers (Senatsbeschlüsse vom 30.09.2010 ‑ VII B 45/10, Rz 9 und vom 24.02.2016 ‑ VII R 7/15, BFHE 252, 568, Rz 9; Senatsurteil vom 10.11.2009 ‑ VII R 39/08, BFHE 227, 546, unter II.2., m.w.N.). Diese tatsächlichen Vorgänge führen zur Erfüllung der jeweiligen Steuerentstehungstatbestände, ohne dass es dabei auf vertragliche, wirt­schaftliche oder sachenrechtliche Umstände ankommt (Senatsbeschluss vom 02.09.2015 ‑ VII B 18/15, Rz 9).

Die Stromsteuer weist allerdings die Besonderheit auf, dass bei ihr die Entnah­me in den steuerrechtlich freien Verkehr und der Verbrauch zeitlich zusam­menfallen (Senatsbeschluss vom 24.02.2016 ‑ VII R 7/15, BFHE 252, 568, Rz 9; Senatsurteil vom 07.07.2020 ‑ VII R 6/19, Rz 10). Daraus ergibt sich, dass derjenige den Strom aus dem Versorgungsnetz entnimmt, der die unmit­telbare beziehungsweise tatsächliche Sachherrschaft über die Anlagen hat, in denen der Strom verbraucht wird. Denn in diesen Anlagen wird der Strom ei­ner eliminierenden Nutzung zugeführt, also verbraucht, und eine nicht steuer­bare Ware (zum Beispiel Wärme) erzeugt. Der Begriff der unmittelbaren Sach­herrschaft ist gleichbedeutend mit dem Begriff der tatsächlichen Gewalt in § 854 Abs. 1 BGB (vgl. zum Begriff des Besitzes Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.05.2009 ‑ XII ZR 137/07, BGHZ 180, 300, unter II.3.b aa). In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, auf welcher vertraglichen Grundla­ge die unmittelbare beziehungsweise tatsächliche Sachherrschaft über die An­lagen eingeräumt worden ist oder in wessen Eigentum die stromverbrauchen­den Anlagen stehen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.08.2012 ‑ VII R 15/09, Rz 16; Senatsbeschluss vom 24.06.2021 ‑ VII R 26/19, Rz 23 ff., m.w.N.).

Eine lediglich mittelbare Sachherrschaft über die stromverbrauchenden Anla­gen reicht für eine Zuordnung der Stromentnahme nicht aus. Die mittelbare Sachherrschaft lehnt sich an den mittelbaren Besitz nach § 868 BGB an. Da­nach ist zum Beispiel mittelbarer Besitzer auch der Verpächter oder Vermieter, also jemand, dessen Vertragspartner auf Zeit zum Besitz berechtigt oder ver­pflichtet ist. Diese zivilrechtliche Konstruktion wurde insbesondere geschaffen, um den Besitzschutz nach §§ 858 ff. BGB auch bestimmten Personen zukom­men zu lassen, die nicht unmittelbare Besitzer sind (MüKoBGB/Schäfer, 9. Aufl., § 868 Rz 1, m.w.N.). Dagegen dient der Entnahmebegriff im Strom­steuergesetz gänzlich anderen Zielsetzungen, sodass die zivilrechtliche Kon­struktion auf das Stromsteuerrecht nicht übertragbar ist (vgl. auch Senatsbe­schlüsse vom 21.10.2015 ‑ VII B 39/15, Rz 12 und vom 24.06.2021 ‑ VII R 26/19, Rz 26).

(2) Zur Bedeutung der Besitzverhältnisse für die Entnahme von elektrischem Strom hat der erkennende Senat bereits mehrfach und zu verschiedenen Fall­konstellationen bei Steuerbegünstigungen und ‑entlastungen Stellung genom­men.

(a) Mit Beschluss vom 24.06.2021 ‑ VII R 26/19, Rz 27 f. hat der Senat ent­schieden, dass die Entnahme von Strom dem Betriebsführer zuzurechnen ist, wenn diesem im Rahmen eines Betriebsführungsvertrags die tatsächliche Sachherrschaft über die stromverbrauchenden Anlagen übertragen wurde, während dem Auftraggeber die Entnahme in diesem Fall nicht zugerechnet werden konnte. Dem lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Kläger die ge­samte Betriebsführung im Rahmen eines Betriebsführungsvertrags auf eine GmbH übertragen und dieser sämtliche dazugehörigen Anlagen übergeben hatte. Die GmbH traf dementsprechend die Entscheidungen über die laufende Betriebsführung und hatte eine Generalhandlungsvollmacht, während dem Auftraggeber lediglich ein Überwachungs- und Weisungsrecht verblieb.

(b) Weiterhin hat der Senat entschieden, dass ein Werkunternehmer, der sei­ne Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich zu erledigen hatte, den dafür verwendeten Strom entnimmt (Senatsurteil vom 25.09.2013 ‑ VII R 64/11, BFHE 242, 460).

(c) Im Fall der Vercharterung eines Flugzeugs einschließlich Flugbenzins sah der Senat den Charterer als Verwender des Flugzeugs an, weil dieser die Sach­herrschaft über das Flugzeug ausübte und die Einsatzorte und ‑zeiten festlegte und somit die volle Verantwortung und Entscheidungsbefugnis über das Flug­zeug hatte (Senatsurteil vom 07.08.2012 ‑ VII R 15/09, Rz 18).

(3) An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch für den Begriff der Entnah­me in § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG fest. Die Entnahme erfolgt demnach nicht nur durch die Person, die "den Schalter umlegt", sondern kann auch Personen zugerechnet werden, die aufgrund einer besonderen Einwirkungsmöglichkeit auf eine andere Person und die stromverbrauchenden Anlagen die tatsächliche Sachherrschaft über diese Anlagen ausüben. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, ob die Person, die rein tatsächlich den Stromverbrauch verursacht, eine eigene Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die stromverbrau­chenden Anlagen hat oder ob diese einer anderen Person zusteht. Eine solche Einwirkungsmöglichkeit ist gegeben beim Einsatz von eigenen Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern eines Unternehmens, kann aber unter engen Vo­raussetzungen auch beim Einsatz von Fremdpersonal, das wie eigenes Perso­nal in den Betrieb eingegliedert ist und nicht selbständig über die Bedienung der stromverbrauchenden Anlagen entscheiden kann, der Fall sein. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.

bb) Ausgehend von den Umständen des vorliegenden Streitfalls hat die Kläge­rin die streitigen Strommengen entnommen, auch wenn sie teilweise Personal des Dienstleistungsunternehmens in ihrem Kraftwerk eingesetzt hat. Die Klä­gerin behielt die unmittelbare Sachherrschaft über die stromerzeugenden An­lagen und über die Anlagenbestandteile, mit denen die hier streitigen Vorgän­ge durchgeführt wurden, da sie keine rechtlichen Befugnisse an das Dienstleis­tungsunternehmen übertragen hatte und die Kontrolle über die Anlagen durch die klägerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichergestellt blieb, selbst wenn einzelne Anlagenbestandteile durch das Personal des Dienstleistungsun­ternehmens bedient wurden. Somit verblieb der Klägerin nicht lediglich die Stellung einer mittelbaren Besitzerin.

Darüber hinaus hatte das Dienstleistungsunternehmen weder Vollmachten noch wurden ihr Betriebsmittel übertragen. Abgesehen davon konnte das Per­sonal des Dienstleistungsunternehmens nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG keine eigenen Entscheidungen, zum Beispiel hinsichtlich der Auswahl der Kohle, treffen. Der Schichtleiter, ein Angestellter der Klägerin, war zudem weisungsbefugt gegenüber dem Personal des Dienst­leistungsunternehmens und verantwortlich für den Betrieb der Anlagen und technischen Systeme des Kraftwerks.

Auch der V+E‑Koordinator, ein Angestellter des Dienstleistungsunternehmens, unterlag den Weisungen des Schichtleiters. Der V+E‑Koordinator steuerte zwar Ver- und Entsorgungsprozesse im Kraftwerk der Klägerin, er wurde je­doch ebenfalls auf Anordnung des Schichtleiters der Klägerin tätig und war nicht befugt, den Betriebsablauf eigenständig zu ändern. Aufgrund dessen hat­te er keine eigene Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die stromverbrauchen­den Anlagen, weshalb die Klägerin auch insoweit die unmittelbare Sachherr­schaft über die vom V+E‑Koordinator gesteuerten Anlagenteile innehatte.

Die Kranfahrer, die die strombetriebenen Entladekräne am Kai bedienten, wa­ren nach den Feststellungen des FG ebenfalls von den Weisungen des Schicht­leiters der Klägerin abhängig.

b) Die Klägerin ist Versorgerin im Sinne von § 2 Nr. 1 StromStG und damit Steuerschuldnerin nach § 5 Abs. 2 Alternative 1 StromStG.

4. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Stromverbrauch im Kalenderjahr 2016 für die Kohleförderbänder zu den Kohlekreislagern, für die Kohleförder­bänder ab den Kohlekreislagern und für die Kohlekreislager nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Stromsteuer befreit ist. Der Stromverbrauch für den Betrieb der Aschesilos und des Gipskreislagers ist demgegenüber nicht von der Stromsteuer befreit.

a) Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG ist Strom, der zur Stromerzeugung ent­nommen wird, von der Steuer befreit. Zur Stromerzeugung entnommen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG wird nach § 12 Abs. 1 StromStV Strom, der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit insbesonde­re zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung, Frischluftversor­gung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung (Nr. 1) oder der in Pump­speicherkraftwerken von den Pumpen zum Fördern der Speichermedien (Nr. 2) zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird.

aa) Der Wortlaut von § 12 Abs. 1 StromStV, der eine nicht abschließende Auf­zählung von Neben- und Hilfsanlagen enthält, legt nahe, dass nur die Strom­mengen von der Steuer befreit sind, deren Verwendung in einem engen Zu­sammenhang mit der eigentlichen Stromerzeugung steht ("im technischen Sinne"). Deshalb sind solche Neben- und Hilfseinrichtungen in die Begünsti­gung miteinzubeziehen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden kann. Zur Stromerzeugung entnommen wird demnach Strom, der er­forderlich ist, um die Generatorenleistung zu ermöglichen (Senatsurteile vom 13.12.2011 ‑ VII R 73/10, BFHE 237, 478, Rz 8; vom 06.10.2015 ‑ VII R 25/14, BFHE 251, 563, Rz 9 und vom 30.04.2019 ‑ VII R 10/18, BFHE 264, 556, Rz 11; Senatsbeschlüsse vom 09.09.2011 ‑ VII R 75/10, BFHE 235, 89, Rz 7 und vom 20.06.2023 ‑ VII R 2/21, Rz 33; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 28.01.2021 ‑ VII B 99/20, Rz 9 und vom 25.10.2023 ‑ VII B 103/22, Rz 16). In die Begünstigung einzubeziehen sind jedoch auch solche Einrichtun­gen, ohne die ein Kraftwerk nach den atomrechtlichen, gewerberechtlichen, umweltrechtlichen, wasserrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Vorschriften oder Auflagen überhaupt nicht betrieben werden kann (Senatsurteile vom 13.12.2011 ‑ VII R 73/10, BFHE 237, 478, Rz 12, m.w.N.; vom 06.10.2015 ‑ VII R 25/14, BFHE 251, 563, Rz 12 und vom 30.04.2019 ‑ VII R 10/18, BFHE 264, 556, Rz 13). Da jedoch verwaltungsrechtliche Vorgaben nicht die Reich­weite der Stromsteuerbegünstigung bestimmen dürfen, ist auch in diesen Fäl­len ein enger Zusammenhang zum technischen Vorgang der Stromerzeugung unabdingbar (vgl. Senatsurteil vom 30.04.2019 ‑ VII R 10/18, BFHE 264, 556, Rz 13).

bb) § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG wurde eingeführt durch Art. 1 des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24.03.1999 (BGBl I 1999, 378) mit der Einschränkung, dass die Entnahme durch einen Letztverbraucher erfolgen musste. Dieses Tatbestandsmerkmal wurde durch Art. 2 Nr. 5 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Gesetzes zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16.12.1999 (BGBl I 1999, 2432) mit Wirkung vom 01.01.2000 gestrichen, sodass § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG dadurch inhaltlich seine heutige Fassung erhalten hat. Durch Art. 2 Nr. 6 Buchst. a des Gesetzes zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes vom 15.07.2006 (BGBl I 2006, 1534) wurde die Vor­schrift mit Wirkung vom 01.08.2006 ohne inhaltliche Änderung umformuliert und hat ihren heute noch gültigen Wortlaut erhalten. Diese Änderung diente der Umsetzung der Energiesteuerrichtlinie in nationales Recht (vgl. BTDrucks 16/1172, S. 1 und 32).

cc) § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG beruht auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Al­ternative 1 EnergieStRL, wonach bei der Stromerzeugung verwendeter elektri­scher Strom (Englisch: "used to produce electricity"; Französisch: "utilisés pour produire de l'électricité") von der Steuer zu befreien ist.

(1) Die Energiesteuerrichtlinie hat, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 bis 5 und ihrem Art. 1 ergibt, die Festlegung eines harmonisierten Besteuerungs­systems für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom zum Gegenstand, in dessen Rahmen die Besteuerung nach den in dieser Richtlinie festgelegten Mo­dalitäten die Regel ist (EuGH-Urteil RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 24, m.w.N.). Dadurch soll das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts im Energiesektor insbesondere durch Vermeidung von Wett­bewerbsverzerrungen gefördert werden. Zu diesem Zweck schreibt der Uni­onsgesetzgeber in Bezug auf die Stromerzeugung den Mitgliedstaaten in Art. 1 EnergieStRL die Besteuerung des erzeugten Stroms vor (vgl. S. 5 der Begrün­dung ‑‑dort Art. 13 Abs. 1 Buchst. b‑‑ des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen vom 17.03.1997 ‑ KOM(97) 30 endg. ‑ 97/0111(CNS), Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997, Nr. C 139, 14), während die für die Erzeugung dieses Stroms verwendeten Energieerzeugnisse von der Besteuerung auszunehmen sind, was darauf ab­zielt, eine Doppelbesteuerung von elektrischem Strom zu vermeiden (EuGH-Urteile RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 35 f., m.w.N. und Endesa Generación vom 22.06.2023 ‑ C‑833/21, EU:C:2023:516, Rz 29 ff.). Dies soll dadurch erreicht werden, dass für die Erzeugung von Strom verwendete Energieerzeugnisse beziehungsweise dafür verwendeter elektrischer Strom von der Besteuerung ausgenommen werden sollen, da be­reits der erzeugte Strom einer Besteuerung unterworfen ist (vgl. EuGH-Urteil Cristal Union vom 07.03.2018 ‑ C‑31/17, EU:C:2018:168, Rz 30 f.).

(2) Mit seinem Urteil RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 26 f. hat der EuGH weiter entschieden, dass die Wendung "bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeter elektrischer Strom" bedeutet, dass die Verwendung von elektrischem Strom im Rahmen der Stromerzeugung erfolgen muss, indem sie unmittelbar zum technologischen Prozess der Stromerzeugung beiträgt. Demnach fällt die Ver­wendung von elektrischem Strom für die Umwandlung und Aufbereitung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle, wie das Brechen, das Abscheiden von Fremdteilen, das Zerkleinern und das Trocknen, unter die genannte Befreiung, wenn diese Vorgänge für den Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen. Demgegenüber erfasst diese Steuerbefrei­ung nicht die Verwendung elektrischen Stroms, die lediglich im Zusammen­hang mit dem Prozess der Stromerzeugung vorkommt. Auch ein Stromver­brauch im Zusammenhang mit der Herstellung der Braunkohle (insbesondere ihrer Förderung und ihres Transports zum Zweck der Lagerung) wird nicht von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL begünstigt (EuGH-Urteil RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 27 f.).

Aus den Ausführungen des EuGH ergibt sich, dass Bearbeitungshandlungen in Bezug auf Energieerzeugnisse der Stromerzeugung und damit der Steuerbe­freiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL zugeordnet werden, sofern auch die weiteren Voraussetzungen, nämlich deren Unentbehrlichkeit für den Prozess der Stromerzeugung und der unmittelbare Beitrag hierzu, er­füllt sind. Ein nur mittelbarer Zusammenhang zur Stromerzeugung ist demge­genüber nicht ausreichend (EuGH-Urteil RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 29 und 31).

Der Verbrauch von elektrischem Strom, der dazu dient, ein Energieerzeugnis im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b EnergieStRL zu erzeugen (zum Beispiel Braunkohle), gehört demgegenüber nicht zum Vorgang der Stromerzeugung (vgl. dazu Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom 13.10.2022 ‑ C‑571/21, EU:C:2022:780, Rz 50). Dementsprechend fällt nach Auffassung des Generalanwalts Rantos in seinen Schlussanträgen zum Verfahren RWE Power elektrischer Strom, der für die Aufbereitung der Braunkohle in den Kraftwerken verwendet wird, ab dem Zeitpunkt, ab dem die Rohbraunkohle als "Energieerzeugnis" eingestuft wird, und der bei Vorgängen verbraucht wird, die innerhalb desselben Betriebs oder zumindest in Neben- oder Hilfsanlagen erfolgen und der Umwandlung und Aufbereitung der Braunkohle in den Kraft­werken dienen, unter die Befreiung von der Stromsteuer. Die Aufbereitung dient nämlich nicht mehr der Erzeugung des "Energieerzeugnisses", sondern unmittelbar der Stromerzeugung (Schlussanträge des Generalanwalts Rantos vom 13.10.2022 ‑ C‑571/21, EU:C:2022:780, Rz 53).

(3) Diese Ausführungen stehen im Einklang mit der Regelung der Energieer­zeugnisse in Art. 2 Abs. 1 EnergieStRL, die anhand der dort aufgeführten (Un­ter‑)Positionen der Kombinierten Nomenklatur zu bestimmen sind. Sind die von der Kombinierten Nomenklatur vorgegebenen objektiven Beschaffenheits­merkmale erfüllt, liegt ein Energieerzeugnis vor, dessen reine Herstellung nicht nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL begünstigt ist (vgl. auch Senatsbeschluss vom 09.09.2011 ‑ VII R 75/10, BFHE 235, 89, Rz 11). Ob Stromverbräuche zur weiteren Bearbeitung eines bereits vorhandenen Energieerzeugnisses gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei sind, hängt ‑‑wie bereits erwähnt‑‑ davon ab, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zur Stromerzeugung besteht.

(4) Das Stromerzeugern gewährte Herstellerprivileg ist demzufolge von der in Art. 21 Abs. 3 EnergieStRL festgelegten Steuerbegünstigung für die Herstel­lung von Energieerzeugnissen, zu denen Strom selbst nicht gehört, abzugren­zen. Nach Art. 21 Abs. 3 Satz 1 EnergieStRL ist eine obligatorische Steuerbe­freiung (nur) für den Verbrauch solcher Energieerzeugnisse zu gewähren, die innerhalb des Betriebsgeländes des Herstellerbetriebs hergestellt worden sind. Die Begünstigung von elektrischem Strom und Energieerzeugnissen, die nicht innerhalb des Betriebsgeländes hergestellt wurden, ist demgegenüber den Mit­gliedstaaten nach Art. 21 Abs. 3 Satz 2 EnergieStRL freigestellt, wovon die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) keinen Gebrauch gemacht hat. Demnach besteht nach den unionsrechtlichen Vorgaben keine obligatorische Steuerbefreiung für Strom, der zur Herstellung von Energieerzeugnissen ein­gesetzt wird, die bei der Stromerzeugung Verwendung finden.

(5) Das Herstellerprivileg in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL wird von der fakultativen Steuerbegünstigung in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EnergieStRL, wonach die Mitgliedstaaten für Energieerzeugnisse und elektri­schen Strom, die für die Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden, Steuerbe­freiungen und Steuerermäßigungen gewähren können, nicht eingeschränkt. Denn damit sollte lediglich eine zusätzliche Möglichkeit einer Steuerbegünsti­gung geschaffen, die obligatorische Steuerbefreiung in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL aber nicht ausgeschlossen werden (EuGH-Urteil Cristal Union vom 07.03.2018 ‑ C‑31/17, EU:C:2018:168, Rz 44).

b) Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL ist elektri­scher Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, ebenfalls von der Steuer zu befreien.

aa) Diesbezüglich hat der EuGH mit seinem Urteil RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 44 ff. entschieden, dass es sich hierbei um eine zweite und separate Fallgestaltung handelt, die nicht auf Tä­tigkeiten im Bereich der Stromerzeugung abzielt, sondern auf die Verwendung von elektrischem Strom, die dieser Erzeugung vor- oder nachgelagert ist, wenn diese Verwendung zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, dient. Die Steuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL ist ebenfalls restriktiv auszulegen, weshalb ihre Anwendung voraussetzt, dass der elektrische Strom verwendet wird, um die Fähigkeit des technologischen Prozesses der Stromerzeugung unmittelbar aufrechtzuerhalten. Demnach sah der EuGH in diesem Fall nur die im Kraft­werk stattfindenden Vorgänge der Lagerung und des Transports der Braunkoh­le als für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, elektrischen Strom zu erzeugen, unentbehrlich an (EuGH-Urteil RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 50).

Auch der erkennende Senat hat die zweite Alternative des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL implizit von dessen erster Alternative abgegrenzt und entschieden, die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL sprächen dagegen, dass die Steuerbegünstigung "bei der Stromerzeugung" (Englisch: "used to produce electricity"; Französisch: "utilisés pour produire de l'électricité"), also die erste Alternative in dieser Vorschrift, der eigentlichen Stromerzeugung nachgelagerte oder ihr sonst nicht zuzurechnende Prozesse steuerlich privilegieren soll (vgl. Senatsurteil vom 30.04.2019 ‑ VII R 10/18, BFHE 264, 556, Rz 11 f.). In Übereinstimmung mit der EuGH-Entscheidung RWE Power vom 09.03.2023 ‑ C‑571/21, EU:C:2023:186, Rz 45 ff. konkretisiert der Senat diesen rechtlichen Maßstab dahingehend, dass die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG nur für solchen Strom zu gewähren ist, der zur eigentlichen Stromerzeugung entnom­men wird, und der Stromerzeugung vor- und nachgelagerte Vorgänge unter den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL privilegiert sind.

bb) Zu Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL sind in Deutschland bislang keine Vorschriften erlassen worden, sodass diese Alterna­tive nicht in nationales Recht umgesetzt wurde.

Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung kann sich der Einzelne jedoch in all den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat (EuGH-Urteil Flug­hafen Köln/Bonn vom 17.07.2008 ‑ C‑226/07, EU:C:2008:429, Rz 23). Zur Verpflichtung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 1 EnergieStRL, die für die Stromerzeugung bestimmten Energieerzeugnisse von der in der Energiesteuerrichtlinie vorgesehenen Besteuerung auszunehmen, hat der EuGH entschieden, dass diese so genau und unbedingt ist, dass sie dem Ein­zelnen das Recht verleiht, sich vor den nationalen Gerichten auf sie zu beru­fen, um sich einer mit ihr unvereinbaren nationalen Regelung zu widersetzen (EuGH-Urteile Flughafen Köln/Bonn vom 17.07.2008 ‑ C‑226/07, EU:C:2008:429, Rz 33 und 39 und Cristal Union vom 07.03.2018 ‑ C‑31/17, EU:C:2018:168, Rz 26).

Steuerpflichtige können sich gleichfalls unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL berufen, weil diese Regelung eben­falls unbedingt und hinreichend genau ist (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2023 ‑ 4 K 3119/18 VSt, Rz 81).

c) Aufgrund der unterschiedlichen Ziele des Stromsteuerrechts und der techni­schen Regelwerke kann bei der Auslegung stromsteuerrechtlicher Begrifflich­keiten nicht auf die anerkannten Regeln der Technik, zum Beispiel die Richtli­nien des Vereins Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) oder das Kraftwerk-Kenn­zeichnungssystem abgestellt werden, weil diese anderen Zwecken dienen. Bei­spielsweise handelt es sich bei den VDI-Richtlinien um technische Regelwerke, die den aktuellen Stand der Technik abbilden (vgl. www.vdi.de/richtlinien). Auch das Arbeitsblatt FW 308 "Zertifizierung von KWK-Anlagen ‑ Ermittlung des KWK-Stromes" des AGFW/Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V. (Bundesanzeiger, Nichtamtlicher Teil, Institutionelle Veröffentlichun­gen vom 19.10.2015) kann nicht zur Auslegung stromsteuerrechtlicher Begrif­fe und Steuerbefreiungsvorschriften herangezogen werden. Die Auslegung des Stromsteuerrechts muss sich vielmehr an der Energiesteuerrichtlinie orientie­ren, weshalb für die Auslegung des Stromsteuergesetzes grundsätzlich auch nicht die Definitionen und Vorgaben des Gesetzes für den Ausbau erneuerba­rer Energien maßgeblich sind (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 17.01.2023 ‑ VII R 54/20, BFHE 279, 341, Rz 32 f., m.w.N.).

Soweit in den Gesetzgebungsmaterialien zu § 3 EnergieStG bei der Berech­nung des Nutzungsgrads von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (BTDrucks 17/11387, S. 35) und zu § 53 EnergieStG bei der Abgrenzung des Stromer­zeugungsprozesses von peripheren Anlagenteilen (BTDrucks 17/11387, S. 36) die Anwendung der Regeln der Technik befürwortet wird, betrifft dies rein technische Fragen, aber nicht die Auslegung von Unionsrecht.

d) Ausgehend von diesen rechtlichen Grundlagen hat das FG zu Recht ent­schieden, dass die im Kalenderjahr 2016 für den Betrieb der Förderbänder zu den Kohlekreislagern (… MWh) und weg von den Kohlekreislagern (… MWh) sowie für den Betrieb der Kohlekreislager (… MWh) entnommene Menge elektrischen Stroms gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL von der Stromsteuer befreit ist. Demgegen­über sind die für den Betrieb der Aschesilos und den Betrieb des Gipskreisla­gers im Kalenderjahr 2016 entnommenen Strommengen (… MWh be­ziehungsweise … MWh) nicht von der Stromsteuer befreit.

aa) Die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Transport der Kohle auf den Förderbändern und deren Einlagerung in den Kohlekreislagern erfolgten mit dem Ziel, eine über vier Wochen bestehende Dauerlastfähigkeit sicherzustel­len, etwa für den Fall vorübergehend ausbleibender Kohlelieferungen. Dieser Stromverbrauch ist somit erforderlich, um die Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus ist eine Direktbekohlung nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG wegen einer möglichen Selbstentzündung und eventueller Fremdkörper in der angelieferten Kohle gefährlich. Auch daraus ergibt sich, dass die Zwischenlagerung der Koh­le und der dafür erforderliche Transport auf dem Kraftwerksgelände zur Auf­rechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, notwendig waren, weil da­durch Schäden an der Anlage vorgebeugt wurde. Schließlich war die Lagerung der Kohle nach den weiteren Feststellungen des FG für die Kohleanalyse erfor­derlich, um eine korrekte Mischung und damit die Einhaltung der Heiz- und Emissionswerte und Verbrennungsrückstände zu gewährleisten, während bei einer Direktbekohlung keine hinreichende Kohleanalyse zur Einhaltung der Emissionsgrenzwerte durchgeführt werden könnte. Die geschlossenen Förder­bänder und die geschlossene Lagerung der Kohle waren zudem zur Staubver­meidung in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorgegeben. Nach der oben dargestellten Senatsrechtsprechung können verwaltungsrechtliche Genehmigungen Einfluss auf die Einbeziehung von Einrichtungen eines Kraft­werks in die Steuerfreiheit nach dem Stromsteuerrecht haben, sofern ein aus­reichender Zusammenhang mit der Stromerzeugung gegeben ist, was vorlie­gend der Fall ist. Auch ist es ohne Bedeutung, ob die Klägerin die Anlage an­ders hätte planen können und der Stromverbrauch dann beispielsweise durch kürzere Förderbänder geringer ausgefallen wäre.

bb) Soweit das FG weiterhin entschieden hat, dass auch der im Kalenderjahr 2016 in den E‑Filtern verbrauchte Strom (… MWh) von der Strom­steuer befreit ist, ist dies mittlerweile nicht mehr streitgegenständlich, weil das HZA während des Revisionsverfahrens einen Ände­rungsbescheid (VSP‑XXX‑3) erlassen hat und diese Strommenge steuerfrei gestellt hat. Die­se Steueränderung hat Bestand und wird durch das vorliegende Urteil des er­kennenden Senats nicht berührt.

cc) Die für den Betrieb der Aschesilos und des Gipskreislagers im Kalenderjahr 2016 entnommenen Strommengen (… MWh beziehungsweise … MWh) sind demgegenüber nicht von der Stromsteuer befreit.

Nach den Feststellungen des FG wurden der getrocknete Gips und ein Teil der Asche vermarktet und zur Zementherstellung beziehungsweise in der Bau­branche eingesetzt. Die Trocknung des Gipses und der Transport sowie die Verladung der Asche und des Gipses mit Hilfe von Förderbändern beziehungs­weise Förderluft hatten somit keinen ausreichenden Zusammenhang mehr mit der Stromerzeugung oder der Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen. Vielmehr handelte es sich dabei um selbständige Wirt­schaftsgüter, die die Klägerin weiterverkaufte. Eine Steuerbefreiung der Gips- und Ascheaufbereitung und ‑verladung führte zu einer doppelten Begünsti­gung, da weder die erzeugten Produkte noch der für deren Herstellung ver­brauchte Strom besteuert würden. Dies stünde im Widerspruch zur gesetzge­berischen Intention, eine steuerliche Begünstigung ausschließlich für den Strom zu schaffen, der unmittelbar für die Stromerzeugung oder deren Auf­rechterhaltung erforderlich ist. Zudem könnten sich andere Hersteller von Gips und Asche, die keinen Strom erzeugen, nicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG oder Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL berufen, sodass es zu einer Wettbewerbsverzerrung käme.

Soweit der erkennende Senat entschieden hat, dass der für den Betrieb von Zentrifugen, die zur Entwässerung einer Gipssuspension eingesetzt werden, verwendete Strom gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerfrei ist (vgl. Se­natsurteil vom 13.12.2011 ‑ VII R 73/10, BFHE 237, 478, Rz 16), ist diese Entscheidung nicht auf den vorliegenden Streitfall übertragbar. Denn in dem vom Senat im Jahr 2011 entschiedenen Fall waren die Entwässerung des Gip­ses und dessen Entsorgung auf einer Sondermülldeponie in der Betriebsge­nehmigung für die Anlage vorgeschrieben. Im vorliegenden Streitfall wurde der Gips jedoch nach der Trocknung zur Vermarktung verladen.

e) In Bezug auf die Stromsteuerfestsetzung für das Kalenderjahr 2017 hat das FG zu Recht entschieden, dass die Entnahme von Strom zum Betrieb der Ent­ladekräne, der Kohleförderbänder zu den Kohlekreislagern und weg von den Kohlekreislagern, zum Betrieb der Kohlekreislager, für die Kreideanlieferung und ‑lagerung, für die Lagerung des Ammoniakwassers und für die Wasser­aufbereitung (Abwasser) von der Stromsteuer befreit sind. Der Stromver­brauch für die Schlacketrocknung und den Schlackeabzug, für die Schlackela­gerung, den Betrieb der Aschesilos, die Gipstrocknung und den Betrieb des Gipskreislagers sind demgegenüber nicht von der Stromsteuer befreit.

aa) Die Steuerbefreiung ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG beziehungs­weise aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL.

(1) Der Strom zum Betrieb der Entladekräne (… MWh) dient aus den­selben Erwägungen wie der Betrieb der Förderbänder und Kohlekreislager der Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, und ist aus den bereits dargestellten Gründen gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Al­ternative 2 EnergieStRL von der Stromsteuer befreit.

(2) Zur Steuerbefreiung für den zum Betrieb der Kohleförderbänder zu den Kohlekreislagern und weg von den Kohlekreislagern und zum Betrieb der Koh­lekreislager entnommenen Strom wird auf die obigen Ausführungen hinsicht­lich des Kalenderjahres 2016 verwiesen.

(3) Der für die Kreideanlieferung und Kreidelagerung erforderliche Strom (… MWh im Kalenderjahr 2017) wurde für die Rauchgasreinigung ver­braucht und ist daher gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV ebenfalls von der Stromsteuer befreit.

Nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG erfolgte die strombetriebene Rauchgasentschwefelung mittels Kreideberieselung. Dies war zwingend erforderlich, um dem bei der Stromerzeugung entstehenden Rauchgas Schwefel und Stickoxide zu entziehen und war in der Betriebsgeneh­migung der Klägerin vorgeschrieben. Die Rauchgasreinigung ist in § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV ausdrücklich genannt und wurde vom Verordnungsgeber der Stromerzeugung zugeordnet. Damit hat er sich im Rahmen der Ermächti­gungsvorschrift des § 11 Satz 1 Nr. 8 StromStG gehalten.

Soweit das HZA in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass es sich bei der Rauchgasreinigung um einen nachgelagerten Vorgang handelt, steht dieser Einwand dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV insofern entgegen, als die Rauchgasreinigung dort ausdrücklich der Stromerzeugung zugeordnet wird. Letztlich kommt es darauf jedoch nicht an, weil sich eine Steuerbefreiung für der Stromerzeugung nachgelagerte Vorgänge unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL ergibt und somit auch bei der Einordnung als nachgelagerter Vorgang eine Steuerbefreiung ge­geben wäre.

(4) Der Stromverbrauch für die Anlieferung und Lagerung von Ammoniak be­ziehungsweise die Lagerung des Ammoniakwassers (… MWh im Kalender­jahr 2017) ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV von der Stromsteuer befreit, weil der Ammoniak nach den Feststel­lungen des FG bei der Rauchgasentschwefelung eingesetzt wurde.

(5) Die für die Abwasseraufbereitung verbrauchten Strommengen (… MWh im Jahr 2017) sind ebenfalls gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV von der Stromsteuer befreit. In § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV wird die Wasseraufbereitung als begünstigter Vor­gang aufgeführt, ohne dass hierbei nach Frischwasser- oder Abwasseraufberei­tung unterschieden wird.

Zudem hat das FG einen unmittelbaren technischen Zusammenhang mit dem Energieumwandlungsprozess mittels eines Dampfkreislaufs bejaht und damit auch bindende Feststellungen zur technischen Bedeutung der Abwasseraufbe­reitung getroffen. Des Weiteren musste die Klägerin das Prozesswasser auf­grund genehmigungsrechtlicher Vorgaben vor der Wiedereinleitung in einen nahe gelegenen Fluss reinigen und kühlen.

bb) Die Entnahme von Strom für die Schlacketrocknung und den Schlackeab­zug, die Schlackelagerung, die Aschesilos, die Gipstrocknung und das Gips­kreislager ist ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen nicht von der Stromsteuer befreit. Diese Vorgänge dienen ‑‑wie das FG richtig geurteilt hat‑‑ weder der Stromerzeugung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG noch der Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL.

(1) Die für die Schlacketrocknung und den Schlackeabzug entnommenen Strommengen (… MWh im Kalenderjahr 2017) und der Strom für die Schlackelagerung (… MWh im Kalenderjahr 2017) sind nicht von der Stromsteuer befreit.

(a) Die Schlacke fiel zwar als nicht flugfähiger Verbrennungsrückstand der Kohle in den Brennkammern an. Die strombetriebene Entnahme aus dem Schlackebad diente jedoch nicht mehr der Stromerzeugung, weil diese in die­sem Verfahrensstand bereits abgeschlossen war. Die Weiterbehandlung der Schlacke ist auch nicht zur Aufrechterhaltung der Stromerzeugung erforder­lich, sondern von dieser unabhängig. Die Herstellung der Schlacke hängt somit nicht mit der Stromerzeugung im Kraftwerk der Klägerin zusammen und för­dert diese nicht (vgl. dazu Senatsurteil vom 19.03.2019 ‑ VII R 13/18, BFHE 264, 550, Rz 16 f.).

Darüber hinaus hat das FG festgestellt, dass Schlacke in vielen Betrieben an­fällt, die Kohle verheizen, was ebenfalls bestätigt, dass die Weiterbearbeitung der Schlacke in keinem Zusammenhang mit der Stromerzeugung oder deren Aufrechterhaltung steht. Weiter hat das FG festgestellt, dass die Schlacke an gewerbliche Abnehmer veräußert wurde und damit in Konkurrenz zu Schlacke trat, die in stromsteuerpflichtigen Herstellungsbetrieben für Energieerzeugnis­se oder in anderen Kohle verheizenden Herstellungsbetrieben anfällt. Auch so­weit keine Erlöse erzielt werden konnten, würde eine Befreiung von der Stromsteuer zu einer ungerechtfertigten Begünstigung der Klägerin im Ver­gleich zu anderen Unternehmen führen, die ebenfalls Schlacke herstellen.

(b) Die Schlacke kann auch nicht in Anwendung der Rechtsprechung zu den Kuppelprodukten als steuerfrei angesehen werden.

Kuppelprodukte fallen zwangsläufig bei der Herstellung von Energieerzeugnis­sen an (vgl. Senatsurteil vom 19.03.2019 ‑ VII R 13/18, BFHE 264, 550, Rz 21). Die Steuerfreiheit des Verbrauchs von Energieerzeugnissen gemäß Art. 21 Abs. 3 Satz 1 EnergieStRL betrifft allerdings nur Betriebe, die Energie­erzeugnisse herstellen, was auf die Klägerin nicht zutrifft. Denn diese erzeugt elektrischen Strom und keine Energieerzeugnisse, die nach der Energiesteuer­richtlinie von Strom zu unterscheiden sind (vgl. Art. 2 Abs. 1 und 2 EnergieStRL).

Abgesehen davon, dass die Klägerin keine Kraftstoffe herstellt, wäre die fakul­tative Steuerbegünstigung nach Art. 21 Abs. 3 Satz 2 EnergieStRL (vgl. dazu EuGH-Urteil Koppers Denmark vom 06.06.2018 ‑ C‑49/17, EU:C:2018:395, Rz 35) nicht geeignet, das Herstellerprivileg nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL zu erweitern.

Der Klägerin ist zudem insoweit Recht zu geben, als die Rechtsprechung be­züglich der Kuppelprodukte zum energiesteuerrechtlichen Herstellerprivileg nach Art. 21 Abs. 3 EnergieStRL und nicht zum stromsteuerrechtlichen Her­stellerprivileg nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL ergangen ist. Eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechung zu den Kuppelprodukten hält der Senat aufgrund des Ausnahmecharakters von § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG bzw. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 EnergieStRL und des Fehlens einer Art. 21 Abs. 3 EnergieStRL vergleichbaren Regelung nicht für geboten ‑ unabhängig davon, ob die Herstellung von Schlacke danach überhaupt be­günstigt wäre (s. oben).

Im Übrigen erstreckt sich die Steuerbegünstigung auch im Fall des Verbrauchs von Energieerzeugnissen nicht auf den Teil, der auf die Herstellung nicht ener­getischer Erzeugnisse entfällt. Insbesondere wenn die gewonnenen nicht ener­getischen Erzeugnisse wirtschaftlich verwertet werden, könnte durch die Ge­währung einer Steuerbegünstigung der Zweck der Energiesteuerrichtlinie ‑‑die Einführung eines harmonisierten Systems zur Besteuerung von Energieerzeug­nissen und elektrischen Strom‑‑ beeinträchtigt werden (vgl. EuGH-Urteil Repsol Petróleo vom 03.12.2020 ‑ C‑44/19, EU:C:2020:982, Rz 30 und 37; vgl. auch Senatsurteil vom 19.03.2019 ‑ VII R 13/18, BFHE 264, 550, Rz 24).

(2) Der Stromverbrauch für das Aschesilo (… MWh im Kalenderjahr 2016 und … MWh im Kalenderjahr 2017), die Gipstrocknung (… MWh im Kalenderjahr 2017) und das Gipskreislager (… MWh im Kalenderjahr 2016 und … MWh im Kalenderjahr 2017) ist aus den­selben Gründen nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG bzw. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alternative 2 EnergieStRL stromsteuerbefreit.

cc) Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren eine vollständige Aufhebung der angefochtenen Steueränderungsbescheide beantragt hat, reicht ihr Antrag zwar betragsmäßig weiter als in der ersten Instanz, wo sie in Bezug auf das Kalenderjahr 2017 eine Steuerforderung in Höhe von … € anerkannt hatte. Da die Revision jedoch auch insoweit unbegründet wäre, kann es dahin­stehen, ob es sich hierbei um eine gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässi­ge Klageänderung handelt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 2 FGO. Die Übertragung der Berechnung der Stromsteuer für das Kalenderjahr 2016 beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 FGO.

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