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BFH: Keine Arbeitgebereigenschaft einer Betriebsstätte nach Abkommensrecht

Die ausländische Betriebsstätte einer im Inland ansässigen rechtlich selbstän­digen Person kann nicht Arbeitgeber im Sinne der Art. 14 Abs. 2 Buchst. b DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014; Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 DBA-Belgien 1967/2010; Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013; Art. XI Abs. 3 Buchst. b DBA-Griechenland 1966 und Art. 13 Abs. 4 Nr. 2 DBA-Frankreich 1959/2015 sein.

EStG § 19, § 38, § 41a, § 49
GG Art. 3 Abs. 1
AEUV Art. 49, Art. 54, Art. 45
EWRAbk Art. 1, Art. 2, Art. 28, Art. 31, Art. 34
WÜRV Art. 31
OECD-MustAbk Art. 7
DBA NLD 2012/2016 Art. 3, Art. 14 Abs. 1 und 2
DBA JPN 2015 Art. 3, Art. 14 Abs. 1 und 2
DBA ESP 2011 Art. 3, Art. 14 Abs. 1 und 2
DBA AUS 2015 Art. 3, Art. 14 Abs. 1 und 2
DBA IRL 2011/2014 Art. 3, Art. 14 Abs. 1 und 2
DBA GBR 2010/2014 Art. 3, Art. 14 Abs. 1 und 2
DBA BEL 1967/2010 Art. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2
DBA CHE 1971/2010 Art. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2
DBA ITA 1989 Art. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2
DBA DNK 1995 Art. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2
DBA CAN 2001 Art. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2
DBA SGP 2004 Art. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2
DBA NOR 1991/2013 Art. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2
DBA GRC 1966 Art. II, Art. XI Abs. 2 und 3
DBA FRA 1959/2015 Art. 2, Art. 13 Abs. 1 und 4

BFH-Urteil vom 12.12.2024, VI R 25/22 (veröffentlicht am 17.4.2025)

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 16.12.2021, 11 K 14197/20 = SIS 22 02 99

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft ein Unternehmen. Ihr Stammhaus befindet sich in X in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Sie unterhält zahlreiche Zweigniederlassungen im europäischen und außereuropäischen Ausland; unter anderem im Königreich der Niederlande, in Japan, in der Republik Frankreich, im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland, im Königreich Belgien, in der Schweizerischen Eidgenossenschaft, im Königreich Spanien, in der Italienischen Republik, in Australien, im Königreich Dänemark, in der Hellenischen Republik, in Kanada, in der Republik Singapur, in Irland und im Königreich Norwegen (Norwegen). Die dort tätigen und auch im jeweiligen Beschäftigungsstaat wohnhaften Arbeitnehmer sind zivilrechtlich bei der Klägerin angestellt.

Die Mitarbeiter der ausländischen Zweigniederlassungen kommen in unregel­mäßigen Abständen für kurzfristige Dienstreisen (beispielsweise für Schulun­gen, Seminare, Workshops, Projektarbeiten oder Managementforen) nach Deutschland. Sie halten sich nicht mehr als 183 Tage im Steuer- beziehungs­weise Kalenderjahr beziehungsweise innerhalb eines Zeitraums von zwölf Mo­naten, der während des betreffenden Jahres beginnt oder endet, in Deutsch­land auf. Die Dienstreisen nehmen die Arbeitnehmer im Interesse der jeweili­gen Auslandsniederlassung vor, welche neben der kompletten Tätigkeitsvergü­tung auch die Reisekosten trägt. Die gesamten mit der Tätigkeit dieser Mitar­beiter verbundenen Kosten erfasst die jeweilige Auslandszweignie­derlassung in ihrer Buchführung. Das Stammhaus erstattet diese Kosten nicht.

In der Lohnsteuer-Anmeldung für Februar 2020 (Streitzeitraum) schätzte die Klägerin in Übereinstimmung mit einer vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erteilten Anrufungsauskunft die auf die Inlandsdienstreisen der Mitarbeiter der jeweiligen ausländischen Zweigniederlassungen entfallen­den Lohnsteuerbeträge.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 16.12.2021 ‑ 11 K 14197/20 sowie die Einspruchsentscheidung vom 24.08.2020 aufzuheben und die Lohnsteuer-Anmeldung für Februar 2020 dahingehend zu ändern, dass die Lohnsteuer insoweit herabgesetzt wird, als sie auf die Vergütungsan­teile für Inlandsreisen der bei ausländischen Betriebsstätten der Klägerin in DBA-Vertragsstaaten beschäftigten Arbeitnehmer entfällt.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzge­richtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin die Lohnsteuer, die auf die Vergütungen ihrer Arbeitnehmer aus den ausländi­schen Zweigniederlassungen für deren im Streitzeitraum durchgeführte In­landsdienstreisen entfällt, zu Recht einbehalten und angemeldet hat.

1. Das FG ist zunächst zutreffend (stillschweigend) davon ausgegangen, dass die Klage zulässig ist.

Die Lohnsteuer-Anmeldung ist eine Steuererklärung im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO), in der der Arbeitgeber die Steuer selbst zu berechnen hat. Sie steht einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 167, 168 AO). Da die Klägerin die Lohnsteuer-Anmel­dung für rechtswidrig hält, kann sie diese, auch wenn die Steuerfestsetzung den eigenen Angaben folgt, anfechten.

2. Die in ihrem jeweiligen Beschäftigungsstaat wohnhaften Arbeitnehmer der Klägerin sind in Deutschland mit dem für ihre Tätigkeit in Deutschland bezoge­nen Arbeitslohn beschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 4, § 19 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑).

3. Die Klägerin ist, was zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist, nach dem nationalen (Lohn‑)Steuerrecht als inländische Arbeitgeberin (§ 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zum Einbehalt (§ 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, § 39b EStG) und zur Anmeldung der Lohnsteuer (§ 41a EStG) hinsichtlich der Vergü­tung verpflichtet, die auf die inländischen Dienstreisen der im Ausland ansäs­sigen Arbeitnehmer entfällt.

Auch ist die Höhe der Lohnsteuer zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Die Erfassung der Lohnsteuer in Höhe einer geschätzten Abschlagszahlung entspricht zwar nicht der gesetzlichen Regelung des § 41a EStG. Das FA hat der Klägerin allerdings eine Lohnsteuer-Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG erteilt, nach der die vorübergehende Schätzung der einzubehaltenden Lohn­steuer der ausländischen Arbeitnehmer unter bestimmten, in der Anrufungs­auskunft näher festgelegten, Voraussetzungen zur Vereinfachung der unterjäh­rigen Abwicklung der Besteuerung von entsandten Mitarbeitern zulässig ist. An diese Auskunft ist das FA gebunden (s. Senatsurteil vom 13.01.2011 ‑ VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479, Rz 24).

4. Die Klägerin durfte für den Streitzeitraum nach den im Streitfall einschlägi­gen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nicht von der Anmeldung der Lohn­steuer absehen. Denn das Besteuerungsrecht steht auch nach den maßgebli­chen DBA-Regelungen Deutschland als Tätigkeitsstaat zu.

a) Nach

  • Art. 14 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Dop­pelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Ge­biet der Steuern vom Einkommen vom 12.04.2012 (BGBl II 2012, 1415, BStBl I 2016, 48) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 11.01.2016 (BGBl II 2016, 868, BStBl I 2017, 70) ‑‑DBA-Niederlande 2012/2016‑‑,
  • Art. 14 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern sowie zur Verhinderung der Steuerverkürzung und ‑umgehung vom 17.12.2015 (BGBl II 2016, 958, BStBl I 2016, 1307) ‑‑DBA-Japan 2015‑‑,
  • Art. 13 Abs. 1 und 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung von Doppel­besteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Ge­biete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbe­steuern und der Grundsteuern vom 21.07.1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) i.d.F. des Zusatzabkommens vom 31.03.2015 (BGBl II 2015, 1335, BStBl I 2016, 518) ‑‑DBA-Frankreich 1959/2015‑‑,
  • Art. 14 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie zur Verhinderung der Steuerverkür­zung und ‑umgehung vom 30.03.2010 (BGBl II 2010, 1334, BStBl I 2011, 470) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 17.03.2014 (BGBl II 2015, 1298, BStBl I 2016, 193) ‑‑DBA-Großbritannien 2010/2014‑‑,
  • Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewer­besteuer und der Grundsteuern vom 11.04.1967 (BGBl II 1969, 18, BStBl I 1969, 39) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21.01.2010 (BGBl II 2010, 1279) ‑‑DBA-Belgien 1967/2010‑‑,
  • Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 27.10.2010 (BGBl II 2011, 1092, BStBl I 2012, 513) ‑‑DBA-Schweiz 1971/2010‑‑,
  • Art. 14 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Spanien zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 03.02.2011 (BGBl II 2012, 19, BStBl I 2013, 350) ‑‑DBA-Spanien 2011‑‑,
  • Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermö­gen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 18.10.1989 (BGBl II 1990, 743, BStBl I 1990, 397) ‑‑DBA-Italien 1989‑‑,
  • Art. 14 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Australien zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie zur Verhinderung der Steuerverkürzung und ‑umgehung vom 12.11.2015 (BGBl II 2016, 1116, BStBl I 2017, 122) ‑‑DBA-Australien 2015‑‑,
  • Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Nachlaß‑, Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Beistandsleistung in Steuersachen vom 22.11.1995 (BGBl II 1996, 2566, BStBl I 1966, 1220) ‑‑DBA-Dänemark 1995‑‑,
  • Art. XI Abs. 2 und 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppel­besteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei der Gewerbesteuer vom 18.04.1966 (BGBl II 1967, 853, BStBl I 1967, 51) ‑‑DBA-Griechenland 1966‑‑,
  • Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen vom 19.04.2001 (BGBl II 2002, 671, BStBl I 2002, 505) ‑‑DBA-Kanada 2001‑‑,
  • Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteu­erung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 28.06.2004 (BGBl II 2006, 931, BStBl I 2007, 158) ‑‑DBA-Singapur 2004‑‑,
  • Art. 14 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen vom 30.03.2011 (BGBl II 2011, 1043, BStBl I 2013, 472) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 03.12.2014 (BGBl II 2015, 1323, BStBl I 2016, 197) ‑‑DBA-Irland 2011/2014‑‑ und
  • Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung und über gegenseitige Amtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 04.10.1991 (BGBl II 1993, 972, BStBl I 1993, 656) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 24.06.2013 (BGBl II 2014, 907, BStBl I 2015, 246) ‑‑DBA-Norwegen 1991/2013‑‑

steht ‑‑mit Ausnahme des DBA-Frankreich 1959/2015‑‑ das Besteuerungs­recht für Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen bei den Einkünften aus unselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat der Person zu, die die entsprechenden Einkünfte bezieht. Wird die Arbeit jedoch in dem ande­ren Vertragsstaat (hier also in Deutschland) ausgeübt, können die dafür bezo­genen Vergütungen auch im anderen Staat besteuert werden. Nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich 1959/2015 können Einkünfte aus unselbständiger Ar­beit hingegen grundsätzlich nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrühren, ausgeübt wird, im vorliegenden Fall also wiederum in Deutschland.

b) Das hiernach für die inländische Tätigkeit der Arbeitnehmer grundsätzlich bestehende Besteuerungsrecht Deutschlands wird im Streitfall auch nicht durch die sogenannte 183‑Tage‑Klausel, die sämtliche einschlägigen DBA ent­halten (Art. 14 Abs. 2 DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014; Art. 15 Abs. 2 DBA-Belgien 1967/2010, DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013; Art. XI Abs. 3 DBA-Griechenland 1966; Art. 13 Abs. 4 DBA-Frankreich 1959/2015), beschränkt.

Danach wird das ausschließliche Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats wiederum dann begründet, wenn sämtliche Voraussetzungen der Regelung kumulativ vorliegen. Dabei ist vorliegend einzig das in Art. 14 Abs. 2 Buchst. b DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014; Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 DBA-Belgien 1967/2010; Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013; Art. XI Abs. 3 Buchst. b DBA-Griechenland 1966 und Art. 13 Abs. 4 Nr. 2 DBA-Frankreich 1959/2015 enthaltene Merkmal streitig, dass die Vergütungen von einem Ar­beitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Vertragsstaat (hier Deutschland) ansässig ist.

An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Denn die ausländischen Be­triebsstätten kommen, wie das FG zutreffend entschieden hat, nicht als Ar­beitgeberinnen im Sinne des einschlägigen Abkommensrechts in Betracht.

aa) Nach Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Ver­träge vom 23.05.1969 ‑‑WÜRV‑‑ (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 03.08.1985 (BGBl II 1985, 926) am 20.08.1987 (BGBl II 1987, 757), ist ein völkerrechtlicher Vertrag "nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen". Maßgeblich sind insbesondere der Wortlaut des Vertrags (Art. 31 Abs. 2 WÜRV) und die gewöhnliche Bedeutung der verwendeten Ausdrücke. Dementsprechend sind abkommensrechtliche Begriffe zunächst nach dem Wortlaut und den Definitio­nen des Abkommens und sodann nach dem Sinn und dem Vorschriftenzusam­menhang innerhalb des Abkommens auszulegen. Auf die Begriffsbestimmun­gen des innerstaatlichen Rechts ist grundsätzlich erst auf einer nachgelagerten Prüfungsebene zurückzugreifen (Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 13.07.2021 ‑ I R 63/17, BFHE 274, 18, BStBl II 2022, 250, Rz 16, m.w.N.; BFH-Urteil vom 05.12.2023 ‑ I R 42/20, BFHE 283, 94, Rz 36).

bb) (1) In Art. 3 Abs. 1 DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014, DBA-Belgien 1967/2010, DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013; Art. II Abs. 1 DBA-Griechenland 1966 und Art. 2 Abs. 1 DBA-Frankreich 1959/2015 findet sich keine Definition des Arbeitgeber­begriffs für Zwecke des Abkommens. Nach Art. 3 Abs. 2 DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014, DBA-Belgien 1967/2010, DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013; Art. II Abs. 2 DBA-Griechenland 1966 und Art. 2 Abs. 2 DBA-Frankreich 1959/2015 kann in einem solchen Fall, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, auf das Recht des Anwendungsstaats (hier Deutschland) zurückgegriffen werden.

(2) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann Arbeitgeber im Sinne des Abkommensrechts ‑‑anders als grundsätzlich im nationalen (Lohn‑)Steuer­recht (s. BFH-Urteil vom 24.03.1999 ‑ I R 64/98, BFHE 190, 74, BStBl II 2000, 41)‑‑ nicht nur der zivilrechtliche Arbeitgeber, sondern auch eine andere na­türliche oder juristische Person sein, die die Vergütung für die ihr geleistete nichtselbständige Arbeit wirtschaftlich trägt (BFH-Urteile vom 29.01.1986 ‑ I R 109/85, BFHE 146, 141, BStBl II 1986, 442, betreffend DBA-Schweden 1992; vom 15.03.2000 ‑ I R 28/99, BFHE 191, 325, BStBl II 2002, 238, be­treffend DBA-Belgien 1967 und vom 23.02.2005 ‑ I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547, betreffend DBA-Spanien 1966).

Die ausländischen Zweigniederlassungen der Klägerin sind jedoch keine (juris­tischen) Personen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. d DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013, DBA-Italien 1989, DBA-Schweiz 1971/2010; Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 DBA-Belgien 1967/2010; Art. 3 Abs. 1 Buchst. b DBA-Spanien 2011; Art. II Abs. 1 Nr. 2 DBA-Griechenland 1966 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b DBA-Frankreich 1959/2015. Eine solche ist nach Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 allein die Klägerin selbst.

Die ausländischen Zweigniederlassungen sind lediglich Betriebsstätten der Klägerin im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013, DBA-Italien 1989, DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Belgien 1967/2010; Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b DBA-Griechenland 1966 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a Doppel­buchst. bb DBA-Frankreich 1959/2015.

(3) Eine Betriebsstätte kann aber, wie das FG zutreffend entschieden hat, be­reits dem Grunde nach nicht Arbeitgeber im Sinne des Abkommensrechts sein.

Abkommensrechtlich kommt als Arbeitgeber nur eine Person in Betracht, die im Sinne des entsprechenden Abkommens die Fähigkeit besitzt, in einem der beiden Vertragsstaaten ansässig zu sein. Eine Betriebsstätte kann jedoch nicht ansässig sein, weshalb die inländische Betriebsstätte einer im Ausland ansäs­sigen Person auch nicht Arbeitgeber sein kann (z.B. BFH-Urteile vom 29.01.1986 ‑ I R 296/82, BFHE 146, 136, BStBl II 1986, 513, unter II.4.a, be­treffend DBA-Frankreich 1959; vom 29.01.1986 ‑ I R 109/85, BFHE 146, 141, BStBl II 1986, 442, unter II.5.b, betreffend DBA-Schweden 1959; Senatsurteil vom 16.05.2024 ‑ VI R 31/21, BStBl II 2024, 646, Rz 29 ff., betreffend DBA-Griechenland 1966).

(a) Dies folgt schon aus dem Wortlaut von Art. 14 Abs. 2 Buchst. c DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014; Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 DBA-Belgien 1967/2010; Art. 15 Abs. 2 Buchst. c DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013; Art. XI Abs. 3 Buchst. c DBA-Griechenland 1966 und Art. 13 Abs. 4 Nr. 3 DBA-Frankreich 1959/2015, der ausschließt, den abkommensrechtlichen Arbeitgeberbegriff mit dem Begriff der Betriebsstätte gleichzusetzen. Denn die dortige Formulierung, wonach die Ver­gütung von einer Betriebsstätte getragen beziehungsweise von ihrem Gewinn abgezogen werden muss, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat, macht hinreichend deutlich, dass zwischen dem Arbeitgeber und der Betriebsstätte zu unterscheiden ist (ähnlich bereits BFH-Urteil vom 21.08.1985 ‑ I R 63/80, BFHE 144, 428, BStBl II 1986, 4).

(b) Anders als die Klägerin meint, knüpfen Art. 14 Abs. 2 Buchst. b DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014; Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 DBA-Belgien 1967/2010; Art. 15 Abs. 2 Buchst. b DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004; Art. XI Abs. 3 Buchst. b DBA-Griechenland 1966 und Art. 13 Abs. 4 Nr. 2 DBA-Frankreich 1959/2015 für die Arbeitgebereigenschaft an die Fähigkeit zur Ansässigkeit unbeschadet des Umstands an, dass die Ansässig­keit mit Ausnahme des DBA-Norwegen 1991/2013 als negatives Tatbestands­merkmal ("nicht im anderen Staat ansässig ist") formuliert ist. Denn fehlt dem Arbeitgeber überhaupt die Fähigkeit, ansässig sein zu können, wäre der letzte Halbsatz der vorgenannten Bestimmungen obsolet, weil er immer erfüllt wäre. Es ist allerdings nicht anzunehmen, dass die Parteien einer Vielzahl von DBA, die insoweit auch Art. 15 Abs. 2 Buchst. b des Musterabkommens der Organi­sation for Economic Cooperation and Development (OECD) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie der Steuerverkürzung und ‑umgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen 2017 (OECD‑Musterab­kommen ‑‑OECD-MustAbk‑‑) entsprechen, eine von vornherein überflüssige Regelung vereinbart haben.

(c) Aus dem Begriff des wirtschaftlichen Arbeitgebers ergibt sich abkommens­rechtlich insoweit nichts anderes. Denn die Klägerin ist als einzige Arbeitgebe­rin der im In- und im Ausland wohnhaften Arbeitnehmer nicht nur zivilrechtli­che, sondern gleichzeitig auch wirtschaftliche Arbeitgeberin. Außer der Kläge­rin gibt es keine (andere) Person, die den Arbeitslohn der in das Inland ent­sandten ausländischen Arbeitnehmer wirtschaftlich trägt.

(d) Dieser Auslegung steht auch der sogenannte Authorised OECD Approach (AOA) nicht entgegen. Den AOA hat die OECD erstmals im OECD-Betriebsstät­tenbericht 2008 als Konzept zur Auslegung der Selbständigkeitsfiktion der Be­triebsstätte für Zwecke der Gewinnabgrenzung eingeführt und ab dem Jahr 2010 in das OECD-Musterabkommen übernommen. Nach diesen Grundsätzen wird die Betriebsstätte (ausschließlich) für Zwecke der Zurechnung von Unter­nehmensgewinnen im Sinne des Art. 7 OECD‑MustAbk fiktiv als selbständiges und unabhängiges Unternehmen behandelt (Reinhold in: Gosch/Kroppen/Grotherr/Kraft, DBA, Art. 15 OECD‑MA Rz 194; Haase in: Haase, AStG/DBA, Art. 15 OECD‑MA Rz 182). Der AOA ist mithin ohne Einfluss auf die tatsächliche Arbeitgebereigenschaft. Daher ist es auch ohne Bedeu­tung, ob der AOA im entsprechenden Abkommen bereits umgesetzt wurde (so im Ergebnis auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 03.05.2018, BStBl I 2018, 643, Rz 186).

(e) Auch soweit in Art. 14 Abs. 2 Buchst. b und c DBA-Niederlande 2012/2016, DBA-Japan 2015, DBA-Großbritannien 2010/2014, DBA-Spanien 2011, DBA-Australien 2015, DBA-Irland 2011/2014; Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 und 3 DBA-Belgien 1967/2010; Art. 15 Abs. 2 Buchst. b und c DBA-Schweiz 1971/2010, DBA-Italien 1989, DBA-Dänemark 1995, DBA-Kanada 2001, DBA-Singapur 2004, DBA-Norwegen 1991/2013; Art. XI Abs. 3 Buchst. b und c DBA-Griechenland 1966 und Art. 13 Abs. 4 Nr. 2 und 3 DBA-Frankreich 1959/2015 eine Korrespondenz zwischen der Minderung des Steuersubstrats im Tätig­keitsstaat durch den Abzug der Löhne als Betriebsausgaben und dem Besteue­rungsrecht angelegt ist, gilt diese nicht absolut (Haase, Internationales Steu­errecht ‑‑IStR‑‑ 2014, 237 f.; Dziurdź, IStR 2014, 876, 877 f.; Peter, IStR 1999, 456, 458; Vogel, Betriebs-Berater 1978, 1021, 1024 f.; a.A. Vogler/Nientimp, IStR 2014, 427, 433). Insbesondere hängt die grundsätzliche Aufteilung des Besteuerungsrechts von Löhnen nicht von der Abzugsfähigkeit der Löhne ab. Auch im Wortlaut der einschlägigen DBA hat dies keinen Nieder­schlag gefunden (Dziurdź, IStR 2014, 876, 878; Haase, IStR 2014, 237 f.).

Das DBA‑Griechenland 1966 unterstreicht dieses Ergebnis. Denn in Art. XI Abs. 3 wird das Kor­respondenzprinzip ausdrücklich nur in Buchst. c erwähnt, was deutlich macht, dass es in Buchst. b nicht gelten soll.

(f) Angesichts des eindeutigen Wortlauts und der Systematik der im Streitfall einschlägigen DBA kommt auch keine Einschränkung der inländischen Lohnbe­steuerung aus Verwaltungsvereinfachungs- und Praktikabilitätserwägungen in Betracht (a.A. Ziesecke/Riehle/Muscheites, Deutsches Steuerrecht 2015, 969, 976).

5. Diese Auslegung des abkommensrechtlichen Arbeitgeberbegriffs verstößt nicht gegen Unionsrecht.

a) Ein Verstoß gegen die durch Art. 49, 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und über Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Art. 31, 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRAbk) auch für Norwegen (Art. 2 Buchst. b EWRAbk) gewährleistete Niederlassungsfreiheit liegt nicht vor.

aa) Die Niederlassungsfreiheit erfasst nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 und 2 AEUV auch die Gründung einer Zweigniederlassung, mithin einer Betriebsstätte, im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats. Art. 54 Abs. 1 AEUV erweitert diesen Schutz auf nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete Ge­sellschaften.

bb) Eine Diskriminierung des grenzüberschreitenden Sachverhalts gegenüber dem reinen Inlandssachverhalt liegt nicht vor. Denn das Stammhaus müsste auch für Arbeitnehmer einer inländischen Betriebsstätte die Lohnsteuer be­rechnen und abführen.

cc) Ein Verstoß gegen die von der Niederlassungsfreiheit erfassten Rechts­formwahlfreiheit liegt ebenfalls nicht vor.

(1) Ein solcher Verstoß kann nicht damit begründet werden, das Stammhaus sei nicht nur mit erhöhtem administrativem Aufwand, sondern auch tatsächlich mit der Lohnsteuer belastet. Denn die Betriebsstätte als Teil des Unterneh­mens bildet mit dem Stammhaus eine Einheit.

(2) Eine Verletzung der Rechtsformwahlfreiheit ist ebenfalls nicht darin zu se­hen, dass es für eine inländische Gesellschaft aufgrund des erhöhten Verwal­tungsaufwands im Zusammenhang mit der Berechnung der Lohnsteuer für Mitarbeiter einer ausländischen Betriebsstätte weniger attraktiv sei, über eine solche anstatt über eine ausländische Tochtergesellschaft tätig zu werden.

(a) Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, dass ein Mitgliedstaat es einer Gesellschaft zu ermöglichen hat, Zweignieder­lassungen in einem anderen Mitgliedstaat zu eröffnen, um ihre Tätigkeit dort unter den gleichen Bedingungen auszuüben, wie sie für Tochtergesellschaften gelten (EuGH-Urteile CLT‑UFA vom 23.02.2006 ‑ C‑253/03, EU:C:2006:129, Rz 14 und Philips Electronics UK vom 06.09.2012 ‑ C‑18/11, EU:C:2012:532, Rz 14).

Ein Verstoß scheitert aber bereits daran, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden (Personen‑)Gesellschaften und Betriebsstätten schon dem Grun­de nach aufgrund der (Teil‑)Rechtsfähigkeit der Gesellschaften nicht vergleich­bar sind. So geht auch der EuGH nicht pauschal von einer Vergleichbarkeit von Betriebsstätten und Gesellschaften aus (EuGH-Urteil Saint Gobain ZN vom 21.09.1999 ‑ C‑307/97, EU:C:1999:438, Rz 48 f.; ähnlich auch EuGH-Urteil Kommission/Frankreich vom 28.01.1986 ‑ C‑270/83, EU:C:1986:37, Rz 20). Vielmehr kommt es auf Sinn und Zweck der Regelung im jeweiligen Einzelfall an (EuGH-Urteil Philips Electronics UK vom 06.09.2012 ‑ C‑18/11, EU:C:2012:532, Rz 17).

Insbesondere hat der EuGH im Fall X Holding ausgeführt, dass sich ausländi­sche Betriebsstätten und ausländische Tochtergesellschaften im Hinblick auf die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse bezüglich der Unternehmensgewin­ne im Sinne des Art. 7 Abs. 1 DBA-Niederlande-Belgien 2001 nicht in einer vergleichbaren Situation befinden. Auch vor dem Hintergrund der grundsätzli­chen Rechtsformwahlfreiheit steht es den Mitgliedstaaten vielmehr frei, Bedin­gungen und Höhe der Besteuerung verschiedener ausländischer Niederlas­sungsformen von inländischen Gesellschaften festzulegen, sofern es zu keiner Diskriminierung gegenüber vergleichbaren inländischen Niederlassungen kom­me (EuGH-Urteil X Holding vom 25.02.2010 ‑ C‑337/08, EU:C:2010:89, Rz 38 und 40).

Vor diesem Hintergrund liegt es im Ermessen der Mitgliedstaaten, ihre Besteu­erungsbefugnisse ‑‑auch durch entsprechende Auslegung des Arbeitgeberbe­griffs‑‑ im Hinblick darauf aufzuteilen, ob es sich bei den Niederlassungsfor­men um selbständige Rechtspersonen handelt oder nicht. Für die Aufteilung der Besteuerungsrechte im Rahmen der nichtselbständigen Einkünfte kann da­bei nichts anderes gelten als bei den Unternehmenseinkünften, zumal vorlie­gend keine Diskriminierung gegenüber inländischen Niederlassungen erfolgt.

(b) Dem steht auch der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 20.04.2005 ‑ 7 ABR 20/04 (Der Betrieb 2005, 1855, unter B.I.) nicht entge­gen. Denn dort ging es nicht um die grundsätzliche Rechtsfähigkeit einer Zweigniederlassung beziehungsweise Betriebsstätte, sondern darum, ob eine eingetragene Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft im arbeits­gerichtlichen Beschlussverfahren beteiligtenfähig ist.

(c) Hinzu kommt, dass der monierte Verwaltungsaufwand lediglich die Tätig­keitsausübung berührt. Anders als im Falle einer marktzugangsbeschränken­den Maßnahme (EuGH-Urteile Kommission/Italien vom 28.04.2009 ‑ C‑518/06, EU:C:2009:270, Rz 64; Kommission/Spanien vom 24.03.2011 ‑ C‑400/08, EU:C:2011:172, Rz 64; Kommission/Italien vom 29.03.2011 ‑ C‑565/08, EU:C:2011:188, Rz 46 und DKV Belgium vom 07.03.2013 ‑ C‑577/11, EU:C:2013:146, Rz 33) ist bei einer solchen marktverhaltensbezo­genen Maßnahme (Calliess/Ruffert/Korte, 6. Aufl. 2022, AEUV Art. 49, Rz 63), die weder die Gründung noch die spätere Niederlassung einer Gesellschaft be­trifft (EuGH-Urteil Kornhaas vom 10.12.2015 ‑ C‑594/14, EU:C:2015:806, Rz 28), nicht von einer Beschränkung auszugehen.

dd) Diese Ausführungen gelten nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Art. 31, 34 EWRAbk gleichfalls für die Betriebsstätte in Norwegen (Art. 2 Buchst. b EWRAbk).

b) Auch ein Verstoß gegen die durch Art. 45 AEUV und über Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Art. 28 EWRAbk auch für Norwegen (Art. 2 Buchst. b EWRAbk) gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit ist nicht ersichtlich.

Aus dem Vorbringen der Klägerin, es sei für Arbeitnehmer, die in einem ande­ren Mitgliedstaat bei einer Betriebsstätte tätig werden, weniger attraktiv, nach Deutschland zu reisen, als wenn sie bei einer Tochtergesellschaft der Klägerin im jeweiligen Mitgliedstaat tätig wären, lässt sich keine Beschränkung der Ar­beitnehmerfreizügigkeit ableiten. Denn unabhängig davon, dass schon zweifel­haft ist, ob die Grundsätze der Rechtsformwahlfreiheit überhaupt im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit berücksichtigt werden können, scheitert ein Ver­stoß ‑‑wie vorstehend dargelegt‑‑ bereits an der mangelnden Vergleichbarkeit von Tochtergesellschaft und Betriebsstätte.

6. Schließlich liegt auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht vor.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzge­ber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behan­deln (vgl. hierzu z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.09.2009 ‑ 2 BvL 3/02, BVerfGE 124, 251, Rz 34, m.w.N.). Die Situation einer inländischen Gesellschaft mit ausländischer Betriebsstätte und einer sol­chen mit ausländischer Tochtergesellschaft ist aus Sicht des nationalen Rechts aber bereits aus dem Grund nicht vergleichbar, da einer Betriebsstätte keine selbständige Rechtspersönlichkeit zukommt und Einkünfte einer Betriebsstätte grundsätzlich anders als solche von Tochtergesellschaften besteuert werden.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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