Skip to main content
  • SIS-Datenbank Steuerrecht

    Kann Ihre Steuerrechts-Datenbank,
    was unsere SIS-Datenbank kann?

    • » Online und/oder Offline mit monatlicher Update-DVD
    • » Über 130.000 Urteile und Erlasse, durchgehend mit Leitsätzen
    • » Vollelektronische Handbücher ESt/LSt, KSt, GewSt, USt, AO

    » Einen Monat kostenlos testen

BFH: § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG als Einkünftekorrekturvorschrift

  1. Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 Satz 1 des Außensteuergesetzes (AStG), wonach die Absätze 1, 3 und 4 über die "Berichtigung von Einkünften" entsprechend anzuwenden sind, folgt, dass es sich bei § 1 Abs. 5 AStG um eine Einkünftekorrekturnorm und gerade nicht um eine eigenständige Rege­lung zur Betriebsstättengewinnermittlung handelt. Daher rechtfertigt § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 2 der Betriebsstättengewinnauftei­lungsverordnung (BsGaV) nicht, eine veranlassungsbezogene Gewinnermitt­lung einer unselbständigen Betriebsstätte im Rahmen der beschränkten Steu­erpflicht einer ausländischen Kapitalgesellschaft ohne weitere Ermittlungen zu verwerfen und an ihre Stelle eine Gewinnermittlung auf Basis einer kosten­orientierten Verrechnungspreismethode (sogenannte Kostenaufschlagmetho­de) zu setzen.
  2. Die in § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG vorausgesetzte Einkünfteminderung muss ‑‑als kausale Bedingung‑‑ "durch" die Vereinbarung nicht fremdvergleichsge­rechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entstehen und sie wird weder durch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG noch durch § 32 BsGaV fingiert.

AStG § 1 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1, Abs. 6
BsGaV § 32

BFH-Urteil vom 18.12.2024, I R 45/22 (veröffentlicht am 8.5.2025)

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 27.9.2022, 1 K 1595/20 = SIS 23 01 97

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft un­garischen Rechts (Korlátolt felelösségü társaság [Kft]), die auf der Grundlage eines Rechtstypenvergleichs einer GmbH deutschen Rechts entspricht; der Sitz und die Geschäftsleitung befinden sich in der Republik Ungarn. Sie unterhielt im Jahr 2017 (Streitjahr) in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) eine Betriebsstätte und erbrachte Werkvertragsleistungen im Bereich der …montage, denen Dienstleistungsverträge mit zwei Auftraggebern aus dem Jahre 2009 zugrunde lagen. Zum …2020 erfolgte die Gewerbeabmeldung für die inländische Betriebsstätte.

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte im Rahmen des Veranlagungsverfahrens den für das Streitjahr deklarierten Besteuerungs­grundlagen nicht. Vielmehr ging das FA unter Verweis auf § 32 der Betriebs­stättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) vom 13.10.2014 (BGBl I 2014, 1603, BStBl I 2014, 1378) hinsichtlich der inländischen Betriebsstätte von ei­ner "Routinebetriebsstätte" aus und ermittelte den Gewinn in der Weise, dass es aus den Betriebsausgaben (Materialaufwand von … €, Personalauf­wand von … € und sonstige betriebliche Aufwendungen von … €) unter Ansatz eines Aufschlagsatzes von 10 % einen Gewinn in Höhe von … € errechnete. Diesen Gewinn legte es dem für das Streitjahr ergan­genen Körperschaftsteuerbescheid zugrunde, ebenfalls entsprechend der jeweiligen ge­werbesteuerlichen Festsetzung/Feststellung (Bescheide vom 12.04.2019).

Hiergegen legte die Klägerin am 29.04.2019 Einspruch ein. Mit Einspruchsent­scheidung vom 24.11.2020 änderte das FA die Bescheide dahingehend ab, dass es den Aufschlagsatz auf 5 % der Personalkosten und sonstigen betriebli­chen Aufwendungen reduzierte und somit einen Jahresüberschuss in Höhe von nur noch … € ansetzte; der Materialaufwand fand keine Berücksichtigung mehr. An der Einschätzung, dass es sich nach dem Gesamtbild der Verhältnis­se um eine "Routinebetriebsstätte" gehandelt habe, hielt das FA fest. Die Kör­perschaftsteuer 2017 setzte es in der Einspruchsentscheidung auf … € und den Gewerbesteuermessbetrag 2017 auf 0 € herab, den vortragsfähigen Ge­werbeverlust stellte es auf den 31.12.2017 in Höhe von … € fest; im Üb­rigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.

Die dagegen vor dem Finanzgericht (FG) Nürnberg erhobene Klage war erfolg­reich (Urteil vom 27.09.2022 ‑ 1 K 1595/20, Entscheidungen der Finanzgerich­te ‑‑EFG‑‑ 2023, 527); das FG führte aus, der Anwendungsbereich der ein­schlägigen Vorschriften des Außensteuergesetzes in der für das Streitjahr gel­tenden Fassung (AStG) sei nicht eröffnet, weshalb auch eine Anwendung der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung nicht in Betracht komme.

Dagegen richtet sich die auf die Verletzung von Bundesrecht gestützte Revisi­on des FA.

Es beantragt, das Urteil des FG Nürnberg vom 27.09.2022 ‑ 1 K 1595/20 auf­zuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass das FA die inländischen Einkünfte der in Deutschland belegenen Betriebs­stätte der Klägerin zu Unrecht unter Hinweis auf § 1 Abs. 5 AStG neu ermittelt und der Besteuerung zugrunde gelegt hat.

1. Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG (zum zeitlichen Anwendungsbereich s. § 21 Abs. 20 Satz 3 AStG und z.B. Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 696; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl., Rz 4.31) sind die Absätze 1, 3 und 4 der Norm über die Berichtigung von Einkünften entsprechend anzuwenden, wenn für eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen, insbesondere die Verrech­nungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen einem inländischen Un­ternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte oder der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz ent­sprechen und dadurch (zum Beispiel) die inländischen Einkünfte eines be­schränkt Steuerpflichtigen gemindert werden. Zur Anwendung des Fremdver­gleichsgrundsatzes ist eine Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unab­hängiges Unternehmen zu behandeln, es sei denn, die Zugehörigkeit der Be­triebsstätte zum Unternehmen erfordert eine andere Behandlung (§ 1 Abs. 5 Satz 2 AStG). Um die Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln, sind ihr nach § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG in einem ersten Schritt die Funktionen des Unternehmens, die durch ihr Personal aus­geübt werden (Personalfunktionen), die Vermögenswerte des Unternehmens, die sie zur Ausübung der ihr zugeordneten Funktionen benötigt, die Chancen und Risiken des Unternehmens, die sie aufgrund der ausgeübten Funktionen und zugeordneten Vermögenswerte übernimmt, sowie ein angemessenes Ei­genkapital (Dotationskapital) zuzuordnen. Auf der Grundlage dieser Zuord­nung sind in einem zweiten Schritt die Art der Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner Betriebsstätte und die Verrechnungspreise für diese Geschäftsbeziehungen zu bestimmen (§ 1 Abs. 5 Satz 4 AStG). Die Ein­zelheiten des Fremdvergleichsgrundsatzes und dessen einheitliche Anwen­dung werden in der auf Grundlage des § 1 Abs. 6 AStG ergangenen Betriebs­stättengewinnaufteilungsverordnung geregelt.

2. Geschäftsbeziehungen nach § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG sind Geschäftsvorfälle zwischen einem Unternehmen eines Steuerpflich­tigen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte (anzuneh­mende schuldrechtliche Beziehungen). Relevant sind insoweit ausschließlich tatsächliche Handlungen (sogenannte dealings, vgl. van der Ham/Retzer, In­ternationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2023, 213), das heißt, es muss ein wirt­schaftlicher Vorgang, also ein tatsächliches und identifizierbares Ereignis vor­liegen, das eine gewisse ökonomische Relevanz hat, sodass fremde Dritte deswegen eine schuldrechtliche Vereinbarung getroffen hätten oder eine Rechtsposition geltend machen würden (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22.12.2016, Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättenge­winnaufteilung, BStBl I 2017, 182, Rz 165). Dies wird durch § 1 Abs. 4 Satz 2 AStG gesetzlich vermutet, wenn der Steuerpflichtige nicht im Einzelfall etwas Anderes nachweist (FG München, Urteil vom 10.07.2023 ‑ 7 K 1938/22, EFG 2023, 1516, m.w.N., Revision I R 49/23 erledigt mit Urteil vom 18.12.2024).

3. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BsGaV gilt die Mitwirkung einer Bau- und Montage­betriebsstätte an der Erfüllung des vom Bau- und Montageunternehmen abge­schlossenen Bau- und Montagevertrags widerlegbar als anzunehmende schuld­rechtliche Beziehung (im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG), die als Dienstleistung der Bau- und Montagebetriebsstätte gegenüber dem übrigen Unternehmen anzusehen ist. Der Verrechnungspreis für die Dienstleistung ist nach dem Satz 2 der Vorschrift im Regelfall nach einer kostenorientierten Ver­rechnungspreismethode zu bestimmen. Nach Satz 3 gehören zu den Kosten der Bau- und Montagebetriebsstätte, die für die Anwendung dieser Methode zu berücksichtigen sind, insbesondere auch alle erforderlichen Personalkosten, die unmittelbar durch die Erbringung von Personalfunktionen in der Bau- und Montagebetriebsstätte verursacht sind. Die Personalfunktionen stellen dabei den wesentlichen Anknüpfungspunkt für die Zuordnung von Vermögenswer­ten, Chancen und Risiken und Geschäftsvorfällen zur Betriebsstätte bezie­hungsweise dem übrigen Unternehmen sowie für die Identifizierung von anzu­nehmenden schuldrechtlichen Beziehungen zwischen beiden Unternehmenstei­len dar (FG München, Urteil vom 10.07.2023 ‑ 7 K 1938/22, EFG 2023, 1516, m.w.N., Revision I R 49/23 erledigt mit Urteil vom 18.12.2024).

Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 AStG sind Personalfunktionen "Funktionen des Unternehmens, die durch ihr Personal ausgeübt werden". Dies konkretisiert § 2 Abs. 3 Satz 1 BsGaV als Geschäftstätigkeit, die von eigenem Personal des Unternehmens und für das Unternehmen ausgeübt wird. Nach § 2 Abs. 4 BsGaV ist eigenes Personal jede natürliche Person, die aufgrund einer gesell­schaftsvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit dem Unter­nehmen für das Unternehmen tätig wird. Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BsGaV ist die Personalfunktion einer Betriebsstätte für die Zuordnung von Vermögenswer­ten, von Chancen und Risiken oder von Geschäftsvorfällen maßgeblich, wenn der Ausübung dieser Personalfunktion im üblichen Geschäftsbetrieb im Ver­hältnis zu den Personalfunktionen, die in anderen Betriebsstätten des Unter­nehmens ausgeübt werden, die größte Bedeutung für den jeweiligen Zuord­nungsgegenstand zukommt.

4. Obwohl die Klägerin ihren Steuererklärungen für das Streitjahr eine eigen­ständige veranlassungsbezogene Gewinnermittlung für ihre inländische Be­triebsstätte zugrunde gelegt hat (zu diesem grundlegenden Rechtsmaßstab ei­ner Einkünftezuordnung nach nationalem Recht [§ 2 Nr. 1 des Körperschaft­steuergesetzes i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergeset­zes in der für das Streitjahr geltenden Fassung ‑‑EStG‑‑; sinnentsprechend zur Ermittlung des Gewerbeertrags] und nach Abkommensrecht z.B. Senatsbe­schluss vom 24.11.2021 ‑ I B 44/21 (AdV), BFHE 275, 136, BStBl II 2022, 431; s.a. Schaumburg/Puls in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 5. Aufl., Rz 21.20 f.; Korschan in Greil/Hummel, § 1 AStG, Rz 40 ff.; Brandis/Heuermann/Reimer, § 49 EStG Rz 63, 105; Glatz, Abgrenzungsmaßstäbe im Abkommensrecht: Veranlassungsprinzip und Fremdvergleich bei der Betriebsstättengewinnab­grenzung, 2021, S. 79 ff., m.w.N.), die bezogen auf Außentransaktionen wei­terhin und bezogen auf Innentransaktionen letztlich auch Grundlage für den in § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG angeführten "ersten (Ermittlungs-)Schritt" ‑‑wenn auch nun nach den in § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 4 AStG angeführten Parametern‑‑ darstellt (z.B. Schwenke in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder [Hrsg.], Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 377, 385; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl., Rz 4.33; Kudert, Praxis Internationale Steuerberatung ‑‑PIStB‑‑ 2024, 191, 194; Kußmaul/Linster/Lang, Der Steu­erberater 2024, 121, 124 ff.), hat das FA diese Ermittlung ohne weitergehende Prüfung auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG und § 32 BsGaV verworfen und den anzusetzenden Gewinn auf Basis der in § 32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV geregelten kostenorientierten Verrechnungs­preismethode bestimmt. Der Senat kann insoweit offenlassen, ob im Streitfall überhaupt vom Vorliegen einer Bau- und Montagebetriebsstätte im Sinne des § 32 BsGaV auszugehen ist und ob die dort geregelten Einzelheiten uneinge­schränkt von der Ermächtigungsnorm des § 1 Abs. 6 AStG gedeckt sind. Denn jedenfalls ist § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV im Streitfall keine ausreichende Rechtsgrundlage dafür, eine veranlassungsbezo­gene Gewinnermittlung vollständig zu verwerfen und an ihre Stelle ausschließ­lich eine "Gewinnermittlung" auf Basis der sogenannten Kostenaufschlagsme­thode als einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode (Betriebsstätte als "Routineunternehmen", obgleich insoweit das opera­tive Kerngeschäft der Klägerin gegenüber dem Kunden des Gesamtunterneh­mens erbracht wird [zutreffend Kudert, PIStB 2024, 191, 198]), für die be­schränkte Steuerpflicht zu setzen.

a) Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG, wonach die Absät­ze 1, 3 und 4 über die "Berichtigung von Einkünften" entsprechend anzuwen­den sind, folgt, dass es sich bei § 1 Abs. 5 AStG um eine Einkünftekorrektur­norm und gerade nicht um eine ‑‑systematisch dem Regelungsbereich der §§ 4 ff. EStG zuzuordnende‑‑ eigenständige Regelung zur Betriebsstättenge­winnermittlung handelt (s. z.B. Wassermeyer, IStR 2012, 277, 278 ff.; Schnitger, IStR 2012, 633, 638; Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 693; Gosch in Drüen/Hey/Mellinghoff [Hrsg.], 100 Jahre Steuerrechtspre­chung in Deutschland 1918‑2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, 2018, S. 1027, 1041 = Internationale Steuer-Rundschau ‑‑ISR‑‑ 2018, 404, 407 f.; Schaumburg/Puls in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 5. Aufl., Rz 21.6, 21.22, 21.67; Kraft in Kraft, AStG, 2. Aufl., § 1 Rz 621; Hofacker in Haase, AStG/DBA, 4. Aufl., § 1 AStG Rz 352; van der Ham/Retzer, IStR 2023, 213; Ehrt, EFG 2023, 1519; Engelen/Spychalski, ISR 2023, 133; BeckOK AStG/Glatz, 9. Ed. 01.09.2024, § 1 Rz 910; Leucht/Hagemeier, Finanz-Rundschau 2024, 1154, 1156; einschränkend Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstät­ten-Handbuch, 2. Aufl., Rz 4.44 und 4.46 ff.). Dies hat der Senat bereits in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf der Grundlage einer summarischen Prüfung (Senatsbeschluss vom 24.11.2021 ‑ I B 44/21 (AdV), BFHE 275, 136, BStBl II 2022, 431) so erkannt und dabei ausgeführt, dass § 1 Abs. 5 AStG als Einkünftekorrekturvorschrift "tatbestandlich-systematisch … unverbunden" neben die allgemeine Entstrickungsregelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG als allgemeine Gewinnermittlungsvorschrift tritt. Insbeson­dere hat der Senat darauf verwiesen, dass § 1 Abs. 5 AStG im unmittelbaren Kontext zu dessen Absatz 1 steht und damit tatbestandlich an eine Einkünfte­minderung anknüpft, die durch eine Vereinbarung nicht fremdvergleichsge­rechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entsteht (vgl. auch insbesondere Gosch, a.a.O., S. 1027, 1035 f.). Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung nach erneuter Überprüfung auch nach dem für eine Revisionsentscheidung erforderlichen Maß der Rechtsüberzeugung fest: Dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 AStG und insbesondere dessen Satz 3 lässt sich insoweit gerade nicht ent­nehmen, dass außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 AStG und insbe­sondere für die allgemeine Gewinnermittlung nach §§ 4 ff. EStG eine Veran­lassungsprüfung (allein) nach den in den jeweiligen Unternehmensteilen aus­geübten Personalfunktionen vorzunehmen wäre. Gegen eine solche "Aus­strahlwirkung" spricht auch die systematische Stellung der Vorschrift im Au­ßensteuergesetz. Mit der Neuregelung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, "die Besteuerung grenzüberschreitender Vorgänge im Hinblick auf die Gewinnab­grenzung bzw. Gewinnverteilung klar und für alle Investitionsalternativen (Ka­pitalgesellschaften, Personengesellschaften, Betriebsstätten) einheitlich zu re­geln" (vgl. BTDrucks 17/10000, S. 61). Durch die Einfügung des § 1 Abs. 5 AStG sollte insoweit der Authorized OECD Approach (AOA) des Art. 7 OECD-Musterabkommen (OECD‑MustAbk) 2010 in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Eine Anpassung des allge­meinen Gewinnbegriffs in den §§ 4 ff. EStG ist insoweit jedoch nicht erfolgt. § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AStG sieht seinem eindeutigen Wortlaut nach lediglich einseitige Gewinnkorrekturen vor (s. nochmals Gosch, a.a.O., S. 1027, 1034), auch wenn der Passus "Aufteilung der Einkünfte" den voll­ständigen Unternehmensgewinn als "Ausgangsgröße" nahelegt beziehungswei­se in den Gesetzesmaterialien der grundsätzliche Wille des Gesetzgebers er­kennbar sein sollte, die Selbständigkeits- und Unabhängigkeitsfiktion der Be­triebsstätte zum allgemeinen Grundprinzip der betriebsstättenbezogenen Ge­winnabgrenzung und ‑ermittlung zu machen (daher wird ungeachtet der sys­tematischen Zuordnung auch von einer Einkünfteermittlungsnorm ausgegan­gen, so z.B. von Ditz, ISR 2013, 261, 262 f.; Ditz/Luckhaupt, ISR 2015, 1 f.; Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Ditz/Schönfeld, Außensteuer­recht, § 1 AStG Rz 2812, m.w.N.; wohl auch Kessens, EFG 2023, 528; Bärsch in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz 181, 240, 261 und 320). Es han­delt sich bei § 1 Abs. 5 AStG gerade nicht um eine Generalvorschrift, nach der bei Bestehen inländischer und ausländischer Betriebsstätten stets eine (Neu‑)Aufteilung des Gewinns nach den dort beschriebenen Grundsätzen zu erfolgen hätte. Eine außerbilanzielle Korrektur hat vielmehr (nur) dann zu er­folgen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von den gegenüber fremden Drit­ten zu erwartenden fiktiven Bedingungen zu Lasten der inländischen Besteue­rung abweichen (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2023 ‑ 3 K 70/18 F, EFG 2023, 1705, Rz 59 ff. [anhängige Revision I R 38/23]).

b) Darüber hinaus verlangt § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG, dass bezogen auf eine Ge­schäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwi­schen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebs­stätte oder der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und "dadurch" (zum Beispiel) die in­ländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen gemindert werden. Die Einkünfteminderung muss daher ‑‑als kausale Bedingung (vgl. insbeson­dere Gosch, a.a.O., S. 1027, 1035 f.; Engelen/Spychalski, ISR 2023, 133)‑‑ "durch" die Vereinbarung nicht fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Ver­rechnungspreise) entstehen und wird weder durch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG noch durch § 32 BsGaV fingiert. Beide Normen enthalten zwar die Fiktion eines "Geschäftsvorfalls" und Vorgaben zum anzusetzenden Fremdvergleichs­preis, allerdings keine Aussage zu dem ‑‑dem Fremdvergleichspreis entgegen­zustellenden‑‑ "tatsächlich vereinbarten Preis". Jedenfalls reicht die tatsachen­ersetzende Fiktion ("anzunehmende schuldrechtliche Beziehung"), die auf die von den in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmern zur Erfüllung der werk­vertraglichen Verpflichtung der Klägerin erbrachten Leistungen (konkret: die Montagearbeiten) als "wirtschaftlicher Vorgang" abzielt, nicht aus, den durch die Leistungserbringung in der Betriebsstätte verursachten Aufwand ("Perso­nalkosten" im weiteren Sinne) als fremdvergleichsungerechten Verrechnungs­preis im Verhältnis zum Stammhaus zu fingieren (keine Fiktion der bestehen­den Einkünfteminderung) ‑ nur eine solche "komplettierte Fiktionskette" könn­te eine Korrektur nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 AStG rechtfertigen (so im Er­gebnis auch Gosch, a.a.O., S. 1027, 1036).

5. Nach den vorstehenden Ausführungen hat das FG keine Hilfs- und Neben­rechnung nach § 3 BsGaV anfordern und den von der Klägerin eingereichten Jahresabschluss für das Streitjahr unter Beachtung von § 1 Abs. 5 AStG korri­gieren müssen. Eine Verletzung der Aufzeichnungspflichten nach § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG liegt nicht vor.

6. Auf dieser Grundlage ist nicht darüber zu entscheiden, ob der streitgegen­ständlichen Korrektur auch § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG entgegensteht, soweit dort von einem Vorrang eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) ausgegangen wird ("Schrankenwirkung des DBA"), wenn vom Steuer­pflichtigen ‑‑vielleicht schon durch die Vorlage einer (unstreitig) veranlas­sungsgerechten Zuordnung von Betriebseinnahmen und Betriebsausga­ben zur Betriebsstätte als den nationalen Regeln (§ 1 Abs. 5 AStG) widerspre­chende Ermittlung nach dem anzuwendenden DBA (s. z.B. Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 710; Schnitger, IStR 2012, 633, 641; Brandis/Heuermann/Pohl, § 1 AStG Rz 207)‑‑ nachgewiesen wird, dass die Anwendung von Satz 1 bis 7 wegen der dem DBA nicht entsprechenden Ge­winnzuordnung zu einer Doppelbesteuerung führt (Hinweis auf Nr. 3 Satz 1 des Protokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Re­publik Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 28.02.2011 ‑‑BGBl II 2011, 938, BStBl I 2012, 166‑‑, soweit dort eine Gewinnabgrenzung nach Maßgabe des vor der AOA-Geltung anzu­wendenden "Altrechts" [Art. 7 OECD‑MustAbk vor der Neufassung 2010] zugrunde zu legen sein kann).

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

  • Bedienkomfort
  • Handbuecher
  • Google für Steuerprofis
  • Kanzleialltag
  • SIS & Agenda
  • So übersichtlich kann eine Datenbank sein.

    » MEHR

  • Jetzt das Geld für teuere Handbücher sparen!

    In der SIS-Datenbank sind sie bereits drin!

    » MEHR

  • Kennen Sie das "Google" für Steuerprofis?

    » MEHR

  • Alles, was den Kanzleialltag leichter macht.

    » MEHR

  • Zusatz-Vorteile mit Agenda-Software

    » MEHR