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BFH: Umschaltklausel in § 20 Abs. 2 AStG erfordert Mehrheitsbeteiligung an Auslandsgesellschaft

Die unilaterale Umschaltklausel in § 20 Abs. 2 des Außensteuergesetzes ("Switch-over"-Klausel) ist gesellschaftsbezogen auszulegen und findet nur Anwendung, wenn der Steuerinländer mehrheitlich an der Personengesell­schaft, die ihm eine ausländische Betriebsstätte vermittelt, beteiligt ist (ent­gegen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258 = SIS 14 27 65, Tz. 4.1.1.2.2 und vom 22.12.2023, BStBl I 2023, Sondernummer 1/2023, 2 = SIS 23 21 31, Rz 1002).

AStG § 20 Abs. 2

BFH-Urteil vom 8.4.2025, IX R 32/23 (veröffentlicht am 30.5.2025)

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 18.4.2023, 6 K 3278/19 K = SIS 23 09 18

I. Im Streit steht die Reichweite des Anwendungsbereichs der sogenannten Um­schaltklausel in § 20 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG) in der Fassung der Streitjahre bei der Beteiligung eines Steuerinländers an einer ausländi­schen Personengesellschaft.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine inländische Kapitalgesell­schaft, war in den Streitjahren 2007 bis 2009 zu 30 % an einer Limited Part­nership (X‑Gesellschaft) in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) betei­ligt. Weitere Gesellschafter der X‑Gesellschaft waren im Inland nicht steuer­pflichtige Personen.

Die X‑Gesellschaft, die nach dem Rechtsformtypenvergleich für Zwecke des in­ländischen Steuerrechts als Personengesellschaft einzuordnen ist, übte ihre Tätigkeit in ihrer US‑amerikanischen Betriebsstätte aus. Zum Betriebsvermö­gen gehörten Lizenzrechte für die Nutzung der Marke "X". Lizenznehmer wa­ren nicht in den USA ansässige Unternehmen, die zum Teil zum X‑Konzern ge­hörten und zum Teil außerhalb dieses Konzerns standen.

Die X‑Gesellschaft erzielte aus der Lizenzvergabe gewerbliche Einkünfte, die nach US‑amerikanischem Steuerrecht nicht der Gesellschaft, sondern deren Gesellschaftern zugewiesen wurden. Der Steuerpflicht in den USA unterlag al­lerdings nur der Teil der Lizenzeinnahmen, der von nicht zum X‑Konzern gehö­renden Unternehmen erbracht wurde.

Der Klägerin wurden für die Streitjahre 2007 bis 2009 Lizenzeinkünfte zuge­rechnet, auf die sie in den USA Steuern zahlte.

Zwischen der Klägerin und dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) besteht Streit über die Behandlung der Lizenzeinkünfte im Rahmen der inländischen Körperschaftsteuer. Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass jedenfalls der Teil der Einkünfte, der von ihr in den USA nicht zu versteuern war, in das inländische zu versteuernde Einkommen einzubeziehen sei. Gegen die dementsprechenden Körperschaftsteuerbescheide legte die Klägerin Ein­spruch ein und vertrat nunmehr die Ansicht, die ihr zuzurechnenden Lizenzein­künfte seien im Inland in vollem Umfang von der Besteuerung freizustellen. Das FA wies den Einspruch zurück und verböserte die Steuerfestsetzungen. Es bezog die Lizenzeinkünfte vollständig in die inländische steuerliche Bemes­sungsgrundlage ein und rechnete die in den USA gezahlte Steuer auf die Kör­perschaftsteuer an. Seine Auffassung stützte das FA auf einen nach § 20 Abs. 2 AStG gebotenen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsme­thode.

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 905 veröffentlichtem Urteil statt. Die Voraussetzungen der unilateralen Umschaltklausel lägen nicht vor, da die Klägerin bei gesell­schaftsbezogener Betrachtung nicht mehrheitlich an der X‑Gesellschaft betei­ligt gewesen sei.

Mit seiner Revision hält das FA an seiner Ansicht fest, dass bei § 20 Abs. 2 AStG eine gesellschafterbezogene Betrachtung vorzunehmen sei. Jede Beteili­gung an einer Personengesellschaft mit ausländischer Betriebsstätte stelle für jeden Beteiligten eine eigene Betriebsstätte im Sinne von § 12 der Abgaben­ordnung dar. Ein Mehrheitserfordernis ergebe sich aus § 20 Abs. 2 AStG nicht.

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil des FG Düsseldorf vom 18.04.2023 ‑ 6 K 3278/19 K aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Vorinstanz hat zutreffend entschieden, dass die Einkünfte der Klägerin aus der Beteiligung an der X‑Gesellschaft von der inländischen Besteuerung auszunehmen sind (dazu unter 1.). Die Voraus­setzungen der Umschaltklausel gemäß § 20 Abs. 2 AStG sind nicht erfüllt (un­ter 2.).

1. a) Die Klägerin war in den Streitjahren unbeschränkt körperschaftsteuer­pflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ‑‑KStG‑‑). Die un­beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nach § 1 Abs. 2 KStG auf sämtliche Einkünfte der Klägerin und erfasst daher auch die auf sie entfallenden auslän­dischen Lizenzeinkünfte der X‑Gesellschaft, die ihr nach Maßgabe des Rechts­formtypenvergleichs (hierzu statt vieler Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 23.07.2024 ‑ II R 11/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 27) als Einkünfte aus einer gewerblichen Mitunternehmerschaft gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 KStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkom­mensteuergesetzes (EStG) zuzurechnen sind.

b) Diese Einkünfte sind allerdings als ausländische Betriebsstätteneinkünfte nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ver­einigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Vermeidung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 ‑‑DBA-USA 1989‑‑ (BGBl II 1991, 355, BStBl I 1991, 95) von der inländischen Be­steuerung freizustellen (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989). Die Regelungen des DBA-USA 1989 sind für sämtliche Streit­jahre anwendbar, da die Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanz von ihrem in Art. XVII Nr. 5 des Protokolls zur Änderung des am 29.08.1989 un­terzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen und einiger anderer Staaten vom 01.06.2006 (BGBl II 2006, 1186, BStBl I 2008, 767) genannten Recht zur befristeten Fort­geltung der bisherigen abkommensrechtlichen Lage Gebrauch gemacht hat.

c) Ein Rückfall des Besteuerungsrechts auf die Bundesrepublik Deutschland nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre jeweils gelten­den Fassung ist ausgeschlossen. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Lizenz­einkünfte der Klägerin in den USA in Gänze nicht der Besteuerung unterlegen hätten. Nicht ausreichend ist, wenn ‑‑wie hier‑‑ lediglich eine Teilmenge der Einkünfte nicht im Betriebsstättenstaat zu versteuern war (vgl. hierzu BFH-Ur­teil vom 20.05.2015 ‑ I R 68/14, BFHE 250, 96, BStBl II 2016, 90, Rz 13 ff.). Dies steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit, sodass der Senat von wei­teren Ausführungen absieht.

2. Das FG ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nach § 20 Abs. 2 AStG nicht erfüllt sind und es somit bei der abkommensrechtlich vorge­sehenen ‑‑vollständigen‑‑ Steuerfreistellung der ausländischen Betriebsstät­teneinkünfte der Klägerin bleibt.

a) Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und wären sie als Zwischeneinkünfte (im Sinne des Au­ßensteuerrechts) steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, regelt § 20 Abs. 2 AStG in der für das Streitjahr 2007 gel­tenden Fassung, dass die Doppelbesteuerung insoweit nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobe­nen ausländischen Steuern zu vermeiden ist (unilaterale "Umschalt"‑ oder "Switch-over"‑Klausel). Durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) hat der Gesetzgeber die Norm mit Wirkung zum Veranla­gungszeitraum 2008 insoweit ergänzt, als der Methodenwechsel ungeachtet einer etwaigen Privilegierung der Auslandseinkünfte nach § 8 Abs. 2 AStG vorzunehmen sein soll.

b) § 20 Abs. 2 AStG soll verhindern, dass die mit der Hinzurechnung von Ein­kunftsteilen ausländischer Zwischengesellschaften bezweckte Abschöpfung so­genannter passiver Einkünfte (§§ 7 ff. AStG) dadurch umgangen wird, im niedrig besteuernden Ausland Betriebsstätten anstelle von Kapitalgesellschaf­ten zwischenzuschalten (BTDrucks 12/1506, S. 181; BFH-Urteil vom 21.10.2009 ‑ I R 114/08, BFHE 227, 64, BStBl II 2010, 774, unter II.4.a). Die Regelung zielt somit auf eine außensteuerrechtliche Gleichstellung ausländi­scher Betriebsstätten mit ausländischen Kapitalgesellschaften ab (Quilitzsch/Dapprich, Internationale SteuerRundschau ‑‑ISR‑‑ 2023, 241, 242). Dies setzt eine fiktive Steuerpflicht der Auslandseinkünfte nach §§ 7 ff. AStG voraus (BFH-Urteil vom 21.10.2009 ‑ I R 114/08, BFHE 227, 64, BStBl II 2010, 774, unter II.3.; vgl. auch Kraft in Kraft, AStG, 2. Aufl., § 20 Rz 94).

c) Im Streitfall ist nicht streitig, dass die von der X‑Gesellschaft in den USA er­zielten und der Klägerin anteilig als Mitunternehmerin zuzurechnenden Lizenz­einkünfte als passive Einkünfte im Sinne von § 20 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a AStG einzuordnen sind. Gleiches gilt für deren niedrige Besteu­erung in den USA (§ 8 Abs. 3 AStG in der in den Streitjahren geltenden Fas­sung).

d) Streitig und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht ent­schieden ist allein, ob § 20 Abs. 2 AStG im Fall der Beteiligung einer im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Person an einer (ausländischen) Personenge­sellschaft, die über eine ausländische Betriebsstätte verfügt, ungeachtet des Umfangs der Beteiligung anzuwenden ist. Diese Frage ist entscheidungserheb­lich, da die fiktiv zu prüfende Hinzurechnung von Einkunftsteilen einer auslän­dischen Kapitalgesellschaft voraussetzt, dass der unbeschränkt Steuerpflichti­ge jene Gesellschaft beherrscht, an ihr also zu mehr als der Hälfte beteiligt ist (§ 7 Abs. 1 und 2 AStG).

aa) Die Finanzverwaltung vertritt im Einklang mit der Ansicht des FA eine ge­sellschafterbezogene Betrachtungsweise. Sie geht davon aus, jede Beteiligung eines Steuerinländers an einer (ausländischen) Personengesellschaft mit aus­ländischer Betriebsstätte könne dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 AStG unterfallen (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258, Tz. 4.1.1.2.2; ebenso BMF-Schreiben vom 22.12.2023, BStBl I 2023, Sondernummer 1/2023, 2, Rz 1002). Die Auf­fassung beruht auf der Erkenntnis, dass die Betriebsstätte einer Personenge­sellschaft den Mitunternehmern jeweils als eigene Betriebsstätte zuzurechnen ist (statt vieler BFH-Urteil vom 22.02.2017 ‑ I R 2/15, BFHE 257, 120, BStBl II 2017, 709, Rz 18). Hieraus wird im Schrifttum zum Teil der Schluss gezogen, dass für Zwecke des § 20 Abs. 2 AStG jeder Mitunternehmer seine ihm (antei­lig) zuzurechnende Betriebsstätte beherrsche und es auf die konkrete Höhe der Beteiligung an der die Betriebsstätte vermittelnden Personengesellschaft nicht ankomme (vgl. Rupp in Haase, AStG/DBA, 4. Aufl., § 20 AStG Rz 120; Kleinert/Rödiger in Haun/Kahle/Goebel, Außensteuerrecht, § 20 AStG Rz 73; Cloer, Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht ‑‑IWB‑‑ 2024, 44, 47).

bb) Demgegenüber wird im vorherrschenden Schrifttum ‑‑wie auch von der Vorinstanz‑‑ gefordert, dass der inländische Steuerpflichtige mehrheitlich an der Personengesellschaft, die die ausländische Betriebsstätte vermittelt, betei­ligt ist. Hierfür wird neben dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 AStG und dessen systematischer Einbettung in den Zusammenhang der §§ 7 ff. AStG insbeson­dere angeführt, dass dem mit § 20 Abs. 2 AStG verfolgten Zweck, eine Umge­hung der Hinzurechnungsbesteuerung zu verhindern, überschießende Wirkung zukäme, würde man auf das Erfordernis der Beherrschung der Personengesell­schaft verzichten (Brandis/Heuermann/Vogt, § 20 AStG Rz 30; Kraft in Kraft, AStG, 2. Aufl., § 20 Rz 93 f.; Kraft/Kempf, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2016, 220, 222; Prokopf in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 20 AStG Rz 145.1; Schönfeld/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Ditz/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 20 AStG Rz 123; Meretzki in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl., Rz 15.105; Haase, juris ‑ Die Monatszeitschrift ‑‑jM‑‑ 2023, 384, 386; Quilitzsch/Dapprich, ISR 2023, 241, 243; Engels, IStR 2023, 471, 473 f.; Kortendick/Engels/Ekinci, IStR 2023, 267, 270; Prinz, Die Wirt­schaftsprüfung ‑‑WPg‑‑ 2024, 503, 509).

cc) Der erkennende Senat hält vor dem Hintergrund von systematischem Zu­sammenhang und Zweck des § 20 Abs. 2 AStG die letztgenannte Ansicht für zutreffend.

aaa) Der Wortlaut des § 20 Abs. 2 AStG trägt dieses Ergebnis zwar nicht ein­deutig. Die Gleichstellung einer ausländischen Betriebsstätte mit einer auslän­dischen Gesellschaft ("… falls die Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre …") kann so verstanden werden, dass wegen der Legaldefinition der aus­ländischen Gesellschaft als beherrschte Kapitalgesellschaft (§ 7 Abs. 1 AStG) das Beherrschungserfordernis auch auf eine Personengesellschaft und deren ausländische Betriebsstätte zu übertragen ist (Quilitzsch/Dapprich, ISR 2023, 241, 243). Dem Wortlaut der Norm würde aber auch eine auf den einzelnen Gesellschafter der Personengesellschaft abstellende Betrachtungsweise ge­recht. Wenn die Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft den Mitunternehmern eine eigene ausländische Betriebsstätte vermittelt, ist es fol­gerichtig, dass jeder Mitunternehmer diese Betriebsstätte für sich beherrscht (Meretzki in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im In­ternationalen Steuerrecht, 2. Aufl., Rz 15.103; Engels, IStR 2023, 471, 473).

bbb) Allerdings spricht der systematische Zusammenhang zwischen § 20 Abs. 2 AStG und dessen Absatz 1 für das Erfordernis, dass der inländische Steuerpflichtige die Personengesellschaft, die die ausländischen Betriebsstätte vermittelt, beherrscht. § 20 AStG regelt das Konkurrenzverhältnis zwischen der inländischen Hinzurechnungsbesteuerung und dem jeweils einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen. § 20 Abs. 1 AStG verweist in Gänze auf die Regelungen zu §§ 7 bis 18 AStG und damit auch auf das in § 7 Abs. 1 und 2 AStG festgelegte Beherrschungserfordernis. Hätte der Gesetzgeber den Wech­sel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode im Betriebsstättenfall nur vom Vorliegen passiver Einkünfte und einer ausländischen Niedrigbesteuerung abhängig machen wollen, wäre eine Bezugnahme in § 20 Abs. 2 AStG aus­schließlich auf § 8 AStG geboten gewesen (zutreffend Meretzki in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl., Rz 15.104; so auch Kleinert/Rödiger in Haun/Kahle/Goebel, Außensteuerrecht, § 20 AStG Rz 73; Engels, IStR 2023, 471, 474).

ccc) Entscheidend für das Erfordernis einer Mehrheitsbeteiligung spricht der Zweck des § 20 Abs. 2 AStG. Die Vorschrift soll ‑‑wie oben dargelegt‑‑ eine Umgehung der Hinzurechnungsbesteuerung verhindern. Gäbe es die Norm nicht, könnten nur die über eine ausländische (Kapital‑)Gesellschaft erzielten und niedrig besteuerten passiven Einkünfte abgeschöpft werden, nicht aber diejenigen, die ‑‑wirtschaftlich gleichgelagert‑‑ einer ausländischen Betriebs­stätte des Steuerinländers zuzuordnen sind. § 20 Abs. 2 AStG zielt darauf ab, die Umgehung der Hinzurechnungsbesteuerung für den Fall zu verhindern, dass im niedrig besteuernden Ausland eine Betriebsstätte statt einer Kapital­gesellschaft zwischengeschaltet wird. § 20 Abs. 2 AStG stellt daher eine Miss­brauchsvermeidungsnorm dar. Die Vorschrift soll als (sekundäre) Missbrauchs­abwehr verhindern, dass die (primäre) Missbrauchsabwehr durch §§ 7 ff. AStG a.F. bei ansonsten gleichgelagerten Gegebenheiten umgangen wird (vgl. BFH-Urteil vom 21.10.2009 ‑ I R 114/08, BFHE 227, 64, BStBl II 2010, 774, unter II.4.a). Wären jedoch auch Minderheitsbeteiligungen an einer Personengesell­schaft von § 20 Abs. 2 AStG umfasst, ginge die sekundäre Missbrauchsabwehr weiter als die primäre (Kleinert/Rödiger in Haun/Kahle/Goebel, Außensteuer­recht, § 20 AStG Rz 73). Für eine solche überschießende Reichweite, die selbst Kleinstbeteiligungen an Personengesellschaften erfassen würde, lässt sich dem Gesetz kein Zweck entnehmen (vgl. Prokopf in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 20 AStG Rz 145.1; Engels, IStR 2023, 471, 474; Kraft/Kempf, IStR 2016, 220, 222).

ddd) Die unterschiedliche Behandlung eines Einzelunternehmers im Vergleich zu einem minderheitsbeteiligten Mitunternehmer (kritisch hierzu Cloer, IWB 2024, 44, 47) ist durch das System der Hinzurechnungsbesteuerung und § 7 Abs. 1 AStG begründet. Die Rechtfertigung für eine Hinzurechnungsbesteue­rung liegt im Beherrschungskriterium, das durch eine Mehrheitsbeteiligung zum Ausdruck kommt. Dem inländischen Steuerpflichtigen muss eine Disposi­tionsherrschaft über die ausländische Einkunftsquelle zukommen (Prokopf in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 20 AStG Rz 145.1). Dies ist bei einem Einzelunternehmer, zu dessen Stammhaus eine ausländische Betriebsstätte gehört, zweifelsfrei der Fall, nicht aber bei einem Mitunternehmer, dessen Be­teiligung an der Personengesellschaft, die ihm eine Betriebsstätte vermittelt, nicht mehr als die Hälfte beträgt (vgl. Prinz, WPg 2024, 503, 509). Andernfalls liefe die von § 20 Abs. 2 AStG geforderte fiktive Prüfung einer Steuerpflicht der Auslandeinkünfte nach §§ 7 ff. AStG ins Leere (vgl. Kortendick/Engels/Ekinci, IStR 2023, 267, 270; Haase, jM 2023, 384, 386: Fiktion bliebe "auf halber Strecke" stehen).

e) Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht entschieden, dass die Voraus­setzungen des § 20 Abs. 2 AStG in der Fassung der Streitjahre im Streitfall nicht erfüllt sind. Die Klägerin war in den Streitjahren nicht beherrschend, son­dern lediglich zu einem Kapitalanteil von 30 % an der X‑Gesellschaft beteiligt. Eine von diesem Kapitalanteil abweichende Gewinn‑, Vermögens- oder Stimm­beteiligung hat das FG nicht festgestellt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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