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BFH: Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

Es ist bei summarischer Prüfung ernstlich zweifelhaft, ob Leistungen eines Ge­sellschafters in die Kapitalrücklage einer GmbH zu einer steuerbaren Werter­höhung der Anteile der Mitgesellschafter im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes führen, wenn die Gesellschaf­ter vereinbaren, dass die Einzahlungen dem jeweils leistenden Gesellschafter zugeordnet werden.

ErbStG § 7 Abs. 8 Satz 1
FGO § 69 Abs. 2 und 3

BFH-Beschluss vom 6.6.2025, II B 43/24 (AdV) (veröffentlicht am 3.7.2025)

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 22.7.2024, 4 V 206/24

I. Am …2010 gründeten A, B sowie C die X‑GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist …

A war zu 50 %, B zu 30 % und C zu 20 % an der X‑GmbH beteiligt. Im Jahr 2010 trat A einen Geschäftsanteil in Höhe von 20 % an D ab. Im Jahr 2013 traten A und B jeweils einen Geschäftsanteil in Höhe von 10 % an die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstelle­rin) ab.

Nach § 13 der Satzung der X‑GmbH war der Reingewinn an die Gesellschaf­ter im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile zu verteilen. Am …2014 änderten die Gesellschafter diese Regelung dahingehend, dass die Gewinnverteilung nicht mehr nach den Beteiligungsquoten, sondern nach dem finanziellen Bei­trag der Gesellschafter zu Investitionen der X‑GmbH erfolgen sollte. Der Wortlaut von § 13 wurde wie folgt neu gefasst:

"1. Grundsätzliches

Grundsätzlich sollen nur die Gesellschafter an einer Gewinnverteilung teilneh­men dürfen, die sich auch an der Finanzierung der Beteiligungserwerbe durch die [X] beteiligt haben.

2. Zuordnung der zu verteilenden Gewinne

Der erzielte Gewinn der [X] wird daraufhin analysiert, aus welcher Beteili­gungsgesellschaft der Gewinn erzielt wurde.

Ein Gesellschafter nimmt an der Gewinnverteilung nur teil, wenn der Gewinn aus einer Beteiligungsgesellschaft erzielt wird, an deren Anteilserwerb sich der Gesellschafter auch durch Darlehensgewährung beteiligt hat. Das heißt, wird ein zu verteilender Gewinn nur mit einer Beteiligungsgesellschaft erzielt, erhal­ten nur die Gesellschafter eine Gewinnverteilung, die sich an dem Anteilser­werb durch die [X] in der Form beteiligt haben, dass sie der [X] ein Darle­hen gewährt haben, damit [X] die Anteile erwerben konnte.

Erzielt [X] einen Gewinn aus mehreren Beteiligungsgesellschaften, wird der zu verteilende Gewinn den entsprechenden Gewinnen aus den Beteiligungs­gesellschaften zugeordnet.

3. Quotale Verteilung im Verhältnis der Refinanzierungsquote

Die Verteilung des Gewinns aus einer Beteiligungsgesellschaft erfolgt quotal im Verhältnis der Refinanzierungsquote (Darlehenshöhe) der Gesellschafter. Die Höhe des Darlehens, das jeder Gesellschafter der [X] zum Erwerb der Anteile an der Beteiligungsgesellschaft gewährt hat, bestimmt die quotale Gewinnver­teilung des Gewinns aus einer Beteiligungsgesellschaft.

4. Sämtliche vorstehenden Bestimmungen gelten auch für die Ermittlung, Zu­rechnung und Verteilung von Verlusten."

Zum Zwecke des Erwerbs von Anteilen an der Z‑AG leisteten im Jahr 2013 sämtliche Gesellschafter mit Ausnahme der Antragstellerin Zahlun­gen in Höhe von insgesamt … € an die X‑GmbH. Im Jahr 2015 er­brachte A weitere Zahlungen an die X‑GmbH in Höhe von insgesamt … €. Die gezahlten Beträge wurden mit Gesellschafterbeschluss jeweils vom …2015 der Kapitalrücklage der X‑GmbH zugeführt und im Jahresabschluss zum 31.12.2015 unter der Bilanzposition "Kapitalrücklage" einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zuge­ordnet.

In den Jahren 2018 und 2019 leistete A Zahlungen in Höhe von … € (2018) sowie in Höhe von … € (2019) an die X‑GmbH zum Zwecke des Erwerbs weiterer Anteile an der Z‑AG. Die einge­zahlten Beträge wurden mit Gesellschafterbeschlüssen vom …2018 und vom …2019 ebenfalls der Kapitalrücklage der X‑GmbH zugeführt. Zu­gleich vereinbarten die Gesellschafter, dass der Teil der Kapitalrücklage, der auf diese Einzahlungen entfällt, sowohl im Falle einer Ausschüttung als auch im Falle der Liquidation als personenbezogene disquotale Kapitalrücklage allein dem A zusteht. Außerdem wurde ein quotal erhöhtes Gewinnbezugsrecht aus den mit dem Kapital erworbenen Anteilen an der Z‑AG zugunsten des A be­schlossen. In den Jahresabschlüssen zum 31.12.2018 und 31.12.2019 wurden die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge einschließlich der in den Vor­jahren geleisteten Zahlungen einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesell­schaftern der Höhe nach zugeordnet.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) war der Auffas­sung, die Einzahlungen in die Kapitalrücklage der X‑GmbH erfüllten den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer­gesetzes (ErbStG), und erließ am 04.12.2023 mehrere Schenkungsteuerbe­scheide gegenüber der Antragstellerin.

Unter der Steuernummer … setzte das FA Schenkungsteuer in Höhe von … € für eine freigebige Zuwendung der B an die Antragstellerin vom …2015 im Wert von … € (10 % von … €) fest.

Unter der Steuernummer … setzte das FA Schenkungsteuer in Höhe von … € für eine freigebige Zuwendung des A an die Antragstelle­rin vom …2015 im Wert von … € (10 % von … € zuzüg­lich 20 % von … €) fest.

Unter der Steuernummer … setzte das FA Schenkungsteuer in Höhe von … € für eine freigebige Zuwendung des A an die Antragstelle­rin vom …2018 im Wert von … € (20 % von … €) fest.

Unter der Steuernummer … setzte das FA Schenkungsteuer in Höhe von … € für eine freigebige Zuwendung des A an die Antragstelle­rin vom …2019 im Wert von … € (20 % von … €) fest.

Mit Schreiben vom 12.12.2023 legte die Antragstellerin Einspruch gegen die vorgenannten Bescheide ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Das FA lehnte die beantragte AdV am 15.01.2024 ab.

Die Antragstellerin stellte daraufhin einen Antrag auf AdV beim Finanzgericht (FG). Sie machte geltend, der Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sei im Streitfall nicht erfüllt, da die inkongruenten Einlagen der Gesellschafter jeweils personenbezogen zugeordnet worden seien und nicht zu einer Werterhöhung der Beteiligungen der Mitgesellschafter der X‑GmbH geführt hätten.

Das FG lehnte mit Beschluss vom 22.07.2024 ‑ 4 V 206/24 die beantragte AdV ab.

Im Streitfall hätten die Gesellschafter der X‑GmbH zwar eine Gewinnvertei­lung entsprechend der Finanzierung der jeweiligen Geschäfte, aus denen die Gewinne stammten, vorgenommen. Eine dauerhaft verbindliche Festschrei­bung dieses Vorgehens hätte jedoch einer satzungsmäßigen Regelung bedurft, die vorliegend nicht getroffen worden sei. Auch sei gegenüber eventuellen An­teilserwerbern keine verbindliche Festlegung getroffen worden, dass die inkon­gruent einlegenden Gesellschafter im Falle der Liquidation der X‑GmbH ihre überschießenden Einlagen hätten zurückfordern können. Eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der X‑GmbH stelle keine dauerhafte Verknüpfung zwischen der Einlageleistung und einem späteren Anspruch auf Rückforderung dar. Es wäre erforderlich gewesen, den Gesellschaftsvertrag anzupassen, damit gesellschafterbezogene Konten satzungsmäßig zulässig hätten geführt werden können. Während bei quotalen Kapitalzuführungen ein Beschluss der Gesellschafter ausreiche, sei für disquotale Einlagen eine Öff­nungsklausel notwendig. Eine Auslegung der für Darlehen enthaltenen Klausel betreffend die Gewinnverwendung dahingehend, dass diese die Führung von gesellschafterbezogenen Kapitalrücklagekonten anstelle von Darlehenskonten zulasse, komme nicht in Betracht. Die rein tatsächliche Verbuchung auf perso­nalisierten Kapitalrücklagekonten ohne satzungsmäßige Grundlage sei nicht ausreichend, um den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG auszuschließen.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Aus­setzungsbegehren weiter.

Sie trägt vor, die Gesellschafter der X‑GmbH hätten untereinander schuld­rechtlich wirksam vereinbart, dass die inkongruent geleisteten Einlagen jeweils personenbezogen zuzuordnen seien. Die personenbezogene Zuordnung der Einlagen sei auch in den Jahresabschlüssen ausgewiesen worden. Die inkon­gruenten Einlageleistungen hätten daher nicht zu einer Werterhöhung der Be­teiligungen der Mitgesellschafter führen können. Eine solche Werterhöhung scheide auch deswegen aus, weil die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Finan­zierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen partizipierten und ihren in­kongruenten Einlagen entsprechend erhöhte Ausschüttungen gegenüberstün­den. Für die inkongruente Gewinnverteilung im Verhältnis der von den Gesell­schaftern geleisteten inkongruenten Einlagen habe eine satzungsmäßige Grundlage bestanden. Nach dem Sinn und Zweck der Satzungsregelung komme es nicht darauf an, ob die Finanzierungsbeiträge der Gesellschafter durch Gesellschafterdarlehen oder durch Einlagen erfolgt seien. Die Gesell­schafter hätten im Zeitpunkt der Erbringung ihrer Einlagen im Übrigen auch nicht mit dem Bewusstsein gehandelt, die Mitgesellschafter zu bereichern.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid über Schenkungsteuer zum …2015 (Steuernummer …), den Bescheid über Schenkung­steuer zum …2015 (Steuernummer …), den Bescheid über Schenkungsteuer zum …2018 (Steuernummer …) und den Bescheid über Schenkungsteuer zum …2019 (Steuernum­mer …), jeweils vom 04.12.2023, in voller Höhe von der Voll­ziehung auszusetzen.

Das FA beantragt,
die Beschwerde der Antragstellerin als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA macht geltend, für die Einführung gesellschafterbezogener Kapitalrück­lagen bedürfe es einer satzungsmäßigen Grundlage. Die Gesellschafter der X‑GmbH hätten lediglich eine schuldrechtliche Gewinnverteilung entspre­chend der Finanzierung der einzelnen Geschäfte vereinbart. Ein Dritter hätte nicht erkannt, wie die einzelnen Gesellschafter am Eigenkapital der Gesell­schaft beteiligt gewesen seien. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei ein subjektiver Bereicherungswille für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG nicht erforderlich.

II. Die nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Be­schwerde ist begründet.

Das FG hat den Antrag auf AdV der Antragstellerin zu Unrecht abgelehnt. Bei der im vorläufigen Verfahren gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Schenkungsteuerbescheide nicht aus­geschlossen werden.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise ausset­zen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßig­keit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Inte­ressen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungs­akts liegen bereits dann vor, wenn bei einer summarischen Prüfung des Be­scheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewich­tige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entschei­dungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Verfahren der AdV gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage er­gibt. Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechts­widrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit über­wiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanz­hofs ‑‑BFH‑‑ vom 27.05.2024 ‑ II B 78/23 (AdV), BStBl II 2024, 543 und vom 07.06.2024 ‑ VIII B 113/23 (AdV), BStBl II 2024, 637, m.w.N.).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG die Voraussetzungen für die AdV der angefochtenen Schenkungsteuerbescheide zu Unrecht verneint. Bei der gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung bestehen ernstliche Zweifel, ob der Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG im Streitfall erfüllt ist.

a) Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmit­telbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person (Bedachte) durch die Leis­tung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Die mit dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 07.12.2011 (BGBl I 2011, 2592, BStBl I 2011, 1171) eingeführte Vorschrift fingiert eine Schenkung des an eine Kapitalgesellschaft Leistenden an den mittelbar oder unmittelbar betei­ligten (Mit‑)Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil durch die Leistung eine Werterhöhung erfährt. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG soll eine Besteuerungslücke insbesondere bei disquotalen Einlagen schließen, indem eine solche Einlage des Zuwendenden in eine Kapitalgesellschaft schenkungsteuerrechtlich einer Direktzuwendung an den (Mit‑)Gesellschafter gleichgestellt wird (vgl. BRDrucks 253/11 (B), S. 34). Der BFH hatte in diesen Fällen vor der Einfü­gung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an den Gesellschafter verneint, da es wegen der rechtlichen Ei­genständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern, die zur Erfüllung des Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG notwendig ist, fehlt (z.B. BFH-Urteil vom 09.12.2009 ‑ II R 28/08, BFHE 228, 169, BStBl II 2010, 566).

b) Gegenstand der Zuwendung nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist die Werter­höhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die durch die Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft eintritt. Voraussetzung für eine solche Wert­erhöhung ist, dass der gemeine Wert des Anteils des Bedachten nach der Leis­tung des Zuwendenden an die Gesellschaft den gemeinen Wert des Anteils vor der Leistung übersteigt (BFH-Urteil vom 10.04.2024 ‑ II R 22/21, BFH/NV 2024, 1386, Rz 28). Ob eine Werterhöhung vorliegt, ist in jedem Einzelfall festzustellen (BFH-Urteil vom 10.04.2024 ‑ II R 22/21, BFH/NV 2024, 1386, Rz 27). Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für den Eintritt der Werter­höhung als steuerbegründende Tatsache trägt das FA.

c) Eine disquotale Einlage eines Gesellschafters in die Kapitalrücklage seiner Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich geeignet, zu einer steuerbaren Werterhö­hung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zu führen, weil sich durch eine solche Leistung auch der Wert der Anteile der anderen, nicht einlegenden Ge­sellschafter um den Betrag erhöht, der dem Einlagewert bezogen auf die je­weilige Beteiligungsquote des Gesellschafters entspricht. Der Eintritt einer sol­chen Werterhöhung der Anteile der Mitgesellschafter im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn dem einlegenden Gesell­schafter anlässlich seiner Leistung zusätzliche Rechte gewährt werden, wie zum Beispiel eine Verbesserung seines Gewinnanteils, zusätzliche Anteile an der Gesellschaft oder eine von den Geschäftsanteilen abweichende Verteilung des Vermögens bei späterer Liquidation (vgl. ebenso R E 7.5 Abs. 11 Satz 8 der Erbschaftsteuer-Richtlinien ‑‑ErbStR 2019‑‑). Gleiches gilt, wenn zwischen den Gesellschaftern oder mit der Gesellschaft Zusatzabreden getroffen werden, die für den einlegenden Ge­sellschafter gewährleisten, dass seine Leistungen nicht zu einer endgültigen Vermögensverschiebung zugunsten der Mitgesellschafter führen, oder dem einlegenden Gesellschafter seine Einlageleistung über eine schuldrechtlich ver­einbarte personenbezogene Kapitalrücklage bei der Gesellschaft zugeordnet wird (vgl. ebenso R E 7.5 Abs. 11 Satz 13 und 14 ErbStR 2019; vgl. auch Priester, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2001, 795, 797; Blumers/Beinert/Witt, DStR 2002, 616, 617 f.; Schulze-Osterloh, Betriebs-Be­rater 2018, 427, 428; Kotzenberg/Riedel, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2019, 2655, 2656; Ott, DStR 2021, 897, 899).

d) Nach diesen Maßstäben ist ernstlich zweifelhaft, ob die Einstellung der durch die anderen Gesellschafter eingezahlten Beträge in die Kapitalrücklage der X‑GmbH zu einer Wertsteigerung der Anteile der Antragstellerin im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG geführt hat.

aa) Aufgrund des Akteninhalts und des Vorbringens der Beteiligten ist bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Gesellschafter der X‑GmbH die in die Kapitalrücklage der Gesellschaft eingestellten Beträge in der Weise gesellschafterbezogen zugeordnet haben, dass in den Fällen der Li­quidation oder der Auflösung der Kapitalrücklage die geleisteten Beträge nur den Gesellschaftern zustehen sollten, die die Leistung ursprünglich erbracht haben, sodass die übrigen Gesellschafter nicht über ihre Beteiligung von der eingelegten Leistung profitieren. Dies ergibt sich für die Jahre 2018 und 2019 aus den Gesellschafterbeschlüssen vom …2018 und …2019, in denen eine solche personenbezogene Zuordnung der Kapitalrücklage zugunsten des A ausdrücklich festgelegt wurde, sowie aus den für die Jahre 2013 bis 2019 festgestellten Jahresabschlüssen, in denen die einzelnen in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge den Gesellschaftern individuell und der Höhe nach zugewiesen wurden. Der Feststellung des Jahresabschlusses kommt insoweit die Bedeu­tung einer Verbindlicherklärung der Bilanz sowohl im Verhältnis der Gesell­schafter zur Gesellschaft als auch im Verhältnis der Gesellschafter untereinan­der zu (BFH-Urteil vom 10.11.2022 ‑ IV R 8/19, BFHE 278, 487, BStBl II 2023, 332, Rz 52; vgl. auch Urteile des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 02.03.2009 ‑ II ZR 264/07, DB 2009, 1117, Rz 15 und vom 18.07.2013 ‑ IX ZR 198/10, DB 2013, 2075, Rz 20). Bei summarischer Prüfung ist die in den Bilanzen der Streitjahre jeweils ausgewiesene betrags- und personenbezo­gene Zuordnung der Einzahlungen in die Kapitalrücklage und sind die hieraus resul­tierenden disquotalen Rückzahlungsansprüche der Gesellschafter in Bezug auf die Kapitalrücklage als zum jeweiligen Bilanzstichtag rechtlich bindend verein­bart anzusehen.

bb) Angesichts dessen bestehen nach Auffassung des Senats ernstliche Zweifel am Vorliegen des Tatbestandes des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG. In der höchst­richterlichen Rechtsprechung ist zwar bislang noch nicht abschließend geklärt, ob die Wirksamkeit einer solchen gesellschafterbezogenen Zuordnung der Ka­pitalrücklage eine satzungsmäßige Grundlage erfordert (vgl. BFH-Urteile vom 19.06.2024 ‑ II R 40/21, BFH/NV 2024, 1472, Rz 22 und vom 19.06.2024 ‑ II R 41/21, BFH/NV 2024, 1476, Rz 22 zur Möglichkeit einer quotenabweichen­den Zuordnung der Kapitalrücklage einer GmbH bei vorhandener Öffnungs­klausel). Im Schrifttum wird aber ‑‑soweit ersichtlich‑‑ übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bereits dann keine An­wendung findet, wenn die Gesellschafter schuldrechtlich vereinbaren, dass die von ihnen in das Vermögen der Gesellschaft geleisteten Einlagezahlun­gen ‑‑wie im Streitfall‑‑ innerhalb der Kapitalrücklage persönlich zugeordnet werden (vgl. z.B. Curdt in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz 237; Götz in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 7 ErbStG Rz 353, Stand 11/2024; BeckOK ErbStG/Felten, 26. Ed. 2025, § 7 Rz 514; vgl. auch Priester in Schön, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 1997, S. 293, 301 f. zu Gesellschaf­terabreden über Rücklagenzuordnungen außerhalb der Satzung). Soweit das FG die Auffassung vertreten hat, zur Vermeidung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG hätte es einer satzungsmäßigen Regelung bedurft, um einem möglichen Er­werber eines Gesellschaftsanteils zu verdeutlichen, dass die ihm als Gesell­schaftsvermögen anteilig zustehende Kapitalrücklage mit einem Rückzahlungs­anspruch belastet sei, rechtfertigt dies bei summarischer Prüfung schon des­wegen kein anderes Ergebnis, weil es in den Streitjahren nicht zu einer An­teilsübertragung auf einen Dritten gekommen ist. Die getroffene Abrede über die personenbezogene Zuordnung der Kapitalrücklage entfaltete in den Streit­jahren Bindungswirkung gegenüber sämtlichen Gesellschaftern der X‑GmbH. Die X‑GmbH konnte diese Abrede jedem Gesellschafter, der im Liquidationsfall einen höheren als den vereinbarten Anteil an der Kapitalrück­lage geltend macht, nach § 328 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entgegenhalten (vgl. BGH-Beschluss vom 15.03.2010 ‑ II ZR 4/09, DB 2010, 1749, Rz 7 f., m.w.N.).

cc) Etwas anderes ergibt sich bei summarischer Prüfung auch nicht unter Zu­grundelegung der Weisungslage der Finanzverwaltung. Gemäß R E 7.5 Abs. 11 Satz 13 ErbStR 2019 führen Leistungen einzelner Gesellschafter nicht zu einer nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG steuerbaren Werterhöhung der Anteile von Mit­gesellschaftern, soweit am Stichtag diesbezüglich zwischen den Gesellschaf­tern oder mit der Kapitalgesellschaft "Zusatzabreden" bestehen, die für den einlegenden Gesellschafter gewährleisten, dass seine Leistung nicht zu einer endgültigen Vermögensverschiebung zugunsten der Mitgesellschafter führt. Gleiches gilt, soweit die Leistung als "schuldrechtlich" zugunsten des leisten­den Gesellschafters gebundene Kapitalrücklage verbucht wird (R E 7.5 Abs. 11 Satz 14 Alternative 2 ErbStR 2019). Der Wortlaut dieser Regelungen spricht dafür, dass auch eine außerhalb der Satzung getroffene Abrede zwischen den Gesellschaftern ausreichen kann, um zu verhindern, dass die Leistung eines Gesellschafters in das Vermögen der Gesellschaft zu einer Wertsteigerung der Anteile der Mitgesellschafter führt. Legt man dieses Verständnis der Verwal­tungsanweisung zugrunde, wäre ein Erfolg der Antragstellerin im Rechtsmittel­verfahren gegen die angefochtenen Schenkungsteuerbescheide auch auf der Grundlage der Weisungslage der Finanzverwaltung nicht von vornherein aus­zuschließen. Denn der Steuerpflichtige hat grundsätzlich einen auch vor den Steuergerichten zu beachtenden Rechtsanspruch darauf, nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsanweisungen besteuert zu werden. Den Finanzbehör­den ist es danach verwehrt, in Einzelfällen, die offensichtlich vom Wortlaut der Verwaltungsanweisung gedeckt werden, deren Anwendung ohne triftige Grün­de im Rahmen des ihnen prinzipiell eingeräumten Ermessens abzulehnen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 28.02.2024 ‑ II R 7/22, BFH/NV 2024, 1008, Rz 27; vom 17.05.2022 ‑ VIII R 26/20, BFHE 277, 218, BStBl II 2022, 829, Rz 25 und vom 14.11.1990 ‑ II R 126/87, BFHE 163, 218, BStBl II 1991, 556).

3. Da dem Aussetzungsbegehren der Antragstellerin bereits aus den dargeleg­ten Gründen zu entsprechen war, kann der Senat offen lassen, ob ernstliche Zweifel am Vorliegen einer steuerbaren Werterhöhung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG auch deshalb bestehen, weil die Gesellschafter der X‑GmbH im Verhältnis ihrer Finanzierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen partizipierten und ihren inkongruenten Einlagen eine Gegenleistung in Form entsprechend erhöhter Ausschüttungen gegenüberstanden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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