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LSG Baden-Württemberg: Änderungen von Arbeitsverträgen zur 'Nettolohnoptimierung' sind im Beitragsrecht der Sozialversicherung zu beachten

Landessozialgericht Baden-Württemberg 17.5.2016, Pressemitteilung

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass sich eine arbeitsvertraglich vereinbarte Verringerung des Barlohns unter im Gegenzug gewährter lohnsteuerfreier oder pauschal besteuerter weiterer Leistungen auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag auswirkt. Das Gericht ist damit nicht der Rechtsauffassung der Deutschen Rentenversicherung gefolgt, die die Änderung der Arbeitsverträge im Rahmen einer Betriebsprüfung für unbeachtlich gehalten und eine Beitragsnachforderung festgesetzt hatte. Diese Nachforderung ist vom Landessozialgericht in großen Teilen aufgehoben worden. Die Änderung der Arbeitsverträge schlägt auch auf das Beitragsrecht durch. 

Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10.05.2016 – L 11 R 4048/15 

Der Betreiber eines Gartencenters hatte mit seinen Arbeitnehmern einvernehmlich schriftlich vereinbart, dass der Bruttolohn abgesenkt wird und im Gegenzug Sachleistungen, u.a. Tankgutscheine, Restaurantschecks, Erholungsbeihilfen, Reinigungspauschalen, Personalrabatte und Kinderbetreuungszuschüsse gewährt werden. Ab der Änderung führte der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nur noch auf der Grundlage der niedrigeren Bruttolöhne ab. Der Rentenversicherungsträger beanstandete dies im Rahmen einer Betriebsprüfung. Er nahm eine reine Lohnverwendungsabrede an und forderte Beiträge auf der Grundlage der zuvor gezahlten Löhne nach. Klage und Berufung dagegen waren teilweise erfolgreich.  

Die Richter des 11. Senats des Landessozialgerichts haben entschieden, dass die Änderung der Arbeitsverträge wirksam und auch für das Beitragsrecht der Sozialversicherung zu beachten ist. Soweit nach den beitragsrechtlichen Vorschriften die Arbeitgeberleistungen nicht zum Arbeitsentgelt gehören (z.B. Erholungsbeihilfen) oder bereits mit den richtigen Sachbezugswerten verbeitragt worden sind (z.B. Restaurantschecks), dürfen keine weiteren Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden. Lediglich hinsichtlich einiger Leistungen (Reinigungspauschale, Personalrabatte) lagen die Voraussetzungen für eine Beitragsfreiheit nicht vor. Die Rentenversicherung kann daher nur deutlich geringere Beiträge verlangen. Auch eine Folge der Änderungsverträge ist zwar die Tatsache, dass die Arbeitnehmer im Falle von Arbeitslosigkeit oder Krankheit wegen den geringeren beitragspflichtigen Entgelten ein geringeres Arbeitslosen- oder Krankengeld erhalten und im Hinblick auf die Altersrente geringere Beiträge auf den Rentenkonten der Beschäftigten angespart werden. Dies ändert aber nichts an der nach geltendem Recht zulässigen Änderung der Arbeitsverträge im Einvernehmen zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern. 

Hintergrund:

Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre.

Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Streitig ist vorliegend gewesen, ob die nach der Änderung der Arbeitsverträge neben dem Barlohn geleisteten Lohnbestandteile als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt anzusehen sind.

Die Bundesregierung hat durch die Sozialversicherungsentgeltverordnung zur Vereinfachung des Beitragseinzugs geregelt, dass bestimmte einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten.

Sozialgesetzbuch (SGB)
 
§ 14 Abs. 1 SGB IV:

Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
 
§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1und 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung:

Dem Arbeitsentgelt sind nicht zuzurechnen:

Nr. 1) einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind; dies gilt nicht für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, soweit das Entgelt, auf dem sie berechnet werden, mehr als 25 Euro für jede Stunde beträgt,

Nr. 3) Einnahmen nach § 40 Abs 2 EStG.
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