BFH: Berücksichtigung eines Pflichtteilsanspruchs bei Berechnung der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung
Ein nach Eintritt in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft von Todes wegen erworbener Pflichtteilsanspruch ist eine rechtlich geschützte Position von wirtschaftlichem Wert, die bei Berechnung der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung dem Anfangsvermögen des erwerbenden Ehegatten hinzuzurechnen ist.
ErbStG §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1
BGB §§ 1363, 1371 Abs. 2, 1373, 1374, 1376 Abs. 1, 1922 Abs. 1, 2317 Abs. 1
BFH-Urteil vom 22.7.2020, II R 42/18 (veröffentlicht am 7.1.2020)
Vorinstanz: FG München vom 17.10.2018, 4 K 1948/17 (EFG 2019 S. 188 = SIS 18 20 23)
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist der Ehemann der am 30.04.2009 verstorbenen Erblasserin. Die Erblasserin wurde laut gemeinsamen Erbscheins des zuständigen Amtsgerichts vom 10.06.2011 zu 3/4 vom Kläger und zu je 1/8 von ihren beiden Neffen beerbt.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 24.07.2012 Erbschaftsteuer in Höhe von 348.536 € fest. Von dem Wert des Erwerbs zog das FA nach § 5 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) eine Zugewinnausgleichsforderung ab. Bei der Ermittlung des Werts der Zugewinnausgleichforderung wurde als Teil des güterrechtlichen Anfangsvermögens der Erblasserin nach § 1374 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) u.a. der Erwerb eines Pflichtteilsanspruchs in Höhe von 297.431 € durch den Tod ihrer Mutter am 21.01.2005 berücksichtigt. Für diesen Erwerb hatte das FA mit Bescheid vom 03.02.2006 Erbschaftsteuer in Höhe von 10.164 € festgesetzt. Der Pflichtteilsanspruch war zum Todeszeitpunkt der Erblasserin verjährt und wurde von den Erben, die sich auf die Einrede der Verjährung beriefen, nicht erfüllt. Das FA berücksichtigte daher den Pflichtteilsanspruch weder als Erwerb i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG beim Kläger noch als Endvermögen der Erblasserin bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs.
Auf den Einspruch des Klägers änderte das FA den Bescheid vom 24.07.2012 und setzte mit Einspruchsentscheidung vom 04.07.2017 die Erbschaftsteuer auf 245.955 € herab. Der geänderten Steuerfestsetzung lag nunmehr ein Wert des Erwerbs von 3.688.639,25 € zugrunde. Bei der Ermittlung der nicht als Erwerb geltenden fiktiven Zugewinnausgleichsforderung rechnete das FA dem Anfangsvermögen der Erblasserin nach § 1374 Abs. 2 BGB u.a. den aufgrund des Ablebens ihrer Mutter entstandenen und geltend gemachten Pflichtteilsanspruch nach Abzug der darauf entfallenden Erbschaftsteuer mit einem indizierten Wert in Höhe von 307.375 € (297.431 € - 10.164 € = 287.267 € x 107/100 = 307.375 €) hinzu.
Die hiergegen eingelegte Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen aus, nicht allein die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs, sondern nur dessen Erfüllung würde zu einer Erhöhung des Anfangsvermögens führen, da der Zugewinnausgleich auf Ausgleich des real erworbenen Vermögens der Ehegatten gerichtet sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 188 veröffentlicht.
Mit seiner Revision macht das FA eine Verletzung von § 5 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 1374 Abs. 2 BGB geltend.
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht bei der Berechnung des fiktiven Zugewinnausgleichsanspruchs des Klägers den von Todes wegen erworbenen Pflichtteilsanspruch der Erblasserin im Anfangsvermögen der Erblasserin unberücksichtigt gelassen.
1. Der Erbschaftsteuer unterliegt der Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Als solcher gilt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erwerb durch Erbanfall i.S. des § 1922 Abs. 1 BGB. Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB, § 6 des Lebenspartnerschaftsgesetzes) durch den Tod eines Ehegatten oder den Tod eines Lebenspartners beendet und der Zugewinn nicht nach § 1371 Abs. 2 BGB ausgeglichen, gilt beim überlebenden Ehegatten oder beim überlebenden Lebenspartner der Betrag, den er nach Maßgabe des § 1371 Abs. 2 BGB als Ausgleichsforderung geltend machen könnte, nicht als Erwerb i.S. des § 3 ErbStG (§ 5 Abs. 1 ErbStG).
Obwohl in diesem Fall dem überlebenden Ehegatten zivilrechtlich keine Ausgleichsforderung nach § 1378 BGB zusteht, wird eine solche für die Erbschaftsteuer fiktiv errechnet und vom Erwerb abgezogen. § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bewirkt, dass der Erwerb des überlebenden Ehegatten vorbehaltlich der in § 5 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 ErbStG getroffenen Sonderregelungen zu dem Anteil nicht mit Erbschaftsteuer belastet wird, der ihm bei einer gedachten güterrechtlichen Lösung als Ausgleichsforderung zugestanden hätte (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27.06.2007 - II R 39/05, BFHE 217, 248, BStBl II 2007, 783, unter II.1., m.w.N.). Damit wird eine Angleichung der erbschaftsteuerrechtlichen Behandlung von erbrechtlicher und güterrechtlicher Lösung bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten erreicht, soweit § 5 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 ErbStG nichts anderes bestimmen. Diese Angleichung setzt voraus, dass der fiktive Zugewinnausgleichsanspruch nach denselben zivilrechtlichen Grundsätzen berechnet wird wie ein tatsächlich geltend gemachter Zugewinnausgleichsanspruch (BFH-Urteil in BFHE 217, 248, BStBl II 2007, 783, unter II.1., m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 05.05.2010 - II R 16/08, BFHE 230, 188, BStBl II 2010, 923, unter II.7.a, m.w.N.).
a) Nach § 1371 Abs. 2 BGB kann der überlebende Ehegatte, wenn er nicht Erbe wird und ihm auch kein Vermächtnis zusteht, Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 BGB verlangen.
Zugewinn ist nach § 1373 BGB der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu (§ 1378 Abs. 1 BGB).
b) Vermögen ist die Wertsumme aller Gegenstände, die einem Ehegatten beim Eintritt des Güterstands (§ 1374 Abs. 1 BGB, Anfangsvermögen) bzw. bei Beendigung (§ 1375 Abs. 1 Satz 1 BGB, Endvermögen) nach Abzug der Verbindlichkeiten gehören (Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl., § 1376 Rz 2).
Zum Anfangsvermögen i.S. der §§ 1374 Abs. 1, 1363 Abs. 1 BGB zählen alle dem Ehegatten am Stichtag zustehenden rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert, d.h. also neben den einem Ehegatten gehörenden Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die beim Eintritt des Güterstands bereits bestanden haben (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 28.01.2004 - XII ZR 221/01, BGHZ 157, 379, unter II.1.a aa).
Dazu gehören u.a. auch geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie die ihnen vergleichbaren Rechtsstellungen, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben (notfalls durch Schätzung) bewertbar sind. Der Wert muss nicht zwingend sogleich verfügbar sein. Die Berücksichtigung eines Rechts im Anfangsvermögen setzt auch nicht voraus, dass das Recht bereits fällig, unbedingt oder vererblich ist. Nicht zum Anfangsvermögen gehören demgegenüber noch in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zur Anwartschaft erstarkt sind, und bloße Erwerbsaussichten, da sie nicht das Merkmal "rechtlicher geschützter Positionen mit wirtschaftlichem Wert" erfüllen (BGH-Urteil in BGHZ 157, 379, unter II.1.a aa). Die wirksame Begründung eines Anspruchs auf einen Gegenstand zum Stichtag ist somit erforderlich, aber auch ausreichend, so dass selbst in der Realisierung dubiose Forderungen grundsätzlich in das Anfangsvermögen einzubeziehen sind (vgl. BGH-Urteile vom 15.11.2000 - XII ZR 197/98, BGHZ 146, 64, unter 1., und vom 31.10.2001 - XII ZR 292/99, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 2002, 88, unter II.2.a).
c) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist (§ 1374 Abs. 2 BGB). Solches Vermögen fällt nicht in den Zugewinn.
aa) Ein dem § 1374 Abs. 2 BGB unterfallender Erwerb von Todes wegen ist u.a. bei einem Vermögensanfall gegeben, der unmittelbar aufgrund gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge, Vermächtnisses oder Pflichtteilsrechts erfolgt (BGH-Urteil vom 20.06.2007 - XII ZR 32/05, FamRZ 2007, 1307, unter II.2.b; Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1376 Rz 13).
bb) Ein nach Eintritt in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Tod erworbener Pflichtteilsanspruch ist eine rechtlich geschützte Position von wirtschaftlichem Wert, die nach § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen des erwerbenden Ehegatten hinzuzurechnen ist.
Der Pflichtteilsanspruch aus § 2303 BGB entsteht nach § 2317 Abs. 1 BGB mit dem Erbfall und damit kraft Gesetzes (Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 2317 Rz 1). Er entsteht sogleich als Vollrecht und gehört von da an zivilrechtlich zum Vermögen des Pflichtteilsberechtigten (vgl. BFH-Urteil vom 07.12.2016 - II R 21/14, BFHE 256, 381, BStBl II 2018, 196, Rz 14, m.w.N.; Billig, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2019, 240, 242). Er ist nach § 2317 Abs. 2 BGB vererblich und übertragbar. Für diesen Anspruch gelten die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts (BGH-Urteil vom 05.11.2014 - IV ZR 104/14, FamRZ 2015, 138, unter II.1.b). Er kann durch Arrest (§§ 916 ff. der Zivilprozessordnung --ZPO--) oder einstweilige Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) gesichert werden. Die Berücksichtigung im Rahmen des zugewinnausgleichsrelevanten Vermögens wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei dem Pflichtteilsanspruch um eine Geldforderung im Sinne eines Geldsummenanspruchs handelt (BGH-Urteil in FamRZ 2015, 138, unter II.1.b), der am Stichtag noch nicht erfüllt ist. Zwar ist der Zugewinnausgleich auf den sofortigen Ausgleich der vorhandenen Vermögenswerte gerichtet. Das kann aber nicht bedeuten, dass das auszugleichende Vermögen liquidationsrechtlich bewertet werden müsste und nur solche Gegenstände berücksichtigt werden dürften, deren Wert sogleich verfügbar ist, oder dass die Gegenstände nur mit dem Wert angesetzt werden dürften, der sich sogleich realisieren lässt (vgl. BGH-Urteile vom 15.01.1992 - XII ZR 247/90, BGHZ 117, 70, unter I.2.c, und vom 07.07.1993 - XII ZR 35/92, FamRZ 1993, 1183, unter 3.a).
cc) Der zivilrechtlichen Hinzurechnung eines von Todes wegen erworbenen Pflichtteilsanspruchs zum Anfangsvermögen steht nicht entgegen, dass dem bloßen Entstehen eines solchen Anspruchs mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1 BGB) erbschaftsteuerrechtlich noch keine Bedeutung zukommt, und zwar weder bei dem Berechtigten noch bei dem Verpflichteten. In beiden Fällen wird der Pflichtteilsanspruch erst berücksichtigt, wenn er geltend gemacht wurde (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 3 ErbStG bzw. § 10 Abs. 5 Nr. 2 Alternative 3 ErbStG). Dieses zeitliche Hinausschieben der erbschaftsteuerrechtlichen Folgen eines Pflichtteilsanspruchs ist im Interesse des Berechtigten geschehen und soll ausschließen, dass bei ihm auch dann Erbschaftsteuer anfällt, wenn er seinen Anspruch zunächst oder dauerhaft nicht erhebt (BFH-Urteile vom 19.02.2013 - II R 47/11, BFHE 240, 186, BStBl II 2013, 332, Rz 11, und vom 05.02.2020 - II R 17/16, BFH/NV 2020, 1004, Rz 10, jeweils m.w.N.). Für die im Rahmen von § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG erforderliche Bestimmung, welche Vermögenswerte zum Anfangsvermögen eines Ehegatten gehören, ist hingegen vorbehaltlich von § 5 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 ErbStG allein die Zivilrechtslage ausschlaggebend (vgl. oben unter II.1.). Zwar unterliegt es grundsätzlich der freien Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten, ob er einen ihm zustehenden Pflichtteil verlangen will oder nicht. Dies ändert aber nichts daran, dass der Pflichtteilsanspruch eine Geldforderung im Sinne eines Geldsummenanspruchs ist und auf ihn die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts Anwendung finden (BGH-Urteil in FamRZ 2015, 138, unter II.1.b).
d) Nach § 1376 Abs. 1 BGB wird der Berechnung des Anfangsvermögens der Wert zugrunde gelegt, den das beim Eintritt des Güterstands vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, das dem Anfangsvermögen hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des (dinglichen) Erwerbs hatte (vgl. BGH-Urteil vom 07.09.2005 - XII ZR 209/02, BGHZ 164, 69, unter III.1.a bb). Durch die Geldentwertung eingetretenen, nur nominellen Wertsteigerungen des Anfangsvermögens und der Vermögensgegenstände, die diesem zuzurechnen sind, führen nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Zugewinnausgleich (vgl. BGH-Urteil vom 13.10.1983 - IX ZR 106/82, FamRZ 1984, 31). Der durch den Kaufpreisschwund des Geldes verursachte, unechte Zugewinn ist dadurch von der Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung auszunehmen, dass die nach § 1374 Abs. 1 BGB anzusetzenden (positiven) Anfangsvermögen beider Ehegatten mit dem Preisindex für die Lebenshaltung bei Beendigung des Güterstands multipliziert und durch den Index bei Beginn des Güterstands dividiert werden. Bei den dem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnenden Vermögensgegenständen ist statt des Preisindexes bei Beginn des Güterstands der für den Zeitpunkt des Erwerbs maßgebende zu berücksichtigen. Die Inflationsbereinigung ist auch geboten, soweit Geldforderungen oder Geldschulden betroffen sind. Der Geldwertschwund ist auch bei der Beendigung durch den Tod eines Ehegatten zu berücksichtigen. Die zivilrechtliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Geldentwertung bei der Berechnung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich ist für die Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG maßgebend. Dies schließt die Indexierung ein (BFH-Urteil in BFHE 217, 248, BStBl II 2007, 783, unter II.2., II.3.).
e) Ein Pflichtteilsanspruch kann auch dem Endvermögen hinzuzurechnen sein. Voraussetzung ist, dass er zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands besteht und noch nicht verjährt ist (zur Verjährung des Pflichtteilsanspruchs vgl. §§ 195, 202 Abs. 2 BGB; zuvor § 2332 Abs. 1 BGB i.d.F. bis zum 31.12.2009, vgl. dazu Art. 229 § 23 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch als Anwendungsvorschrift).
2. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Es hat bei der Ermittlung des gemäß § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzuzurechnenden Vermögens der Erblasserin zu Unrecht den Pflichtteilsanspruch, den die Erblasserin durch den Tod ihrer Mutter erworben hatte, außer Ansatz gelassen. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.
3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage wird abgewiesen. Der durch den Tod der Mutter entstandene Pflichtteilsanspruch ist im Anfangsvermögen der Erblasserin --wie vom FA durchgeführt-- mit einem Wert von 307.357 € zu berücksichtigen und der fiktive Zugewinnausgleich entsprechend zu berechnen. Dass der Pflichtteilsanspruch beim Tod der Erblasserin am 30.04.2009 bereits verjährt war, steht einer Hinzurechnung zu ihrem güterrechtlichen Anfangsvermögen --entgegen der Auffassung des Klägers-- nicht entgegen. Zum Zeitpunkt des Todes der Mutter am 21.01.2005 ist der Pflichtteilsanspruch nach § 2317 Abs. 1 BGB als Vollrecht im Vermögen der Erblasserin entstanden. Der spätere Eintritt der Verjährung wirkt nicht auf den Zeitpunkt des Erwerbs zurück. Im Todeszeitpunkt der Erblasserin war der Pflichtteilsanspruch --zwischen den Beteiligten unstreitig-- verjährt. Daher war er --wie durch das FA durchgeführt-- weder als (derivativer) Erwerb beim Kläger nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG noch bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs im Endvermögen der Erblasserin zu berücksichtigen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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