BFH: Berücksichtigung gezahlter Prämien für Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus Stillhalterprämien bei periodenübergreifenden Optionsgeschäften
- Aufwendungen für die den Stillhalterprämien zugehörigen Glattstellungsgeschäfte mindern nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG ‑‑in Ausnahme zu § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG (sog. Abflussprinzip)‑‑ die Einnahmen in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Stillhalterprämien vereinnahmt wurden. Es handelt sich insoweit um ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
- Ergibt sich dabei für das einzelne Stillhalter-/Glattstellungsgeschäft ein Verlust (eine negative Differenz), ist dieser abzugsfähig und unterliegt nicht dem Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG.
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 9, § 11 Abs. 2 Satz 1, § 32d Abs. 1
AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BFH-Urteil vom 2.8.2022, VIII R 27/21 (veröffentlicht am 29.9.2022)
Vorinstanz: FG München vom 28.9.2021, 6 K 1458/19 = SIS 21 18 83
I. Streitig ist, in welchem Veranlagungszeitraum gezahlte Prämien für Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus Stillhalterprämien bei periodenübergreifenden Optionsgeschäften steuerlich zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) tätigte diverse Optionsgeschäfte. Im Streitjahr (2013) tätigte sie folgende periodenübergreifende Stillhalter- und Glattstellungsgeschäfte:
- Sie schloss am 06.03.2013 jeweils Glattstellungsgeschäfte (Glattstellungsgeschäfte 1) ab, die zu Aufwendungen in Höhe von 234.046,55 € und 119.065,83 € führten. Diese betrafen Kauf- (Zufluss der Stillhalterprämien im Jahr 2012 in Höhe von 221.975,42 €) und Verkaufsoptionen (Zufluss der Stillhalterprämien im Jahr 2012 in Höhe von 207.530,41 €) auf den Deutschen Aktienindex mit unterschiedlichen Basispreisen, die sie am 18.12.2012 eingeräumt hatte.
- Am 19.12.2013 räumte sie Kauf- (Zufluss der Stillhalterprämien im Streitjahr in Höhe von 408.688,50 €) und Verkaufsoptionen (Zufluss der Stillhalterprämien im Streitjahr in Höhe von 496.390,50 €) ein und tätigte bezüglich dieser Kauf- und Verkaufsoptionen am 21.01.2014 jeweils Glattstellungsgeschäfte (Glattstellungsgeschäfte 2), die zu Aufwendungen in Höhe von 571.490,13 € und 380.427,66 € führten.
Kapitalertragsteuer wurde bei den Stillhaltergeschäften nicht einbehalten, da diese bei einem ausländischen Kreditinstitut getätigt wurden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erfasste im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 23.02.2015 erklärungsgemäß Einkünfte aus der Differenz von Stillhalterprämien und gezahlten Prämien aus Glattstellungsgeschäften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 319.647 €. Die Differenz ergab sich aus in dem Veranlagungszeitraum zugeflossenen Stillhalterprämien und abgeflossenen Prämien für Glattstellungsgeschäfte. Periodenübergreifende Glattstellungsgeschäfte wurden wie folgt berücksichtigt: Die im Streitjahr getätigten Aufwendungen in Höhe von 234.046,55 € bzw. 119.065,83 € (aus den Glattstellungsgeschäften 1) waren bei den im Bescheid angesetzten Einkünften aus Stillhalterprämien ‑‑mindernd‑‑ enthalten, nicht aber die Aufwendungen aus dem Jahr 2014 in Höhe von 571.490,13 € bzw. 380.427,66 € (aus den Glattstellungsgeschäften 2). Außerdem wurden bei der Steuerfestsetzung Kapitalerträge in Höhe von 1.907 € berücksichtigt, die nicht aus Stillhaltergeschäften resultierten. Aufgrund des Antrags der Klägerin zur Überprüfung des Steuereinbehalts gemäß § 32d Abs. 4 EStG wurden somit im Rahmen der Veranlagung Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 320.753 € nach § 32d Abs. 1 EStG der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegt. Daraus errechnete das FA eine Einkommensteuer nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 78.615 €. Ferner erzielte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit; diesbezüglich ermittelte das FA (laut Bescheid vom 23.02.2015) die Einkommensteuer nach dem Grundtarif in Höhe von ... €. Die Einkommensteuer für 2013 setzte es mit 82.112 € fest. Die Klägerin legte am 23.03.2015 Einspruch ein, mit dem sie begehrte, Verluste aus Stillhaltergeschäften der Jahre 2014 und 2015 im Streitjahr abzuziehen.
Nach erfolglosem Einspruch erhob sie Klage, mit der sie geltend machte, dass nach der gesetzlichen Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG die für die Glattstellungsgeschäfte gezahlten Prämien im Veranlagungsjahr des Bezugs der (jeweiligen) Stillhalterprämien zu berücksichtigen seien. Danach seien die im angefochtenen Bescheid angesetzten Einkünfte aus Stillhaltergeschäften um die im Streitjahr getätigten Aufwendungen in den Glattstellungsgeschäften 1 in Höhe von 234.046,55 € und 119.065,83 € zu erhöhen, da die diesbezüglichen Stillhalterprämien bereits im Jahr 2012 vereinnahmt worden seien, und Aufwendungen für die Glattstellungsgeschäfte 2 in Höhe von 571.490,13 € und 380.427,66 € zu berücksichtigen, die zwar erst im Jahr 2014 gezahlt worden seien, jedoch im Zusammenhang mit den im Streitjahr vereinnahmten Stillhalterprämien stehen würden.
Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 2060 mitgeteilten Gründen keinen Erfolg.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Finanzgericht (FG) habe § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG unzutreffend ausgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz und die Einspruchsentscheidung vom 15.05.2019 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 23.02.2015 dahingehend zu ändern, dass negative Einkünfte aus Stillhaltergeschäften in Höhe von 279.158 € als Kapitaleinkünfte der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte seien ‑‑so zu Recht das FG‑‑ nach § 11 Abs. 2 EStG im Jahr des Abflusses zu berücksichtigen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das Urteil des FG verletzt § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die jeweiligen Einnahmen aus Stillhalterprämien ‑‑rückwirkend im Jahr deren Bezugs‑‑ um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien (unter II.1.). Danach sind im Streitjahr negative Einkünfte aus Stillhaltergeschäften in Höhe von 279.158 € der Besteuerung zugrunde zu legen; es ergeben sich nicht ausgeglichene Verluste i.S. des § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 277.251 €, die nach § 20 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG festzustellen sind (unter II.2.). Die Einkommensteuer wird auf ... € festgesetzt (unter II.3.).
1. Mit Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 hat der Gesetzgeber die Besteuerung der Stillhalter- und Glattstellungsgeschäfte in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erstmals gesondert geregelt. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden; schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien. Es handelt sich um einen steuerlichen Einmaltatbestand, weshalb die Aufwendungen für die den Stillhalterprämien zugehörigen Glattstellungsgeschäfte dem Veranlagungszeitraum zuzuordnen sind, in dem die Stillhalterprämie vereinnahmt wurde. Dies gilt auch dann, wenn das Glattstellungsgeschäft in einem anderen Veranlagungszeitraum getätigt wird als das Stillhaltergeschäft (im Ergebnis ebenso Schmidt/Levedag, EStG, 41. Aufl., § 20 Rz 142; Bleschick in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Aufl., § 20 Rz 116; Haisch, Deutsche Steuer-Zeitung 2007, 762, 764; Haisch/Krampe, Finanz-Rundschau 2010, 311, 314; vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 18.08.2015 ‑ I R 38/12, BFH/NV 2016, 378, Rz 22 ff., zur Rechtslage vor Einführung der Abgeltungsteuer; anderer Ansicht Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 18.01.2016 ‑ IV C 1‑S 2252/08/10004:017, BStBl I 2016, 85, Rz 25; Buge in Hermann/ Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 401; BeckOK EStG/Schmidt, 13. Ed. [01.07.2022], EStG § 20 Rz 1139.3; Ronig, Der Betrieb 2010, 128, 129).
a) Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien zu einer Einnahmeminderung führen. Denn nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG "mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien". Der Gesetzgeber hat danach im gesetzlichen Tatbestand die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien mit den vereinnahmten Stillhalterprämien verknüpft. Er hat § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG als punktuellen Besteuerungstatbestand normiert, der erst abgeschlossen ist, wenn endgültig feststeht, in welcher Höhe der Steuerpflichtige einen Überschuss aus dem Stillhaltergeschäft erzielt hat. Dieser in § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille erfordert eine punktuelle Überschussermittlung. Aus Sicht des Senats ist es daher folgerichtig, wenn die Höhe der ursprünglich erzielten Stillhalterprämien auch bei periodenübergreifenden Glattstellungsgeschäften um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien gemindert werden. Allein dies trägt der Wirkungsweise des Glattstellungsgeschäfts Rechnung. Mit diesem soll das Risiko, das der Stillhalter mit dem Stillhaltergeschäft eingegangen ist, Vermögenseinbußen durch ein Ausführungsgeschäft zu erleiden, vermindert werden.
Bei den laufend veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer sind zwar die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebliche Sachverhalt ändert; dieser Grundsatz ist jedoch nur insoweit maßgebend, als die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führt (so z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19.07.1993 ‑ GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.d; zur Rückwirkung bei einer "zeitlich gestreckten Tatbestandsverwirklichung" BFH-Urteil vom 13.09.2000 ‑ X R 148/97, BFHE 193, 129, BStBl II 2001, 641, unter II.3.). Dies setzt eine dementsprechende materiell-rechtliche Anordnung des Gesetzgebers voraus, wie sie § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG vorsieht. Flankiert wird diese materiell-rechtliche Regelung durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO), nach dem ein Steuerbescheid bei Eintritt eines Ereignisses zu ändern ist, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Das rückwirkende Ereignis liegt darin, dass die endgültige Höhe der Netto-Einnahmen aus den Stillhalterprämien nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG erst dann feststeht, wenn die Prämien aus dem dazugehörigen Glattstellungsgeschäft von diesen abgezogen werden; das Stillhalter- und das jeweilige Glattstellungsgeschäft stehen insoweit in einem wirtschaftlichen Zusammenhang (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28.02.2018 ‑ VIII R 53/14, BFHE 261, 223, BStBl II 2018, 687, Rz 31).
b) Dass der Gesetzgeber eine Rückwirkung beabsichtigt hat, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/4841, S. 54). Nach dieser soll nur der beim Stillhalter nach Abschluss eines Gegengeschäfts (Glattstellung) verbliebene Vermögenszuwachs der Besteuerung unterworfen werden (Nettoprinzip). Der Gesetzgeber ist somit der zur Rechtslage vor dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) ergangenen Rechtsprechung zur Besteuerung von Stillhalterprämien gefolgt. Nach dieser war der Aufwand für das Glattstellungsgeschäft im Jahr des Einnahmezuflusses der Stillhalterprämie und nicht nach § 11 Abs. 2 EStG 1990 im Jahr des Abflusses abzuziehen, da das Stillhaltergeschäft als einmalige sonstige Leistung anzusehen gewesen ist, das erst abgeschlossen war, wenn endgültig feststand, dass und in welcher Höhe der Steuerpflichtige den Erlös behalten durfte (BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 378).
c) Auch der Sinn und Zweck der Regelung spricht dafür, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien von den Stillhalterprämien ‑‑unabhängig von dem in § 11 EStG normierten Zu- und Abflussprinzip‑‑ abziehbar sind. Ohne Rückwirkung wäre es beispielsweise denkbar, dass Einnahmen aus Stillhalterprämien im Veranlagungszeitraum 01 voll besteuert werden, obgleich im Veranlagungszeitraum 02 in derselben Höhe im Glattstellungsgeschäft gezahlte Prämien anfallen, um das Stillhaltergeschäft wieder zu schließen, und diese Prämien ‑‑mangels entsprechender Einkünfte aus Kapitalvermögen‑‑ wegen des Verlustverrechnungsverbots nach § 20 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden dürfen und somit unberücksichtigt blieben. Dies würde dem Gebot der Folgerichtigkeit und Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes widersprechen, denn die Leistungsfähigkeit des Stillhalters ist um die gezahlten Prämien gemindert (vgl. hierzu ausführlich BFH-Urteil vom 20.10.2016 ‑ VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl II 2017, 264, Rz 20, m.w.N.). Daher ist die steuerliche Erfassung der Aufwendungen für das Glattstellungsgeschäft im Veranlagungszeitraum, in dem die Stillhalterprämie vereinnahmt wurde, auch verfassungsrechtlich geboten.
d) Danach sind die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien seit der Neuregelung der Besteuerung von Stillhaltergeschäften in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG nicht mehr als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1, § 20 Abs. 9 EStG bei den Einkünften als Stillhalter zu berücksichtigen (so noch die Rechtslage vor dem UntStRefG 2008, z.B. BFH-Urteile vom 10.02.2015 ‑ IX R 8/14, BFH/NV 2015, 830; vom 17.04.2007 ‑ IX R 23/06, BFHE 217, 562, BStBl II 2007, 606), so dass das Abflussprinzip des § 11 EStG entgegen der Auffassung des FG keine Anwendung findet.
e) Dieser Auslegung steht ‑‑entgegen den Ausführungen des FG‑‑ das BFH-Urteil in BFHE 256, 56, BStBl II 2017, 264 nicht entgegen. Dieses hatte die Frage zum Gegenstand, inwieweit nach der Einführung der Abgeltungsteuer der Barausgleich als Verlust steuerlich zu berücksichtigen ist, und enthält keine Ausführungen zur Besteuerung von Stillhalter- und Glattstellungsgeschäften im Sinne eines einheitlichen, in sich geschlossenen Tatbestands i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG, der eine den Veranlagungszeitraum überschreitende Berücksichtigung der Aufwendungen für das Glattstellungsgeschäft anordnet.
f) Inwiefern die im BMF-Schreiben vom 19.05.2022 ‑ IV C 1‑S 2252/19/10003:009 (BStBl I 2022, 742, Rz 25) für den Abzug der Kapitalertragsteuer beschriebene Vorgehensweise mit dieser materiell-rechtlichen Anordnung des Gesetzgebers vereinbar ist, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, da für die im Ausland getätigten Stillhaltergeschäfte der Klägerin keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde. Die in dem BMF-Schreiben in BStBl I 2022, 742 vorgesehene Aufteilung der Stillhalter-/Glattstellungsgeschäfte in einen Zu- und Abflusstatbestand i.S. des § 11 EStG widerspricht jedoch der vom Senat dargelegten Lösung auch für Fälle, in denen Kapitalertragsteuer im Inland einzubehalten wäre.
2. Die Sache ist spruchreif. Gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO kann der BFH in der Sache selbst entscheiden und gibt der Klage statt. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG sind die von der Klägerin im Streitjahr getätigten Aufwendungen in Höhe von 234.046,55 € und 119.065,83 € aus den Glattstellungsgeschäften 1 entgegen der Festsetzung im angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht im Streitjahr anzusetzen, da die jeweiligen Stillhalterprämien bereits im Jahr 2012 bezogen wurden und die betreffenden Aufwendungen dementsprechend ebenfalls im Jahr 2012 abzuziehen sind. Dagegen sind nach dieser Vorschrift die von der Klägerin im Jahr 2014 getätigten Aufwendungen in Höhe von 571.490,13 € und 380.427,66 € aus den Glattstellungsgeschäften 2 von den im Streitjahr bezogenen Einnahmen aus Stillhalterprämien abzuziehen. Die sich danach im Streitjahr ergebenden negativen Einkünfte aus Stillhalterprämien in Höhe von 279.158 € sind mit den (weiteren) positiven Kapitalerträgen der Klägerin von 1.907 € gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG zu verrechnen. Somit ergeben sich im Streitjahr nicht ausgeglichene Verluste der Klägerin aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, in Höhe von 277.251 €. Diese sind nach § 20 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen und mindern nach § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG die Kapitaleinkünfte, die die Klägerin in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt.
3. Da Verluste aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden dürfen, wird die Einkommensteuer auf den vom FA hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit ermittelten Betrag in Höhe von ... € festgesetzt.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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